Entfremdung

 

 

Entfremdungsmodell nach Chris Childdress. 

vorgestellt von Ursula Kodjoe auf dem Fachtag "Der lösungsorientierte psychologische Sachverständige im Sorgerechts- und Umgangsverfahren" am 25.11.2011 am Oberlandesgericht Dresden.

 

 

 

 

Für den Inhalt dieser Seite gilt das Urheberrecht. Zitierungen sind entsprechend Urheberrechtsgesetz § 51 mit Hinweis auf den Autor und die Fundstelle gestattet. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts bedarf der vorherigen Zustimmung des Autors.

Sollte sich eine der hier namentlich genannten Fachkräfte ungerecht oder in unzulässiger Weise behandelt fühlen, so kann sich diese zur Klärung ihrer Einwände direkt an mich wenden. Der direkte Weg erspart der betreffenden Fachkraft möglicherweise Anwalts- und Gerichtskosten in erheblicher Höhe, so wie sie etwa der Diplom-Psychologe Klaus Schneider im Rechtsstreit mit Peter Thiel vor dem Landgericht Berlin hinnehmen musste.

Zur Frage der Zitierfähigkeit familiengerichtlich eingeholter Gutachten - Urteil des Landgerichtes Berlin vom 07.11.2006 - 16 O 940/05 - Landgericht Berlin - Rechtsstreit Diplom-Psychologe Klaus Schneider gegen Peter Thiel - Veröffentlicht auch in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 16/2007, 15.08.2007, S. 1324-1325

Auf Grund der an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, möglicherweise in Einzelfällen stattfindenden Zensur und der Beschneidung der Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte, erkläre ich vorsorglich, dass es sich auf meiner Internetseite - wenn nicht eindeutig von mir als Tatsache vorgetragen - immer um meine persönliche, verfassungsrechtlich geschützte Meinung handelt, die als solche naturgemäß weder wahr noch falsch sein kann. Mithin wird von mir auch ausdrücklich erklärt, dass es sich bei meiner Meinung, dass an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, Zensur ausgeübt wird und die Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte beschnitten wird, um meine persönliche Meinung, nicht aber um eine Tatsachenbehauptung handelt.

 

Peter Thiel

Systemischer Berater, Systemischer Therapeut / Familientherapeut (DGSF), Verfahrenspfleger (SPFW Brandenburg) und Umgangspfleger 

08.09.2022

 

 

 

 

Schlüsselwörter

ärztliche Atteste, Circulus vitiosus, Dissonanz, double bind, Eltern-Kind Dyade, Eltern-Kind-Entfremdung, Eltern-Kind Triade, Eltern-Kind-Entfremdung, Folie à deux, Induzierte Eltern-Kind-Entfremdung, Inneres Kind, Kindesmisshandlung, kognitive Dissonanzreduktion, Kontaktabbruch, Loyalität, Loyalitätskonflikt, maligner Clinch, Paranoia, Parental Alienation Syndrome, PAS, Rückkopplung, Teufelskreis, Umgangsausschluss, Umgangspfleger, Umgangspflegschaft, Umgangspflicht, Umgangsrecht, Umgangsvereitelung, Umgangsverweigerung, Parentifizierung, partentifiziertes Kind, Trauma, Wirklichkeitskonstruktion, Wahn, Zwangsgeld, Zwangshaft

 

 

 

 

SCHÜLER:

Doch ein Begriff muß bei dem Worte sein.

 

MEPHISTOPHELES:

Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu ängstlich quälen

Denn eben wo Begriffe fehlen,

Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.

Mit Worten läßt sich trefflich streiten,

Mit Worten ein System bereiten,

An Worte läßt sich trefflich glauben,

Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.

 

Goethe / Faust I.: Mephisto-Schüler

 

 

 

 

 

Ein Gespenst geht um in Europa

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 31. Juli 2012 08:12
An: info@system-familie.de
Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Moin,  

nicht nur der Beschluss, die ganze Sache ist von vorne bis hinten schief. Und das folgende bitte nicht missverstehen, das ist kein Frust mehr, ich bin nur noch für die traurig, denen das jetzt noch widerfährt.  

Also:  

Nach Literatur des Gutachtens (Gabriele Schmied, Dipl.-Psychologin, einverstanden war Dr. med. J.H.Puls, Oberarzt und stellvertretender Direktor, beauftragt durch Richter Kuschewitz am Amtsgericht Lübeck am 14.10.2005 - Anm. Peter Thiel) habe ich festgestellt, dass ich psychiatrisch nicht auffällig bin. War das eigentlich als Gutachten beauftragt? Na ja, wer hat das schon schriftlich. Ex räumt immerhin ein, depressiv und suizidgefährdet zu sein.... Und mehrfach in der Psychiatrie. (Von Borderline wird nicht gesprochen) Mir wird Bindungstoleranz bestätigt, Ex wird sie abgesprochen. (Kooperationsbereitschaft erheblich eingeschränkt.) Ergebnis: siehe unten.  

Mit Ex werden die Untersuchungsverfahren des Kindes (die sie teilweise ablehnt, was ich persönlich allerdings beim Rorschachtest verstehe) besprochen, mit mir nicht. Abschlussgespräch mit Ex und Kind zusammen, ich bleibe außen vor. War da nicht mal was von Manipulation der Gutachter? Ich erscheine zum gemeinsamen Jugendamtstermin, Ex und Kind nicht. Ich bin zum gemeinsamen Gespräch beim Gutachter bereit, Ex und Kind nicht.  

Dass ich selbst bei der Vorstellung mein Kind nie wieder zu sehen geweint habe führte zu der Feststellung ich sei "weitgehend ausgeglichen". Ich persönlich würde jeden der da nicht weint für krank halten.  

Ergebnis (ich erlaube mir, dies zu zitieren): "Bleibt die bislang bestehende Situation bestehen, so muss dies hingenommen werden." Tja, einen netteren Freibrief für PAS gibt es ja wohl nicht - was wäre wohl bei Schul- oder Arztverweigerung passiert?  

Ich bin in die Falle gelaufen, in die so viele Väter (und auch einige Mütter) gelaufen sind: Mutter (Vater) macht den Abwesenden schlecht, Kind sagt ich will den oder die nicht mehr sehen, Richter sagt man muss den Kindeswillen berücksichtigen. Zur Ruhe kommen, abwarten, das ist ja alles bekannt.  

Ich hatte aber auch einen nicht hoch genug zu schätzenden persönlichen Vorteil in der Sache: Auf die gutachterliche Frage, wie mein Sohn mit einem Kontaktangebot von mir umgehen würde,  bietet mein Kind immerhin an, ich könne ja an die Mailanschrift der Mutter schreiben. Er werde dann entscheiden, ob er das lese und antworte. (Nach Zensur durch die Mutter)  

Und dieser Satz hat mich freigemacht. Nein, ich bin auch ein Mensch mit Würde und muss mir das von einem Kind nicht bieten lassen. Sollte mein Sohn mir schreiben, werde ich dann entscheiden ob ich das lese......  

Ich bin, seitdem ich diesen Satz gelesen habe, frei und guter Dinge. Das bin ich mir einfach wert. Ich kann mein Glück auch ohne dieses Kind finden. In einer Ecke meines Gartens steht ein Stein. "Julius ... 1992 -" Ich habe mir ein Abschlussritual gegönnt, das tat weh aber auch sehr gut.  

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst der Eltern-Kind-Entfremdung. Und während die Bundesregierung unter der höchst problematisch agierenden damaligen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) das Geld der Steuerzahler/innen mit vollen Händen aus dem Fenster warf, um mit überflüssigen Studien feststellen zu lassen, ob Artikel 6 des Grundgesetzes auch in Deutschland Wirklichkeit werden darf oder es aus SPD-ideologischen Gründen bei der sorgerechtlichen Diskriminierung nichtehelicher Kinder und ihrer Väter bleiben soll - der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit seinem Beschluss Zaunegger gegen Deutschland diesem üblen Regierungstreiben ein Ende gesetzt - http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp?action=html&documentId=859047&portal=hbkm&source=externalbydocnumber&tabl - mangelt es an objektiver Tatsachenforschung über das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung und seiner Auswirkungen auf die betroffenen Kinder und Eltern. 

Zwar gibt es einige wenige Untersuchungen, so etwa:

 

Karl-Franz Kaltenborn: "Ich versuchte, so ungezogen wie möglich zu sein." Fallgeschichten mit autobiographischen Niederschriften: die Beziehung zum umgangsberechtigten Elternteil während der Kindheit in der Rückerinnerung von jungen Erwachsenen", In "Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie", 51: 254-280 (2002)

Judy Wallerstein; Julie Lewis: "Langzeitwirkungen der elterlichen Ehescheidung auf Kinder. Eine Längsschnittuntersuchung über 25 Jahre", In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 2/2001, S. 65-72

 

 

denen aber nachgesagt werden kann, dass es ihnen an der notwendigen Objektivität fehlt. Im übrigen ersetzen private Initiativen oder Forschungen nicht die Notwendigkeit, dass sich die Bundesregierung durch ein selbst in Auftrag gegebenes Forschungsprojekt ein möglichst objektives Bild zum Thema Eltern-Kind-Entfremdung macht, in dem nicht nur die - inzwischen erwachsenen - Kinder einbezogen werden, sondern auch die betroffenen Väter und Mütter. Doch wie gesagt, daran zeigt die Bundesregierung bishe kein Interesse. Zu erschütternd wäre wohl auch Konsequenz, zu sehen, wie die Bundesregierung selbst durch ihre kinderfeindliche Gesetzgebung der Eltern-Entsorgung mittels der anachronistischen Paragraphen §1671 BGB und §1626a BGB Eltern-Kind-Entfremdungen in der Vergangenheit und auch heute noch billigt und befördert.

Zu beforschen wäre auch das Phänomen entfremdender Elternteile, die sich für ihr Tun legitimiert fühlen, teils durch Tatsachen, teils aber auch durch Selbstinduktionen und egoistische Beweggründe, die mitunter bis in die tiefsten Niederungen menschlichen Handelns reichen.

Zu erforschen wäre auch, das Versagen im Bereich der sogenannten Helfersysteme wie Jugendamt, Familiengericht, Verfahrensbeistand und Gutachter, die mitunter dem Treiben entfremdender Elternteils passiv, wohlwollend oder sogar Vorschub leistend beistehen oder beigestanden haben.

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Donnerstag, 12. Juli 2012 15:18

An: info@system-familie.de

Betreff: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Sehr geehrter Herr Thiel,  

für Ihren Artikel möchte ich als Betroffener mich sehr bedanken; ich kann merken, dass Sie nahe am Verfahren sind. Auch Ihr nur ganz leicht ironischer Ton hat mir sehr gefallen. Pfarrer statt Fachpersonal fand ich genial.  

Der Hinweis, den Sie auch vorwegnehmen: Das Folgende ist meine subjektive Meinung. Anschrift der Mutter gebe ich zur Gegendarstellung gern her.  

Ich habe die ganze Mühle hinter mir (Kindergeburtstage zu Besuchsterminen, Nichtanwesenheit zu Besuchsterminen, plötzliche Krankheit des Kindes..) und bin auch bei den Fachleuten dumm abgelaufen (Jugendamtstermin, Mutter kommt nicht - "Da kann ich nichts machen" Begutachtungstermin in der Jugendpsychiatrie - Mutter kommt nicht, Kind will mich nicht sehen - "Da kann man nichts machen"). Auch mein Anwalt meinte: ". wenn er nun mal nicht will." In einem 7-jährigen Verfahren wurde niemals ein Beschluss gefasst, das Verfahren endete mit Volljährigkeit meines Sohnes. Ich habe meinen Sohn seit 9 Jahren nicht gesehen.  

Gelernt hab' ich dabei, dass ich so was überlebe. Es geht mir gut. Selbst wenn ich mir nach Jahren mal ein kleines Revival (Ihr Artikel) gönne, habe ich nicht mehr das dringende Bedürfnis Irgendjemandem weh zu tun. Ich kann dabei lächeln, wenn auch etwas traurig. Alles nach Nietzsche: Was mich nicht umbringt... 

 

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: system-familie.de [mailto:info@system-familie.de]

Gesendet: Donnerstag, 12. Juli 2012 18:04

An: ...

Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Lieber Herr Fleischmann,  

Danke für Ihre Zeilen.  

Welcher Richter an welchem Gericht war bei Ihnen zuständig?  

...

 

Peter Thiel

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Freitag, 13. Juli 2012 11:58

An: info@system-familie.de

Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Moin,  

in Bad Oldesloe war das ein Richter Münning, geschätzt 55 Jahre alt

(seinerzeit) gerade ... geworden und seeeehr frauenbewegt.  

In Lübeck für 6 Monate und einen Termin ein Richter kurz vor der Pensionierung, Namen hab' ich vergessen. Gutachten beauftragt, dauerte über Pensionierung hinaus, fertig. Danach eine Richterin Krone, frisch ... , halbtagstätig, 4 ....  

Der volle Griff ins Klo. Immerhin hat die Dame aber auch den Antrag meiner (Borderline-) Ex auf alleiniges Sorgerecht jahrelang ausgesessen. Hat eben doch alles auch sein Gutes.

 

Ein schönes Wochenende aus ...

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Dienstag, 31. Juli 2012 08:12

An: info@system-familie.de

Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Moin,  

nicht nur der Beschluss, die ganze Sache ist von vorne bis hinten schief.

Und das folgende bitte nicht missverstehen, das ist kein Frust mehr, ich bin nur noch für die traurig, denen das jetzt noch widerfährt.  

Also:  

Nach Literatur des Gutachtens habe ich festgestellt, dass ich psychiatrisch nicht auffällig bin. War das eigentlich als Gutachten beauftragt? Na ja, wer hat das schon schriftlich. Ex räumt immerhin ein, depressiv und suizidgefährdet zu sein.... Und mehrfach in der Psychiatrie. (Von Borderline wird nicht gesprochen) Mir wird Bindungstoleranz bestätigt, Ex wird sie abgesprochen. (Kooperationsbereitschaft erheblich eingeschränkt.) Ergebnis:

siehe unten.  

Mit Ex werden die Untersuchungsverfahren des Kindes (die sie teilweise ablehnt, was ich persönlich allerdings beim Rorschachtest verstehe) besprochen, mit mir nicht. Abschlussgespräch mit Ex und Kind zusammen, ich bleibe außen vor. War da nicht mal was von Manipulation der Gutachter? Ich erscheine zum gemeinsamen Jugendamtstermin, Ex und Kind nicht. Ich bin zum gemeinsamen Gespräch beim Gutachter bereit, Ex und Kind nicht.  

Dass ich selbst bei der Vorstellung mein Kind nie wieder zu sehen geweint habe führte zu der Feststellung ich sei "weitgehend ausgeglichen". Ich persönlich würde jeden der da nicht weint für krank halten.  

Ergebnis (ich erlaube mir, dies zu zitieren): "Bleibt die bislang bestehende Situation bestehen, so muss dies hingenommen werden." Tja, einen netteren Freibrief für PAS gibt es ja wohl nicht - was wäre wohl bei Schul- oder Arztverweigerung passiert?  

Ich bin in die Falle gelaufen, in die so viele Väter (und auch einige Mütter) gelaufen sind: Mutter (Vater) macht den Abwesenden schlecht, Kind sagt ich will den oder die nicht mehr sehen, Richter sagt man muss den Kindeswillen berücksichtigen. Zur Ruhe kommen, abwarten, das ist ja alles bekannt.  

Ich hatte aber auch einen nicht hoch genug zu schätzenden persönlichen Vorteil in der Sache: Auf die gutachterliche Frage, wie mein Sohn mit einem Kontaktangebot von mir umgehen würde,  bietet mein Kind immerhin an, ich könne ja an die Mailanschrift der Mutter schreiben. Er werde dann entscheiden, ob er das lese und antworte. (Nach Zensur durch die Mutter)  

Und dieser Satz hat mich freigemacht. Nein, ich bin auch ein Mensch mit Würde und muss mir das von einem Kind nicht bieten lassen. Sollte mein Sohn mir schreiben, werde ich dann entscheiden ob ich das lese......  

Ich bin, seitdem ich diesen Satz gelesen habe, frei und guter Dinge. Das bin ich mir einfach wert. Ich kann mein Glück auch ohne dieses Kind finden. In einer Ecke meines Gartens steht ein Stein. "Julius ... 1992 -" Ich habe mir ein Abschlussritual gegönnt, das tat weh aber auch sehr gut.

 

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: System Familie [mailto:info@system-familie.de]

Gesendet: Freitag, 7. August 2015 10:56

An: ...

Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Sehr geehrter Herr ... ,  

hat sich in den drei Jahren in der Sache was getan?  

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Peter Thiel

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 7. August 2015 11:38
An: 'info@system-familie.de'
Betreff: AW: Ihr Artikel "Entfremdung" im Internet

 

Moin Herr Thiel,

ja es hat sich etwas getan. Weihnachten 2013 hat mein Sohn sich bei mir gemeldet, er wollte auch mal meine Seite hören. Das was ihm zu Hause dazu erzählt wurde schien ihm immer unglaubwürdiger.  

Ergebnis: Wir haben seitdem wieder ein normales Verhältnis miteinander, so weit das nach so einer Sache möglich ist. Wir sehen uns wöchentlich mindestens ein Mal. Mutter verweigert allerdings seitdem jeden Kontakt zu dem Jungen (Na ja, junger Mann). Sie sieht das wohl so, dass er zur Gegenseite übergelaufen ist. Er ist sehr froh wieder eine normale Familie zu erleben, insbesondere weil meine Frau sich sehr um ihn kümmert. Das kannte er so wohl nicht. Er will aber auch seinerseits keinen Kontakt zur leiblichen Mutter mehr. Er sieht das so, dass sie ihm die Jugend ziemlich versaut hat.  Sie soll erst mal ihre Sachen (Borderline usw.) in Ordnung bringen, danach ist er dann wieder zu Kontakt bereit.  

Falls Sie jemanden brauchen, bei dem eine solche Sache mal ein gutes Ende genommen hat: Ich stehe nach Absprache als Kandidat zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen 

... 

 

 

 

 

 

 

Eltern-Kind-Entfremdung

 

 

"Hallo ich bin die A....

Ich wollte dir nur sagen das ich nicht mehr kommen will. Ich dachte, ich könnte dir sagen, wieso ich den X (Vater) nicht mehr treffen will: also ich habe Angst vor ihn und wenn er in meiner Nähe ist, dann fühle ich mich als ob er eine fremde Person wäre. Ich denke mir immer das er mich wehtun will oder keine Ahnung aber ich fühle mich überhaupt nicht wohl!!!!! Ich würde ihn liebstens nie mehr im leben sehen!! Es gibt auch viele Geschichten wo man sieht wieso ich ihn nicht mag. Bitte, ich hoffe sie verstehen es!!! Weil wenn sie so einen Vater hätten dann hätten sie das selbe Gefühl!!!

Bitte denken sie über was ich ihnen gesagt habe nach und ich hoffe dass sie mich endlich in Ruhe lassen können weil ich habe ihnen schon meine Meinung erzählt und ich kenne meinen Vater besser als sie Glauben!!!!!!!

Naja, danke.

PS. nicht das ich ihnen nicht mag weil dass tue ich aber ich will in Ruhe weiter leben und ich will meine hobbies machen und mit mein hund spielen und mich nicht mit dem X (Vater) treffen ich wenn ich es aussuchen könnte dann wähle ich normal weiter zu leben wo ich wohne als bei dieser Ungeheuer!!!!!!

Vielen dank!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"

 

SMS von A... (Tochter, 12 Jahre) an die vom Bezirksgericht Fünfhaus (Österreich) - 4 Ps 7/11w - Richterin Mag. Manuela Mohsbauer als Gutachterin ernannte Mag. Dr. rer. nat. Sandra Szynkariuk-Stöckl, Gutachten vom 29.11.2013

 

 

Durch die gestiegenen Trennungs- und Scheidungszahlen hat das Thema des persönlichen Kontakts, aber auch das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung eine immense gesellschaftliche Bedeutung erlangt. Man muss allerdings konstatieren, dass trotz einiger zögerlich und halbherzig durchgesetzter Verbesserungen durch die Kindschaftsrechtsreform von 1998, die zuständigen staatlichen Stellen sich mit einer adäquaten Behandlung des Themas Eltern-Kind-Entfremdung noch immer schwer tun. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch in der Debatte um das gemeinsame Sorgerecht, bei der es die zuständigen staatlichen Stellen, einschließlich des Bundesverfassungsgerichtes immer noch für opportun halten, einen Elternteil, meist den Vater, aus der verfassungsrechtlich zugesicherten Wahrnehmung der elterlichen Sorge durch gerichtlichen Beschluss auszugrenzen. Bei nichtverheirateten Vätern geschieht diese diskriminierende Ausgrenzung von Staats wegen automatisch. Wird das Kind geboren, ist nur die Mutter automatisch Inhaberin der elterrlichen Sorge. Der Vater muss die Mutter um Zustimmung zur Herstellung der gemeinsamen Sorge bitten oder ein überflüssiges Familiengerichtsverfahren auf sich nehmen, das er dann oft auch noch bezahlen muss, nur um sein Recht nach Artikel 6 Grundgesetzt ausüben zu können. Dabei ist es egal, ob der Vater Rechtsanwalt, Familienrichter, Bundestagsabgeordneter oder Arbeitsloser ist. Die staatliche Ausgrenzung aus der elterlichen Verantwortung tritt automatisch allein auf Grund des Status ein, dass der Vater nicht verheiratet ist. Dies hat mit demokratischen rechtsstaatlichen Verhältnissen natürlich nichts zu tun, sondern erinnert eher an die für Schwarze geltende Rassendiskriminierung der 50-er Jahre in den USA. Man muss sich daher auch nicht über die Konstanz wundern, mit der Eltern-Kind-Entfremdungen ihren angestammten Platz in Deutschland behaupten und Heerscharen von Familienrichtern und anderen Fachkräften mit einem immensen finanziellen Aufwand ununterbrochen damit beschäftigt sind, der sich auch aus dem Entzug oder der Verweigerung des Sorgerechtes resultierenden Probleme Herr zu werden. Wie sagte doch schon so schön Goethe: Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.

Anders als bei der elterlichen Sorge bei Geburt des Kindes, sind nicht nur Väter, sondern auch Mütter von Eltern-Kind-Entfremdung betroffen:

 

 




-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 23. Februar 2018 11:37
An: info@system-familie.de
Betreff: Umgangspflegschaft bei Eltern-Kind-Entfremdung

Sehr geehrter Herr Thiel,

ich bin auf der Suche nach Erfahrungen mit der Wirksamkeit von Umgangspflegschaften bei massiver Eltern-Kind-Entfremdung. Können Sie mir hier weiterhelfen?

Kurz zu meiner Situation: Meine beiden Töchter (heute 10 und 11 Jahre alt) wurden mir nach der Trennung vom Vater innerhalb von 3 Monaten massiv entfremdet, das Verhältnis wandelte sich von einem engen Vertrauensverhältnis hin zu massiver Ablehnung, Beschimpfungen und dem geäußerten Wunsch, ich solle tot sein, es gab sogar Phantasien zumindest einer Tochter, mich umzubringen. Die Phase endete mit einer Selbstmorddrohung dieser Tochter und daraufhin dem vom Jugendamt veranlassten Umzug der Kinder zum Vater im Juni 2017. Seitdem besteht keinerlei Kontakt mehr zwischen mir und meinen Kindern. Eine vom Jugendamt installierte Familienhilfe ist am Widerstand des Vaters gescheitert. Die Kinder sind seit fast einem Jahr in psychologischer Behandlung, es findet jedoch keine wirkliche Therapie statt, da die Kinder sich weigern, mit der Psychologin über die Problematik zu sprechen. Es ist ein Sorgerechtsverfahren anhängig (der Vater hat das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragt), in dessen Folge ein Gutachten erstellt wurde, das dem Vater gute Erziehungsfähigkeit, aber sehr geringe Bindungstoleranz attestiert und auch feststellt, dass der geäußerte Wille der Kinder nicht als autonom zu betrachten ist. Gutachter und Verfahrensbeiständin sprechen sich dafür aus, dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt beim Vater behalten, das gemeinsame Sorgerecht in vollem Umfang bestehen bleiben und der Vater an seiner Bindungstoleranz arbeiten soll. Die Hauptverhandlung ist für den 18.3. terminiert.

Mir wurde nun von einer nicht am Verfahren beteiligten Beraterin der Rat gegeben, darauf hinzuarbeiten, dass eine Umgangspflegschaft mit „erweitertem Wirkungskreis“ installiert werden solle. Dafür bräuchte es eine sehr kompetente Person, die, vom Gericht autorisiert, dem Vater entsprechend gegenübertreten könne, und so den Kontakt der Kinder zu mir wieder herstellen könne. Ich weiß nicht, ob ein solcher Antrag Aussicht auf Erfolg hätte. Jugendamt und Verfahrensbeiständin sind der Ansicht, man dürfe die Kinder nicht zum Kontakt zwingen, das das die Kinder noch tiefer in die Ablehnung treiben würde. Das Jugendamt plädiert darüber hinaus dafür, den Kindern nach den Monaten mit Familienhilfe, Gutachten und Gerichtsverfahren jetzt mal Ruhe zu gönnen. Ich würde es trotzdem gerne versuchen, wüsste aber gerne, ob und welche Erfahrungen es mit einem solchen Ansatz gibt. Können Sie mir dazu etwas sagen?

Mit freundlichen Grüßen,

...

 

Text aus Datenschutzgründen geringfügig verändert - Peter Thiel

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: System-Familie [mailto:info@system-familie.de]
Gesendet: Montag, 9. April 2018 15:05
An: ...
Betreff: AW: Umgangspflegschaft bei Eltern-Kind-Entfremdung


Sehr geehrte Frau ...,

ich kann Ihnen hier sicher weiterhelfen.

Bin selber recht erfolgreich als Umgangspfleger tätig, die Fälle sind in aller Regel sehr anspruchsvoll. Wenn man hier nicht die richtigen Fachleute hat, ist eine Kontaktanbahnung zum Scheiteren verurteilt. Die meisten Leute, die das Gericht heranzieht, sind in dieser Frage leider inkompetent.

Seltsamerweise erhalten die Gutachter, die hier meist nur blödes und nutzloses Zeug reden 100 € die Stunde, während ein qualifizierter Umgangspfleger mit Hochschulabschluss gerade mal 33,50 € die Stunde erhält. Daran sieht man, dass die Justiz in Gestalt des Bundesjustizministerium gar kein Interesse hat, dass ein Fall wie der Ihre einen glücklichen Ausgang nimmt.



...

Bitte senden Sie mir unverbindlich und kostenfrei die aktuell gültige Umgangsregelung des Gerichtes zu.


Anbei zum Thema:

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 6/2000, S. 223-230 und 7/2000, S. 258-271

Wolfgang Klenner: "Rituale der Umgangsvereitelung"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1995, Heft 24, S. 1529-1535




Mit freundlichem Gruß



Peter Thiel


 

 

Die Entwicklung im Verständnis von Entfremdungsprozessen ist nicht abgeschlossen. Der Autor dieser Internetseite leistet seinen Beitrag zur theoretischen Aufhellung des Phänomens und - um nicht bei einer unfruchtbaren rein akademischen Diskussion stehen zu bleiben - zu einem konstruktiven und menschenwürdigen Umgang mit Entfremdungsprozessen und deren möglicher Auflösung.

 

 

"Ich habe keine Lust noch hundert Mal zum Rechtsanwalt zu rennen. Hau ab!"

 

sagt die fünfjährige Tochter zu ihrem Vater, mit dem sie nach anfänglicher Kontaktverweigerung durch die Mutter und darauffolgendem familiengerichtlichen Verfahren, seit zwei Jahren gute Umgangskontakte hatte und der sie wie auch sonst alle vierzehn Tage bei der Mutter abholen will. Der Vater ist dafür 200 Kilometer mit dem Auto gefahren, die Tochter weigert sich ins Auto einzusteigen und der Vater sitzt dann noch zwei Stunden hilflos im Haus der Mutter und befragt seine Tochter, warum sie denn nicht mitkommen will. Dann fährt er unverrichteter Dinge wieder zurück (27.04.2004)

 

 

"Man hat uns immer erzählt, es geht hier um uns, die Kinder, aber mittlerweile denke ich, dass es nur darum geht, dem Vater das Umgangs- bzw. Sorgerecht zu ermöglichen und irgendeine Faustregel durchzusetzen, die irgend ein Psycho aufgestellt hat, von wegen Väter müssen ihre Kinder sehen oder andersrum." (März 2005)

 

schreibt die 16-Jährige Silke (Name geändert) an den zuständigen Familienrichter, nach neunjähriger Kontaktunterbrechung zu ihrem Vater infolge anhaltender Eltern-Kind-Entfremdung und nachdem der nichtverheiratete Vater im Jahr 2003 die gerichtliche Herstellung des gemeinsamen Sorgerechts beantragt hat.   

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Freitag, 2. Oktober 2009 23:26

An: info@system-familie.de

Betreff: AW: Zwischenstandsbericht Gutachterverfahren

 

Sehr geehrter Herr Thiel,

das ist ja nett, dass sie noch an uns denken.

Kurz zusammengefasst, läuft es gar nicht.

Zwar hat das Gericht auf Vorschlag des GA 4 begleitete Termine (a 2 Std.) gegen den Willen der Mutter festgelegt, mit der Androhung ihr einen Umgangspflegschaft vor die Nase zu setzen, falls sie sich nicht daran halten sollte. Fr. W. hat die Kinder auch zum Termin gebracht, aber v.a. B die Jüngere (11J) muss so aggressiv gewesen sein - sie weigerte sich beim ersten Mal überhaupt meinem Mann die Hand zu geben und beim zweiten Mal musste die Psychologin 5 Minuten auf sie einreden, damit sie überhaupt den Raum betrat. Ich muss sagen, ich bin kurz davor selber Aggressionen zu entwickeln und letztendlich keinen Kontakt mehr haben zu wollen - so scheint es mir eine endlose "Selbstzerfleischung" zu sein. Den nächsten Termin will mein Mann ausfallen lassen, den übernächsten dann noch mal wahrnehmen, um danach zu entscheiden, wie es weitergehen soll. A - die Ältere - ist ja jetzt 18 Jahre alt geworden, sie war zwar auch aggressiv, hat aber wenigstens ein paar Worte geredet und zum Schluss wohl geweint, also scheint ihr was auch immer doch etwas nahe zu gehen.

Was würden Sie machen - Kontakt aussetzen - oder so eine Quälerei weiter ertragen?

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

Eltern-Kind-Entfremdungen, verkürzt als Elternentfremdung bezeichnet, gab es schon bevor Trennungen und Scheidungen von Eltern zum gesellschaftlichen Massenphänomen wurden. Dies waren in der Regel innerfamiliäre Entfremdungen. Die rebellierende westdeutsche Studentengeneration von 1968 ist mit ihrem Protest gegen die staatlichen Institutionen, mit der im wesentlichen wohl ein Protest gegen die eigenen Eltern gemeint war, ein Beispiel dafür gewesen. Viele Eltern-Kind Entfremdungen in äußerlich intakten Familien liefen und laufen unauffälliger ab. Kleine Kinder, somatisieren, werden krank, nehmen autistische und introvertierte Züge an, ältere Kinder und Jugendliche verwahrlosen, konsumieren Alkohol und Drogen, brechen frühzeitig den Kontakt zu ihren Eltern ab oder werden bei äußerlicher Angepasstheit magersüchtig um wenigstens auf diese Weise ihren Wunsch nach Ablösung von den Eltern Ausdruck zu verleihen. Mädchen introvertieren in einem bestimmten Sinne offenbar stärker als Jungen (z.B. Bulimie und Magersucht). Jungen extrovertieren stärker, treten in der Öffentlichkeit störende in Erscheinung und sind daher die Hauptklientel von Erziehungsberatungsstellen und sozialer Gruppenarbeit. Der Erfurter Amoklauf von Robert Steinhäuser gehört zur Spitze des Eisberges und ist wohl Beispiel einer chronifizierten und fortschreitenden Eltern-Kind-Entfremdung, die sich zum Super-Gau und Massenmord entwickelt hat (vgl. "Der Spiegel" 6.5.2002). 

Entfremdungen zwischen Kindern und Eltern traten auch durch die deutsch-deutsche Teilung ein, deren Beginn durch den Bau der Ostberliner Mauer gekennzeichnet war und deren Ende mit der Fall derselben eintrat. Die Eltern-Kind-Entfremdungen infolge von Trennung und Scheidung sind allerdings weit höher als die durch die deutsch-deutsche Teilung verursachten und man fragt sich, warum zwar den Opfern der deutsch-deutschen Teilung am Tag der Deutschen Einheit gedacht wird, nicht aber den zahlenmäßig um ein vielfaches höheren Opfern von Kontaktabbrüchen infolge von Scheidung und Trennung in Ost und West. Wahrscheinlich deshalb, weil auch der bundesdeutsche Staat diese Kontaktabbrüche (und bis 1998 auch eine Vielzahl von Zwangsadoptionen) in der Vergangenheit und - in geringerem Umgang - auch noch heute nicht unwesentlich mit zu verantworten hat, man denke nur daran, dass bis zur Kindschaftsrechtsreform von 1998 Väter nichtehelicher Kinder nach dem Wortlaut im BGB noch nicht einmal ein Umgangsrecht hatten und ihnen auch nach 1998 bis heute die rechtliche Gleichstellung mit der Mutter der gemeinsamen Kinder verweigert wird. Nicht wenige auch heute noch tätiger Fachkräfte tragen auch persönliche Verantwortung für ungerechtfertigte Kontaktabbrüche zwischen Eltern und ihren Kindern. 

 

Das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung ist schon in den 50-er und 60-Jahren ein gesellschaftspolitisch relevantes Thema gewesen, man frage nur einmal im Bekanntenkreis herum, wie viele erwachsene Männer und Frauen keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater haben. Gesellschaftlich wurde das Thema allerdings lange verdrängt, die ist nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet, dass sich die betroffenen Eltern stigmatisiert fühlten und sich zumeist nicht trauten, ihre Problematik auch öffentlich zu machen.

Entfremdungen zwischen Kind und getrennt lebenden Elternteil sind schon seit langem bekannt. Spengler hat in einer interessanten Abhandlung die Folgen ungelöster familiärerer Konflikte mit nachfolgender Eltern-Kind-Entfremdung am Beispiel von Trennungsfamilien untersucht, in der das inzwischen volljähriges Kind auf Grund der ungelösten familiären Konflikte psychotisch wurde.

 

Christian Spengler: "Psychosen in Scheidungsfamilien"; In: "Familiendynamik", 1995, Heft 1, S. 68-95

 

 

Im selben Jahr erschien der in der Folge vielbeachtete Aufsatz von Klenner zum Phänomen der Elternentfremdung. Dass Klenner keinen dezidiert systemischen Blick auf das Phänomen der Elternentfremdung geworfen hat, schmälert das Verdienst nicht, dass er sich allein damit erworben hat, durch die Veröffentlichung seines Aufsatzes in der wichtigsten deutschen Familienrechtszeitschrift, das Phänomen der Elternentfremdung in einer in Fachkreisen bis dahin nicht erfolgten Deutlichkeit anzusprechen, so dass es heute jeder im familienrechtlichen Zusammenhang arbeitenden Fachkraft als Thema vertraut ist. 

 

Wolfgang Klenner: "Rituale der Umgangsvereitelung"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1995, Heft 24, S. 1529-1535

 

 

Uwe Jopt u.a. haben in der Folge mehrfach versucht, das Phänomen der Elternentfremdung aus systemischer Sicht zu analysieren und praktikable Handlungsstrategien vorzuschlagen. Sein Erfolg hätte sicher größer sein können, wenn er - bei aller fachlichen Kompetenz - mit ein wenig mehr Bescheidenheit auftreten würde, was ihm bis weit in das Lager der konservativen Elternselektionsanhänger ein größeres Maß an Sympathie eingebracht hätte, die ihm - systemisch betrachtet - wieder rückgekoppelt, den eigenen Erfolg und Anerkennung verstärkt hätte. 

 

Katharina Behrend: "Kindliche Kontaktverweigerung nach Trennung der Eltern aus psychologischer Sicht. Entwurf einer Typologie."; Dissertation, Universität Bielefeld, 2009 - http://pub.uni-bielefeld.de/download/2301270/2301273

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 7/8, 2000

Uwe Jopt; Julia Zütphen: "Psychologische Begutachtung aus familiengerichtlicher Sicht: B. Lösungsorientierter Ansatz"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 10/2004, S. 362-376

Uwe Jopt; Julia Zütphen: "Elterliche PASsivität nach Trennung - Zur Bedeutung des betreuenden Elternteils für die PAS-Genese -", In: Fabian, Thomas (Hrsg.), 2. Tage der Rechtspsychologie, Leipzig, 18.–20.05.2001. Tagungsband

Uwe-Jörg Jopt: "Im Namen des Kindes. Plädoyer für die Abschaffung des alleinigen Sorgerechts"; Rasch und Röhring 1992

 

 

 

 

 

 

Rechtlicher Hintergrund

Eltern-Kind-Entfremdungen und die Möglichkeit an einer Aufhebung der Entfremdung zu arbeiten, wird juristisch durch die Regelung des §1684 BGB gerahmt.

 


Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1684 Umgang des Kindes mit den Eltern
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1684.html



Wenn wie in einem Fall einer Vater-Kind-Entfremdung (Sohn 12 Jahre), der am Amtsgericht Schleiden - 12 F 191/17 - Richter Tambour verhandelt wurde, die zur Gutachterin ernannte Julia Schröer (Psychologin (M.A.) faktisch meint, nichts tun zu können, außer abwarten und beten (die Verfahrensbeiständin Elena Riso, die seltsamer Weise unter dem Briefkopf der AWO Rhein-Erft & Euskirchen auftritt, obwohl die AWO in keiner Weise Teil der Verfahrensbeistand ist, pflichtet ihr hier bei) und - so der Vater diesen Vorschlag nicht mitträgt - meint, es bliebe dann "nur der gerichtliche Ausschluss des Umgangs", vermag dies nicht zu überzeugen, denn durch einen solchen Ausschluss, bei dem nicht abzusehen ist, wie viele Jahre oder gar Jahrzehnte er den Sohn und auch den Vater belasten wird und dauerhaft entfremdet, wird die Chance vertan, im Miteinander, eine neue, bessere Wirklichkeit herzustellen. Man denke hier nur an die DDR, wo der Versuch der Zementierung gegebener Verhältnisse und das Fehlen ausreichender gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse in Stagnation und letztlich Implosion des ganzen Systems führte. Nichts tun ist oft keine Lösung. Dies heißt nun aber nicht, dass man nicht auch Geduld haben muss, denn die wie auch immer entstandene Abwehr von Kindern und Jugendlichen bezüglich des Kontaktes zu einem Elternteil, kann in der Tat nicht immer durch eine einmalige fachlich verfügte Intervention behoben werden. Gleichwohl bedeutet nichts tun oder den Umgang gerichtlich ausschließen, ohne etwa das Instrument eines sehr weit zu verstehenden "Begleitenden Umgangs" zu nutzen, in aller Regel eine Gefährdung des Kindeswohls und damit genau das, wo vor der Umgangsausschluss angeblich beschützen soll. Dies liegt in aller Regel daran, dass sich das Kind in einem ungelösten Konfliktfeld der Eltern befindet, der durch einen Umgangsausschluss natürlich nicht gelöst wird. Statt dessen verliert das Kind durch einen gerichtlich verfügten Umgangsausschluss faktisch einen Elternteil und ist einseitig dem betreuenden Elternteil überlassen , was zwischen betreuendem Elternteil und Kind oder Jugendlichen zu erheblichen Konfliktlagen und Gefährdungen führen kann.

In dem hier genannte Fall war es so, dass der Sohn ursprünglich vom Haushalt der Mutter in den Haushalt des Vaters wechselte. Die hiermit wohl verbundende Hoffnung des Sohnes auf ein gutes Leben erfüllten sich damit aber offenbar nicht, so dass es in der Folge zu einem erneuten Wechsel der Seiten durch das Kind kam, es ging wieder in den Haushalt der Mutter und "verweigert" seitdem den Kontakt zum Vater. Ein solcher Seitenwechsel des Kindes ist nur bei getrennt lebenden Eltern möglich, im Fall in einem Haushalt zusammenlebender Eltern kann das Kind faktisch nicht die Haushalte wechseln, sondern nur wechselnde Koalitionen mit einem Elternteil eingehen, wenn diese Koalitionen zu eng sind, ist in der Regel das Kindeswohl gefährdet. Ein Kind, das mit beiden Eltern in einem Haushalt lebt, kann bei übermäßig starken Konflikten nur das Elternhaus verlassen (temporär oder dauerhaft, Trebegänger), oft bricht auch hier der Kontakt mit den Eltern ab und das Kind oder der Jugendliche kann in gefährdende Problemlagen kommen, wenn keine fachlichen Interventionen (Betreutes Jugendwohnen, Erziehungsbeistandschaft etc) erfolgen.

 

 

 

 

Das Problem der Dissonanz

Stehen sich getrennt lebende Eltern in Streit und Feindschaft gegenüber - konkrete Gründe dafür gibt es wie Sand am Meer - so steht das gemeinsame Kind naturgemäß zwischen den beiden Konfliktparteien in einem Loyalitätskonflikt

 

Vergleiche hierzu: 

Elisabeth Mackscheidt: "Loyalitätsproblematik bei Trennung und Scheidung - Überlegungen zum Kindeswohl aus familientherapeutischer Sicht"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", FamRZ", 1993, Heft 3, S. 254-257

 

 

Wie es das Kind auch anstellen mag, es kann nie beide Eltern, denen es sich verbunden fühlt, gleichzeitig zufrieden stellen. Wendet es sich der Mutter zu, verletzt es den Vater, wendet es sich dem Vater zu, verletzt es die Mutter. Es reicht aber auch aus, dass das Kind von einem Elternteil auf gegnerische Loyalität gegen den anderen Elternteil verpflichtet wird. Das Kind kann das Problem, den einen Elternteil zu lieben, bei gleichzeitiger Aufforderung durch den - meist betreuenden - anderen Elternteil, diesen Elternteil abzulehnen und Partei für den betreuenden zu leisten, nur auf "neurotische" Weise lösen. 

Das Kind steht durch die gegensätzlichen Handlungsaufforderungen, innere Stimme und äußere Stimme in einem Entscheidungsdilemma. Dilemmata lassen sich nur dadurch lösen, dass man die logische Ebene des Entscheidungskonfliktes verlässt. So löst man eine Patt-Situation bei einem Schachspiel ganz einfach dadurch, dass man das Schachspiel beendet und mit seinem Gegenspieler oder Gegenspielerin eine Flasche Wein aufmacht und sich eine Liebeskomödie ansieht. Das Kind ist naturgemäß zu solch einer "Spielbeendigung" nicht in der Lage, es müsste andernfalls seiner Mutter und seinem Vater sagen, macht ihr mal euer Spiel weiter, ich gehen inzwischen zu Pippi Langstrumpf in die Villa Kunterbunt und habe dort viel Spaß.

Kinder versuchen den Loyalitätskonflikt dadurch zu lösen, dass sie sich mit dem Wunsch des aktuell betreuenden Elternteil identifizieren. Sie verringern damit die Dissonanz zu diesem Elternteil bei gleichzeitiger Erhöhung der Dissonanz zum anderen Elternteil. Ab einem bestimmten Stufe der kognitiven Entwicklung führt dies zu einem verfestigen Bild von einem guten und einen bösen Elternteil. Spätestens hier ist eine Kindeswohlgefährdung manifest.

 

Vergleiche hierzu: 

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 6/2000, S. 223-230 und 7/2000, S. 258-271

 

Wenn sich das Kind mit dem Wunsch des einen Elternteils nach Ausgrenzung des anderen Elternteils identifiziert, präsentiert es bei Nachfragen auch dem Familienrichter, Verfahrensbeistand oder Gutachter seinen "Willen", keinen Kontakt mehr mit dem anderen Elternteil zu haben. Spätestens an dieser Stelle resignieren viele Familienrichter, entweder weil sie sich - ähnlich wie das Kind - inzwischen auch ein Bild von einem guten betreuenden und einem bösen prozessierenden Elternteil gemacht haben, den Fall mit dem Totschlagargument "Das Kind braucht endlich Ruhe" von ihrem Tisch bekommen wollen oder wie ein Schachspieler in einer Pattsituation schlichtweg keine Phantasie haben, wie sie das Problem lösen könnten.

 

Beispiel

Die vom Amtsgericht St. Ingbert - 4 F 79/14 - Richter Weinand - am 17.07.2015 als Gutachterin ernannte Diplom-Psychologin Milly Stanislawski reicht am 15.11.2015 ihr Gutachten ein, in dem sie vorträgt:

 

"Gestützt auf die erhobenen Befunde wie auch auf die Mitteilung der Kinderpsychotherapeutin Frau Dr. Djafari, empfiehlt die Untersucherin A viel Zeit zu gewähren, um ein vorsichtiges sich Annähern an den Vater zu ermöglichen. Vorab braucht A auch noch Zeit seine Beziehung (Arbeitsbündnis) zur Kinderpsychotherapeutin zu festigen, seine Ambivalenz der Therapie gegenüber aufzugeben.

Der Kindesvater möge seine Wünsche (an den 5-jährigen Sohn - Anmerkung Peter Thiel) noch zurückstellen, einer vorübergehenden Aussetzung der Umgänge mit A von zunächst einem halben Jahr zustimmen und auf die Intervention der Psychotherapeutin vertrauen, bevor der Vater in dieser seinen Platz erhält.

Die Kindeseltern mögen den Kindeswillen, zur Zeit keinen persönlichen Umgang mit dem Vater haben zu wollen, akzeptieren. ...

Parallel empfiehlt die Sachverständige einen Umgangspfleger einzusetzen, der Erfahrungen mit kindlichen Belangen hat, der emphatisch mit kindlichen Störungen umzugehen weiß und behutsam Kontakt zu A aufnimmt, dem Kind Angebote unterbreitet, die Vertrauen schaffen, um in Absprache mit der Psychotherapeutin einen ersten Umgangskontakt vorzubereiten.

Die Uz. erlaubt sich an dieser Stelle, den Verfahrens- und Umgangspfleger Herr Christian Nowak aus Nalbach anzufragen.

Die Psychotherapeutin sollte die (ersten möglichen) Umgänge nicht begleiten, um die Psychotherapie A´s nicht zu gefährden. Sollte sie gefordert sein, Umgänge vorzubereiten, bzw. zu begleiten, könnte dies einen Abbruch der Therapie provozieren."

Gutachten der Diplom-Psychologin A. Milly Stanislawski vom 14.11.2015 - Amtsgericht St. Ingbert - 4 F 120 UG - Richter am Amtsgericht Weinand, Seite 38 

 

 

Seit wann schließen fünfjährige Kinder ein "Arbeitsbündnis" mit einer Kinderpsychotherapeutin ab, bei Frau Stanislawski scheint da im Kopf einiges durcheinanderzugehen. Womöglich kam sie an dem Tag gerade von ihrer eigenen Psychotherapeutin, mit der sie sich darüber stritt, ob sie mit ihr ein "Arbeitsbündnis" eingeht oder nicht.

Dann der im Plural formulierte absurde Satz:

 

Die Kindeseltern mögen den Kindeswillen, zur Zeit keinen persönlichen Umgang mit dem Vater haben zu wollen, akzeptieren. ...

 

Was soll hier der vermeintliche Appell an beide Eltern, die Mutter ist doch froh, dass das Kind nicht "will". Das ist bei Klenner ausführlich beschreiben worden, mag sein, dass Frau Stanislawski hier noch eine Bildungslücke hat.

 

Wolfgang Klenner: Rituale der Umgangsvereitelung; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1995, Heft 24, S. 1529-1535

 

Das das fünfjährige Kind sich hier bezüglich des Vaters äußert:

"Papa, du bist gefeuert".

Gutachten Seite 20

 

zeigt eindringlich den Anfang einer sich zu verfestigen drohenden Vater-Kind-Entfremdung auf, die landäufig unter dem Begriff von PAS subsummiert wird, Jopt und Behrendt haben hierzu wichtiges geschrieben, nur scheint es mancherorts noch nicht angekommen oder erfolgreich abgewehrt worden zu sein.

 

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 6/2000, S. 223-230 und 7/ 2000, S. 258-271

Uwe Jopt; Julia Zütphen: "Elterliche PASsivität nach Trennung - Zur Bedeutung des betreuenden Elternteils für die PAS-Genese -", In: Fabian, Thomas (Hrsg.), 2. Tage der Rechtspsychologie, Leipzig, 18.–20.05.2001. Tagungsband

 

Und wenn der verfahrensführende Richter Weinand weiterhin mit ungeschickter Hand agiert und "Fachkräfte" beauftragt, die effektiv einer fortschreitenden Entfremdung zuarbeiten, statt sie aufzulösen, dann wird das Kind dauerhaft ohne Vater aufwachsen, was schließlich auch der Mutter auf die Füße fällt, wenn ihr der pubertierende Knabe aus dem Ruder läuft.

Ansonsten scheint es so, dass mit der "Therapie des Kindes" nicht nur Geld der Krankenkasse verbrannt wird, sondern es sich hier auch noch um ein klassisches Ablenkmanöver seitens der Mutter handelt, frei nach dem Motto, so lange mein Kind in Therapie ist, braucht es nicht zum Vater. Solche Therapien dauern daher in der Regel mehrere Jahre bis zur Volljährigkeit des Kindes, dass dadurch in vielen Fällen dauerhaft geschädigt wird, weil es nun nicht nur meint sein Vater wäre ein Schweinehund, sondern auch noch meint, sein Leben ohne einen Therapeuten nicht leben zu können.

"Viel Zeit zu gewähren", man kann es auch "Auf Zeit spielen" nennen, das kennt man aus dem Fußball, es handelt sich hier um eine Taktik, in der die eine Mannschaft, die mit einem Tor in Führung liegt, die andere Mannschaft so lange hinhält, bis der Schiedsrichter das Spiel abpfeift und die hinhaltende Mannschaft damit einen knappen Sieg für sich verbuchen kann. Nicht viel anders dürfte es bei dem obskuren Vorschlag der Frau Stanislawski sein.

 

 

 

Beispiel 2

Mit Beschluss vom 09.11.2017 ordnet das Amtsgericht Pankow/Weißensee Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten an und ernennt den Diplom-Psychologen Lars Bietendorf zum Sachverständigen, der das Gutachten bis zum 27.04.2018 bei einer Kostenobergrenze von 6.000 € erstatten soll.

Am 06.07.2018, also über zwei Monate nach der gesetzten Frist teilt Herr Bietendorf dem Gericht mit, dass die Datenerhebung weitgehend abgeschlossen wäre und beantragt eine Anhebung der Kostengrenze auf 10.500 €. Mit Beschluss vom 27.08.2018 genehmigt das Gericht die Anhebung der Kostengrenze auf 10.500 € und verlängert die Frist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 31.08.2018, also fast 10 Monate nach Beauftragung des Herrn Bietendorf als Sachverständigen. Der schnellste und billigste ist Herr Bietendorf also nicht, sondern - wenn man das so sagen darf - mehr im Bereich des gehobenen Mittelklassewagen mit integrierter Minibar - einzuordnen.

Nun könnte man meinen, Mittelklassewagen mit integrierter Minibar für 10.500 € das ist ja nicht viel Geld. Immerhin hat Herr Bietendorf dem Gericht dann schließlich ein 127-seitiges Gutachten abgeliefert, wenn man alle Buchstaben zählen würde käme man sicher auf einige 10.000, also eine durchaus stolze Zahl, die jeder Buchstabensuppe zur Ehre gereichen würde und mit der man ein ganzes Dorf sättigen könnte. Doch geht es hier leider nicht um Dörfer oder die angeblichen Wunder eines gewissen Jesus Christus, der mit sieben Broten ein ganzes Volk satt gemacht haben soll, sondern um eine Mutter, die seit einem Jahr von ihrem Sohn getrennt ist. In der Regel trifft ein solches Schicksal Väter, doch seit dem Roman "Effi Briest" von Theodor Fontane, wissen wir, dass auch Mütter von Entfremdungen und unfreiwilligem Kontaktabbruch betroffen sind.

Zudem scheint Herr Bietendorf noch nicht einmal die Gesetze zu kennen, sonst würde er nicht schreiben:

 

In Bezug auf den Umgang kann derzeit auf Grund der Verweigerungshaltung des Jungen keine feste Regelung empfohlen werden. Es fanden sich aber keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindes durch die Kontakte, zumal A die Mutter zuletzt zwei Mal getroffen hatte. An der Verstetigung der Kontakte sollte im Rahmen der aufsuchenden Familientherapie gearbeitet werden. Hierzu sollte die Mutter weiter auf den Jungen zugehen. Gleichzeitig ist eine stärkere Unterstützung der Kontakte durch den Vater nötig.

Sollte sich innerhalb von vier Monaten keine Verstetigung der Kontakte ergeben haben, sollte ein Umgangspfleger eingesetzt werden.

Der Vater sollte der Mutter regelmäßig (alle drei Monate) Informationen zur Entwicklung des Jungen zukommen lassen.

Gutachten S. 125

 

denn, einen Umgangspfleger kann das Gericht nur dann einsetzen, wenn zuvor der Umgang nach §1684 BGB gerichtlich geregelt wurde und "die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt" wurde.

 

3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft).

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1684.html

 

 

Herr Bietendorf ist also sicher gut beraten, wenn er vor weiteren Auftragsübernahmen als Sachverständiger erst einmal eine ordentliche Weiterbildung absolviert und sich Rüstzeug für die Tätigkeit eines Sachverständigen aneignet. Wir empfehlen da natürlich unsere eigene Fortbildung

http://loesungsorientierter-sachverstaendiger.de/fortbildung.html

 

Bei einer solchen Fortbildung kann er auch beim Thema Entfremdung und Kontaktabbruch sicher noch einiges lernen, so dass er sich fürderhin nicht mit dem Entwerfen von Luftschlössern nach dem Motto: Die Zeit heilt alle Wunden, sondern mit konkreten und effektiven Interventionen aufwarten kann. Zudem wäre zu hoffen, dass Herr  Bietendorf im Literaturverzeichnis etwaiger späterer Gutachten dann auch die beiden Autoren Uwe Jopt und Katharina Behrend zitieren kann, die sich um das Thema Entfremdung und Kontaktabbruch bereits zu einer Zeit bemüht haben, als Herr Bietendorf vielleicht noch mit der Trommel um den Christbaum oder mit der Pionierfahne um das Pionierferienlager marschiert ist.

 

 

 

 

 

Selbstrückbezüglichkeit und Elternentfremdung

Bei der Dampfmaschine wird die Rückbezüglichkeit auf eine recht einfache Art technisch genutzt. James Watt wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts vorgehalten, dass seine dampfbetriebene Maschine nicht arbeiten könne, da ja der Kolben der Dampfmaschine nur in eine Richtung gehen könne, von dort aber nicht wieder zurückkäme. Watt stellt die Bewegung des Kolbens selbst in den Dienst seiner eigenen Steuerung. Der Kolben schließt und öffnet die auf den entgegengesetzten Seiten angebrachten beiden Dampfventile, so dass der Kolben nachdem er erst in die eine Richtung ging, nun durch den einströmenden Dampf von der anderen Seite in die andere Richtung geschoben wird. 

Rückbezüglich ist auch ein Heizungssystem mit Thermostat. Die Erwärmung des Raumes führt bei einer definierten Einstellung des Thermostaten zu einer Drosselung der Warmwasserzufuhr im Heizungssystems. Dadurch kühlt der Raum ab, der Thermostat öffnet sich dadurch und lässt wieder warmes Wasser in den Heinzkörper einfließen, der Raum erwärmt sich, der Thermostat schließt sich, ... usw. usf.

Was in der Technik oftmals eine recht nützliche Sache ist, ist im menschlichen Miteinander oft problematisch oder wird zur Katastrophe. Denken wir etwa an den Missbrauchsskandal von Worms, wo eine einmal in die Welt gesetzte Falschmeldung einer sogenannten Fachkraft dazu führte, dass schließlich auch alle anderen im System agierenden Fachkräfte von einem angeblich stattgefundenen sexuellen Missbrauch überzeugt waren, wobei sie sich gegenseitig als Zeugen für den vermeintlich stattgefundenen Missbrauch in Anspruch nahmen, grad so wie in der Geschichte von dem Kanonenschuss und dem nautischen Chronometer, die Paul Watzlawick erzählt:

 

In einer südamerikanischen Hafenstadt wird von der örtlichen Festung genau um 12 Uhr ein Kanonenschuss abgefeuert und danach richtet sich jedermann die Uhr. Ein Reisender aus dem Ausland stellt fest, dass der Kanonenschuss immer um cirka 20 Minuten zu spät ist. Der Reisende geht hinauf in die Festung zum Kommandanten und fragt ihn woher die Zeit genommen wird, nach der der Kanonenschuss abgefeuert wird. Der Kommandant sagt stolz, weil es sich um so eine wichtige Sache handelt, schicke er jeden Morgen einen Soldaten hinunter ins Zentrum der Stadt, wo in der Auslage des Geschäfts des einzigen Uhrmachers der Stadt ein besonders genauer nautischer Chronometer steht. Der Soldat stellt seine Zeit nach dieser Uhr ein, geht hinauf in die Festung und nach dieser Zeiteinstellung wird der Kanonenschuss dann abgefeuert. Der Reisende geht hinunter in die Stadt und fragt den Uhrmacher, woher dieser sicher sei, dass sein Chronometer wirklich genau eingestellt sei. Der Uhrmacher erwidert ihm stolz, da es sich um eine so wichtige Sache handle, vergleiche er jeden Mittag seinen Chronometer  mit dem Kanonenschuss und es hat sich seit Jahren nicht eine Minute des Unterschiedes ergeben.

wiedergegeben nach Paul Watzlawick: "Vom vermeintlichen Sinn des Unsinns", Baseler Psychotherapietage 1998, Video, www.auditorium-netzwerk.de

 

 

Selbstrückbezüglichkeit wie sie Watzlawick erzählt finden wir in Fällen anhaltender Kontaktverweigerung eines Kindes zu seinem außerhalb lebenden Elternteil. Die Kontaktverweigerung des Kindes entsteht dabei aus einem eskalierten Elternkonflikt. Hierbei ist uns das Konfliktmodell nach Glasl sehr nützlich.

 

 

Die neun Stufen der Konflikteskalation nach Glasl 

1. Verhärtung: Die Standpunkte verhärten sich und prallen aufeinander. Das Bewusstsein bevorstehender Spannungen führt zu Verkrampfungen. Trotzdem besteht noch die Überzeugung, dass die Spannungen durch Gespräche lösbar sind. Noch keine starren Parteien oder Lager. 

2. Debatte: Es findet eine Polarisation im Denken, Fühlen und Wollen statt. Es entsteht ein Schwarz-Weiß-Denken und eine Sichtweise von Überlegenheit und Unterlegenheit. 

3. Aktionen: Die Überzeugung, dass "Reden nichts mehr hilft", gewinnt an Bedeutung und man verfolgt eine Strategie der vollendeten Tatsachen. Die Empathie mit dem "anderen" geht verloren, die Gefahr von Fehlinterpretationen wächst. 

4. Images/Koalitionen: Die "Gerüchte-Küche" kocht, Stereotypen und Klischees werden aufgebaut. Die Parteien manövrieren sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpfen sich. Es findet eine Werbung um Anhänger statt. 

5. Gesichtsverlust: Es kommt zu öffentlichen und direkten (verbotenen) Angriffen, die auf den Gesichtsverlust des Gegners abzielen. 

6. Drohstrategien: Drohungen und Gegendrohungen nehmen zu. Durch das Aufstellen von Ultimaten wird die Konflikteskalation beschleunigt. 

7. Begrenzte Vernichtungsschläge: Der Gegner wird nicht mehr als Mensch gesehen. Begrenzte Vernichtungsschläge werden als "passende" Antwort durchgeführt. Umkehrung der Werte: ein relativ kleiner eigener Schaden wird bereits als Gewinn bewertet. 

8. Zersplitterung: Die Zerstörung und Auflösung des feindlichen Systems wird als Ziel intensiv verfolgt. 

9. Gemeinsam in den Abgrund: Es kommt zur totalen Konfrontation ohne einen Weg zurück. Die Vernichtung des Gegners zum Preis der Selbstvernichtung wird in Kauf genommen. 

Vgl. Friedrich Glasl: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern / Stuttgart 1990 (2 Aufl.).

 

Siehe auch

www.friedenspaedagogik.de/service/unter/konfli/eska_01.htm

 

 

Der das Kind betreuende Elternteil lehnt infolge des eskalierten Konfliktes den früheren Partner massiv ab. Der betreuende Elternteil bindet das Kind in sein Ablehnungssystem ein. Das Kind schließt sich den Loyalitätsforderungen des betreuenden Elternteils in aller Regel an, da es für das Kind keine Triangulierungs- oder Ausweichmöglichkeiten gibt. Jopt hat dies gut beschrieben.

 

siehe hierzu:

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 6/2000, S. 223-230 und 7/ 2000, S. 258-271 

 

In der Folge entsteht nun ein selbstrückbezügliches System zwischen betreuenden Elternteil und Kind. Das Kind versichert sich der "Liebe" des betreuenden Elternteils, in dem es das Feindbild des betreuenden Elternteils durch Missachtung des außerhalb lebenden Elternteils bestätigt. Als Gratifikation behält das Kind dafür die "Liebe" des betreuenden Elternteils. Der betreuende Elternteil sieht sich in seiner Ablehnung des getrennten Elternteils bestätigt: "Das Kind will ja nicht. Ich werde nicht seinen Willen brechen", übersieht dabei jedoch, dass der "Wille" des Kindes kein selbstbestimmter ist, sondern dem Wunsch des Kindes entspringt, sich der Liebe des betreuenden Elternteil von dem es nun in besonders hohen Maße psychisch und physisch abhängig ist zu versichern.

Die Ablehnung des getrennten Elternteiles durch das Kind bestätigt den betreuenden Elternteil in der "Richtigkeit" seiner Entscheidung, keinen Kontakt des Kindes gegen dessen Willen zu erzwingen. Das Kind erhält die Rückmeldung, so wie Du Dich entscheidest, so ist es richtig. Die Bestätigung des Kindes in der "Richtigkeit" seiner ablehnenden Haltung, führt zur Ablehnungsstabilisierung, diese wiederum bestätigt den betreuenden Elternteil in seiner Auffassung, nichts gegen den "Willen" des Kindes zu tun. Kommt es nun zu keiner Intervention von außen, kann sich das selbstrückbezügliche System zwischen betreuenden Elternteil und Kind über Jahre etablieren. 

Viele Familienrichter stehen diesem Phänomen noch immer völlig unbedarft gegenüber. Statt das selbstrückbezügliche System durch geeignete Interventionen, so z.B. durch die Einsetzung eines kompetenten und durchsetzungsfähigen Umgangspflegers aufzulösen, werden Gutachter eingesetzt, die trotz immenser Kosten von vielen Tausend Euro keinen Millimeter an Veränderung herbeiführen. Grad wie in der Geschichte von der Suche nach dem Schlüsselbund, wird Geld und Zeit an Stellen investiert, an denen nichts aber auch gar nichts passieren kann:

 

Unter einer Straßenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Polizist kommt daher, fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: "Meinen Schlüssel."

Nun suchen beide. Schließlich will der Polizist wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: "Nein, nicht hier, sondern dort hinten - aber dort ist es viel zu finster."

Paul Watzlawick: "Anleitung zum Unglücklichsein", Serie Pieper, München, 1983, S. 27

 

 

Der deutschen Staat belohnt die unsinnige Tätigkeit der Gutachter dort zu suchen, wo nichts zu finden ist, mit 100,00 € je Stunde, während Umgangspfleger in einem beschämenden Dreiklassenbezahlsystem mit Stundensätzen von 19,00 €; 25,00 € oder maximal 33,50 € abgespeist werden. Schlimmer hat es nicht einmal der Wirtschaftszerstörer Günter Mittag in der DDR hingekriegt.

 

 

 

 

 

 

Von der Eltern-Kind-Entfremdung zum Kontaktabbruch 

Eltern-Kind-Entfremdung enden nicht zwangsläufig mit einem Kontaktabbruch. Eine Entfremdung - die, wie schon gesagt auch in sogenannten intakten Familien auftreten kann - kann verschieden stark ausgeprägt sein, sie kann sich verstärken, sich abschwächen oder konstant bleiben. Eine unmittelbare Kommunikation zwischen dem Elternteil und dem Kind findet hier - wenn auch in distanzierter Form - noch statt. 

Anders dagegen beim Kontaktabbruch, hier findet Kontakt noch virtuell statt, in der Vorstellung des Kindes über den meist als "böse" oder "gewalttätige" phantasierten Elternteil. Für das Kind ist dies eine oft notwendige psychische Überlebensstrategie, mit dem es sich in dem die eigenen kindlichen Kräfte oft überfordernden Konflikt der Eltern stabilisiert. Der Kontaktabbruch ist für das Kind eine Lösung für einen Konflikt, von dem es nicht weiß, wie es ihn anders bewältigen kann. Der Preis den das Kind dafür zahlen muss, ist freilich erheblich, denn es lebt nun fortan bis in das Erwachsenenalter hinein mit einem massiv negativ geprägten Elternbild (Vaterbild, Mutterbild), mit dem es zwangsläufig auch der sonstigen Welt begegnet, in der das Kind, die spätere Frau oder der spätere Mann, es ständig mit Stellvertretern des "bösen" Vaters oder der "bösen" Mutter zu tun hat, seien es Arbeitskollegen, Chefs oder Partner/innen. So lange die innere Versöhnung des erwachsenen Kindes mit dem verlorengegangenen Elternteil nicht stattfindet, kann das Kind auch keine innere Versöhnung mit der Welt und den vielen, den verlorengegangenen Elternteil repräsentierenden Stellvertretern finden. Statt dessen bleibt das erwachsene Kind gebunden an den ehemals betreuenden Elternteil, bleibt es Elternkind, sei es als Muttersohn, Muttertochter, Vatersohn oder Vatertochter. 

 

Vergleiche hierzu auch: 

Tedy Hubschmidt; Christina Kurz: "Das Elternkind", In: "Familiendynamik", 1986, Heft 3, S. 223-233

 

 

Das Kind ist in diesem Sinne traumatisiert, denn das Trauma kann (nach Perls) als eine "unerledigte Situation" angesehen werden. 

 

"Das Trauma als unerledigte Situation

Wahrscheinlich gibt es niemals einen solchen vereinzelten traumatischen Augenblick, wie wir ihn eben beschrieben haben, sondern wir haben es eher mit einer traumatischen Abfolge mehr oder weniger ähnlicher enttäuschender und gefährlicher Augenblicke zu tun, während derer sich die Gefühlsspannung und die Explosionsgefahr der Reaktion nach und nach steigern und ihre Unterdrückung immer stärker habitualisiert wird, bis schließlich im Interesse der psychischen Ökonomie Gefühl wie Reaktion ausgelöscht werden. Jeder dieser Augenblicke kann die später erinnerte Szene sein und das Verdrängte repräsentieren. (`Ich erinnere mich, wie Papa mich bei einer bestimmten Gelegenheit verprügelt hat.`) Zu beachten ist, daß diese traumatische Szene nicht die habituelle Verdrängung zum Ausdruck bringt, den Charakter oder die Selbst-Vergewaltigung, die in der Gegenwart beständig erneuert werden, sondern gerade das freie, noch nicht unterdrückte Gefühl, das organischer und immer-gegenwärtig ist, zum Beispiel mein Wunsch, Papa nahe zu sein, oder mein Haß auf ihn oder beides.

Das Trauma zieht nicht, wie Freud dachte, die Wiederholung nach sich. Es ist das wiederholte Bestreben des Organismus, sein Bedürfnis zu befriedigen, was die Wiederholung mit sich bringt, aber dieses Bestreben wird auch wiederholt durch einen vorsätzlichen gegenwärtigen Akt vereitelt. In dem Maße, wie das Bedürfnis Ausdruck gewinnt, bedient es sich seiner veralteten Techniken (`die Wiederkehr des Verdrängten`). Wenn das Gefühl freigelassen wird, so kann es augenblicklich eine alte Szene wieder heraufrufen oder nicht, in jedem Falle aber wird es sofort nach einer gegenwärtigen Befriedigung streben. Die Erinnerung an die alte Szene ist also ein zu erwartendes Nebenergebnis bei der Anderung der schlechten Angewohnheit und der Freilassung des Gefühls, aber als deren Ursache ist sie weder hinreichend noch notwendig.

Es ist klar, das verdrängte Trauma wird häufig wiederkehren, denn in gewisser Hinsicht ist es ja der vitalste Teil des Organismus, es stützt sich auf ein großes Maß an organischer Energie. Um einen treffenden Vergleich zu ziehen: Ein Traum ist offenbar immer ein , `Wunsch`, sogar wenn es ein Alptraum ist, denn mit dem Aussetzen des Wachbewußtseins macht sich die latente Situation des Organismus geltend - und die Bewertung ist nichts als die Bewegung des Unerledigten zur Erledigung hin.

Frederick S. Perls; Ralph F. Hefferline; Paul Goodman: "Gestalttherapie Grundlagen", dtv / Klett-Cotta, 1979 (amerikanische Originalausgabe 1951), S. 83-84

 

 

Wenn man sich Fälle von Eltern-Kind-Entfremdung ansieht, die im Kontaktabbruch endeten, kann man rückschauend oft erkennen, dass, so wie die Konfliktbeteiligten (Vater, Mutter und Kind), einschließlich der professionellen Kräfte, wie Jugendamtsmitarbeiter, Familienrichter, Gutachter, Verfahrensbeistände und Rechtsanwälte agierten, es zwangsläufig zum Kontaktabbruch kommen musste.

 

Vergleiche hierzu etwa den nach 7 Jahren erbitterten Elternkampfes getroffenen Beschluss des Oberlandesgerichtes Koblenz vom 02.08.2007 - / UF 220/05, der hier in kürze zwecks Anschauungsunterricht veröffentlicht werden soll.

 

 

Dies ist ein Hinweis nicht nur auf das Versagen der Eltern, ihren Konflikt konstruktiv zu regulieren, sondern auch ein Offenbarungseid der beteiligten Fachkräfte, die man schwerlich Helfer nennen kann, wenn das was sie begleiteten, schließlich im Kontaktabbruch endete.

 

 

Beispiel

 

Konfliktverlauf:

2003 – Vater wendet sich an das Jugendamt

2004 – Vater beantragt gerichtliche Regelung des Umgangs

2004 – Dezember, 1.Regelung des Umgangs durch das Familiengericht Tempelhof-Kreuzberg

2005 – April, Antrag des Vaters auf Erweiterung der Umgangsregelung

2005 – November, 1.Gutachten wird in Auftrag gegeben

2006 – Juni, Ablehnung des Antrages auf Umgangserweiterung

2006 – Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des AG

2007 – März, 2.Gutachten wird in Auftrag gegeben

2007 – Dezember, vorläufiger Umgangsausschluss durch KG

2008 – Mai, Zurückweisung der Beschwerde des Vaters

Umgangsausschluss bis zum 31.07.2010 wegen Kindeswohlgefährdung

 

Beschluss des Kammergerichts vom 27.Mai 2008 - 18 UF 76/07-, Beschluss des Kammergerichts vom 06.Mai 2008 - 18 UF 145/06-

 

 

Das familiengerichtlich betriebene Spiel ohne Ende wurde vom Kammergericht dann doch noch "zu Ende" gebracht, wenngleich nicht ohne Kollateralschaden, dem vermutlich dauerhaften Kontaktabbruch zwischen dem Vater und seiner Tochter. Man kann unterstellen, dass dies vermeidbar gewesen wäre, so etwa durch eine frühzeitige falladäquate gerichtliche Intervention in Form der Einrichtung einer Umgangspflegschaft und der Bestellung eines fachlich kompetenten Umgangspflegers. Doch daran hatte womöglich keiner der professionell Beteiligten ein rechtes Interesse. Das Geld, das in einer Umgangspflegschaft sicher gut angelegt gewesen wäre, stopfte man lieber zwei Gutachtern - ein dritter wird noch folgen - in die Tasche, die ihrer zweifelhaften Tätigkeit mit dem Beschreiben von Papier - einem sogenannten Gutachten - einen Anschein von Sinn geben.

08.06.2011: Zwischenzeitlich wurde nun weiter fleißig Papier beschrieben, ohne dass nunmehr ein Umgang zwischen Vater und Tochter stattfinden würde:

 

2009 - mehrere Zurückweisungen von Anträgen auf Überprüfung des Umgangsausschlusses gem. §1696 BGB durch AG und KG

 

2009 - August, Zurückweisung des Antrages auf Regelung des Umgangs nach Ablauf des Umgangsausschlusses wegen “zu zeitiger” Antragstellung

 

2009 - Dezember 22., Antrag auf Wiederanbahnung und Regelung des Umgangs nach Ablauf des Umgangsausschlusses am 31.07.2010 und Antrag auf Einrichtung einer Umgangspflegschaft - 133 F 21302/09 - AG Tempelhof-Kreuzberg

 

2010 - Juni 29.,1. Anhörungstermin und Vereinbarung der Eltern einen begleiteten Umgang anzustreben

 

2010 - Oktober 25., Frau ... , Umgangsbegleiterin eines Freien Trägers in Berlin, erklärt per Mail:”... es kann bei uns nun los gehen.”

 

2010 - November 23., laut Mitteilung der Umgangsbegleiterin ist das Kind zum Umgang mit dem Vater bereit. Als erster begleiteter Umgangstermin ist der 08.Dezember 2010 mit der Mutter vereinbart.

 

2010 - Dezember 6., Absage des Umgangstermins vom 08.Dezember durch die Mutter. Ablehnung begleiteten Umgangs durch die Mutter.

 

2011 - Januar 25., Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren 133 F 2826/11:“Der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind A wird bis zum Vorliegen des im Verfahren 133 F 21302/09 eingeholten Sachverständigengutachtens und der sich anschließenden gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren, spätestens aber bis zum 30.09.2011,ausgeschlossen.”

 

2011 - Mai 31.,Beschluss von Richterin auf Probe Trieglaff am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg zur Einholung eines 3. familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zur Frage, welche Umgangsregelung im Interesse des Kindes angezeigt erscheint. Beauftragt ist nunmehr der Diplom-Psychologe Olaf Apel, der unter der Adresse des "Institut für Gericht und Familie" firmiert. Termin der Abgabe: 30.11.2011. Kostengrenze: 4000,00 €

 

 

 

So nimmt das Verhängnis weiter seinen Lauf. Drei Richter auf Probe Oldörp, Dr. Kretschmer, Dr. Trieglaff und das Kammergericht üben sich nacheinander an dem Fall. Drei Gutachter beschreiben Papier, Uwe Schilling, Sylke Mangold, Olaf Apel. Zwei Verfahrenspfleger / Verfahrensbeistände sind zugange, Barbara Frings und Gerhild Wolf, fehlt nur Hans Dietrich Genscher und Helmut Kohl und man könnte die ganze Sache für den Innovationspreis "Deutschland sucht den Oberdeppen" vorschlagen.

Statt Einsatz kompetenter und mit Handlungsmacht ausgestatteter Fachkräfte, weiterwursteln im Spiel ohne Ende. Beschäftigungstherapie für hungernde Gutachter? Man fragt sich wer das eigentlich alles bezahlt, das Kind, die Eltern und sicher auch die Steuerzahler/innen.

 

Man kann wie der Autor dieses Aufsatzes, der sehr oft mit solchen erbittert ausgetragenen Konflikten zu tun hat, schon während der laufenden Auseinandersetzungen dessen fatales Ende im Kontaktabbruch mit hoher Sicherheit voraussagen. Wenn es einer erfahrenen Fachkraft wie dem Autor, während einer noch laufenden Auseinandersetzung möglich ist, eine solche negative Prognose mit Sicherheit abzugeben, dann könnte man meinen, es gäbe noch die Möglichkeit das Steuer herumzureißen und dass Schiff "Trennungsfamilie" vor dem finalen Schiffbruch zu bewahren. Diese Möglichkeit gibt es tatsächlich fast immer, nur ist eben niemand da, der bereit wäre, das Steuer zu übernehmen, der Richter als der zentralen Regulierungsfigur im System der professionellen Kräfte. Die anderen Fachkräfte sind es schon gar nicht. Und von den in solchen Konflikten beteiligten Rechtsanwälten muss man leider oft sagen, wären sie doch lieber nie aufgetaucht. 

Es fehlt hier schlicht ein mit Kompetenzen und Ressourcen ausgestatteter professioneller Konfliktmanager. Der Umgangspfleger könnte das dem Grunde nach sein, doch er hängt in aller Regel am finanziellen Tropf des Vormundschaftsgerichtes, dass lediglich an schriftlichen Berichten und Falldokumentationen interessiert, die es für den Rechnungshof braucht, nicht aber an einem engagierten und effizienten Einsatz des Umgangspflegers. 

Man muss jedoch ehrlich sagen, der Einsatz eines kompetenten Konfliktmanagers in hochstrittigen Familien, ist nicht billig. Wer hier glaubt, den Konfliktmanager für seine kräftezehrende und auch oft nicht ungefährliche Tätigkeit mit 33,50 € die Stunde abspeisen zu können und gleichzeitig den sogenannten Sachverständigen für das Schreiben langatmiger und nicht weiterbringender Texte 100,00 € in den Rachen wirft (früher nach Vergütungsgruppe M3 des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz (BGBl 12.05.2004) je Stunde 85 €), der ist auf dem Holzweg.

Wenn man sich nicht an dem unverschämten Vergütungssatz von 100,00 (früher 85,00) € für Gutachter orientiert, sondern an dem Betrag von 33,50 € den früher ein Verfahrenspfleger mit Hochschulabschluss für seine vergleichsweise ruhige und einfache Tätigkeit erhält, dann muss man für den Fallmanager (Umgangspfleger) wenigstens einen Stundensatz von 60 € zu Grunde legen. Beim seit Jahren mehr schlecht als recht von der SPD geführten Bundesjustizministerium, den ehemaligen Bundesjustizminister Heiko Maas hat man auf den Posten des Außenministers weggelobt, gibt es aber allem Anschein nach keine wirkmächtige Lobby, die sich dafür einsetzen würde, dass die derzeitigen ausbeuterischen Stundensätze für Umgangspfleger endlich erhöht werden, inklusive der Abschaffung von drei verschiedenen Stundensätzen für ein und dieselbe Tätigkeit eines Umgangspflegers, völlig unsinnig orientiert an der formalen Qualifiktion der als Umgangspfleger eingesetzen Person. Statt desse wird die Gutachterszene künstlich aufgepustet, man könnte meinen, Deutschland leide an einem Mangel an heißer Luft, der durch tausende Gutachter behoben werden soll, die für teures Geld - der Verfahrensbeteiligten oder der völlig unbeteiligten Steuerzahler/inen - nichts anderes tun, als über die Rolle der Bedeutung zu palavern. 

Der finanzielle Aufwand für den Einsatz eines kompetenten Fallmanagers in hochstrittigen Verfahren dürfte zwar pro Jahr mehrere Tausend Euro kosten, allerdings wäre dieses Geld besser angelegt, als in den derzeitigen aufgeblähten Ventilatorbetrieb aus Gutachtern und Verfahrensbeiständen, die oft nichts anderes tun, als den vorhandenen Dreck aufzuwirbeln und gleichmäßig in der Gegend zu verteilen. Geld für kompetente Fallmanager will in der Regel niemand bereitstellen, die Justizkasse nicht und die Eltern auch nicht. Gefragt sind statt dessen "Billigvarianten" wie der Einsatz des Jugendamtes, der bekanntlich aus dem Etat der Stadt oder des Landkreises - also von den Steuerzahler/innen - bezahlt wird und von daher aber auch nichts bringt, weil sich hier niemand in dem Maße engagieren wird, wie es der Fall erfordern würde. Der auf Sparflamme Einsatz der Jugendamtsmitarbeiter kostet den Steuerzahler einige Hundert Euro, die man von vornherein als Verlust abschreiben kann.

 

 

 

 

 

Macht Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern krank?

Macht Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern Kinder krank, fragen die beiden Ärztinnen Anna Prinz und Ursula Gresser in einem Aufsatz in der Neuen Zeitschrift für Familienrecht. 

Eine gute Frage, die sich die Bundesregierung in 60 Jahren noch nie gestellt hat, so dass es jahrzehntelang als schicklich galt hundertausende von Kontaktabbrüchen zwischen Kindern und ihren Eltern, insbesondere auch von Kindern zu ihren Vätern, als gute und politisch von allen Parteien im Bundestag gewollte Lösung hinzustellen. Auch der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht hat diese politische Ansicht Jahrzehnte lang toleriert, wenn nicht durch seine Rechtsprechung sogar gefördert. Dass diese Praxis noch immer besteht, wenn auch in abgeschwächter Form, sieht man an der Beibehaltung des verfassungswidrigen §1671 BGB mit dem die Ent-Sorgung von Eltern unterhalb der Schwelle einer Kindeswohlgefährdung juristisch legitimiert wird, auch hier schauen der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht wie in den vergangenen 60 Jahren tolerierend zu. Kein Wunder, wenn sich viele Menschen von dem politischen Mainstream abwenden.

Macht Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern Kinder krank, fragen die beiden Ärztinnen Anna Prinz und Ursula Gresser, um die Frage dann so zu beantworten:

 

"Es gibt nur wenige Studien, die sich mit der Frage gesundheitlicher Folgen von Kontaktabbruch zwischen Kindern und ihren lebenden leiblichen Eltern befassen. Die hier vorgestellten Studien kommen zusammengefasst zu folgendem Ergebnis: ..."

"Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern führt bei den Kindern zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die lebenslang andauern können."

Anna Prinz, Ursula Gresser: Macht Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern Kinder krank? Eine Analyse wissenschaftlicher Literatur. NZFam 21/2015, S. 993

 

 

So weit so gut, auf Ihrer Internetseite macht Frau Prof. Dr. Gresser aus dieser nicht eindeutigen Aussage eine eindeutige:

 

"Kontaktabbruch zu den lebenden leiblichen Eltern macht aus Kindern kranke Erwachsene."

http://www.praxis-fuer-mediation-muenchen.de/publikationen-lesen/macht-kontaktabbruch-zu-den-leiblichen-eltern-kinder-krank-eine-analyse-wissenschaftlicher-literatur.html

 

Das ist nun nicht wissenschaftlich und auch manipulativ, aus einer uneindeutigen Aussage eine eindeutige Aussage zu machen, denn wenn jeder Kontaktabbruch aus einem Kind einen kranken Erwachsenen macht, was überhaupt nicht erwiesen ist, dann müsste der Staat alles daran tun, jeden Kontaktabbruch und sei er auch noch so begründet auszuschließen. Dies müsste dann auch im Gesetz formuliert sein, bisher ist es jedoch so, dass gerichtliche verordnete Kontaktabbrüche nicht nur erlaubt sind (§1666 a BGB) sondern auch als letztes Mittel nach Inanspruchnahme von §166 BGB angesehen werden, eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden, wenn diese durch einen bestehenden Kontakt aufrecht erhalten würden.

 

 

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 1666a Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

 

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1666a.html

 

 

 

§ 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere  

1.     Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,

2.     Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,

3.     Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,

4.     Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,

5.     die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,

6.     die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.  

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

 

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1666.html

 

 

 

Die beiden Paragraphen sind aber durchaus sinnvoll, denn warum sollte es einem Kind zugemutet werden, ständig unter einer Gefährdung zu leben, die seine Eltern nicht willens oder nicht in der Lage sind, abzuwenden. § 1666 nennt aber auch das Gebot, von fachlicher Seite alles zu tun, damit die Gefährdung abgewendet werden und das Kind bei seinen Eltern verbleiben kann.

Im übrigen ist der Krankheitsbegriff von Frau Gresser hier nicht näher definiert, so dass kein Mensch wissen kann, was Frau Gresser unter "krank", versteht. Im übrigen ist nun eben nicht jeder Erwachsene "krank", der den Kontakt zu einem oder beiden noch lebenden Elternteilen verloren hat, dies kann erklärt werden mit dem Stichwort Resilienz, aber auch mit einem Elternteil, der jegliche Kontaktaufnahme des Kindes als Jugendlicher oder auch Erwachsener abwehrt oder durch ungeschicktes Verhalten zu nichte macht, so dass sich das zwischenzeitlich erwachsene Kind irgend wann einmal zu recht sagt, ich richte mir mein Leben ohne Kontakt zu diesem Elternteil. Krank sein muss dieser Erwachsene davon noch lange nicht.

Aber auch bei Kindern, die einen vormals geliebten Elternteil hatten, ist ein "krank" werden kein Automatismus, denn durch verschiedene Strategien erklären diese Kinder den vormals geliebten Elternteil zu einem ausgrenzungswürdigen Objekt und verringern so die Dissionanz des aktuellen elternlosen Zustandes zu dem früheren positiv besetzten Zustand mit dem nun ausgegrenzten Elternrteil.

 

siehe hierzu:

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 7/8, 2000

Wolfgang Klenner: "Rituale der Umgangsvereitelung"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1995, Heft 24, S. 1529-1535

 

 

Schließlich müssten nach der Argumentation von Frau Gresser auch Adoptionen verboten werden, wenn die Eltern noch leben. Dem wäre uneingeschränkt zuzustimmen, denn es ist nicht einzusehen, warum durch Adoptionen für mindestens 18 Jahre ein Kontaktabbruch des Kindes zu seinen leiblichen Eltern, zementiert werden soll.

 

 

 

 

 

 

Endstation Umgangsausschluss

Dem gerichtlich verordneten Umgangsauschluss eines Elternteils mit seinem Kind geht oft die rechtliche Entsorgung dieses Elternteils voraus, mit der der entfremdende Elternteil durch das Gericht dazu eingeladen wird, die Entfremdung nunmehr bis zum bösen Ende zu treiben. Der entfremdende Elterteil erhält abschließend noch ein gerichtliches Diplom mit dem Titel "Umgangsausschluss des anderen Elternteils für zwei Jahre".

 

Beispiel

Das Amtsgericht Besigheim - 5 F 606/12 - Richter Hellebrandt - ordnet mit Beschluss vom 04.06.2013 einen zweijährigen Umgangsauschluss für die Mutter eines 10-jährigen Jungen an. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei einem Umgangsausschluss entweder um erheblich gestörte Eltern handelt oder um ein grob fehlerhaft agierendes "Helfersystem", allen voran der verfahrensführende Richter, der es weitgehend in der Hand hat, die richtigen Fachkräfte und nicht die falschen zu beauftragen.

Chronologisch liest sich das dann so:

Mit Beschluss vom 18.05.2010 ordnet das Amtsgericht Besigheim Begleiteten Umgang zwischen der Mutter und ihrem zu diesem Zeitpunkt 7-jährigen Sohn an 6 Freitagen von 15 bis 17 Uhr beim Kinderschutzbund Ludwigsburg an. Es finden aber nur zwei Begleitete Umgänge statt.

Mit Beschluss vom 15.10.2010 und 09.11.2010 beauftragte das Gericht die Diplom-Psychologin Alexandra Ehmke mit der Erstellung eines Gutachtens. Nachfolgend entzieht Richter Hellebrand mit Beschluss vom 08.12.2011 der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Richter Hellebrandt schreibt dazu u.a.:

 

"... Dabei geht das Gericht davon aus, dass es wieder zu Umgangskontakten von A mit der Antragsgegnerin kommen wird und A dazu bereit sein wird, sobald feststeht, dass er seinen Aufenthalt dauerhaft beim Vater hat und diesbezüglich nicht mehr befürchten muss, dass er aus seinem vertrauten Umfeld herausgerissen wird.

Dabei muss dem Antragssteller aber klar sein, dass diese Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht zu überprüfen sein wird, falls der Antragsteller in Zukunft nicht positiv auf A in Bezug auf die Antragsgegnerin einwirkt, Kontakte zur Antragsgegnerin nicht fördert und A nicht zu erkennen gibt, dass solche Kontakte vom Vater befürwortet und als gut empfunden werden. Die ist aus Sicht des Gerichtes Pflicht des Antragstellers."

 

Mutter und Vater werden hier von Richter Hellebrandt als Antragsgegnerin tituliert. Keine respektvolle Bezeichnung. Womöglich hätte daraus die Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden können.

Der Vater, der die Mutter vermutlich massiv ablehnt, soll nach Ansicht von Richter Hellebrandt es nun als gut empfinden, wenn Mutter und Sohn Kontakt haben. Da könnte man ja auch gleich vom Papst verlangen, dass er es gut finden, dass die Katholische Kirche Mitglieder verliert. Schließlich wird der Papst arbeitslos und muss vor dem Petersdom in Rom betteln gehen.

Die Worte des Richters an den Vater, ihm könne das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen werden, wenn er "in Zukunft nicht positiv auf A in Bezug auf die Antragsgegnerin einwirkt, Kontakte zur Antragsgegnerin nicht fördert und A nicht zu erkennen gibt, dass solche Kontakte vom Vater befürwortet und als gut empfunden werden", hör ich wohl, allein es fehlt der rechte Glaube (Goethe). Natürlich wurde dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht später nicht entzogen, sondern ganz im Gegenteil der Mutter das Umgangsrecht mit ihrem Sohn für zwei Jahre aberkannt. 

Der Beschluss von Richter Hellebrand dürfte den Vater und das väterliche Subsystem ganz massiv darin bestätigt haben, ihre ausgrenzende Haltung gegenüber der Mutter als richtig anzusehen und um so nachhaltiger beizubehalten. Es wäre Richter Hellebrandt ein leichtes gewesen, beiden Elternteilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und auf einen Ergänzungspfleger zu übertragen (vergleiche hierzu Oberlandesgericht Dresden - Beschluss vom 19.08.2011. Mit Sicherheit hätte dies einiges der verhängnisvollen nachfolgenden Fehlentwicklungen verhindert.

Mit Beschluss vom 05.11.2010 ordnete Richter Hellebrandt Umgangspflegschaft an und bestellte Herrn Thomas Wenger als Umgangspfleger und verpflichtet die Eltern an einer gemeinsamen Beratung bei der Psychologischen Beratungsstelle des Landkreises Ludwigsburg teilzunehmen. 

Das Oberlandesgericht Stuttgart setzte an Stelle des Herrn Thomas Wenger, den Sozialarbeiter Herrn Matthias Clausnitzer aus Leonberg als Umgangspfleger ein (Beschlüsse vom 09.08.2011 und 08.09.2011). Matthias Clausnitzer agierte offenbar recht glücklos und wohl auch fachlich dürftig, der Vater jedenfalls sah sich nicht veranlasst, zum Umgangspfleger Herrn Clausnitzer Kontakt aufzunehmen. Kein Wunder, wenn ein Umgangspfleger sich als Ideenschmied und Kuschelbär gegenüber einem entfremdenden Elternteil zu erkennen gibt, statt als aktiver Gestalter und Veränderer der Umstände.

Im gerichtlichen Anhörungstermin am 17.11.2011 zeigt sich der Vater gnädig und verspricht dem Gericht mit dem Umgangspfleger Herr Clausnitzer Kontakt aufzunehmen und von diesem Briefe der Mutter an den zwischenzeitlich 8-jährigen Sohn entgegenzunehmen. Da fragt man sich, wer hier eigentlich das Verfahren führt, der Vater oder der Richter.

Mit Schreiben vom 31.12.2011 teilte Herr Clausnitzer dem Gericht mit, er habe dem Vater gefragt, an welcher Stelle er die Eltern in seiner Rolle als Umgangspfleger unterstützen könne. Anscheinend ein typischer Fall von Fehlbesetzung, eine vermeintliche Fachkraft, die die Betroffenen fragt, was er machen könne. Nächsten fragt er noch den Richter, ob ihm dieser nach dem Stuhlgang noch den Po abwischen könne. Herr Clausnitzer führt weiter aus, da kein Kontakt zum Vater "habe hergestellt werden können, mache eine Umgangspflegschaft keinen Sinn". Da könnte man sich nicht nur den Herrn Clausnitzer, sondern auch gleich noch das Familiengericht sparen und statt dessen die Eltern entscheiden lassen, was recht sei und was nicht.

Mit Beschluss vom 17.02.2012 setzte Richter Hellebrandt eine neue Umgangspflegerin, Frau Birgit Kraft ein. Mit Schreiben vom 26.03.2012 wendet sich Frau Kraft an die Eltern:

 

"...

Ich bin mit Beschluss vom 17.02.2012 zum Umgangspfleger für Ihren Sohn A bestellt worden. Herr Richter Hellebrandt hat uns Dreien damit den Auftrag erteilt gemeinsam den Umgang von A mit der Kindesmutter in Gang zu bringen.

Eine besondere Herausforderung an Sie als Kindesvater, der Sie A das Signal geben "müssen", dass es vollkommen in Ordnung ist, die Mama zu treffen. ..."

 

Frau Kraft scheint eine verhinderte Heimatdichterin oder Waldorflehrerin zu sein. Sie spricht im Plural, wo andere Leute den Singular verwenden: "hat uns Dreien damit den Auftrag erteilt".

Da kommt einem doch glatt der verkrachte Rudolf Steiner in den Sinn, der Gottlob schon 1925 das zeitliche segnete. "Kindesvater" und "Kindesmutter" auf solche steinzeitlichen Begriffe mag Frau Kraft wohl nicht verzichten.

Es kommt wie es kommen musste, der "Kindesvater" lässt sich von dem Anthroposophengesäusel nicht beeindrucken und verweigert hartnäckig jegliche Kooperation. Hat man je einen Esel gesehen, der sich durch Lyrik in den Stall locken ließ? Zu einem Umgang kommt es nicht, der Vater hat das geschehen in der Hand und lässt den Sohn an seinen Strippen tanzen.

Nun ja, immerhin gewinnt Frau Kraft dann doch noch an Kraft und lässt das Anthroposophengesäusel hinter sich. In ihrem Bericht vom 02.05.2012 an das Amtsgericht trägt sie das Misslingen ihrer elfenhaften Bemühungen vor:

 

"Ich empfehle die Androhung von Ordnungsmitteln um den Vater zu veranlassen, seinem Sohn das erforderliche Signal zum Umgang zu geben. Da die Umgangsverweigerung schon mehr als zwei Jahre andauert, erscheint mir Ordnungsgeld in der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend und Erfolg versprechend zu sein. Ich empfehle die Möglichkeit der Ordnungshaft zu prüfen, um die Weigerung des Kindesvaters aufzubrechen."

 

Recht hat sie, die gute Frau. Dann schlägt sie überflüssigerweise noch die Inauftraggabe eine "systemischen Gutachtens" vor, grad so als ob es jemals einen Fall gegeben hätte, in dem man eine massive Umgangsvereitelung durch ein Gutachten aus der Welt geschafft hätte.

Hier hätte Richter Hellebrandt nun endlich die Gelegenheit am Schopfe packen können. Doch statt dessen, als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet. Herausgekommen ist nur eine schillernde Seifenblase, die sich schließlich zum übel riechenden Umgangsausschluss verwandelte.

Am 24.07.2012 setzte das Gericht die Diplom-Psychologin Alexandra Ehmke zum zweiten Mal als Gutachterin ein, fei nach dem Motto, was schon früher nicht geholfen hat, das hilft vielleicht jetzt. Am 03.04.2013 legte Frau Ehmke ihr Gutachten vor, in dem sie dem Gericht einen Umgangsausschluss zwischen Mutter und Sohn empfiehlt. Nichts mehr da mit Ordnungsgeld und Ordnungshaft gegen den unwilligen Vater, zu dem sich Umgangspflegerin Kraft gottlob durchringen konnte.

Der Schluss des Dramas ist schon erzählt, mit Beschluss vom 04.06.2013 ordnete Richter Hellebrandt einen zweijährigen Umgangsauschluss für die Mutter an. Tenor seiner Begründung: Man könne nichts tun um den Umgang in Gang zu bringen, auch Ordnungsmittel gegen den Vater wären nicht angezeigt. Richter Hellebrand schießt dann noch den Vogel ab: 

 

"Der letzte Umgang der Antragstellerin mit A hat im Sommer 2010 stattgefunden. Es hat also knapp drei Jahre lang keine Umgangskontakte mehr gegeben. Vor diesem Hintergrund ist ein Umgangsausschluss für zwei Jahre nicht als längerfristig zu bezeichnen."

 

So könnte man denn auch die nächste Gehaltserhöhung bei Richter Hellebrandt argumentativ zu Fall bringen.

 

Die letzte Gehaltserhöhung hat im Sommer 2010 stattgefunden. Es hat also knapp drei Jahre lang keine Gehaltserhöhung mehr gegeben. Vor diesem Hintergrund ist ein Ausschluss einer Gehaltserhöhung für zwei Jahre nicht als längerfristig zu bezeichnen.

 

Außer Spesen nichts gewesen. Gute Nacht nach Besigheim.

Am Oberlandesgericht Stuttgart - 15 UF 192/13 - Beschluss vom 23.02.2015 - war man auch nicht klüger und beugte sich dem väterlichen Entfremdungsdruck.

 

 

 

 

 

 

Funktionale und dysfunktionale Eltern-Kind-Systeme

Im Folgenden werden, in Anlehnung an den Strukturellen Ansatz (Minuchin), in Skizzen in vereinfachter und typisierter Form, Formen der Beziehungsorganisation von Eltern-Kind-Systemen dargestellt. Die Wirklichkeit ist natürlich viel komplexer, in ihrer Totalität kann sie nie dargestellt werden, denn dann wäre die Darstellung die Wirklichkeit selbst. Eine Darstellung muss immer vereinfachen und reduzieren. Eine Darstellung stellt immer eine Sicht auf die Wirklichkeit dar, nie aber die Wirklichkeit selbst. Trotzdem können uns Darstellungen helfen, Wirkmechanismen, Interaktionen und Grenzen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren.

Die Familienmitglieder organisieren sich in verschiedenen Systemen, Eltern-System, Vater-Kind-System, Mutter-Kind-System., Geschwistersystem, usw. Gesunde Systeme verfügen über klare, aber durchlässige Grenzen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern und Subsystemen. Bei ungesunden Systeme sind die Grenzen entweder sehr diffus oder im umgekehrten Fall sehr rigide. 

In den vorgestellten Fallskizzen ist das jeweilige Alter des Kindes zu berücksichtigen. Ein Kind im Säuglings- oder Kleinkindalter agiert im Familiensystem natürlich anders, als ein Kind im Schulalter oder ein Jugendlicher. So unterscheidet Jopt bezüglich des sogenannten PA-Syndroms drei Stufen, das prämoralische Stadium im Vorschulalter, die heteronome Orientierung der Grundschulkinder, die autonome Moral bei Jugendlichen. auch dies sind natürlich vereinfachende Grundannahmen, die uns jedoch helfen können Orientierung und Handlungsoptionen zu gewinnen.

 

Jopt, Uwe; Behrend, Katharina: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 7/8, 2000, S. 260

 

  

 

 

 

Intakte Eltern-Kind Triade bei zusammenlebenden Eltern

mit der Möglichkeit angemessener Triangulierung

 

 

Kind

o

 

Mutter o                         o Vater

 

 

 

Mutter, Vater und Kind stehen jeweils im direkten Kontakt miteinander. Innerhalb der Triade gibt es drei intakte Dyaden. Mutter-Vater, Mutter-Kind, Vater-Kind. Innerhalb der Triade als übergeordneten System gibt es mehrere Subsysteme. Mutter und Vater als Partner, Mutter-Kind, Vater-Kind und Mutter-Vater-Kind. Die Grenzziehung zwischen den Systemen ist vorhanden aber nicht starr und rigide. Zwischen den Einzelmitgliedern und den Subsystemen findet eine angemessene Kommunikation statt, die Stabilität und Wachstum ermöglichen. Koalitionsbildungen finden nur temporär statt und sind flexibel (vergleiche hierzu: Struktureller Ansatz. Konflikt als Chance. Salvatore Minuchin. Struktur:  Hierarchie, Grenzen und Autorität. Literatur: Minuchin, S., Fishmann, C. (1983): Praxis der strukturellen Familientherapie)

 

 

 

 

 

Gestörte Eltern-Kind-Triade bei zusammenlebenden Eltern

 

 

Mutter

o

                                                                        o Kind

o

Vater

 

 

 

Kind und Elternsystem sind isoliert. So z.B., wenn das Kind die Rolle eines Sündenbock übernimmt.

 

 

 

 

 

 

Gestörte Eltern-Kind Triaden bei getrennt lebenden Eltern

Die folgenden Skizzen stellen Typisierungen und damit Vereinfachungen der Realität dar. Die Wirklichkeit ist wesentlich  komplexer, dies schon aus dem Grunde, weil das Mutter-Vater-Kind-System mit umfassenderen, bzw. überschneidenden Systemen (z.B. Herkunftsfamilien, Nachbarschaft, Schule, Arbeitsstelle, Stadtteil, Stadt, Land, Geschwistersubsystem) verwoben ist. Hinzu kommen Differenzierungen auf Grund des Geschlechts,  gegengeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Aspekte (Stichwort ödipaler Konflikt).  

 

 

 

 

A) Pattsituationen

 

 

    o                                     o                                       o

Mutter                              Kind                                 Vater

 

 

 

Das Kind steht zwischen Vater und Mutter. Kontakt nur zwischen Mutter und Kind, bzw. Vater und Kind. Kein konstruktiver oder faktischer Kontakt zwischen Mutter und Vater (Parallele Elternschaft). Das Kind ist dabei immer Bote der "nichtkommunizierten" Elternbotschaften. "Man kann nicht nicht kommunizieren." (Paul Watzlawick). 

Eine Pattsituation zeichnet sich dadurch aus, dass trotz elterlichen Konfliktes keiner der beiden Elternteile "gewinnen" kann. Das Kind kann dabei gelegentlich die Seiten wechseln und trägt dadurch dazu bei, dass die Machtbalance zwar zeitlich zugunsten eines Elternteils und zuungunsten des anderen Elternteils aufgehoben wird, durch den kurzfristigen Wechsel des Kindes zum unterlegenen Elternteil das Machtverhältnis aber umkippt. Über einen längeren Zeitraum gesehen dürfte sich damit im Mittel eine Machtbalance zwischen den Eltern herausbilden. Durch die Funktionalisierung des Kindes im elterlichen Machtkampf kommt es in jedem Fall unweigerlich zu einer Schädigung des Kindes.  

Pattsituationen können sowohl im sogenannten Residenzmodell (Kind lebt überwiegend bei einem Elternteil) als auch beim Wechselmodell (Kind lebt im gleichwertigen Umfang bei beiden Elternteilen) herausbilden. 

 

 

 

 

B) Koalitionsbildungen

Aufbau exklusiver und ausgrenzender Eltern-Kind Dyaden mit fehlender oder gestörter Möglichkeit angemessener Triangulierung. Kreation eines isolierten Elternteils und einer dyadischen Koalition durch die gemeinsame Interaktion der Triadenmitglieder. Wird das Kind zum Koalitionspartner des Elternteils, bei dem es lebt gerät es damit diesem gegenüber in die Rolle eines Erwachsenen. Dies kann als emotionalen Missbrauch bezeichnen. Wird das Kind zum "Elternteil" des Elternteils liegt eine Parentifizierungen des Kindes vor. Dieses Phänomen stellt eine Gefährdung des Kindeswohls dar.   

 

"Unter Parentifikation versteht Boszormenyi-Nagy (1973) eine `einseitige Verzerrung der Beziehung, als wären (der Partner oder sogar) die Kinder die Eltern`. Damit wird eine Beziehung beschrieben, in der ein Beziehungspartner kindlich-regressive Wünsche auf den anderen überträgt und dadurch den anderen - sei er nun Ehepartner, Kind oder gar Therapeut - für sich zur Elternfigur macht. 

Zur Klärung der Begriffe scheint es uns wichtig, zu unterscheiden zwischen der emotionalen und der exekutiven Ebene. Boszormenyi-Nagy denkt vor allem auf der emotionalen Ebene: das parentifizierte Kind hat emotionale Eltemfunktionen seinen eigenen Eltern gegenüber zu erfüllen.

Es bietet Nähe und Wärme, oft spielt es eine wichtige Rolle in einem Ehekonflikt. Minuchin dagegen interessiert sich primär für exekutive Funktionen: das Elternkind handelt wie ein Elternteil. Die begriffliche Schwierigkeit liegt darin, daß Elternkinder oft auch parentifiziert sind. Sie übernehmen nicht nur elterliche Verantwortung gegenüber Geschwistern, sondern auch Fürsorge und Verständnis gegenüber den Eltern. Die Bemerkung von Selvini (1975), `daß derjenige, der um Hilfe gebeten wird ..., als Folge von Übertragungen immer auch als Elternteil gesehen wird«, erklärt das häufige Zusammenfallen der beiden Rollen." (Hubschmidt; Kurz 1986)

 

 

In diesem Zusammenhang ist der Begriff des sogenannten double bind (Doppelbindung) zu nennen, übersetzt auch Beziehungsfalle (Stierlin, Helm: "Bericht über die Versammlung der American Psychiatric Association in Hawaii, Mai 1958", In: "Psyche", 13, 843, 1959/60") oder Zwickmühle (Loch, W.: "Anmerkungen zur Pathogenese und Metapsychologie einer schizophrenen Psychose", In: "Psyche", 15, 684, 1961). 

Watzlawick beschreibt das Wesen einer Doppelbindung so: 

 

1. Zwei oder mehrere Personen stehen zueinander in einer engen Beziehung, die für einen oder auch alle von ihnen einen hohen Grad von physischer und/oder psychischer Lebenswichtigkeit hat. Derartige Situationen ergeben sich u. a. in Familien (besonders zwischen Eltern und Kindern), in Krankheit, Gefangenschaft, materieller Abhängigkeit, Freundschaft, Liebe, Treue zu einem Glauben, einer Sache oder einer Ideologie, in durch gesellschaftliche Normen oder Traditionen bedingten Lagen, der psychotherapeutischen Situation usw.
2. In diesem Kontext wird eine Mitteilung gegeben, die a) etwas aussagt, b) etwas über ihre eigene Aussage aussagt und c) so zusammengesetzt ist, daß diese beiden Aussagen einander negieren bzw. unvereinbar sind. Wenn also die Mitteilung eine Handlungsaufforderung ist, so wird sie durch Befolgung mißachtet und durch Mißachtung befolgt; handelt es sich um eine Ich- oder Du-Definition, so ist die damit definierte Person es nur wenn sie es nicht ist, und ist es nicht, wenn sie es ist. Die Bedeutung der Mitteilung ist also unentscheidbar im Sinne von Abschnitt 3.333.
3. Der Empfänger dieser Mitteilung kann der durch sie hergestellten Beziehungsstruktur nicht dadurch entgehen, daß er entweder über sie metakommuniziert (sie kommentiert) oder sich aus der Beziehung zurückzieht. Obwohl also die Mitteilung logisch sinnlos ist, ist sie eine pragmatische Realität: Man kann nicht nicht auf sie reagieren, andererseits aber kann man sich ihr gegenüber auch nicht in einer angebrachten (nichtparadoxen) Weise verhalten, denn die Mitteilung selbst ist paradox. Diese Situation kann für den Empfänger oft noch weiter durch das mehr oder weniger ausgesprochene Verbot erschwert sein, des Widerspruchs oder der tatsächlichen Zusammenhänge gewahr zu werden. Eine in einer Doppelbindung gefangene Person läuft also Gefahr, für richtige Wahrnehmungen bestraft und darüber hinaus als böswillig oder verrückt bezeichnet zu werden, wenn sie es wagen sollte, zu behaupten, daß zwischen ihren tatsächlichen Wahrnehmungen und dem, was sie wahrnehmen "sollte", ein wesentlicher Unterschied besteht. Dies ist das Wesen der Doppelbindung.

Watzlawick, Paul; Beavin, Janet, H.; Jackson, Don D.: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003, S. 196-197

 

 

In Fällen gestörter Eltern-Kind-Triaden bei gleichzeitiger Koalitionsbildung zwischen betreuenden Elternteil und Kind wird man vermutlich häufig oder auch immer Doppelbindungen zwischen betreuenden Elternteil und Kind feststellen können. Die Doppelbindung dient dabei dem Ziel die Loyalität und das Interesse des Kindes am nichtbetreuenden Elternteil zu schwächen und statt dessen eine ausschließliche Loyalität des Kindes zum betreuenden Elternteil herzustellen.

 

 

In den folgenden Skizzen wird der isolierte Elternteil als Vater bezeichnet. In der Praxis trifft dies in den meisten Fällen auch so zu. Umgekehrte Fälle, in denen die Mutter der isolierte Elternteil ist, sind aber auch anzutreffen. Die Bezeichnung des isolierten Elternteils als "Vater" ist eine sachliche Feststellung auf Grund der statistischen Realität, jedoch keine Wertung im Sinne Mütter wären die schlechteren Elternteile oder es gäbe keine Mütter, die von Eltern-Kind-Entfremdung betroffen wären. Eine solche einseitige Sicht würde dem hier vertretenden systemischen Ansatz völlig widersprechen.

Dass es überwiegend Väter sind, die sich wegen Umgangs- oder Sorgerechtskonflikten an das Familiengericht wenden, hat nichts damit zu tun, dass Väter bessere Menschen als Mütter wären, sondern ganz simpel damit, dass in den meisten Fällen Mütter auf Grund biologischer und gesellschaftlicher Rollenverteilungen, Rollenübernahmen und Rollenzuweisungen die Betreuung und Erziehung der gemeinsamen Kinder überwiegend übernehmen. Wäre diese Aufgabenverteilung zwischen Männern und Frauen annähernd gleich, so wären auch in annähernd gleicher Zahl Mütter und Väter die "isolierten" Elternteile.

 

 

Die Rollen können aber wie in dem folgenden Fall auch vertauscht sein.

Der als Gutachter beauftragte Dr. Klaus Schneider bekommt bei dem "Test" Familie in Tieren" folgende Rückmeldung von der achtjährigen Tochter:

 

 

"A verwandelte ihre Familie in folgende Tiere:

 

Person                     Tier                   Kommentar

 

Vater                   Dinosaurier             lieber Dino

Mutter                  Schwein                  

..."

 

 

Dr. Klaus Schneider, Gutachten vom 15.12.2004, S. 11, Amtsgericht Pankow/Weißensee - 26 F 5207/04

 

 

In dem betreffenden Fall lebt die achtjährige Tochter seit einiger Zeit im Haushalt des Vaters, der Kontakt des Mädchens zur Mutter ist erheblich gestört. Der Gutachter enthält sich hier einer Deutung des "Testergebnisses", vielleicht weil er meint, dass das Tier, in das die achtjährige Tochter ihren Vater und ihre Mutter "verwandelt" hat (Vater: Dinosaurier - lieber Dino), (Mutter: Schwein - ohne Kommentar) schon für sich sprechen würde.

 

In der Testung des Kindes mit dem sogenannten "Traumhaus" bekommt der Gutachter folgende Rückmeldung seitens des Kindes:

 

"In ihrem ´Traumhaus` sollen mit A wohnen: Papa, B (Schwester), C (Bruder) und D (Hund). Auf die Frage des Sachverständigen, wo denn ihre Mutter wohne, äußerte A: `Ist mir egal, in einer Hütte irgendwo` und lachte." (S. 12)

 

 

Die Testung mit dem sogenannten "Inseltest ergibt folgendes Ergebnis:

 

"Die schiffbrüchig gewordene Familie - es waren aber auch zwei Freundinnen von A, E und F mit auf dem Schiff, wird in folgender Reihenfolge gerettet: 

1. Papa, 2. C (Bruder), 3. B (Schwester), 4. A und D (Hund), 5. E, 6. F.

Die Mutter und ihr Großvater sollen auf der Insel bleiben, äußerte sie, sie werden nicht gerettet. ´Du weißt schon was mit denen passiert`, sagte sie abschließend und lachte." (S. 12)

 

 

Nach diesen beiden Testergebnissen müssten beim Gutachter nun alle Alarmglocken läuten und Überlegungen angestellt werden, auf welchen Wege die achtjährige Tochter wieder ein förderliches Verhältnis zur Mutter gewinnen kann.

 

 

Ein isolierter Elternteil zu sein, bedeutet erst einmal nur, dass dieser Elternteil mit seinem Kind, keinen oder nur wenig Kontakt hat. Ein isolierter Elternteil zu sein, heißt nicht, keine Verantwortung für die Isolation mittragen zu müssen oder gar frei von Fehlern zu sein.

Schwarz-Weiß-Malereien in "guter Vater" und "schlechte Mutter", oder umgekehrt in "schlechter Vater" und "gute Mutter" dienen in allgemeinen dem Bedürfnis nach Sündenböcken, der Schuldprojektion und der daraus erzielbaren emotionalen Schuldentlastung. Sie verstellen in der Täter-Opfer-Dichotomie verharrend, den Blick auf eine mögliche Lösung.

Bei Eltern-Kind-Entfremdungsprozessen ist es keineswegs so, dass z.B. die betreuende Mutter - in selteneren Fällen auch der betreuende Vater - aus sozial benachteiligten Schichten kommen muss. In der Praxis trifft man nicht selten auch Mütter, die eine pädagogische Ausbildung haben, als Lehrerin oder Waldorferzieherin arbeiten, Sozialpädagogik oder Psychologie studieren. Mitunter sind die Eltern der Mutter sogar Psychologen und haben eine einflussreiche Position in der Beratungsszene in dem Landkreis wo sie und inzwischen auch ihre Tochter (die Mutter) wohnen (Fall B. 22.03.04). Es ist übrigens nicht selten, dass Mütter nach einer Trennung von ihrem Mann wieder zurück zu ihren Eltern ziehen. Dies dürfte immer mit einer Regression verbunden sein. Die Mutter fällt bezüglich der eigenen Eltern wieder in die Rolle des Kindes zurück und die Großeltern übernehmen für das Kind der Mutter Elternfunktionen.

Folgend eine unvollständige Auflistung möglicher (hier vereinfachter) Konstellationen bei Eltern-Kind-Entfremdungen.

 

 

a) Kind als Schutzschild der Mutter (Rollenumkehr, Parentifizierung)

 

 

  o          o                                                           o

Mutter  Kind                                                   Vater

 

 

 

Die Mutter erlebt den Vater als bedrohlich. Statt aber den Konflikt mit ihm selbst zu klären, gegebenenfalls mit professioneller Unterstützung, benutzt sie das Kind (unangemessene Triangulierung) als Schutzschild, möglicherweise auch als Waffe gegen den vermeintlich oder tatsächlich bedrohlichen Vater. 

 

 

 

 

b) Mutter als reales Schutzschild des Kindes. 

 

 

 

  o         o                                                               o

Kind   Mutter                                                      Vater

 

 

 

Beispiel: Vater gewalttätig gegen das Kind.

 

 

 

 

e) Mutter als selbst imaginiertes Schutzschild des Kindes. 

 

 

  o         o                                                               o

Kind   Mutter                                                      Vater

 

 

 

Beispiel: Mutter "verwechselt" den Angriff des Vaters auf sich mit einem Angriff des Vaters auf das Kind. Dies dürfte häufig bei symbiotischen Beziehungsmustern zwischen Mutter und Kind der Fall sein. Hier herrscht zur Zeit in der Helferszene, auch im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzgesetz, eine unzulässige gedankliche Verwirrung und Vermischung. 

 

So z.B. Astrid Höflinger: "Bei Partnerschaftsgewalt kein elterliches Umgangsrecht nach der Trennung",  Doktorandin an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 2/2004, S. 64

 

 

Greift der Vater die Mutter im Beisein des Kindes an oder auch die Mutter den Vater, was genau so häufig vorkommt, erlebt das Kind das Ereignis je nach Massivität des Angriffs, bzw. der sich entwickelnden Eskalation als mehr oder weniger stark traumatisierend. Die Traumatisierung ist jedoch kein Ergebnis eines Angriffs des Vaters auf das Kind, wie die Mutter irrtümlich meint, sondern das Miterleben der gewalttätigen Situation durch das Kind. Dass der Vater eine Traumatisierung des Kindes (mit)verursacht hat, heißt nicht, dass er die Traumatisierung des Kindes beabsichtigt hatte, also das Kind Ziel seines Angriffs gewesen wäre.

 

 

 

 

f)  Kind als (Ersatz)Partner der Mutter. Emotionaler Missbrauch.

 

 

Kind    o

                                                                                          o  Vater

Mutter o

 

 

 

f) Mutter und neuer Partner bilden eine symbiotische Gemeinschaft. Tochter A soll in die Symbiose integriert werden. Für die ungestörte Aufrechterhaltung der Symbiose soll der Vater daher nur einen mariginalen Platz erhalten. Ginge es nach dem neuen Partner der Mutter, der seit 16 Jahren aus hier nicht bekannten Gründen keinen Kontakt zu seiner eigenen leiblichen Tochter hat, würde der Vater offenbar gänzlich ausgegrenzt werden.

Nicht selten werden Fälle bekannt, in denen "alleinerziehende" Mütter noch mit 12-14-jährigen Söhnen regelmäßig gemeinsam in einem Bett schlafen. Es ist völlig klar, dass ein mit dem Sohn im Kontakt befindlicher Vater hier ein erhebliches Störpotential für die unangemessene sexualisierte Mutter-Sohn-Symbiose, eine Form sexuellen Missbrauchs) darstellen würde.

 

 

 

g) Kind als Pendler zwischen zwei Welten

 

                  o                                                                                           o

               Mutter                                                                                   Vater

                                                            o       

                                                          Kind

                   o                                                                                          o

neuer Partner der Mutter                                             neue Partnerin des Vaters

 

 

 

Das Kind befindet sich in einer Pattsituation. Diese dauert aber nur so lange an, wie sich das Kind in einer neutralen Umgebung befindet. Befindet sich das Kind dagegen im Haushalt der Mutter wird es, schon aus Gründen der Dissonanzreduktion die dortige Perspektive übernehmen. Befindet sich das Kind im Haushalt des Vaters wird es die dortige Perspektive übernehmen. Somit wird auch erklärlich, warum Kinder in einem familiengerichtlichen Verfahren widersprüchliche Angaben machen. Dies ist dann nicht in der Böswilligkeit des Kindes begründet, sondern in dessen aktueller Perspektivenübernahme, die sich schon kurze Zeit später wieder ändern kann. 

 

 

Inmitten der heftigen familiären Konflikte ist die Parteinahme des Kindes für eine der beiden streitenden Seiten häufig die für das Kind einzig mögliche Lösung. Um nicht zwischen den Fronten von Mutter und Vater zerrieben zu werden, stellt sich das Kind auf die Seite der Mutter. Dadurch tritt für das Kind eine relative Beruhigung ein. Der Preis den das Kind zahlt ist allerdings hoch. Das Kind verliert seinen anderen nun außenstehenden Elternteil. Dies kann das Kind nur dadurch innerlich kompensieren, in dem es diesen Elternteil abwertet oder versucht emotional aus seinem Leben auszugrenzen. Dies ist angesichts des erbitterten Streites der Eltern die für das Kind naheliegende und auch sinnvolle Verhaltensoption. Ähnliches lässt sich für Kinder mit anderen Symptomatiken, wie z.B. Hyperaktivität, Autismus, Bulimie u.ä. sagen. Auch diese Symptome stellen Anpassungsmechanismen und Antworten des Kindes an eine entsprechende familiäre oder soziale Umgebung dar. Nur käme hier kaum eine Fachkraft auf die Idee, diesen Symptomen Normalität und Gutartigkeit zuzusprechen. Oft anders dagegen bei Kindern, die den Kontakt zu einem Elternteil ablehnen. Hier wird oft unterstellt, dass das Kind einen Willen entwickelt hätte, den anzutasten oder positiv zu Verändern, unstatthaft wäre. Die Sozialarbeit und Gerichtsbarkeit, die dem Kindeswohl verpflichtet sind, müssen sich fragen lassen, wie ernst sie sich selbst nehmen, wenn sie in solchen Fällen die Unabänderbarkeit eingetretener Verhältnisse propagieren und die Kinder und Eltern in ihren festgefahrenen Beziehungsmustern allein lässt.

In dem das Kind den entfremdeten Elternteil abwertet, wertet es sich selbst ab, denn das Kind stammt auch von diesem Elternteil ab und es hat, wenn frühere positive Bindungserfahrungen vorliegen, diesen Elternteil internalisiert (Identifikation). Diese Identifikation ist weiterhin wirksam, sie kann nicht "vergessen" werden. Es bedarf daher ständiger Energiezufuhr, um den Widerspruch zwischen früherer Erfahrung und aktuellem Weltbild auszublenden (Verdrängung). Die Verdrängung führt- vereinfacht gesagt - zur Neurose oder wenn die Energien hoch genug sind zu psychopathologisch anzusehenden Störungen. Dies stellt einen emotionalen Missbrauch des Kindes durch den betreuenden Elternteil dar. Die nicht selten anzutreffende gerichtliche Resignation (Ausschluss des Umgangs nach §1684 Absatz 4) bei schwerwiegenden Eltern-Kind-Entfremdungen ist daher oft kein letztes Mittel zur Sicherung des Kindeswohls, sondern ein Einverständnis mit diesem Missbrauch und damit ein nicht hinzunehmender aktiver Beitrag zur Kindeswohlgefährdung.

Eine andere Möglichkeit der Konfliktlösung für das Kind besteht darin, den Kontakt zu beiden Eltern zu behalten aber dafür Symptome wie übermäßige Aggressivität, Hyperaktivität, Bettnässen, Schlafstörungen, starkes Angstverhalten und ähnliches zu entwickeln. Oder aber das Kind entwickelt eine bestimmte Form von Taubheit. 

 

Vergleiche hierzu: 

Frederick S. Perls; Ralph F. Hefferline; Paul Goodman: Gestalttherapie Grundlagen. dtv, 1979, (amerikanische Originalausgabe 1951), S. 153 ff 

 

 

 

 

 

Familientragödie in Groitzsch

Tod von Mutter und Kindern bleibt rätselhaft

Fünf Tage nach der Familientragödie in Groitzsch im Leipziger Land hat die Polizei noch keine Erklärung für die Tragödie. Auch deshalb nahmen die Spekulationen zu, wonach die 38 Jahre alte Mutter unter Wahnvorstellungen litt. Konkrete Anhaltspunkte dafür liegen der Leipziger Staatsanwaltschaft allerdings nicht vor.

Ermittler rätseln weiter (SACHSENSPIEGEL)

Die Leichen der drei Kinder und die ihrer Mutter waren in der vergangenen Woche auf einem Feld etwa 25 Kilometer südlich von Leipzig entdeckt worden, nachdem der Familienvater sie als vermisst gemeldet hatte. Nach dem Ergebnis der Obduktion sind sie erfroren. Mutter und Töchter waren trotz klirrender Kälte nicht mit Wintersachen bekleidet.

"Die Frau war nicht in psychiatrischer Behandlung", sagte Leipzigs Oberstaatsanwalt Norbert Röger. Sie stand auch nicht unter dem Einfluss von Drogen oder Medikamenten. Den Mädchen im Alter von drei, acht und zehn Jahren seien vor ihrem Tod keinerlei Mittel verabreicht worden, sagte der Justizsprecher nach Abschluss der toxikologischen Untersuchung. Auch im Blut der Mutter seien keine Spuren von Schlafmitteln, Drogen oder Giften festgestellt worden.

Spurensuche in Groitzsch

Fataler Schutzreflex?

"Nach den bisherigen Ermittlungen gehen wir weiter davon aus, dass die Ursache für das tragische Geschehen bei der Mutter zu suchen ist", sagte Röger. Die Ermittler schließen nicht aus, dass die Frau religiöse Wahnvorstellungen gehabt haben könnte. Neben den Leichen waren zwei Bibeln gefunden worden.

Nach Ansicht des Magdeburger Rechtsmediziners Werner Kuchheuser könnte den Mädchen ein Schutzreflex zum Verhängnis geworden sein. Es würde ihn nicht wundern, wenn die Kinder ihrer Mutter hinterhergelaufen wären "wie die Küken der Henne", zitierte die "Mitteldeutsche Zeitung" den Wissenschaftler.

zuletzt aktualisiert: 07. März 2005 | 20:12

http://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/1851975.html

 

 

 

 

 

Erfroren im Schnee

Vor zwei Tagen war eine 38-jährige Mutter mit ihren drei Töchtern im Alter von vier, acht und zehn Jahren nur wenige Meter vom Wohnhaus entfernt tot gefunden worden. Zwei Bibeln neben den Leichen heizen jetzt die Spekulationen an.

Zwei Tage nach dem tragischen Tod einer Mutter und ihrer drei Töchter im Leipziger Land sind die Menschen vor Ort noch immer entsetzt und fassungslos. Die Frau und ihre Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren waren nur wenige Meter von ihrem Haus entfernt und leicht bekleidet auf einem Feld erfroren. Die Leichen lagen übereinander - so als hätte die Mutter ihre Töchter noch schützen wollen. Auch wenn die Ermittler bislang einen Unfall nicht ausschließen, spricht auf den ersten Blick vieles in dem mysteriösen Fall für einen Selbstmord der Frau.

"Eine Antwort könnte nur die Tote geben"

In Groitzsch kann sich niemand das Drama erklären. Alle stehen vor einem Rätsel: Ermittler, Kollegen, Freunde, Bekannte und nicht zuletzt der hinterbliebene Ehemann. "Eine Antwort auf all das, was geschehen ist, könnte nur die Tote geben", sagt der Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde, Frank-Udo Lohmann. In dessen Gemeinde war die 38-Jährige aktiv, leitete eine Frauengruppe und engagierte sich im Kindergarten.

Wie ein Schatten liegt der Tod der Mutter und ihrer drei Töchter über der kleinen Stadt. Neuschnee bedeckt die Einfahrt vor dem Haus der Familie. Drei Zeitungen liegen am Freitag ungelesen im Briefkasten. Der rote Kombi der Familie ist schneebedeckt. Das Haus liegt verwaist nur wenige hundert Meter vom Fundort der Leichen. Nichts weist auf die schreckliche Tat hin - es wirkt, als sei die Familie im Urlaub.

Der 40 Jahre alte Familienvater, der seine Frau und seine Kinder am Dienstagabend vermisst gemeldet hatte, ist derzeit bei Freunden in Groitzsch. Seit dem Geschehen kümmert sich sich Pfarrer Lohmann täglich eine Stunde um den Verwaltungsdirektor der Heliosklinik in Borna. Erst im Jahr 2000 war die Familie aus Baden-Württemberg nach Sachsen gekommen und hatte in Groitzsch ein Einfamilienhaus bezogen.

Behörden tappen im Dunkeln

Die Ermittlungsbehörden tappen bislang im Dunkeln. "Wir sind immer noch am Anfang. Die Zeugenvernehmungen haben uns noch nicht wesentlich weitergeholfen", sagt der Leipziger Staatsanwalt Guido Lunkeit.

Im Ort gibt es nur noch dieses Thema. Jeder weiß, wo das Haus der Familie ist. Und jeder hat eine eigene Theorie über die Geschehnisse. Die Gerüchteküche brodelt. "Man hört, dass die Frau an religiösen Wahnvorstellungen litt", sagt ein Rentner, während er Schnee vom Bürgersteig fegt. Dieses Bild von der Mutter will Pfarrer Lohmann gerade rücken. "Sie war sehr gläubig, auf eine Art und Weise wie ich mir das wünsche", sagt der 56-Jährige. Die Frau habe mit beiden Beinen im Leben gestanden und sei keinesfalls abgehoben. Sie habe ein ansteckendes Lachen gehabt, sei immer fröhlich gewesen. Ihren Kindern habe sie nie etwas aufgezwungen. Nach Darstellung des Pfarrers war die Frau auch nicht verwirrt.

"Großer Verlust für die Gemeinde"

Dass zwei Bibeln neben den Leichen lagen, nährt Spekulationen über einen religiösen Hintergrund. "Ich halte es nicht für außergewöhnlich, dass die Frau als Christin eine Bibel bei sich hatte", sagt Lohmann. Aber auch er kann nicht ganz ausschließen, dass die Tote in der Bibel etwas "verheerend missverstanden" hat. Für die Gemeinde mit ihren 1600 Gläubigen sei der Tod der Frau ein großer Verlust. Sie habe sich stets sehr engagiert. "Ich kann mir das Geschehen nicht erklären", sagt der Seelsorger, der immer wieder mit den Tränen kämpft. Beim Gottesdienst am Sonntag will er an die Frau und ihre Kinder erinnern.

http://www.stern.de/politik/panorama/537313.html?nv=cp_L1_tt

 

 

 

Die vorstehende Meldung berichtet offenbar über einen besonders schweren Fall eines dysfunktionalen Familiensystems, der mit der Tötung (Ermordung?) dreier Kinder durch ihre eigene Mutter endet. Angeblich will niemand aus der Umgebung vorher etwas geahnt haben, was man kaum glauben kann. 

An diesem Fall, so wie er sich darstellt, lässt sich erkennen, dass sich Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren in einer extrem starken Abhängigkeit zu einem Elternteil befinden können, sei es dass sie "freiwillig" bei ihrer Mutter auf dem eiskalten Feld ausharren, bis sie an Unterkühlung sterben oder sei es, dass die Mutter sie mit Gewalt daran gehindert hat, in das nur wenige Meter entfernte warme Wohnhaus zurückzugehen.

 

Extrem dysfunktionale Familiensysteme sind seit langem bekannt. So haben schon 1877 zwei französische Psychiater einen entsprechenden Aufsatz unter dem Titel "La folie á deux" über Störungen in komplementären Beziehungen verfasst. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Induzierte_wahnhafte_St%C3%B6rung

 

vergleiche hierzu auch: 

Paul Watzlawick;  Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003, S. 105/106)

 

 

Aus der Verhaltensforschung gibt es Berichte über extreme Menschen-Tier Bindungen, wo z.B. ein Hund "zwei Gesichter" hat, je nachdem in welchem Setting es sich bewegt:

 

Franz und neun weitere Angehörige des Lagerpersonals waren Angeklagte im Treblinka-Prozess, der vom 12. Oktober 1964 bis zum 24. August 1965 vor dem Schwurgericht beim Landgericht Düsseldorf stattfand. Neun Überlebende des Vernichtungslagers berichteten während des Verfahrens in Zeugenaussagen von ihren Beobachtungen, wie Kurt Franz seinen Hund Barry auf Häftlinge gehetzt habe. Franz habe die Worte „Mensch, fass den Hund!“ benutzt. Mit „Mensch“ sei Barry, mit „Hund“ der Häftling gemeint gewesen. Barry sei aber auch auf Häftlinge losgegangen, wenn Franz diese nur angebrüllt habe. Entsprechend seiner Größe habe Barry häufig in das Gesäß oder den Unterleib der Häftlinge gebissen, mehrfach auch in die Genitalien der männlichen Häftlinge, wobei er die Genitalien teilweise abbiss. Bei weniger kräftigen Häftlingen sei es Barry gelungen, diese zu Boden zu werfen und „bis zur Unkenntlichkeit zu zerfleischen.“ Kurt Franz habe anschließend die von Barry angefallenen Häftlinge erschossen oder deren Erschießung angeordnet. Der in Düsseldorf mitangeklagte August Miete bestätigte Angriffe Barrys auf Häftlinge. Im Prozessverlauf gab Miete auch zu, von Barry angegriffene Häftlinge erschossen zu haben.

Kurt Franz bezeichnete die Zeugenaussagen als „infame Lüge“; Barry sei „gutmütig und spielerisch veranlagt gewesen“. Andere Zeugen erklärten, wenn Kurt Franz in Treblinka nicht anwesend gewesen sei, habe man Barry streicheln und auch necken können, ohne dass der Hund jemandem etwas getan habe. Der ebenfalls als Zeuge in Düsseldorf geladene Friedrich Struwe sagte aus, Barry habe in Ostrow niemandem etwas zuleide getan. Er habe im Lazarett den Hund bei sich gehabt, wenn er Hunderte von nackten, in einer Reihe angetretenen Soldaten auf ihre „Fronttauglichkeit“ untersucht habe, Barry habe die Soldaten nicht angefallen.

Angesichts der widersprüchlichen Zeugenaussagen beauftragte das Düsseldorfer Gericht Konrad Lorenz, damals Direktor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung im oberbayerischen Seewiesen, mit der Erstellung eines Gutachtens. Lorenz erklärte im Gutachten Das Verhalten des Hundes Barry, wenn Hunde eine „Hund-Herren-Bindung“ eingingen, könnten diese förmlich erahnen, was für Absichten der Herr habe. Der Hund sei „das Spiegelbild des Unterbewusstseins seines Herrn“; dies gelte insbesondere für Mischlingshunde, die feinfühliger als reinrassige Hunde seien. In der von Lorenz noch „Verhaltensphysiologie“ genannten Wissenschaft sei es anerkannt, dass ein Hund zu unterschiedlichen Zeiten harmlos und gefährlich sein könne. Ein Hund passe sich hierbei den Stimmungen und Launen seines Herrn an. Der Charakter eines Hundes könne sich auch völlig wandeln, wenn er – wie Barry – eine neue „Hund-Herren-Bindung“ eingehe.

https://de.wikipedia.org/wiki/Barry_(Mischlingshund)

 

 

 

Von Fachkräften in der psychosozialen Arbeit werden Familienbeziehungen, in denen das Kind durch einen Elternteil emotional missbraucht wird, nicht selten bagatellisiert. Die fachlich vorgetragene Argumentation "Das Kind soll endlich zur Ruhe" kommen, heißt oft nichts anderes als: lasst doch das Kind endlich Teil des dysfunktionalen Eltern-Kind-System sein und stellt damit nichts anders als eine Beihilfe zur Kindesmisshandlung dar. Strafrechtlich wird dies kaum geahndet, weil die Dinge sich für einen psychologischen Laien, wie es ein Staatsanwalt ist, als unverfänglich präsentieren.

Man muss es hier aber einmal deutlich sagen. Dass es so viele Fälle gibt, in denen Kinder unter den Augen von Jugendämtern und Familiengerichten von ihren Eltern jahrelang emotional funktionalisiert und missbraucht werden können, hat auch mit einer schon strafwürdig zu nennenden Laisser-faire Haltung der betreffenden Jugendamtsmitarbeiter und Familienrichter zu tun. Kopf in den Sand - wir können nichts tun, so lautet die Devise. Der §1666 BGB (Kindeswohlgefährdung) scheint nicht existent, obwohl bei dem Stand der Dinge schon längst ein Verfahren nach diesem Paragraphen hätte eröffnet werden müssen. Die Eröffnung eines Verfahrens wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung heißt ja nicht, die Lösung des Konfliktes der Trennungsfamilie zu kennen, die ist aber ein deutliches Signal an die Konfliktparteien (Eltern), dass der Bogen von ihnen oder von einem Elternteil offenbar überspannt ist und der Staat in seiner Wächterfunktion auf den Plan tritt.

Die vornehme und wohl zumindest fahrlässig zu nennende Zurückhaltung der Familiengerichtsbarkeit bei vorliegender Eltern-Kind-Entfremdungen ein Verfahren nach §1666 BGB einzuleiten, muss auch deswegen erhebliche Verwunderung auslösen, da noch immer jedes Jahr mindestens 10.000 Eltern in Deutschland das Sorgerecht durch deutsche Richter/innen mittels des verfassungswidrigen §1671 BGB entzogen wird, obwohl keine Kindeswohlgefährdung vorliegt.

 

 

 

 

 

Partental Alienation Syndrome

Seit 1998 firmiert die Debatte um Eltern-Kind-Entfremdungen häufig unter dem Namen Partental Alienation Syndrome (PAS). Den Anstoß der Debatte in Deutschland um "PAS" haben Kodjoe und Koeppel gegeben, die mit ihrem 1998 veröffentlichten Aufsatz das PAS-Konzept des 2003 verstorbenen, US-amerikanischen Psychiater und Gerichtsgutachter R.A. Gardner in Deutschland bekannt gemacht haben.

In der Folgezeit entzündete sich sowohl unter den Professionellen als auch unter den Betroffenen, Müttern wie Vätern, eine hitzig geführte Debatte ob es PAS gäbe oder nicht gäbe. Die ungewöhnliche Popularität des PAS-Begriffes zeigt zumindest ein Begriffsvakuum für ein vielfach anzutreffendes Phänomen in Trennungsfamilien auf, so dass es nicht verwundern kann, dass sich der Begriff des PAS derartiger Popularität erfreut. Letztlich geht jedoch ein Großteil der Debatte am Thema vorbei. Egal wie wir ein Symptom benennen, welches Etikett wir ihm anhängen, es verschwindet deswegen nicht (vergleiche hierzu Hellerich 2003). Ein Symptom ist ein Symptom (Anzeichen, Vorbote, Warnungszeichen; Kennzeichen, Merkmal). Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Symptom zu benennen und zu beschreiben ist wichtig, weil wir damit seine Existenz und Bedeutung anerkennen, denn das Symptom ist keine Halluzination, sondern real.

 

Der Begriff Eltern-Kind-Entfremdung beschreibt einen bestimmten wahrnehmbaren Zustand, eine Relation, die Entfremdung zwischen einem Elternteil (Vater oder Mutter oder beiden) und ihrem Kind. Insofern kann der Begriff Elternentfremdung missverstanden werden, da die Relation Elternteil  - Kind hier nicht deutlich erkennbar wird.   

Das Symptom Eltern-Kind-Entfremdung ist erst einmal neutral. So wie ein Hautausschlag, ein Hustenanfall, das Waldsterben oder eine Überschwemmung. Das Symptom sagt auch nichts über die Entfremdungsdynamik aus.  

Das Symptom als Syndrom (engl. syndrome; Symptomkomplex; Gruppe von Krankheitszeichen, die für ein bestimmtes Krankheitsbild mit zumeist uneinheitlicher oder unbekannter Ätiologie bzw. Pathogenese charakteristisch ist; Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 1994) zu bezeichnen, liegt dann nahe, wenn man sich auf die pathologisierende und katalogisierende Begriffslogik einlassen will, wie sie z.B. in den Kategoriensystemen DSM-IV der American Psychiatric Assoziation oder der ICD-10 der WHO Verwendung finden. Wer das nicht will, und der ist gut beraten, wird den Syndrom-Begriff, wie er auch im Begriff des Parental Alienation Syndrome zum Ausdruck kommt ,nicht verwenden. Um Eltern-Kind-Entfremdungen angemessen zu beschreiben und sachgerecht zu intervenieren bedarf es einer solchen Konstruktion eines Syndroms nicht.

 

Kommt es im Zusammenhang von massiven Konflikten zwischen getrennt lebenden Eltern zu Eltern-Kind-Entfremdungen, zwischen Kind und dem außerhalb lebenden Elternteil, dürfte es sich in der Regel um eine spezielle Form von Kindesmisshandlung handeln. Dabei spielt es keine Rolle, ob der betreuende Elternteil das Kind direkt beeinflusst oder nicht, bewusst oder unbewusst. Eine bewusste Schädigungsabsicht des betreuenden Elternteils gegenüber dem Kind dürfte oft nicht bestehen, im Gegenteil, meint der betreuende Elternteil oft im Interesse des Kindes gerade so handeln zu müssen wie er handelt. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Kind geschädigt und für die eigenen Bedürfnisse des Elternteils nach Abgrenzung zum anderen Elternteil benutzt wird. Es spielt auch keine Rolle, ob der betreuende Elternteil in anderen Bereichen gegenüber seinem Kind ein sehr kompetenter Elternteil ist. Auch berufliche Tätigkeiten eines Elternteils als Sozialpädagoge, Richterin, Psychotherapeutin oder Kinder- und Jugendlichenpsychoanalytikerin, bedeuten nicht, dass sie sich nicht auch ausgrenzend gegenüber dem anderen Elternteil verhalten können oder zumindest eine Dynamik tolerieren bei der es zu einem länger andauernden Kontaktabbruch zwischen dem Kind und seinem von ihm getrennt lebenden Elternteil kommt. Uns sind im Laufe der Zeit Dutzende solcher Fälle bekannt geworden. 

Damit kommen wir auch zu der Frage, wer sind denn eigentlich entfremdende Elternteile? Es sind Menschen wie Du und ich, keine Monster, sondern nicht selten intelligente und gut gebildete Frauen und Männer, Künstler, Waldorferzieherinnen, Schlosser, Berufssoldaten, Putzfrauen und Psychotherapeutinnen. Das Bild wird jedoch erst vollständig, wenn wir auch den von der Ausgrenzung unmittelbar betroffenen Elternteil dazu nehmen sowie das involvierte und agierende Helfersystem, mit all seinen positiven Engagement, seinen Widersprüchlichkeiten, Befangenheiten, Vorurteilen und mitunter auch eskalationsverschärfenden Interventionen.

 

In sogenannten intakten Familien kommt es mitunter zu faktischen Kontaktabbrüchen zwischen Kind und einem Elternteil. Keine qualifizierte Fachkraft käme allerdings hier auf die Idee, dies gut zu finden, sondern statt dessen würde eine Veränderungen in Richtung Wiederherstellung eines guten Kontaktes zwischen Kind und diesem Elternteil für wünschenswert gehalten und die dafür notwendigen Interventionen ins Auge gefasst (vergleiche hierzu: Warshak, Richard: "Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissenschaften"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 5/2005, S. 1188). 

Seltsamerweise trifft das für eine Reihe von Fachkräften nicht zu, sobald dies statt in einer "intakten" Familie in einer Trennungsfamilie passiert. Schätzungsweise 20 Prozent der Fachkräfte stellen sich nun auf den Standpunkt, dass man daran nichts ändern sollte und statt dessen auf die Zeit vertrauen soll. Dazu beruft man sich mit Vorliebe auf eine Studie der amerikanischen Autorin Wallerstein, die wenn sie denn von dieser Autorin noch nicht geschrieben worden wäre, zwecks Legitimierung eigener Untätigkeit von einer deutschen Wallersteinkopie (von denen es einige in Deutschland immerhin bis zum Professor geschafft haben) auf den deutschen Verbrauchermarkt der Scheidungsprofessionellen geworfen worden wäre. Es soll hier die Behauptung aufgestellt werden, dass bei vielen Fällen von Kontaktabbrüchen der Teil der professionellen deutschen Helferszene, der diese Kontaktabbrüche zwischen Kindern und ihren Eltern toleriert oder sogar fördert, bestehende Kindeswohlgefährdungen verfestigt und begünstigt und Kindern teils erheblichen Schaden zufügt..

 

Eltern-Kind-Entfremdungen können sich schleichend entwickeln, mitunter dauert es aber auch nur Monate von einem vorher bestehenden guten Kontakt zwischen Kind und außerhalb lebenden Elternteil bis zum vollständigen Kontaktabbruch bei vehementer Ablehnung des Elternteils durch das Kind. Vollständige Kontaktabbrüche zwischen einem Kind und einem Elternteil kennt man sonst nur bei tödlichen Unfällen eines Elternteils oder aus Kriegszeiten, wo das Kind einen Elternteil (meist den Vater) verloren hat. Hier kann das Kind jedoch den verlorenen Elternteil positiv in seinem Gedächtnis bewahren. Bei Elternentfremdung ist dies jedoch nicht der Fall. Von daher kann man in ist den meisten Fällen von Eltern-Kind-Entfremdung eine Gefährdung des Kindeswohls vermuten. Dies  sollte dann automatisch für das Gericht und das zuständige Jugendamt Anlass zur Einleitung oder Anregung eines Verfahrens nach §1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls) sein. Der zuständige Jugendamtsmitarbeiter kann wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung das Gericht diesbezüglich nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe §8a Absatz 3  anrufen.

 

 

§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.

(3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(4) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(5) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__8a.html

 

 

 

Fakt ist, das Kind verliert infolge von Entfremdungsprozessen den ehemals häufig guten Kontakt zum außerhalb lebenden Elternteil, bis hin zum völligen Kontaktabbruch, der von leichten bis extremen Verzerrungen des außerhalb lebenden Elternteils im Bewusstsein des Kindes oder Jugendlichen begleitet ist, da das Kind oder der Jugendliche gerade infolge des Kontaktabbruches keine Gelegenheit hat, sich ein realistisches Bild vom außerhalb lebenden Elternteil zu machen. Das einzige Bild das das Kind erhält, ist die in der verbal oder nonverbal wahrgenommenen Nachricht des betreuenden Elternteils in der Art: "Dein Vater (Deine Mutter) hat uns schon wieder vor Gericht geklagt. Hört das denn niemals auf?" 

Es dürfte im übrigen auch der Zagheit und dem mangelnden Problembewusstsein vieler Fachkräfte geschuldet sein, dass sich viele anfangs leichte Fälle von Elternentfremdung mit der Zeit zu anscheinend unlösbaren Fällen ausweiten, weil dem betreuende Elternteil seitens der Fachkräfte keine klaren Grenzen gesetzt werden, kein für alle erträglicher Rechtsraum installiert wird (bei monatelangen Beareitungszeiten an Familiengerichten auch kein Wunder) und so der Raum zu einer Konflikteskalation zwischen den Eltern eröffnet wird. Die Probleme, die man als Fachkraft selber mit verursacht hat, sollen dann schließlich oft dadurch gelöst werden, dass nicht nur der Kontaktabbruch zwischen Kind und Elternteil rechtlich legalisiert wird, sondern auch noch dem vom Kontaktabbruch betroffenen Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB aberkannt wird. 

 

Man muss auch klar sehen, dass viele Eltern-Kind-Entfremdungen auch mit das Ergebnis teils massiver ausgrenzender, polarisierender und damit eskalierend wirkender Interventionen von Seiten beteiligter Fachkräfte, wie Jugendamtsmitarbeiter, Gutachter, Verfahrensbeistände und Familienrichter sind. Diese Interventionen werden in der Regel mit Verweis auf das "Kindeswohl" gerechtfertigt. Wer kann da als Laie und Außenstehender noch gegenhalten, wenn "die Experten" gesprochen haben?

 

Der inzwischen verstorbene Medizinprofessor Reinhardt Lempp, ein ehemaliger deutscher Kriegsteilnehmer des 2. Weltkrieges, nähere Angaben dazu, so etwa in welcher Einheit und an welchen Frontabschnitten er im Einsatz war und ob durch ihn Menschen verwundet oder gar getötet wurden (von Mord wollen wir hier nicht sprechen, denn bekanntlich wird im Krieg definitionsgemäß niemand ermordet, es wird nur getötet, im Auftrag des Führers oder anderer Verrückter), sind hier bisher nicht bekannt, propagierte zu Beginn der 60-er Jahre:

 

"Es wäre anzustreben, daß beim Vorschul- und Schulkind der Verkehr mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil möglichst eingeschränkt, vielleicht sogar vorübergehend unterbrochen wird, zumindest aber auf die völlige Freiwilligkeit des Kindes abgestellt wird.. Eine spätere Wiederaufnahme des Kontakts ist eher unter positiven Vorzeichen möglich, wenn eine solche Pause nach den stürmischen Zeiten der Scheidung angelegt war, als wenn der Verkehr zwangsweise durchgesetzt wurde. Das Kind bedarf zur harmonischen Entwicklung wenigstens bis zum 10. oder 12. Lebensjahr einer einheitlichen klaren Führung und Betreuung. 

Reinhardt Lempp: "Das Wohl des Kindes in §§ 1666 und 1671 BGB"; In: "Neue Juristische Wochenschrift" - NJW, 1963, Heft 37, S. 1659-6662

 

 

Der gleiche Lempp wird bis heute von Gutachtern, die für Familiengerichte arbeiten, im Literaturverzeichnis geführt. Das sagt einiges über den Ungeist der betreffenden Gutachter und die Sorglosigkeit der sie agieren lassenden Familienrichter aus.

 

 

 

Beispiel 1

Der als Gutachter beauftragte Diplom-Psychologe Dr. Klaus Schneider empfiehlt in seinem dritten Gutachten, das er in ein und dem selben Fall einer hochkonflikthaften Trennungsfamilie anfertigte: 

 

"Aus gutachterlicher Sicht ist es dringend erforderlich, das Opfer zu schützen. Dazu gehört hier auch, den Umgang des Kindes mit der Mutter - das Kind lebt wie bekannt beim Vater und ist aus gutachterlicher Sicht gut in die Familie integriert - solange auszusetzen, bis kindeswohlgefährdende und belastende Bedingungen aufgehoben sind." (S. 16)

"Erforderlich ist aber, das A schnell wieder zur Ruhe kommt. Das wird am ehesten erreicht durch eine zeitweiliges Aussetzen des Umgangs der Mutter mit dem Kind." (Gutachten S. 18)

Dr. Klaus Schneider, Gutachten vom 15.12.2004 für Amtsgericht Pankow/Weißensee - 26 F 5207/04

 

 

Nun könnte man meinen, Herr Schneider erläutert aus seiner Sicht dem Gericht welche "kindeswohlgefährdende und belastende Bedingungen aufgehoben" sein müssten und wie es geschehen kann, damit aus seiner Sicht wieder Umgang zwischen Tochter und Mutter stattfinden kann. Gleichfalls unbeantwortet lässt Herr Schneider die Frage, was man unter "ein zeitweiliges Aussetzen des Umganges" verstehen soll. Meint er damit zwei Wochen, zwei Monate oder gar zwei Jahre? Festlegen will sich Herr Schneider offenbar weder in dem einen noch in dem anderen Fall, denn dann müsste er auch Kriterien angeben, woran zu erkennen wäre, dass der Umgang wieder stattfinden kann.

Statt dessen findet Herr Schneider, wohl nach dem Motto "Steine statt Brot", lediglich rechtfertigende Worte für seine Empfehlung:

 

"Der Sachverständige kommt zu diesem Schluss,

a) weil das Verhalten der Mutter nach der Entscheidung des Kammergerichts vom 17.03.2004 offensichtlich nicht dazu angetan war, für das Kind eine Beruhigung und Entlastung zu schaffen und einen familiären Konsens zu erzielen. Ihr wieder beabsichtigter Wegzug nach ... steht dem Kindeswillen und damit erst recht Kindeswohl diametral entgegen (Anmerkung P. Thiel: Der Gutachter setzt hier unzulässigerweise ein Gleichheitszeichen zwischen Kindeswillen und Kindeswohl, gerade so als ob die Beachtung des "Kindeswillen" immer auch dem Kindeswohl entsprächen würde. Wäre das so, so bräuchte man zukünftig nur noch den "Kindeswillen" herausfinden und dann hätte man auch gleich die kindeswohlverträglichste Lösung).

b) weil er das Kind A kurz nach ihrem Aufenthalt beim Kindernotdienst gesehen und ihre Ängste, ihren Stress und ihre Hilflosigkeit erlebt hat.

c) Weil ein erzwungener Umgang des Kindes mit der Mutter gegen ihren erklärten Willen - selbst wenn der kindliche Wille ein mitinduzierter Wille ist - vom Sachverständigen nicht mitgetragen werden kann, weil dies menschenverachtend wäre." (Gutachten S. 15)

Dr. Klaus Schneider, Gutachten vom 15.12.2004 für Amtsgericht Pankow/Weißensee - 26 F 5207/04

 

 

 

Nun wäre Dr. Klaus Schneider nicht der, als den ihn der Autor dieser Internetseite seit längerer Zeit kennt, wenn er nicht auch noch überflüssige und unwirksame Ratschläge parat hätte:

 

"Wenn das erkennende Gericht diesem Vorschlag des Sachverständigen folgt, wird weiter empfohlen, dass Mutter und Vater (einzeln oder gemeinsam) sich einer Mediation unterziehen sollen. Der Mutter soll auch aufgegeben werden, ggf. unter Annahme professioneller Hilfe, ihre Beziehung zu ihren beiden Kindern, B und C zu verbessern. auch dies wird als eine Voraussetzung für einen zukünftigen harmonischen Umgang mit A gesehen." (S. 18) 

 

 

Wie man Mediation auch allein machen kann, bleibt wohl ein Geheimnis des Gutachters. Sicher gibt es gewisse Formen von Sex ohne Partner oder Partnerin, man nennt dies auch Masturbation oder Selbstbefriedigung, aber dass Mediation (Vermittlung zwischen) neuerdings auch allein gehen soll, das scheint noch weitestgehend unbekannt und ein völlig neues und kreatives Verfahren zu sein, das bisher möglicherweise nur der Gutachter selbst kennt. Vielleicht übermittelt er seine Erfahrungen mit Einzelmediation an die Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation - http://www.bafm-mediation.de, um so auch andere Menschen in die glückliche Lage zu versetzen zukünftig wirksam Einzelmediationen wahrnehmen zu können.

Im übrigen hatte auch schon das erstbefasste Amtsgericht T mit seinem Beschluss vom 20.09.2002 einen zaghaften und halbherzigen Versuch unternommen, die Eltern dazu anzuhalten Beratung in Anspruch zu nehmen. Herausgekommen ist, soweit zu hören dabei nichts, insofern hätte man sicher auch das Papier sparen können auf dem die frommen Appelle geschrieben wurden. 

In dem Beschluss heißt es u.a.:

 

"Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.

Beiden Eltern wird aufgegeben, die Beratung des Jugendamtes und gegebenenfalls die Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen."

 

 

Der erste Satz ist ein frommer Wunsch und als solcher ebenso wirksam wie der Appell des Papstes nach Frieden in der Welt. Der zweite Satz ist eine gute Idee nur fehlt ihr leider zum einen die Verbindlichkeit. Insofern ist er genau so nützlich wie die Ermahnung eines Fahrkartenkontrolleurs gegenüber einem Schwarzfahrer, er möge doch mal einen Psychotherapeuten aufsuchen und herauszubekommen, warum er immer schwarz fahre. Zum anderen ist es aber oft völlig sinnlos, wenn zerstrittene Eltern allein in eine Beratungsstelle gehen und dort dem Berater oder der Beraterin die Ohren voll jammern und über den anderen Elternteil klagen, denn davon wird der Konflikt nicht gelöst, sondern nur perpetuiert. Nicht wenige Berater/innen scheinen sich jedoch in der Rolle eines Kummerkasten und einer Denunziationsannahmestelle wohl zufühlen, sehr zum Nachteil des anstehenden ungelösten Konfliktes der Eltern und des damit verbundenen fragilen und gefährdeten "Kindeswohls". Warum dies dennoch in der Praxis so weit verbreitet ist, hängt sicher auch damit zusammen, dass sich viele Fachkräfte von den heftigen Elternkonflikten überfordert fühlen und auch nicht die fachliche Kompetenz haben, gemeinsam mit beiden Eltern den notwendigen und oft schwierigen Weg einer Konfliktlösung zu gehen.

Zu allem Überdruss meinte Klaus Schneider bei anderer Gelegenheit unter Berufung auf das Urheberecht dann auch noch, Herrn Peter Thiel per Gericht verbieten zu müssen, sich im Internet zur gutachterlichen Tätigkeit des Herrn Schneider zu äußern. Einen ausführlichen Bericht dazu können Sie hier aufrufen.

 

 

 

Beispiel 2

In einem vom Vater im Jahr 2001 eingeleiteten familiengerichtlichen Verfahren kommt es zu einer Umgangsregelung mit seiner im Jahr 1994 geborenen Tochter. Der Umgang kommt in der Folgezeit aber dennoch faktisch nicht zustande. Im Mai 2002 findet der letzte Kontakt zwischen Kind und Vater statt. 

Das zuständige Amtsgericht schließt im Jahr 2004 das Umgangsrecht des Vaters für zwei Jahre aus, 

 

"weil das Kind Besuchskontakte ablehne, Angst vor dem Vater habe und eine Wiederanbahnung trotz vielfacher Versuche nicht gelungen sei. Besuchskontakte gegen den Willen des Kindes würden dessen Wohl gefährden; ...."

 

 

Das daraufhin vom Vater angerufene Oberlandesgericht Koblenz (4. Familiensenat) trifft am 02.08.2007 eine Umgangsregelung in der es neun begleitete zweistündige Umgangskontakte anordnet und danach unbegleiteten Umgang.

Als Umgangsbegleiterin wird Frau Prof. F. eingesetzt, die sich umgehend mit dem inzwischen 12-jährigen Mädchen in Verbindung setzt. Am 01.09.2007 schreibt sie dem Mädchen einen Brief, mit dem sie das Kind auf einen zweiten Kontakt ohne Beisein des Vaters einstimmen will. Die Umgangsbegleiterin schreibt u.a.: 

 

"... es war eindrucksvoll Dich kennen zu lernen. Besonders positiv beeindruckt hat mich Deine Intelligenz. ...

... Deine Mutter bemüht sich darum, Dir zu ermöglichen, dass Du Deinen Vater zeigen kannst, was aus Dir inzwischen geworden ist. Die Gelegenheit solltest Du wahrnehmen."

 

 

Das Mädchen schreibt daraufhin zurück:

 

 

3.01.07

 

Hallo!

1. ...

2. Eigentlich sollte man in ihrer Position als Fachkraft wissen, dass nicht alle 12jährigen den gleichen geistigen Entwicklungsstand haben. Deshalb vergleichen Sie mich nicht mit anderen meines Alters, ...

3. ...

Wenn „Er“ sich wirklich dafür interessieren würde, dass ich mich weiter so gut entwickle wie bisher, dann würde er mich in Ruhe lassen und nicht ständig versuchen in „Meinem“ Leben herum zu pfuschen!

4. Ich habe kein Interesse daran „Ihm“ zu zeigen was aus mir geworden ist. Ich wünsche keinen Kontakt mit „Ihm“ und will mich nicht mit „Ihm“ treffen.

Ihre Schmeicheleien und der Versuch mit reflexiver Psychologie bei mir etwas zu erreichen, werden erfolglos bleiben!

...

Wenn Sie bei unserem Treffen nicht einfach einfach nur zugehört, sondern einmal richtig hingehört hätten wüssten Sie weshalb ich absolut keinen Kontakt zu „Ihm“ haben will.

 

5. Das einzige, was ich, zwar wiederwillig, aber wohl notwendigerweise bereit bin zu tun, ist „Ihm“ zu sagen das er mich ein für ale mal in Ruhe lassen soll. „Er“ soll aufhören über das Gericht zu versuchen mich zum Kontakt mit „Ihm“ zu zwingen! Ich lasse mich nicht erpressen oder einschüchtern. ... Was „Ihn“ betrifft, weis ich rein instinktiv und aus schlechter Erfahrung das „ER“ nicht gut für mich ist. ....

...

 

 

 

Immerhin kommt es im Anschluss daran zu drei begleiteten Treffen. Bei den beiden ersten Kontakten ist die Mutter anwesend. Beim dritten Kontakt nimmt die Mutter entsprechend der Vorgabe der Umgangsbegleiterin nicht teil. Das Mädchen unterbricht jedoch den Kontakt, in dem es wegläuft (Der Treffpunkt mit ihrer Mutter wird mit Sicherheit schon verabredet gewesen sein).

In einem Schreiben vom 04.12.2007 an das Oberlandesgericht trägt die Umgangsbegleiterin zutreffender Weise vor: 

 

"...möchte ich feststellen, dass ich aufgrund der gewonnenen Eindrücke aus meiner fachlichen Perspektive keine Möglichkeit sehe, dass A, solang sie in ihrem derzeitigen Umfeld verbleibt, eine Beziehungsaufnahme zu ihrem Vater gelingen wird. Das Feindbild des Vaters ist Teil ihrer Identität geworden, ... . Meines Erachtens ist die Entwicklung einer gesunden Bindungs- und Beziehungsfähigkeit bei A erheblich gefährdet."

 

 

Nun, man darf gespannt sein, wie das nunmehr wieder zuständige Amtsgericht weiter mit dem Fall umgehen wird. Einzig noch greifende Intervention ist hier wohl tatsächlich nur die Herausnahme des Mädchens aus dem Haushalt seiner Mutter, bei gleichzeitiger Bestellung eines Umgangspflegers, der die Kontakte des Kindes zu seiner Mutter und auch zu seinem Vater bestimmt. Ob sich der zuständige Richter am Amtsgericht zu dieser Intervention durchringen kann, bleibt abzuwarten. 

 

 

 

 

 

 

Die hilflosen Helfer

 

Und überhaupt ist alles längst zu spät

und der Nervenarzt weiss auch nicht mehr

wie's weitergeht.

Aber sonst ist heute wieder alles klar auf der Andrea Doria.

 

 

 

Wenn man als Richter in Eltern-Kind-Entfremdungsfällen mit seinem Latein am Ende ist, beauftrage man eine externe Fachkraft, in der vagen Hoffnung, dass diese vielleicht weiß wie`s weitergeht.

Doch leider kommt man dabei oft nur aus dem Regen in die Traufe, denn die Vorstellungs- und Durchsetzungskraft der vom Gericht beauftragten Fachkraft ist doch häufig sehr beschränkt oder erschöpft sich in Ratlosigkeit, die ja schon vorher das Gericht auszeichnete. 

 

 

Beispiel

 

"A leidet aus ihrer Sicht nicht an einer Beeinflussung durch die Mutter, sondern ist unendlich wütend auf ihren Vater".

Johannes Schulz - Sozialpädagoge - eingesetzt als Umgangspfleger, Bericht vom 15.06.2010 an das Amtsgericht Naumburg - 3 F 226/09 UG

 

 

Was will uns Herr Schulz mit diesem Satz sagen.

 

1. Behauptung: Das zehnjährige Kind A leidet aus ihrer Sicht nicht an einer Beeinflussung durch die Mutter, ...

 

Die erste Behauptung kann man wohl kaum verifizieren, denn dazu müsste man wissen, was die Tochter "wirklich" denkt und fühlt. Es würde aber nicht sonderlich verwundern, wenn die Tochter eben gerade nicht leidet, wenn es sich mit der Mutter als betreuenden Elternteil identifiziert und deren Bewertungssystem von Täter (Vater) und Opfer (Mutter) übernimmt, also eine Schwarz-Weiß-Schablone von bösen Vater und guter Mutter kreiert. Durch diese Übernahme der mütterlichen Bewertungsfolie vermeidet die Tochter Leiden. Der Preis den die Tochter dafür zahlt, ist der Kontaktabbruch zum ehemals geliebten Vater und die Übernahme der mütterlichen Negativfolie als Teil des eigenen Selbstbildes. Die Tochter bleibt nicht Tochter mit dem Recht auf Eigenständigkeit, sondern wird zur Ausstülpung des beschädigten mütterlichen Selbst - kurz gesagt, die Tochter wird von der Mutter missbraucht.

 

vergleiche hierzu:

Frederick S. Perls; Ralph F. Hefferline; Paul Goodman: Gestalttherapie Grundlagen. dtv, 1979, (amerikanische Originalausgabe 1951), S. 149 ff

 

 

2. Behauptung: Das zehnjährige Kind A ist unendlich wütend auf ihren Vater.

 

Der Sozialpädagoge Johannes Schulz steht mit der Unendlichkeit offenbar auf Du und Du, womöglich ist er Hobbyastronom und schaut am Abend so lange durch das Fernrohr in das unendlich erscheinende Weltall bis er meint, eine zehnjährige Tochter, könne "unendlich wütend auf ihren Vater" sein. "Unendlich wütend" mag die Mutter sein, denn es ist eine Eigenart von Erwachsenen, nicht aber von zehnjährigen Kindern, Wut nicht zu leben, sondern zu speichern und sich im Kreis auf der immer gleichen Schallplatte zu bewegen.   

 

 

 

 

 

 

Beihilfe zur Eltern-Kind Entfremdung durch Fachkräfte

Sowohl ein Kontaktabbruch als auch ein Belassen des Kindes inmitten des elterlichen Kriegsschauplatzes stellen eine Kindeswohlgefährdung dar. Es kann daher aus Sicht des Kindes nur eine Lösung geben, die Herstellung eines erträglichen Miteinanders der Eltern und eine fachkundige Unterstützung für das Kind zur Ermöglichung neuer Denk- und Handlungsmuster. Dazu bedarf es bei schwer eskalierten familiären Konflikten der Hilfe kompetenter Fachkräfte. Fehlen diese vor Ort oder im konkreten Fall und das ist tragischerweise nicht selten, wird das Kind unter den Augen der zuständigen Fachkräfte oder gar mit deren Beihilfe geschädigt. 

 

Beispiel 1

Solch ein Fall kann z.B. vorliegen wenn eine Verfahrenspflegerin, die die Interessen des Kindes vertreten soll, hier die Diplom-Psychologin Sonja Weber (12.01.2005), die eingetretene Eltern-Kind-Entfremdung unter Berufung auf das Kindeswohl fatalistisch hinnimmt, wobei sie sich neben der Berufung auf Dettenborn & Walter, Familienrechtspsychologie, 2002, auch noch auf familiensystemische Ansätze zu berufen scheint. Der familiensystemischen Ansatz geht jedoch im Gegensatz zur Ansicht von Frau Weber gerade nicht von einer Unveränderbarkeit gegebener Verhältnisse aus, sonst wären die fachlichen Angebote systemischer Familienberatung und -therapie schlichtweg überflüssig, sondern stellt die Möglichkeit und die Herstellung von Lösungen in den Vordergrund seiner Arbeit.

 

Vergleiche hierzu z.B.: 

Gerald von Reischach: "Aufsuchende Familientherapie. Eine wirksame Hilfe für Problemfamilien."; In: "Kindschaftsrecht und Jugendhilfe"; 10/2006, S. 457-458

Regina Riedel: "Familien-Zusammenhalt(en)?. Aufsuchende Familientherapie als ambulante Jugendhilfeleistung im Kontext von Fremdunterbringungen.", In: "Jugendhilfe, 1/2005, S. 27-29)

 

 

 

Beispiel 2

Diplom-Psychologin Ursula Becher, Beauftragung mit der Erstellung eines "Sachverständigengutachtens" durch Richterin von Hollen vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg - 144 F 14568/05 - am 07.06.2005, Fertigstellung eines 33-seitigen Gutachtens am 03.03.2006, wobei sie den Termin der Beauftragung kurzerhand auf den 07.07.2005 umdatiert. Erstellungszeit knapp neun Monate. 

Der Clou von 9 Monaten Erstellungszeit: Frau Becher empfiehlt dem Gericht die Festlegung eines Kontaktabbruches zwischen dem Vater und seiner fünfjährigen Tochter. Begründung:

 

"... Das bedeutet, dass im Fall von Kontakten die Angst der Kindesmutter und die Spannungen in A`s Familie zunehmen würden. Dies würde A gesamtes Beziehungsgefüge destabilisieren, womöglich sogar in Frage stellen und damit ihre sichere Lebensbasis gefährden. auch könnte dadurch die Beziehung zu ihrem sozialen Vater, an den sie gebunden ist, beschädigt werden. Die negativen Folgen dieses Geschehens für das Kind wären unabsehbar." (Gutachten S. 33)

 

 

Wer einmal aus dem Becher trinkt, der weiß, der Krug geht so lange zu Wasser bis er erbricht.

 

 

 

Beispiel 3

Bei manchen Fachkräften kann der Eindruck entstehen, als wollten sie eine bereits eingetretene Eltern-Kind-Entfremdung gar nicht verändern, sondern eher noch zementieren. So dokumentiert z.B. die als Gutachterin beauftragte Dr. phil. Dorit Schulze ihre Arbeit mit einem entfremdeten Kind folgendermaßen:

 

"4.3.1 Angaben von A (Sohn 14 Jahre alt) am ... 

 

Frau Y (die Mutter), Herr Z (der Stiefvater) und A kamen zum vereinbarten Gesprächstermin, wobei A zum zweiten Begutachtungskontakt aufgeschlossen und etwas freundlicher wirkte, dass heißt, die Mimik und Gestik war etwas gelockerter.

 

Zu Beginn des Gespräches hatte die Gutachterin Gelegenheit, die aktuelle Geburtstagskarte von A in Augenschein zu nehmen, welche der Kindesvater, Herr X, selbst hergestellt habe. Dabei wurde betont, dass es an dem Text an sich ja nichts auszusetzen gebe, es jedoch aus Sicht von Herrn Z und Frau Y für A sicherlich auch sehr schwer sei, wenn man das Bild von der Vorderseite betrachtet, welches den Kindesvater mit einem fremden Kind, auf einem Boot auf einem See, abbildete. Diesbezüglich war zu erfahren, dass der Kindesvater immer wieder ähnliche Postkarten sende, wo er mit einem anderen Kind drauf sei und dieses Bild als Postkarte an A übermittelt, zum Beispiel die Situation auf dem Skihang.

A gab zu der Postkarte an, dass er dies total bescheuert finde und hielt auch nicht hinter dem Rücken, wie er solche Bilder finde, auch dass er "ihn" eigentlich für diese Dinge auch früher immer schon gehasst habe.

Weinend erzählte A dann, dass sein Vater ja nicht nur zu ihm so gewesen sei, sondern auch zu seinem Bruder, den er auch geschlagen habe. Seine Mutti habe er auch geschlagen und er finde, dass er eine "dumme Sau" sei. Befragt, was er selbst gesehen habe, schilderte A, dass er ihm ja immer alles vorenthalten habe, ihm nie was davon gesagt habe. Seine Mutti habe ihm auch über das gebrochene Nasenbein erzählt, sie habe auch die Dokumente, es sei also auch wahr. Sein Vater habe ihm auch gesagt, dass er das Kind von der Oma wäre, dass seine Mutter tot sei und die Oma ihn geboren habe, er sei damals drei Jahre oder so gewesen, wisse sein damaliges Alter nicht mehr genau.

Die Gutachterin fragte, ob A seine Mutti und seinen Bruder vermisst habe, als er bei Herrn X gewohnt habe und A gab an, dass er ihm ja nie etwas davon gesagt habe. An die Situation, als er zur Mutti zurück ging, könne er sich wie folgt erinnern, anfangs sei er es gar nicht mehr gewohnt gewesen, weil er es nicht mehr richtig gewusst habe, aber er habe sich schon gefreut. Seinen Bruder habe er zum ersten Mal wieder sehen können, als er dann wieder da war, davor habe er nie etwas von ihm und seiner Mutti gesehen, wiederholte A bekräftigend.

Feststehend gab die Gutachterin an, dass dies nun neun Jahre her sei, A sei damals also fünf Jahre alt gewesen und dass die Mutti ihr (Gutachterin) von vielen Versuchen erzählt habe, den Umgang wieder in Gang zu bringen. A bestätigte dies, er habe aber nicht mitgemacht, er habe immer nur geweint und dann habe er gehen können. Er habe schon ein wenig Angst, sagte A auf Frage der Gutachterin, irgendwie würde "de" “ dann immer so komisch grinsen, er habe es nur darauf abgesehen, die Mutti und ihn fertig zu machen, das alles mache der nur, um sie zu tyrannisieren. Immer noch weinend erklärte A, dass er ihn irgendwann einmal fertig machen werde.

Nachfolgend erkundigte sich die Gutachterin bei A, ob er denn schon mal mit der Mutti oder Herrn Z in einer psychologischen Beratungsstelle gewesen sei, wo er einmal alles aussprechen könne oder um zu schauen, wie er mit seiner Angst umgehen könne, A verneinte dies. Eigentlich könne er sich dies auch nicht vorstellen, weil er nicht mehr daran erinnert werden wolle, er wolle damit nichts mehr zu tun haben.

Die Gutachterin erklärte A, dass es gefährlich sei zu hoffen, dass man alles, was man zur Seite schiebe, auch dort bleibe, solche schlimmen Kindheitserinnerungen würden immer wiederkommen. Auch sein heutiges Auftreten spreche ja dafür, dass er Angst habe, die Mutti zu verlieren oder noch einmal so weggenommen zu werden. Im Rahmen einer psychologischen Therapie könne man lernen, diese Ängste zuzuordnen und könne auch lernen, Vertrauen zu den Menschen, die man lieb hat, weiter zu festigen, aber auch lernen, mit der Wut gegen Herrn X umzugehen, damit es nicht passiere, dass er ihm - so wie er es vorher sagte - was antue. Darum wäre es doch eine Möglichkeit, in eine Beratung zu gehen, in eine psychologische Therapie, um zu lernen, damit umzugehen."

Dr. phil. Dorit Schulze, Gutachten vom 07.03.2005 an Amtsgericht Dresden, S. 46-49

 

 

 

Die Interaktion zwischen Gutachterin und dem Kind lässt vermutlich jeder einigermaßen kompetenten Fachkraft die Haare zu Berge stehen. Der Sohn erzählt Dinge, die er im Alter von 5 Jahren erlebt haben will und an die er meint, sich neun Jahre später noch erinnern zu können, ohne dass dies der Gutachterin eine kritisch-reflektierende Betrachtung im Gutachten wert sein zu scheint. Dies erinnert an den Aufsatz von Stoffels, H.; Ernst, C.: "Erinnerung und Pseudoerinnerung. Über die Sehnsucht, Traumaopfer zu sein."; In: "Der Nervenarzt", 5/2002, S. 445-451.

 

Interessant hier auch die Aussage des Kindes: 

Feststehend gab die Gutachterin an, dass dies nun neun Jahre her sei, A sei damals also fünf Jahre alt gewesen und dass die Mutti ihr (Gutachterin) von vielen Versuchen erzählt habe, den Umgang wieder in Gang zu bringen. A bestätigte dies, er habe aber nicht mitgemacht, er habe immer nur geweint und dann habe er gehen können.

 

Ein aufschlussreicher Hinweis, wie Kontaktanbahnungen bei veränderungsunwilligen Fachkräften oft ablaufen dürften. Kind weint und die Fachkraft bricht sofort ihre Arbeit ab. Kein Wunder, wenn in dem vorliegenden Fall seit 1998 bis zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung kein Umgang mehr zwischen Vater und Sohn stattfand und auch die Anordnung des Oberlandesgerichtes Dresden im Jahr 2002 offenbar erfolgreich unterlaufen wurden. 

 

Die Gutachterin bestätigt dem Jungen wohl auch noch in suggestiver Weise, dass seine Erzählungen wahr wären:

Die Gutachterin erklärte A, dass es gefährlich sei zu hoffen, dass man alles, was man zur Seite schiebe, auch dort bleibe, solche schlimmen Kindheitserinnerungen würden immer wiederkommen. Auch sein heutiges Auftreten spreche ja dafür, dass er Angst habe, die Mutti zu verlieren oder noch einmal so weggenommen zu werden.

 

Die Art in der die Gutachterin hier vorgeht erinnert schon ein wenig an die Vorgänge im sogenannten Wormser Missbrauchsprozess, wo sich angebliche Fachkräfte in hysterischer Weise darin überboten, einen massenhaften Missbrauch festgestellt zu haben und durch suggestiv verstärkende Befragungen, bei den betroffenen Kindern den  Missbrauch "erzeugten", den sie nach erfolgter Indoktrination hinterher als erwiesen ansahen. Zahlreiche Familien wurden auf Grund der Missbrauchvorwürfe getrennt, Kinder in Heime gegeben, Eltern eingesperrt: Erst nach langer Zeit stellte die Gerichtsbarkeit die Haltlosigkeit der Vorwürfe fest und sprach die Eltern und andere beschuldigte Personen frei.

 

vergleiche hierzu;: 

Hans E. Lorenz: "Lehren und Konsequenzen aus den Wormser Mißbrauchsprozessen"; In: "Deutsche Richter Zeitung", Juli 1999, S. 253-255

 

 

 

 

 

Kontaktabbruch als Traumatisierung

Auf der anderen Seite sind die vom Kontaktabbruch betroffenen Eltern. Wer lange genug mit Menschen zu tun hat, denen dieses widerfahren ist, unabhängig davon, wie viel sie als Elternteil möglicherweise selbst zu dieser Situation beigetragen haben, kann eine Ahnung über ihre innere Welt, die sie nur selten offen zeigen, erfahren. Der vom Kontaktabbruch zu seinem Kind betroffene Elternteil ist ein traumatisierter Mensch. Dies trifft auch auf die Eltern zu, die "von sich aus" den Kontakt zu ihrem Kind abbrechen, mit denen sie vorher eine emotionale Bindung hatten. 

Hier soll es aber um die Eltern gehen, die unfreiwillig einen Kontaktabbruch erfahren haben. Der tatsächliche Verlust des Kindes ist im inneren Erleben des Elternteils nicht weniger schwer, als der Tod seines Kindes - Uwe Jopt hat darauf wohl zuerst aufmerksam gemacht. Der Kontaktabbruch ist für den Elternteil in der Regel ein größeres Trauma als die Trennung von einer Partnerin oder einem Partner oder der Tod eines eigenen Elternteils, denn das Kind ist in unserer heutigen modernen Kultur untrennbarer Teil der Elternidentität, aber wahrscheinlich auch evolutionär angelegt.

Ein langsames sich von einander Lösen, wie es zwischen heranwachsenden Kindern und ihren Eltern sonst stattfindet und wie es im Tod der alten Eltern gipfelt, kann im Fall des andauernden Kontaktabbruch nicht geschehen.

Das Kind ist Repräsentant des eigenen "inneren Kindes", das psychische Repräsentanz jedes Erwachsenen ist. Dies zeigt sich sogar im Phänomen des Sadisten und Kindermörders / der Kindesmörderin, der / die am - mitunter auch fremden Kind - den selbst erfahrenen psychischen Mord des eigenen inneren Kindes reinszeniert. 

Im Positiven ist das Kind Repräsentant des "inneren Kindes", dem Liebe, Zuwendung und Sicherheit gegeben wird. Bei einem Kontaktabbruch des Elternteils zu seinem Kind bleibt das Bedürfnis und die psychische Energie des Elternteils zu Fürsorge und Liebe für das Kind ungebunden und unerfüllt und damit nach Perls eine "unerledigte Situation", ein Trauma.

 

Vergleiche hierzu: 

Matthias Leder: "Elterliche Fürsorge - ein vergessenes soziales Grundmotiv"; In: "Zeitschrift für Psychologie"; 212 (1), 10-24, 2004

 

 

 

 

 

Atteste

Ist der Elternkrieg in vollem Gange - und darum handelt es sich im Kern bei vielen Entfremdungsfällen - werden oft auf beiden Seiten alle Register gezogen, um zu gewinnen. Dass es daneben auch anerkennenswerte Motivationen gibt, wie z.B. die Befürchtung der andere Elternteil könne das Kind entführen, misshandeln, vernachlässigen, etc. ändert nichts daran, dass es darum nicht in erster Linie geht. Wo der Krieg tobt, werden naturgemäß Verbündete gesucht, Rechtsanwälte, Psychologen, Ärzte, Verwandtschaft alle müssen mit an die Front und bei einigen von ihnen, wie z.B. den Anwalt gehört es geradezu zur Berufsehre Parteivertreter zu sein und mit allen Bandagen bis hart an die Grenze des strafrechtlich sanktionieren zu kämpfen.

 

Nicht selten stellen sich auch Ärzte als Beistand für eine der beiden Seiten im Elternkrieg zur Verfügung, so z.B. bei der Vergabe ärztlicher Atteste, dass das Kind ausgerechnet und immer wieder zum vorgegebenen Umgangstermin krank sei - Klenner (1995) hat schon darauf aufmerksam gemacht, Andritzky hat es genauer beschrieben. 

 

Walter Andritzky: "Entfremdungsstrategien im Sorgerechts- und Umgangsstreit: Zur Rolle von (kinder-)ärztlichen und -psychiatrischen `Attesten`.", In: "Das Parental Alienation Syndrome (PAS). Internationale Konferenz, Frankfurt(Main) 18.-19.Oktober 2002. Herausgegeben von Wilfried von Boch-Galhaus, Ursula Kodjoe, Walter Andritzky & Peter Koeppel. Verlag für Wissenschaft und Bildung 2003

 

Ein Attest kann man als Arzt oder Ärztin aber auch ausstellen, weil einem "das Wohl meines kleinen Patienten" am Herzen liegt. 

 

 

Beispiel

 

"Seit Mail 2006 ist der kleine Patient A in meiner Kinderarztpraxis in med. Betreuung.

...

Um einer Fehlentwicklung vorzubeugen und das Kleinkind keinem psychischen Streß auszusetzen, möchte ich mich aus meiner langjährigen Erfahrung heraus konsequent zum jetzigen Zeitpunkt gegen den Umgang mit dem Kindesvater aussprechen, da es bereits nach wenigen Treffen zu deutlichen psychischen Veränderungen des Kindes gekommen war. ...

Da das Wohl meines kleinen Patienten mir am Herzen liegt, würde ich die entsprechenden Institutionen um Verständnis bitten und einen begleiteten Umgang des Vaters mit dem Kind auf längere Sicht nicht zu genehmigen, da dies aus meiner Sicht dem Kindeswohl widerspricht."

Dr. med. Christa-Maria Rieder, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, 04808 Wurzen, 21.05.2007

 

 

Herr Hamann, der zuständige Mitarbeiter des Jugendamtes des Landkreises Torgau-Oschatz, leitet dann auch prompt das vorgelegte Attest an das im anhängigen Umgangsverfahren zuständige Amtsgericht Oschatz weiter, auf dass es dort seine segensreiche Wirkung entfalten möge. 

 

 

 

 

 

 

Vom Symptom zum Problem 

Das Symptom wird zum Problem und damit eines Lösungsversuches würdig, sobald es für eine oder mehrere Menschen eine persönliche Bedeutsamkeit erlangt. Gibt es bei niemanden ein Problembewusstsein, so wird auch niemand nach einer eventuellen Lösung des Problems suchen. Tausende von Kindern und Jugendlichen verlieren jedes Jahr den Kontakt zu einem Elternteil, meist dem Vater, seltener der Mutter oder haben ihn noch nie aufgenommen, und niemand ist da, der in der Lage wäre daraus ein Problem zu definieren, der Vater nicht, die Mutter nicht, das Kind nicht.

 

Es fehlt

a) die subjektive Bedeutsamkeit

oder 

b) die Fähigkeit das Leiden am Verlust des Elternteils oder des Kindes öffentlich als Problem zu definieren.

 

Das Problem ist öffentlich erst dann definiert, wenn einer/eine der Betroffenen oder der "staatliche Wächter", in Gestalt des Jugendamtes oder Familiengerichtes, auf den Plan tritt. 

Da Kinder kaum eigene Rechte zur Vertretung ihrer Interessen haben oder diese nicht kennen oder mit ihrer Wahrnehmung durch sich selbst überfordert sind, ist häufig niemand da, der den Verlust eines Elternteils für das Kind reklamiert. Der betreuende Elternteil tut dies oft nicht, weil er nicht in der Lage ist, die Perspektive des Kindes einzunehmen oder weil er aus eigenen Gründen das Verschwinden des anderen Elternteils nicht als Problem ansieht.

Das Problem ist definiert, wenn der staatliche Wächter bemerkt, dass ein Elternteil aus dem Leben des Kindes verschwunden ist und dies zum Anlass für behördliche Maßnahmen genommen wird. Dies passiert sehr selten, zum einen wohl deshalb, weil auch den Vertreter/innen des staatlichen Wächteramtes oft das Problembewusstsein fehlt oder sie aus vermeintlichen oder tatsächlichen Gründen, z.B. zeitliche Überlastung, sich nicht auch noch eine Aufgabe aufbürden wollen, die beim "Nichtbemerken" an ihnen vorbeigegangen wäre.

 

Das Problem ist definiert, wenn ein betreuender Elternteil das Verschwinden des anderen Elternteils öffentlich macht. So z.B. eine betreuende Mutter, die beim Familiengericht einen Antrag einreicht, damit der Vater seiner Umgangspflicht mit dem Kind nachkommt. Dies geschieht, trotz öffentlichkeitswirksamer Klagelieder von Alleinerziehendenverbänden über "verschwundene Väter" vergleichsweise selten, so dass man annehmen kann, dass Klagelieder, wo sie nichts kosten und nichts bewirken eher dazu da sind, Schuldgefühle bei den Adressaten zu wecken. Adressaten sind aber nicht die verschwundenen Väter, die in der Regel das Klagelied gar nicht erreicht, sondern der Ersatzvater Staat mit seinen tatsächlichen oder erwünschten Alimentierungsprogrammen. Verschwundene Väter und klageliedsingende Mütter  weisen eine erstaunliche Unreife ihrer elterlichen Verantwortungsbereitschaft auf und zeigen so zumindest in diesem Bereich eine ähnliche Charakterstruktur. 

 

Das Problem ist definiert, wenn ein nichtbetreuender Elternteil, meist der Vater, den Kontaktabbruch zum Kind öffentlich macht, so durch eine Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt oder eine Antragstellung auf Umgangsregelung beim Familiengericht. Dies dürfte der in der Praxis häufigste Fall sein.

 

Die erfreulichen Fälle in denen es nach einer Problemdefinition gelingt, den Eltern-Kind-Kontakt wieder herzustellen, sollen hier nicht weiter interessieren. Interessant und für unkonventionelle Lösungen bedeutsam wird eine eintretende oder sich verfestigende Eltern-Kind-Entfremdung.

 

 

 

 

 

Anforderungen an Fachkräfte bei Eltern-Kind-Entfremdungen

Ehrenamtlich arbeitende Personen sind für den Einsatz bei Eltern-Kind-Entfremdungen in der Regel fachlich und persönlich überfordert. Ihre Beteiligung bringt oft nur weitere Zeitverzögerungen. Aber auch nicht jeder Professionelle ist für diese Aufgabe geeignet. Professionalität, Interesse an konstruktiver Veränderung und (familien)therapeutische Qualifikationen zeichnen die dafür geeigneten Fachpersonen aus. Veränderungen passieren jedoch nicht im Hau-Ruck-Verfahren. 2000 € für 50 Fachleistungsstunden sind hier aber auf alle Fälle besser angelegt als auf den Konten von Gutachtern, die von Familiendynamik und den Möglichkeiten zur Veränderung dysfunktionaler Familiensysteme nichts oder nicht viel verstehen.

 

Vergleiche hierzu: 

Traudl Füchsle-Voigt: "Verordnete Kooperation im Familienkonflikt als Prozess der Einstellungsänderung: Theoretische Überlegungen und praktische Umsetzung", In: "Familie, Partnerschaft, Recht", 2004, Heft 11, S. 600-602

 

Oder auch die Darstellung des Cochemer Modells - www.ak-cochem.de

 

 

Soll eine Eltern-Kind Entfremdung aufgehoben werden, bedarf es nicht nur kompetenter, emphatischer und durchsetzungsfähiger Fachkräfte die direkt mit den Eltern und dem Kind arbeiten, sondern auch eines Familienrichters, der sich von den Eltern nicht dazu einladen lässt, eine eingetretene Eltern-Kind-Entfremdung zu tolerieren. Eltern haben oft ein sehr feines Gespür dafür, ob der Richter oder die Richterin daran interessiert ist eine Eltern-Kind-Entfremdung zu beenden oder nicht. Gibt der Richter oder die Richterin dem betreuenden Elternteil Signale halbherzigen oder unentschlossenen Handelns, oder schlimmer noch der stillschweigenden oder offenen Zustimmung zur Fortsetzung Eltern-Kind-Entfremdung, so kann das Verfahren bei diesem Richter als beendet betrachtet werden, denn es wird bestenfalls noch verwaltet aber nicht gestaltet. Hier hilft dann nur noch eine Ablehnung des betreffenden Richters wegen fehlender Kompetenz. Dies muss nicht zwangsläufig heißen, dass dem Richter generell die erforderliche Kompetenz fehlt, sondern kann durchaus auch nur auf bestimmte Fälle bezogen sein, die ihn fachlich überfordern. 

Eine solche Ablehnung eines Richters sehen die gesetzlichen Regelungen bisher jedoch nicht vor. Es bliebe daher nur noch die Möglichkeit, dass der Richter seine eigene Befangenheit in dem vorliegenden Fall erkennt und seinen Dienstvorgesetzten um Entbindung von diesem Fall bittet. Ein solches ethisch verantwortliches Handeln wäre zu begrüßen und in die Berufsstandards von Familienrichtern aufgenommen werden. 

 

 

 

 

 

 

Enfremdung und Kontaktabbruch bei Erwachsenen

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Montag, 23. November 2015 ...

An: ...

Betreff: Familientherapie

 

Sehr geehrter Hr. Thiel,  

ich weiss nicht ob ich bei Ihnen richtig bin aber ich versuche es einmal.

 

Ich heiße ... , bin 43 Jahre alt und komme aus ....

Meine Tochter hat vor 5 Jahren den Kontakt zu mir und ihrer gesamten Familie (Familie meiner Seite, zum Vater bestand kein Kontakt) abgebrochen.

Sie war 18 und hat zu dem Zeitpunkt ein Kind bekommen.  

Vor 3 Jahren haben wir einen Versuch unternommen uns wieder anzunähern was jedoch kläglich gescheitert ist.  

Sie lehnte jeglichen Kontakt ab.  

Nun möchten wir es erneut versuchen doch ich fühle mich unsicher. Ich liebe sie doch ich habe Angst erneut verletzt und "abgestellt" zu werden und möchte es richtig machen.

 

Mir wurde zu einer Familientherapie geraten und ich finde eine professionelle Begleitung mehr als sinnvoll.  

Sie ist auch damit einverstanden.  

Können Sie mir weiter helfen?

 

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

Enfremdungsphänomene und Kontaktabrüche sind nicht auf die Konstellation minderjähriges Kind - Elternteil beschränkt, sondern spielen sich wie obige (anonymisierte und aus Gründen des Datenschutzes in Details geringfügig veränderte) Anfrage zeigt, auch unter Erwachsenen ab. Sei es nun, dass eine 60 jährige Frau sich von ihrem Mann trennt, mit der Begründung dieser wäre fremdgegangen und dann von der 40-jährigen Tochter verlangt, sie solle den Kontakt zum Vater abbrechen. Da die erwachsene Tochter dem Begehren der Mutter nicht nachkommt, bricht nun die Mutter den Kontakt zur Tochter ab. Oder wie in obiger Mail beschrieben, bricht die 18-jährige Tochter den Kontakt zur Mutter ab, ein Kontakt der Tochter zum Vater bestand offenbar zu keiner Zeit.

Bei minderjährigen Kindern kann der betroffene Elternteil noch das Familiengericht anrufen und es bestehen - je nach Alter des Kindes unterschiedlich - Chancen, das mithilfe des Familiengerichts und beteiligter Fachkräfte eine gute Lösung gefunden und die Entfremdung gestoppt oder rückgängig gemacht wird.

Bei Erwachsenen gibt es diesen "juristischen" Weg nicht, da der Gesetzgeber sich in diese private Angelegenheiten unter Erwachsenen nicht einmischen will. Ganz nachvollziehbar ist das nicht, so postuliert der Gesetzgeber eine Unterhaltspflicht auch unter erwachsenen Volljährigen, geht also davon aus, dass Volljährige nicht uneingeschränkt autonom sein dürfen. So bekommt dann plötzlich ein 50-jähriger Mann Post vom Pflegeheim, wo sein 80-jähriger Vater ist, mit dem er seit 35 Jahren keinen Kontakt hat und soll nun für den ihm mehr oder weniger unbekannte 80-jährigen Vater Unterhalt leisten.

 

 

 

 

 

 

Vom Problem zur Lösung

 

"Die Theorie der psychodynamischen Therapie beruht auf der einleuchtenden und ansprechenden Vorstellung, daß der Therapeut einen gutartigen Einfluß darstellt, die Gesundheit von Individuen wiederherzustellen, die schädlichen Einflüssen in der Vergangenheit ausgesetzt waren, welche ständig sein Verhalten determinieren. In der Kinderbehandlung z. B. stellt man sich vor, daß das Kind unglückliche Erfahrungen in der Vergangenheit und in Rahmen seiner Familie erlitten hat und daß es nun auf schädliche elterliche Introjekte reagiert. Indem er es freundlich und permissiv behandelt, kommt der Therapeut in die Rolle eines Elternsubstitutes, nacht Verdrängungen rückgängig und verwandelt die innere Welt des Kindes. Er ist ein wohlwollender Befreier, wenn nicht Erretter.

Familientherapeuten haben eine beunruhigende Sichtweise. Sie arbeiten mit der Vorstellung, daß das Verhalten des Kindes eine Anpassung und eine Antwort auf seine momentane Familiensituation darstellt und gehen von der Annahme aus, daß die Situation geändert werden muß, wenn das Kind sich ändern soll. Statt die Vorstellung von der Verdrängung zu akzeptieren, nehmen sie an, daß häufig die Eltern zu gutartig und permissiv sind und daß, wenn der Therapeut sich in der gleichen Weise verhält, dies antitherapeutisch sein kann. Anstatt den Eltern einen schädlichen Einfluß zuzuschreiben, wird ihnen mitgeteilt, daß sie in einen Kampf verwickelt sind, der das Kind mit einschließt und der durch die soziale Situation aufrechterhalten wird. Nur die Reorganisierung der derzeitigen Familiensituation kann zu einer Veränderung bei dem Kind und den anderen Familienmitgliedern führen."

Jay Haley: "Warum ein psychiatrisches Krankenhaus Familientherapie vermeiden sollte", In: "Kontext", 1980, Heft 2, S. 81

 

 

In der Fachdebatte findet eine mitunter unfruchtbare Unterscheidungsdiskussion bezüglich anzunehmender "Ursachen" für Eltern-Kind-Entfremdungen statt. Natürlich gibt es dafür verschiedene Ursachen oder Ursachenkomplexe. Es gibt Entfremdungen, die  überwiegend infolge massiver Paarkonflikte entstehen, es gibt Entfremdungen, die infolge von Gewalt, Vernachlässigung, Missbrauch oder Gleichgültigkeit eines Elternteils oder beider Elternteile gegenüber dem Kind entstehen. Es gibt aber keine "guten" Ursachen, die es rechtfertigen würden, eine eingetretene Eltern-Kind-Entfremdung als quasi unabänderlich und jeglicher fachlichen Intervention entzogen anzusehen. Auch eine Entfremdung, die infolge von Gewalt, Vernachlässigung, Missbrauch oder Gleichgültigkeit eines Elternteils gegenüber dem Kind entstanden ist, ist eine Entfremdung die dem Kind wichtiger Ressourcen und Entwicklungspotentiale beraubt, nämlich "der guten Mutter" oder "dem guten Vater", deren ein Kind bedarf. Und spätestens in der folgenden Generationen rächt sich der ungeklärte Konflikt mit persönlichen und gesellschaftlichen Folgekosten (vgl. Boszormenyi-Nagy: Mehrgenerationaler Ansatz)

 

Befinden sich die getrennt lebenden Eltern in einem massiven Konflikt miteinander, so trägt häufig auch eine sogenannte Double-Bind-Kommunikation zwischen betreuenden Elternteil und Kind zur Eltern-Kind-Entfremdungen bei. 

Durch die Double-Bind-Kommunikation seitens des betreuenden Elternteils endet das Kind in einer Beziehungsfalle. (vgl. Walker 1996).

Charakteristisch für eine Beziehungsfalle ist

1. eine Beziehung, die für das `Opfer` (Kind), subjektiv (`über`)-lebenswichtig ist, d.h. es kann sich aus der Falle nicht befreien, indem es den Schauplatz verlässt.

2. Innerhalb der Beziehung ist das `Opfer` (Kind) in einer Situation gefangen, in der sein Gegenüber zwei Arten von Mitteilungen ausdrückt, die einander wechselseitig negieren. Metakommunikation ist unmöglich, da das `Opfer` dazu entweder nicht in der Lage ist oder aber von seinem Gegenüber aktiv daran gehindert wird.

 

Ein simples Beispiel für eine Double-Bind-Kommunikation ist der in einem scharfen Ton geäußerte Ruf einer Mutter an ihren 8-jährigen Sohn, der sich beim Baden schwimmend vom Strand entfernt: "Steven, kommst du zurück?!"

Der Satz ist einerseits eine Frage, andererseits eine eindringliche Aufforderung. Der scharfe Tonfall der Mutter lässt ihn sogar zum Befehl werden. Ehrlich kommuniziert, müsst der Satz entweder: "Steven, komm sofort zurück!" oder "Steven, hast Du Lust zurückzukommen?" lauten. Wenn aber zwei gegensätzliche Botschaften in einem Satz vereint werden, weiß der Adressat nicht, was der Absender eigentlich meint. 

 

Double-Binds werden verbal (was wird gesprochen, wie wird gesprochen) und nonverbal (Mimik, Gestik, Körpersprache) kommuniziert. Daher reicht es bei einer Begutachtung nicht aus, nur die Aussagen der einzelnen Familienmitglieder entgegenzunehmen. Statt dessen muss die gemeinsame Kommunikation der Familienmitglieder unter Einbeziehung des problematischen Themas beobachtet und analysiert werden. So muss z.B. ein Gutachter in einen Fall von Eltern-Kind-Entfremdung gemeinsam mit dem betreuenden Elternteil und dem Kind über den abwesenden Elternteil und der Beziehung zu ihm sprechen.

 

Wenn es denn überhaupt möglich ist, "die" Ursachen einer Entfremdung zu ergründen, dann darf derjenige, der dies ergründen soll, dies ist häufig ein vom Gericht beauftragter Gutachter, nicht blind oder einäugig, taub oder schwerhörig sein. Eines ist bei aller Ursachenforschung aber immer sicher. Eine Eltern-Kind-Entfremdung ist immer eine Folge nicht aufgelöster Verstrickungen innerhalb des Familiensystems. Die meisten Gutachten, die von den Familiengerichten zu diesem Thema in Auftrag gegeben werden, sind leider Zeit- und Geldverschwendung, da sie bestenfalls eine gute Beschreibung des Verstrickungsmusters liefern, häufig aber nicht einmal das. Eine Lösung ist von ihnen in der Regel nicht zu erwarten. Aus den meisten in Auftrag gegebenen Gutachten erfahren wir nur das, was ohnehin schon vorher bekannt war: "Das Kind will nicht zum Vater / zur Mutter." oder "Die Eltern sind hochgradig miteinander verstritten". Für eine solche "Erkenntnis" 2.000-3.000 Euro auszugeben, noch dazu häufig genug auf Kosten der Staatskasse und damit der steuerzahlenden Bevölkerung, ist das gleich wie mit dem Schinken nach der Wurst zu werfen. Es grenzt auch an eine Unverschämtheit den Steuerzahlern die Kosten für solche unsinnigen Begutachtung aufzuerlegen und man kann nur hoffen, dass der Landesrechnungshof eine solche Verschleuderung von Steuermitteln einmal kritisch unter die Lupe nimmt.

In der traditionellen Psychologie, insbesondere den psychoanalytisch, bzw. tiefenpsychologisch geprägten Schulen, über die Watzlawick das böse Bonmot von Karl Kraus vorträgt: 

 

"So gilt die Psychoanalyse in einer bekannten, sarkastischen Definition als die Krankheit, für deren Behandlung sie sich hält - ein Aphorismus, der ihr paradoxes, selbstrückbezügliches Wesen sehr gut umreißt, ..." 

(Aphorismus von Karl Kraus, aufgegriffen von Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003, S. 93)

 

gilt die Ursachenforschung und deren Deutung als eines der Mittel der ersten Wahl bei der Heilung eines Patienten. In beiden Schulen finden wir daher hochgradig intellektualisierte Erörterungen, die meist so verdreht geschrieben sind, dass wahrscheinlich nicht einmal die Autoren wissen, worum es ihnen geht. Für sinnvolle Veränderungen im Leben der Menschen, dürften diese Erörterungen oft so hilfreich sein, wie die Bibel, die man statt einem Rettungsring einem Ertrinkenden zuwirft. Watzlawick deutet das an einem Beispiel an:

 

"Ein vierjähriges Mädchen begann am ersten Tag seines Kindergartenbesuches so heftig zu weinen, als sich die Mutter zum Weggehen anschickte, daß diese keine andere Wahl hatte, als beim Kind zu bleiben. Dasselbe wiederholte sich auch an den folgenden Tagen und machte es der Mutter, im Gegensatz zu allen anderen Müttern, unmöglich, ihr Kind einfach in den Kindergarten zu bringen und dort zu lassen. Verständlicherweise wurde die Lage dadurch für die Mutter zu einer schweren zeitlichen und gefühlsmäßigen Belastung. Nach einigen Wochen war die Mutter aus uns unbekannten Gründen eines Morgens verhindert, und der Vater lieferte die Kleine in der Schule (Kindergarten gemeint?, Anm. P. Thiel) ab und fuhr darauf zur Arbeit. Das Kind begann wie üblich zu weinen, beruhigte sich aber rasch, und dabei blieb es auch am nächsten Morgen, als die Mutter es wieder zur Schule brachte.

Man kann mit Fug und Recht fragen, wie dieser Fall verlaufen wäre, wenn der schulpsychologische Dienst eine Chance gehabt hätte, sich seiner anzunehmen. Höchstwahrscheinlich wäre die Diagnose einer Schulphobie gestellt worden, und je nach der theoretischen Orientierung des Psychologen hätten sich seine Bemühungen auf die prägenitale Fixierung des Kinde, auf das neurotische Bedürfnis der Mutter, die symbiotische Bindung zur Tochter aufrechtzuerhalten, auf die bei genügend tiefer Exploration sicherlich zutage kommenden Eheschwierigkeiten der Eltern, oder irgendwelche ähnlichen Kausalfaktoren konzentriert."

Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003, S. 101-102

 

 

Mit der einengenden und zumeist auch unproduktiven Frage nach "den" Ursachen, zeigt der Familienrichter zum einen seine Befangenheit im konventionellen ursachenfixierten menschlichen Denkmuster, gleichzeitig delegiert er seinen originären Auftrag nach § 1697 a BGB (Kindeswohl als allgemeines Prinzip) und § 52 FGG (Hinwirken auf Einvernehmen. Aussetzung) auf den Gutachter. Statt die "Ergebnisse" fruchtloser Gutachten abzuwarten, muss überlegt werden, was getan werden kann, um Entfremdung, Stillstand, Regression, Verstrickung, Isolation und Verweigerung von Entwicklung und Wachstum aufzulösen und umzukehren in fördernden Kontakt, Hoffnung, Freude und Offenheit für das Leben. Dazu bedarf es keiner 60-seitigen Gutachten mit dazugehörigen Tunnelblick, sondern eines Familienrichters, der bereit ist, ausgetretene Trampelpfade und in das Dickicht führende Holzwege und zu Glaubenssätzen gewordene "Gewissheiten" hinter sich zu lassen. 

Oder, um mit Hölderlin zu sprechen: 

"Komm! ins Offene, Freund!"

 

 

 

 

 

 

 

Befinden sich die Eltern auf einer Eskalationsstufe, die dem Kind im Interesse seines psychischen und physischen Überlebens abverlangt, sich bedingungslos und unter Verleugnung seiner Liebe und Sehnsucht nach dem entfremdeten Elternteil auf die Seite des betreuenden Elternteils zu schlagen, so kann dieses Ergebnis als eine Traumatisierung des Kindes betrachtet werden, an der beide Eltern ihren je eigenen Anteil, in womöglich verschieden starker Ausprägung haben. Einen vermeintlich "freien Kindeswillen", wie manche ahnungslose oder ideologisch fixierte Fachkräfte behaupten gibt es hier nicht mehr. 

Beim Trauma handelt es sich (nach Tenbrink 2003, S. 276) unter strukturellen, dynamischen und ökonomischen Gesichtspunkten "um eine dauerhafte selbsteinschränkende Veränderung bzw. Deformation der Selbststruktur, die aus eigener Kraft unter normalen Lebensbedingungen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Das in dieser Weise veränderte Selbst kann bestenfalls versuchen, durch den Ausbau der Abwehrorganisation die Folgen dieser strukturellen Veränderung für die Gestaltung des Lebensvollzugs begrenzt zu halten." 

Nun hat man noch nie davon gehört, dass eine Traumatisierung davon geheilt worden wäre, dass "Gras über die Sache wächst", wenn dem so wäre, bräuchte es keiner Psychotherapie mit traumatisierten Klienten, bräuchte es keiner Kinder- und Jugendlichentherapie für misshandelte Kinder und Jugendliche. Statt dessen bräuchte man nur die Hände in den Schoß legen und zu warten. Die Zeit heilt alle Wunden, wie der Volksmund irrend meint. Wer so denkt und handelt, verweigert Kindern und Jugendlichen, aber auch ihren Eltern dringend notwendige Hilfe und Unterstützung.

Ohne eine wirksame und verändernde Intervention von außen bleiben dysfunktionale Trennungsfamiliensysteme, die sich im malignen Clinch (von Schlippe, Arist: "Familientherapie im Überblick"; Junferman-Verlag, 1995, S. 49) befinden, in der Regel in ihrer zerstörerischen und erstarrten Konfrontation stecken. Und dies ist das tragische Schicksal vieler solcher Trennungsfamilien. Statt der Hilfe von Außen kommen Gutachter, statt der Feuerwehr kommt der Leichenwagen, statt des Regens in der Wüste gerichtlich verordneter Sandsturm oder Quarantäneanordnungen. 

Es mutet seltsam an, wenn Gutachter, die eine Ausbildung als Diplompsychologe oder gar als Psychotherapeut haben, suggerieren, ein Trauma wie eine eingetretene Eltern-Kind-Entfremdung, würde von selbst heilen, "wenn man dem Kind nur Ruhe gibt". 

Die Stimmen, die sich zur Legitimation für Nichtstun und "Umgangsausschluss" auf die US-amerikanische Studie von J. S. Wallerstein und J. Lewis berufen, sind einem tragischen Irrtum verfallen. Sie verwechseln simplen Zwang auf die Eltern oder auf das Kind mit geeigneter fachlicher Begleitung und Intervention. Ein zwangsweise angeordneter Umgang ohne fachliche Begleitung, so wie in der US-Studie dargelegt, dürfte tatsächlich häufig zu einer Verschärfung und Verfestigung der Konflikte und damit zu einer weiter fortschreitenden Eltern-Kind-Entfremdung führen, das kann man in der Praxis oft erleben. Die bloße Zwangsausübung zur Durchsetzung des Umgangsrecht wird vom betroffenen Elternteil und dem mit ihm koalierenden Kind immer als einseitige Parteinahme für den anderen "gegnerischen" Elternteil verstanden. Widerstand ist die Folge, Kooperation und Entwicklung wird unmöglich. Der Konflikt bleibt ungelöst, der Kampf um Sieg und Niederlage wird konserviert. "Die Lösung ist das Problem", heißt es dazu zutreffend im strategischen Ansatz der systemischen Therapie und Beratung.

 

 

 

 

 

Schulpflicht 

Seltsamerweise kommt in Deutschland kein Richter auf die Idee, bei anhaltender Schulverweigerung eines Kindes, zu erklären, da könne man nun nichts machen, das Kind soll nun erst einmal zur Ruhe kommen und dafür mindestens ein Jahr nicht mehr die Schule aufsuchen. Dabei ist hier nicht selten eine ähnlich anmutende Konfliktlage zu beobachten, wie sie bei Eltern-Kind-Entfremdung anzutreffen ist. Die zu beobachtende Symtomatik bei dem Kind unterscheidet sich oftmals überhaupt nicht von der Symptomatik, die bei Eltern-Kind-Entfremdung zu beobachten ist, wie die folgende Mail zeigt: 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 25. Juli 2016 14:43
An: ...
Betreff: Schulverweigerung

Sehr geehrter Herr Thiel,

auf der Suche nach weiterer Hilfe, bin ich gestern auf Ihre Homepage gestoßen.
Mein Sohn, 11 Jahre alt, verweigert seit Ende April den Schulbesuch. Er hat Abende lang geweint, war morgens nicht aus dem Bett zu bekommen, hat auch da wieder geweint und ist irgendwann immer für Stunden vor Erschöpfung eingeschlafen. Außerdem hat er das Essen verweigert, sich nur in die Sofaecke gedreht und mit niemandem gesprochen. Erst abends, wenn es gar nicht mehr ging, hat er gegessen und getrunken. Ich habe sofort versucht, Termine bei Kinder- und Jugendpsychologen zu bekommen, aber das ist eine sehr schwierige Sache, wie Sie wahrscheinlich wissen. Letztendlich hatten wir einen Termin bei der Familien- und Erziehungsberatungsstelle im Gesundheitsamt. Dort wurde uns geraten, dem Kind den Druck zu nehmen, überhaupt in die Schule zu müssen, sondern ihm sozusagen offiziell frei zu geben. Das hatte zumindest den Effekt, dass sich X wieder erholt. Er war dann viel mit seinem Opa im Garten und in der Werkstatt und hat sich körperlich wieder erholt. Allerdings hat er sofort wieder dicht gemacht, wenn es ums Thema Schule ging. Es dachten alle, das Kind hätte etwas Schlimmes erlebt, erfahren - wie auch immer. Kurz vor Abflug unseres Flugzeuges Richtung ... , hat mir X dann auf dem Flughafen mehr oder weniger gesagt, dass er einfach an Schule alles hasst. (Ich hatte sein Handy schon lange eingezogen und er wollte es gerne haben, um ... zu filmen.) Ein ausführliches Gespräch darüber war allerdings schwierig.
Mittlerweile habe ich ihm gesagt, dass er nicht in seine alte Klasse zurück muss, sondern wir eine andere Schule suchen werden. Allerdings kommt auch hier keine Reaktion. Das ist das Grundproblem. X steigt nicht aus dem Auto aus, weder bei der Beratungsstelle, noch bei der Kinder- und Jugendpsychologin, bei der wir Anfang der Ferien einen Termin hatten und auch nicht als wir letzte Woche einen Termin in der KuP in ... hatten. Er verweigert sich total, sein Gesicht verändert sich und der Mund bleibt zu. In der restlichen Zeit, wenn das Thema Schule nicht auf den Tisch kommt, ist er total umgänglich.

Das war nur eine rudimentäre Beschreibung, aber der ganze Ablauf, wäre hier zu ausführlich. Ich weiß jedenfalls im Moment überhaupt nicht mehr weiter, meine Gedanken drehen und wenden sich. Ich bin auch irgendwie von Pontius zu Pilatus gelaufen, ohne dass sich etwas getan hat.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich melden würden,

mit freundlichem Gruß,

...

 

 

Während es beim Thema Eltern-Kind-Entfremdung Stimmen - wie etwa die von Ludwig Salo und seiner Fangemeinde - gibt, die das "Selbstbestimmungsrecht" des Kindes lobpreisen und einen Umgang gegen den erklärten Willen des Kindes nicht stattfinden lassen wollen, gibt es merkwürdiger Weise in Deutschland einen massiven staatlichen Zwang gegen Kinder, eine Schule besuchen zu müssen. Ein Mitspracherecht oder Verweigerungsrecht des Kindes ist hier in keiner Weise vorgesehen. Notfalls übt der Staat Zwang gegen die Eltern oder andere Sorgeberechtigte aus, damit sich das Kind der staatlichen Schulpflicht, die allerdings im Grundgesetz nicht verankert ist, unterzieht.

 

 

Schulgesetz für das Land Berlin

(Schulgesetz - SchulG)

vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26),

das zuletzt durch Gesetz vom 15. Dezember 2010 (GVBl. S. 549, 560)

geändert worden ist.

 

 

TEIL IV

Schulpflicht

§ 41

Grundsätze

(1) Schulpflichtig ist, wer in Berlin seine Wohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. Völkerrechtliche Grundsätze und zwischenstaatliche Vereinbarungen bleiben hiervon unberührt.

(2) Ausländische Kinder und Jugendliche, denen auf Grund eines Asylantrags der Aufenthalt in Berlin gestattet ist oder die hier geduldet werden, unterliegen der allgemeinen Schulpflicht.

(3) Die Schulpflicht umfasst die allgemeine Schulpflicht und die Berufsschulpflicht. Sie ist durch den Besuch einer öffentlichen Schule oder einer staatlich anerkannten oder staatlich genehmigten Ersatzschule zu erfüllen. Die Schulaufsichtsbehörde kann eine Schülerin oder einen Schüler von der Schulbesuchspflicht befreien, wenn ein besonderer Grund vorliegt.

(4) Wer im Land Berlin weder seine Wohnung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat, kann in die öffentlichen Schulen im Land Berlin aufgenommen werden, wenn 1. mit dem jeweiligen Bundesland die Gegenseitigkeit und ein angemessener Finanzausgleich vereinbart sind, 2. die oder der Schulpflichtige eine Befreiung von der Schulbesuchspflicht in dem jeweiligen Bundesland nachweist und 3. freie Plätze vorhanden sind. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft die zuständige Schulbehörde; in den Fällen, in denen der Bezirk diese Entscheidung trifft, ist die Schulaufsichtsbehörde zuvor über den jeweiligen Antrag zu informieren. Über Ausnahmen von Satz 1, insbesondere für Bildungsgänge, die zu einem beruflichen Abschluss führen, der außerhalb Berlins nicht erworben werden kann, entscheidet die Schulaufsichtsbehörde.

(5) Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist die Wohnung einer Person nach § 16 des Meldegesetzes vom 26. Februar 1985 (GVBl. S. 507), zuletzt geändert durch Artikel XXVI des Gesetzes vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260), in der jeweils geltenden Fassung, bei mehreren Wohnungen die Hauptwohnung nach § 17 des Meldegesetzes.

 

 

§ 42

Beginn und Dauer der allgemeinen Schulpflicht

(1) Mit Beginn eines Schuljahres (1. August) werden alle Kinder schulpflichtig, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder bis zum folgenden 31. Dezember vollenden werden.

(2) Auf Antrag der Erziehungsberechtigten werden Kinder, die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März des folgenden Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollenden werden, zu Beginn des Schuljahres in die Schule aufgenommen, wenn kein Sprachförderbedarf besteht. Mit der Aufnahme in die Schule beginnt die Schulpflicht. Schulgesetz für das Land Berlin (SchulG)

(3) Abweichend von Absatz 1 können schulpflichtige Kinder auf Antrag der Erziehungsberechtigten von der Schulbesuchspflicht um ein Jahr zurückgestellt werden, wenn der Entwicklungsstand des Kindes eine bessere Förderung in einer Einrichtung der Jugendhilfe erwarten lässt. Eine Rückstellung kann nur dann erfolgen, wenn eine angemessene Förderung des Kindes in einer Einrichtung der Jugendhilfe erfolgt. Der Antrag der Erziehungsberechtigten ist zu begründen und soll mit einer schriftlichen Stellungnahme der von ihrem Kind zuletzt besuchten Einrichtung der Jugendhilfe oder Kindertagespflegestelle eingereicht werden. Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet auf der Grundlage gutachterlicher Stellungnahmen des zuständigen Schularztes oder des schulpsychologischen Dienstes. Eine Rückstellung nach dem Beginn des Schulbesuchs ist ausgeschlossen.

(4) Die allgemeine Schulpflicht dauert zehn Schulbesuchsjahre und wird durch den Besuch einer Grundschule und einer weiterführenden allgemein bildenden Schule erfüllt. Die Schülerinnen und Schüler können das zehnte Schulbesuchsjahr auch durch den Besuch einer beruflichen Schule erfüllen, wenn sie die Berufsbildungsreife erworben haben und der Schulaufsichtsbehörde ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes nachweisen.

§ 43

Beginn und Dauer der Berufsschulpflicht

(1) Nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht wird berufsschulpflichtig, wer in einem Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes steht. Die Schülerin oder der Schüler muss bis zum Ende des Berufsausbildungsverhältnisses die Berufsschule besuchen.

(2) Berufsschulpflichtig ist auch, wer an einem berufsvorbereitenden Lehrgang nach § 29 Abs. 5 teilnimmt und das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

(3) Von der Berufsschulpflicht ist auf Antrag zu befreien, wenn 1. die Berufsausbildung erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres beginnt,

2. die oder der Auszubildende bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt,

3. die oder der Auszubildende den Abschluss einer Berufsfachschule nachweist oder

4. die Befreiung zur Vermeidung von Härten erforderlich ist.

 

§ 44

Verantwortung für die Einhaltung der Schulpflicht

Die Erziehungsberechtigten verantworten die regelmäßige Teilnahme der oder des Schulpflichtigen am Unterricht und an den sonstigen verbindlichen Veranstaltungen der Schule.

Sie sind verpflichtet, die Schulpflichtige oder den Schulpflichtigen bei der Schule an und abzumelden. Die Ausbildenden sind verpflichtet, der oder dem Schulpflichtigen die zur Erfüllung der Berufsschulpflicht erforderliche Zeit zu gewähren und sie oder ihn zur Erfüllung der Schulpflicht anzuhalten. Versäumt die oder der Auszubildende unentschuldigt den Unterricht in der Berufsschule, hat die Schule die Erziehungsberechtigten und die Ausbildenden schriftlich zu informieren und auf die Erfüllung ihrer in den Sätzen 1 und 3 genannten Verpflichtung hinzuweisen.

 

§ 45

Durchsetzung der Schulpflicht

(1) Nimmt eine schulpflichtige Schülerin oder ein schulpflichtiger Schüler ohne berechtigten Grund nicht am Unterricht teil oder lässt sie oder er sich nicht untersuchen (§ 52 Abs. 2), entscheidet die zuständige Schulbehörde im Benehmen mit der Schulleiterin oder dem Schulleiter oder die mit der Untersuchung beauftragte Stelle über die Zuführung durch unmittelbaren Zwang.

(2) Die zwangsweise Zuführung ist auf die Fälle zu beschränken, in denen andere, insbesondere pädagogische Mittel der Einwirkung auf die Schülerinnen und Schüler, die Erziehungsberechtigten oder die Personen, denen die Betreuung schulpflichtiger Kinder anvertraut ist, oder die Ausbildenden ohne Erfolg geblieben oder nicht erfolgversprechend sind.

 

...

 

§ 126

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. als Erziehungsberechtigter oder Ausbildender den Bestimmungen über die Schulpflicht (§ 44) zuwiderhandelt,

2. ohne die nach § 98 erforderliche Genehmigung eine Ersatzschule betreibt oder leitet,

3. eine nach § 102 Abs. 2 anzeigepflichtige Ergänzungsschule oder nach § 104 Abs. 1 anzeigepflichtige freie Einrichtung betreibt oder leitet und es unterlässt, diese Schule oder Einrichtung der Schulaufsichtsbehörde anzuzeigen oder

4. der Bestimmung des § 96 zuwiderhandelt.

(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich Schulpflichtige oder die in § 44 genannten Personen dazu veranlasst, den Bestimmungen über die Schulpflicht (§ 44) zuwiderzuhandeln.

(3) Die Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 können mit einer Geldbuße bis zu 2 500 Euro, Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werden.

(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 das Bezirksamt oder die für das Schulwesen zuständige Senatsverwaltung jeweils für die von ihnen verwalteten Schulen, für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 die für das Schulwesen zuständige Senatsverwaltung.

http://www.berlin.de/sen/bildung/rechtsvorschriften/

 

 

Man kann diesen legalisierten Zwang gegen das Kind, der nach § 45 Schulgesetz bis zur zwangsweisen Vorführung des Kindes reicht, nur so deuten, dass es der Gesellschaft, die ja die Gesetze schafft, sehr wichtig ist, den Kindern eine Pflicht zum Besuch einer Schule aufzuerlegen und damit ihr Selbstbestimmungsrecht in erheblicher Weise zu einzuschränken.

Überträgt man nun diese gesellschaftliche Grundeinstellung auf den Umgang des Kindes mit seinen beiden Elternteilen so würde auch hier eine zwangsweise Zuführung des Kindes zu seinen Eltern zum Zwecke des Umganges statthaft sein. Seltsamer Weise ist dies bei einer nicht unbedeutenden Zahl unveranwortlich handelnder Famillienrichter, teils auch an den Familiensenaten der Oberlandesgerichtes, und ihnen nach dem Munde redender und zuarbeitender Gutachter, nicht der Fall und daher müsse man nun den Umgang zwischem den entfremdeten Elternteil und seinem Kind für mindestens ein Jahr von Staats wegen unterbinden.

 

 

 

 

 

Was kann getan werden?

Das Problem von Elternentfremdung ist kein originäres Problem streitender und verfeindeter Eltern und der in den Konflikt der Eltern involvierten Kinder, sondern in einer Vielzahl der Fälle ohne das aktive oder passive Zutun der beteiligten Helfersysteme nicht zu verstehen. So musste man in Berlin im August 2005 von Antragstellung auf eine Umgangsregelung beim Familiengericht bis zu seiner tatsächlichen Regelung mindestens sechs Monate kalkulieren.

Dies soll nun dem Gesetze nach anders sein.

 

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 155 Vorrang- und Beschleunigungsgebot

(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.

(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__155.html

 

 

Allerdings besteht auch schon jetzt die Möglichkeit durch eine vorläufige gerichtliche Anordnung Entfremdungsprozessen vorzubeugen. Leider scheint es in der Praxis der Familiengerichte und der Jugendhilfe vielfach noch an dem Willen zur Umsetzung zu fehlen, mit dem Ergebnis, dass schließlich nicht nur die Elternentfremdung und der Elternkonflikt chronifiziert wird, sondern auch ein vielfach höherer fachlicher Aufwand entsteht, der dann wiederum zur Folge hat, dass Kapazitäten im Gericht und in der Jugendhilfe übermäßig und anhaltend in Anspruch genommen werden. Letztlich führt uns das - systemisch gesehen - auch zu der Verantwortung der politischen Parteien jeglicher politischer Couleur, die überwiegend mit der Aufgabe beschäftigt zu sein scheinen, ihr eigenes politisches Überleben und die Karriere ihrer exponierten Parteimitglieder zu sichern, als sich der drängenden gesellschaftlichen Bedürfnisse in der Weise anzunehmen, dass nicht nur Symptombehandlungen und Problemverlagerungen stattfinden, sondern echte Problemlösungen entstehen. Wenn denn schon mal eine Reform kommt, dann oft in der Richtung wie bei dem 2004 in Kraft getretenen Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JEVG, in Folge dessen noch mehr Geld auf familiengerichtlich tätige Gutachter gegossen wird, von denen ohnehin kein Beitrag zu Lösungen der Konflikte von Trennungsfamilien zu erwarten ist. Man fühlt sich hier nur noch an den sarkastischen Spruch erinnert: Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.  

  

Auf Grund der mitunter langen Bearbeitungszeiten eines "normalen" Antrags (Hauptsacheverfahren) auf Umgangsregelung ist es zulässig, parallel zu diesem Antrag mit einer „vorläufigen Anordnung“ nach §620 ZPO eine vorläufige Mindestregelung des Kontaktes zum Kind zu beantragen um so z.B. einer sonst eintretenden Entfremdung entgegenzuwirken (vgl. Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 23.01.2001 – 17 UF 9988/00, In: „FamRZ“, Heft 1, S. 49-50). Ein Hauptsacheverfahren muss aber bereits anhängig sein. Daher sollte erst ein Antrag zur Hauptsache gestellt werden und anschließend einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Durch den gerichtlichen Erlass einer einstweiligen Anordnung, so z.B. vorläufige Festlegung von Umgangszeiten, Einschaltung eines Elternschiedsrichters oder eines Umgangspflegers kann einer Konflikteskalation vorgebeugt werden und eine Entfremdung zwischen Kind und Umgang suchenden Elternteil vermieden werden. Bei einer einstweiligen Anordnung wird es oft sinnvoll sein, die Übergabe des Kindes zwischen den Eltern durch eine vom Gericht beauftragte Fachkraft (Umgangspfleger) überwachen zu lassen, weil andernfalls die Gefahr besteht, dass auch bei einer Einstweiligen Anordnung der Umgang nicht stattfindet. Denkbar ist im Wege der einstweiligen Anordnung einen „Begleiteten Umgang“ zu beantragen, hierbei besteht jedoch auf Grund des eher freiwilligen Rahmens eines Begleiteten Umgangs die Gefahr, das erheblicher Zeitverlust eintritt oder der Begleitete Umgang durch den betreuenden Elternteil sabotiert wird.

 

 

Eltern-Kind-Entfremdungen sind keine unergründlichen und unveränderbare Naturphänomene. Die richtige Arbeit der zuständigen Professionellen  vorausgesetzt, können, so unsere These, die meisten Eltern-Kind-Entfremdung aufgelöst werden. Traumatisierungen aufzulösen ("zu heilen") ist auch der Anspruch von Psychotherapie, wenn sie sich nicht damit begnügt, lediglich ein Symptom zu kontrollieren oder abzuschwächen.

Die in der Praxis anzutreffenden Fälle massiver Eltern-Kind-Entfremdung mit häufig über Jahre hochstrittigen Verfahren vor dem Familiengericht, scheinen dieser These zu widersprechen. Unsere These lautet jedoch, das Helfersystem selbst verhindert die Lösung des Konfliktes. Das fängt an mit parteiischer Beratung eines Elternteils durch Mitarbeiter von Jugendämtern und setzt sich fort in einer familiengerichtlichen Praxis, die dem Denken in Kategorien von Sieg und Niederlage, von Antragsteller und Antraggegner verhaftet ist, dies geht bis hin zu der Sitzordnung beim Gericht. Der Richter, die Richterin sitzt auf einen erhöhten Podest. Die Stühle der streitenden Eltern sind frontal nach vorn ausgerichtet. Kommunikation zwischen den Eltern kann so nicht stattfinden, ja wird gerade zu unterbunden, die Sprachlosigkeit der Eltern wird gerichtlich zementiert. Solche autoritär und Gegnerschaft verhärtende Sitzordnungen findet man beispielsweise beim Amtsgericht Flensburg vor, kein Wunder, wenn dort keine Lösungen erzielt und statt dessen die Aktenordner immer dicker werden.

Dass es anders und besser geht, zeigen viele Erfahrungen. So z.B. am Amtsgericht Wuppertal. Dort hat die Familienrichterin Andrea Kaminski den seit dem Jahr 2005 gewünschten Runden Tisch bekommen, der schon als Möbel assoziiert, dass es hier darum geht, eine Lösung zu finden und nicht darum, sich als Richter die Menschen vom Leibe zu halten.

 

Vergleiche hierzu:

Andrea Kaminski: Sitzungen am runden Tisch; In: "Betrifft: Justiz", 09/2006, S. 379-384

 

 

Verfestigte Eltern-Kind-Entfremdung können durch reale Veränderungen, das Zulassen neuer Erfahrungen im Hier und Jetzt, für die das Gericht geeignete Rahmenbedingungen setzen muss oder die Aufarbeitung vergangener Erfahrungen aufgelöst werden. Allerdings ist dies bei Eltern, die sich im malignen Clinch (Arist von Schlippe, S. 49) befinden, in der Regel ausgesprochen schwierig und verlangt hochkompetente Fachkräfte. In der Praxis doktern an solchen Fällen jedoch oft genug Fachkräfte herum, denen diese Fachkompetenz gerade fehlt. Dass dann kein Erfolg eintritt, braucht nicht zu wundern.

 

Arist von Schlippe: "Familientherapie im Überblick"; Junferman-Verlag, 1995

 

 

Allerdings ist es etwas naiv zu glauben, dass man bei im malignen Clinch befindlichen Eltern die selben Methoden anwenden könnte, die man bei Eltern benutzt, die zwar relativ hilflos aber bereitwillig für Veränderungen und angebotene Hilfen sind. So wird es in der Regel völlig wirkungslos sein, den Eltern die Auswirkungen ihres Verhaltens auf die Kinder zu spiegeln und die vermeintlichen Bedürfnisse der Kinder wieder in den Vordergrund rücken zu wollen. Das mag zwar lieb gemeint sein, doch die Eltern sind meist so in dem eskalierten Konflikt gefangen, dass ein solche Methode bei ihnen keine Wirkung erzielen dürfte.

Statt sind bei verfestigten Eltern-Kind-Entfremdungen, bei denen der betreuende Elternteil nicht in der Lage ist, an der Aufhebung der Entfremdung mitzuarbeiten, oder es auch gar nicht will, vom Familiengericht im Zusammenwirken mit kompetenten Fachkräften geeignete Interventionen zu setzen, die den offenen oder verdeckten Widerstand des betreuenden Elternteils gegen eine Veränderung des Status Quo unwirksam machen. Bei Bedarf muss aber auch der entfremdete Elternteil von den Fachkräften angeleitet werden, wenn dieser Schwierigkeiten hat, an der Auflösung der Elternentfremdung konstruktiv mitzuwirken, so etwa, wenn er seinerseits das Kind im Eltern- und Paarkonflikt zu instrumentalisieren sucht.

Watzlawick hat an einem schönen Beispiel gezeigt, dass bestimmte Problematiken sich hartnäckig tiefenpsychologisch frisierten Gesundbetungen entziehen und auf gänzlich andere und oftmals ungewöhnliche Weise "geheilt" werden müssen. So berichtet Paul Watzlawick in seinem Vortrag "Vom vermeintlichen Sinn des Unsinns" über eine der ersten schriftlich überlieferten erfolgreichen "Kurzzeittherapien":

 

Epictetus berichtet in einem seiner Bücher eine Geschichte, die sich in der Stadt Milet in Kleinasien zugetragen haben soll. Dort hatte sich eine Selbstmordepidemie unter jungen Frauen entwickelt. Diese waren von dem Drang erfüllt, sich zu erhängen, sich zu töten und was immer die Verwandten versuchten dagegen zu tun, alles war erfolglos. Bis auf Anraten eines weisen Mannes der Senat ein Gesetz erließ, wonach die Körper der Mädchen die sich umgebracht hatten, nackt auf dem Marktplatz getragen werden müssen. 

Diese Maßnahme beendete die Selbstmordpsychose von einem Moment auf den anderen."

 

 

 

Veränderungen in hochkonflikthaften Trennungsfamilien passieren nicht im Selbstlauf, sonst wären die Eltern nicht dort, wo wir sie treffen, beim Jugendamt oder dem Familiengericht. Gesundbeten bringt nicht weiter, sonst könnten wir uns die Familiengerichte sparen und statt dessen Pfarrer einstellen. Auf Freiwilligkeit der Konfliktparteien zu hoffen, ist schön, reicht aber nicht aus. Das Familiengericht und das Jugendamt als staatliche Wächter haben durch Eltern-Kind-Entfremdungen eingetretene Kindeswohlgefährdungen zu erkennen und durch eine passende Intervention abzuwehren oder rückgängig zu machen. Dies kann in Form eines Begleiteten Umgangs, fachlich angeleiteter gemeinsamer Elterngespräche, Psychotherapie, Familientherapie oder der Beauftragung eines systemisch-lösungsorientiert arbeitenden Sachverständigen durch das Familiengericht geschehen. Im Einzelfall wird es aber auch abgestufter gerichtlich angeordneter Ordnungsmittel wie Ordnungsgeld, Ordnungshaft, Anordnung einer Umgangspflegschaft oder auch Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt des entfremdenden Elternteiles bedürfen, wobei die Umgangspflegschaft hier oft das zu bevorzugende Mittel der Wahl sein dürfte, da der Umgangspfleger es mit einigem Geschick und Nachdruck vermag, die in Abseits geratende Situation der Trennungsfamilie so zu beeinflussen, dass die Eltern-Kind-Entfremdung entschärft oder auch aufgehoben werden kann.

 

vergleiche hierzu:

 

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Fortsetzung von OLG Frankfurt 3.9.02 und AG Frankfurt 18.2.03 und OLG Frankfurt - Zwischenentscheidung (Herausnahme der Kinder) - 19.3.04

1 UF 94/03 vom 11.5.05

402 F 2373/01 - AG Frankfurt/Main

 

 

 

Oberlandesgericht Frankfurt/Main

Übertragung der elterlichen Sorge nach §1671 BGB auf den bisher nichtbetreuenden Elternteils aus Gründen vorheriger Entfremdung zwischen dem Kind und diesem Elternteil durch den betreuenden Elternteil.

Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Beschluss vom 19.04.2005 – 6 UF 155/04, veröffentlicht in: „“Kindschaftsrecht und Jugendhilfe“, 1/2006, S. 50-51

 

 

Die teils aufgeregte Fachdiskussion zu der Frage der Anwendung von Zwangsmitteln gegen den entfremdenden Elternteil und deren unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen auf das Kind relativiert sich, wenn wir uns die Fachdiskussion um die Einrichtung "Geschlossener Heime" in der Kinder- und Jugendhilfe ansehen. Hier wird schon die anhaltende Schulverweigerung eines Jugendlichen als ausreichend angesehen, diesen mittels Gerichtsvollzieher und Polizei zur Schule zu bringen und schließlich über die Unterbringung des Jugendlichen in einer geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung nachzudenken:

 

"Ein Jahr vergeht mit mehreren richterlichen Ermahnungen der Eltern, der Junge wird in immer neuen Schulen (auch in einem Internat) angemeldet und geht nicht hin, weil er immer wieder Bauchschmerzen, Übelkeit usw. produziert; die Schulen werfen ihn raus. Mit großem Aufwand, Sachverständigengutachten und Rechtsmittel bis zum BGH entziehe ich schließlich den Eltern die elterliche Sorge. Der Junge ist inzwischen 13 1/2 Jahre alt. Ich habe den Jungen angehört, er hat mir erzählt, dass er nicht lesen und schreiben kann und sich deshalb schämt, ... . Ein christlicher Verein wird Vormund. Mit Hilfe einer Gerichtsvollzieherin wird der Junge bei seinen Eltern abgeholt und in ein Heim gebracht. ... Nach wenigen Tagen haut er dort ab und ist wieder bei den Eltern. Das Ganze noch mal unter Suiziddrohungen der Mutter und angeblichen Suiziddrohungen des Jungen - nur von den Eltern berichtet - wird er erneut mit Gerichtsvollzieherin und Polizei ins selbe Heim gebracht. Und verschwindet wieder. Und dann ist er bei den Eltern nicht mehr auffindbar, und das nächste Jahr taucht er auch nicht mehr auf. ..."

Andrea Kaminski: Ein Zwischenruf. In:  "Betrifft: Justiz", 09/2006, S. 349 

 

vergleiche hierzu auch:

"Betrifft: Justiz", September 2006, Themenheft zur geschlossenen Unterbringung. Mit Beiträgen von Christiane Blömeke, Sprecherin für Kinder- und Jugendpolitik der Hamburger Grün-Alternativen Liste; Andrea Kaminski, Richterin am Amtsgericht Wuppertal; Ulrich Engelfried, Richter am Amtsgericht Hamburg

 

 

 

 

Lösungsmodell Pankow

Das sogenannte Pankower Lösungsmodell wurde vom Berliner Familientherapeuten Peter Thiel entwickelt. Es findet Anwendung bei älteren Kindern, bzw. Jugendlichen.  ist im Kern relativ simpel.  

Uwe Jopt und Katharina Behrend haben im Jahr 2000 in ihrem Aufsatz "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell" unter dem Titel "Modell Norderney" ein Interventionsmodell zur Aufhebung verfestigt erscheinender Entfremdungen für Kinder ab 10 Jahre vorgestellt, bei denen eine "Moralische" Parteilichkeit - Folge einer Entwicklung hin zu heteronomer Moral und Konzepten wie "Fairness" und "Gerechtigkeit" (Piaget, 1954; vgl. Montada, 1987) festgestellt werden kann.

 

5. Intervention beim Kind: „Modell Norderney“

Grundsätzlich ist der Ansatz, die durch Umgangsstörungen ausgelösten psychischen Belastungen am Kind selbst zu beheben, keineswegs neu. Die Einleitung einer Kindertherapie, meist Spieltherapie, gehört zu den häufigsten Interventionen, sofern ein Kind mit Verhaltensauffälligkeiten oder durch Ablehnung auf Umgangskontakte reagiert. Nicht selten wird diese Maßnahme auch vom betreuenden Elternteil ausdrücklich befürwortet, weil auch er selbst erhebliche Schwierigkeiten mit dem Kind hat.

Zugleich lenkt eine Therapie „des Kindes“ erfolgreich davon ab, dass seine Einstellung und sein Verhalten irgendetwas mit dem betreuenden Elternteil zu tun haben könnte. Statt dessen steht allein der Besuchselternteil im Verdacht der Urheberschaft; ein wesentlicher Grund dafür, dass er in aller Regel für die Dauer der Therapie von jeglichem Kontakt mit seinem Kind ausgeschlossen wird – was manchmal sehr lange dauern kann. Da das Kind selbst selten gefragt wird, ob es überhaupt in Therapie gehen möchte, sind mit dieser „Lösung“ - bis auf einen - meist alle anderen Verfahrensbeteiligten voll zufrieden.

Der Betreuende, weil es „gegen den Willen des Kindes" keine Umgangskontakte gibt; sein Anwalt, weil sich sein Engagement für den Wunsch seines Mandanten nach „Ruhe“ fürs Kind ausgezahlt hat; die Jugendhilfe, weil sie jetzt aktiv „Hilfe zur Erziehung“ leisten kann, statt hilflos einem dubios erscheinenden "Kindeswillen" ausgeliefert zu sein; und das Gericht, weil es einen schwierigen Fall endlich vom Tisch hat.

Unzufrieden ist lediglich der PAS-betroffene Elternteil. Er kann nicht verstehen, weshalb ihm der vom Kind boykottierte Umgang nun auch noch durch das Gericht auf unbestimmte Zeit verwehrt wird. Zumal er ahnt, dass mit der Therapie kein erster Schritt zur Wiederherstellung, sondern eher zur endgültigen Zerschlagung seiner Liebesbeziehung eingeleitet wurde.

Solche Ahnungen sind nicht unbegründet. Denn tatsächlich passiert es nur höchst selten, dass aus einer solchen Kindertherapie, durch spätere Einbeziehung des ausgegrenzten Elternteils, eine Wiederbelebung der Kind-Elterteil-Beziehung hervor geht. Denn vom ganzen Konzept her ist dies nur in wenigen Ausnahmefällen das Ziel von Kindertherapeuten.

Deshalb benötigten wir für Härtefälle wie PAS zukünftig einen völlig anderen therapeutischen Rahmen und im Grunde auch ein gründlich anderes, hierauf zugeschnittenes, neues Therapiekonzept. Denn da das Verhalten eines PAS-Kindes hochgradig kontextabhängig ist, hat die lediglich ambulante Beschäftigung mit ihm von vornherein eher geringe Erfolgschancen in Richtung Wiederannäherung, da dabei die Einstellung des betreuenden Elternteils unverändert bleibt.

Deshalb reicht es nicht aus, das Kind stundenweise von seiner Restfamilie zu trennen; statt dessen kommt es darauf an, den Betreuenden vorübergehend aus der kindlichen Lebenswelt auszugrenzen.

In der Praxis läuft beides natürlich auf dasselbe hinaus – Kind und Eltern-teil wurden getrennt. Trotzdem ist diese Unterscheidung jedoch mehr als nur ein Spiel mit Worten: sie verdeutlicht vielmehr, dass die unvermeidliche Ge-walt, die mit einer Fremdunterbringung verbunden ist, sich nicht gegen das Kind, sondern ausschließlich gegen den Erwachsenen richtet. Doch wohin das Kind verbringen? Bisher stehen hierfür im Grunde nur Kinderpsychiatrie oder Heim zur Verfügung, doch beide Einrichtungen sind für PAS-Kinder ungeeignet. Denn zum einen sind sie nicht krank, jedenfalls nicht im psychiatrischen Sinn. Zum anderen fehlt den Heimen das entsprechende Fachpersonal, das in der Lage wäre, die symbiotische Fesselung aufzubrechen.

Andererseits kann aber auch die Unterbringung in der Familie eines Verwandten, wie von Gardner (1998) vorgeschlagen, keine Lösung sein. Denn sofern die Verwandtschaft aus dem Kreis des betreuenden Elternteils kommt, ist dieser natürlich auch dann "präsent", wenn er sich bewusst vom Kind fern hält. Im anderen Fall hingegen würde die für PAS-Kinder typische Ausweitung ihrer Ablehnung auch auf alle anderen Verwandten dieser Seite dafür sorgen, dass sie ihren Wohnsitzwechsel als gewaltsame Nötigung erlebten und jeden Annäherungsversuch von Oma, Tante oder Cousin mit der gleicher Vehemenz abblockten, wie gegenüber dem dazu gehörenden Elternteil.

Deshalb könnte es sehr viel chancenreicher sein, ein solches Kind für kurze, maximal auf zwei Wochen befristete, Zeit an einen Ort zu verbringen, der von allen - positiv wie negativ besetzten - Verwandten und Bekannten deutlich abgegrenzt ist. Zu denken wäre etwa an eine - von den Bundesländern allein oder zu mehreren getragene - Einrichtung in Form eines Ferienheims auf einer Insel ("Modell Norderney").

Dort könnte eine Psychologin, in Zusammenarbeit mit einer Sozialarbeiterin, gezielt an der Wiederherstellung seiner Gefühlsbeziehungen zu beiden Eltern arbeiten (auch die symbiotische Beziehung des Kindes zum betreuenden Elternteil bedarf dringlichst der Veränderung, da sie alles andere als "normal" ist!). Zunächst mit dem Kind allein, danach unter Einbeziehung des abgelehnten, schließlich auch des betreuenden Elternteils. Danach folgten Gespräche mit beiden Eltern, zum Schluss unter Einbeziehung des Kindes. Flankiert werden könnte eine solche Aktion durch eine befristete Vormundschaft, um deutlich zu machen, dass Gericht wie Jugendhilfe fest davon überzeugt sind, dass der Betreuende zur Zeit nicht in der Lage ist, elternverantwortlich mit seinem Kind umzugehen.

Natürlich wird die Umsetzung eines solchen Modells wieder ganz neue Probleme mit sich bringen, die heute noch gar nicht erkennbar sind (z. B. ist offen, wie man sich bei erbittertem Widerstand eines Kindes verhalten soll). Doch was in jedem Fall Not tut, sind neue Ideen, die alle Erkenntnisse über die Psychomechanik von PAS aufgreifen und in neue Formen kindschützender Intervention umsetzen.

Uwe Jopt; Katharina Behrend: "PAS - Ein Zwei-Phasen-Modell"; In: Zentralblatt für Jugendrecht, Heft 6/2000 und 7/2000

 

 

Nun bedarf es sicher keiner Insel in der Nordsee, um ein sinnvolles Interventionsmodell zur Aufhebung von Entfremdungen zu kreieren. Richtig aber ist, dass es einer nachhaltigen strukturellen Veränderung des bisherigen Entfremdungssystems bedarf. Dabei geht es nicht um die Veränderung des Betreuenden Elternteils oder die Veränderung des Kindes, sondern im systemischen Sinne um die Veränderung des Systems und der in ihr bisher geltenden Regeln. Dies wird durch durch die Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt des betreuenden Elternteils erreicht. Das Kind wird nach dem Pankower Modell wohnortnah untergebracht, so dass es weiterhin die Schule aufsuchten kann, in die es bisher gegangen ist. Auch der Freundeskreis des Kindes bleibt erhalten. Nur, dass die Freunde des Kindes dieses nun nicht mehr im Haushalt des bisher betreuenden Elternteils aufsuchen, sondern am neuen Wohnort des Kindes.

Das Kind ist in familienähnlicher Struktur untergebracht. Die Maßnahme wird über die örtlich zuständige Jugendhilfe finanziert. Verwaltungstechnisch kann die Maßnahme als Kurzzeitpflege mit dem speziellen Hilfeziel Aufhebung dysfunktionaler Strukturen des Entfremdungssystems bezeichnet und finanziert werden. Die Hilfeleistung wird durch Fachkräfte geleistet, die über ausreichende Erfahrungen mit dieser Thematik verfügen. Zur Sicherstellung der Durchführung der Maßnahme wird den Eltern das Sorgerecht entzogen und auf einen erfahrenen freiberuflichen Vormund übertragen. Eine Amtsvormundschaft beim Jugendamt scheidet aus, um keine inakzeptablen strukturellen Verquickungen von Amtsvormund und maßnahmefinanzierenden Sozialpädagogischen Dienst des Jugendamtes herzustellen.

In der Regel wird schon die ernsthafte Erwägung der Installation dieser Hilfemaßnahme durch das Familiengericht zu einer Veränderung des dysfunktionalen Familiensystems führen. Grad so wie die von Watzlawick geschilderte Geschichte aus der Stadt Milet in Kleinasien.

 

 

Über eine der ersten schriftlich überlieferten erfolgreichen Kurzzeittherapien berichtet Paul Watzlawick in seinem Vortrag "Vom vermeintlichen Sinn des Unsinns":

"Epictetus berichtet in einem seiner Bücher eine Geschichte, die sich in der Stadt Milet in Kleinasien zugetragen haben soll. Dort hatte sich eine Selbstmordepidemie unter jungen Frauen entwickelt. Diese waren von dem Drang erfüllt, sich zu erhängen, sich zu töten und was immer die Verwandten versuchten dagegen zu tun, alles war erfolglos. Bis auf Anraten eines weisen Mannes der Senat ein Gesetz erließ, wonach die Körper der Mädchen die sich umgebracht hatten, nackt auf dem Marktplatz getragen werden müssen. Diese Maßnahme beendete die Selbstmordpsychose von einem Moment auf den anderen."

 

 

 

 

 

Verfahrensbeistand wird zum Ergänzungspfleger bestellt

Recht selten ist der Fall, dass in einem laufenden Verfahren der Verfahrensbeistand zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis Regelung des Umgangs bestellt wird.

Mit Beschluss vom 12.09.2018 wurde am Amtsgericht Bielefeld - 34 F 786/18 - durch Richter Ackermann. der bis dahin als Verfahrensbeistand bestellte Rechtsanwalt Rüdiger Hexel zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis der Regelung des Umgangs für die beiden im Haushalt der Mutter lebenden Söhne, knapp 15 und knapp 13 Jahre alt, die laut Vortrag des Verfahrensbeistandes den Kontakt zu ihrem Vater ablehnen, bestellt. Die Verfahrensbeteiligten verzichteten laut Protokoll auf Rechtsmittel und Begründung zu diesem Beschluss.

Man kann daher wohl davon ausgehen, dass das Verfahren - 34 F 786/18 - damit abgeschlossen wurde und so keine unmittelbare Rollenkonfusion eintreten kann.

Allerdings stellt sich die Frage, ob Herr Hexel die für die Tätigkeit eines Ergänzungspflegers geeignete Person ist, denn in seinem Bericht als Verfahrensbeistand vom 19.07.2018 trägt er vor:

 

Der Kindesvater muss erkennen, dass dieser Weg so nicht richtig ist. Die Ablehnung der Kinder wird immer stärker, je mehr er sie bedrängt.

...

Hier hilft nur Abwarten und das Signal an die Kinder, dass er (der Vater - Anm. Peter Thiel) den Wunsch, nämlich keinen Kontakt zu haben, zum jetzigen Zeitpunkt akzeptiert.

 

Herr Rüdiger Hexel zeigt hier eine erstaunliche Naivität oder gar Unbedarftheit. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Forschungsergebnisse, in welchem Umfang entfremdete Kinder und ihre Väter oder auch Mütter zu einem späteren Zeitpunkt wieder einen guten Kontakt miteinander entwickelt haben. Eher scheint das Gegenteil wahrscheinlich, einmal entfremdet, immer entfremdet, denn das Feindbild, das Kinder von einem Elternteil im Elternkonflikt erworben haben, verschwindet nicht durch bloßen Zeitablauf.

 

Vergleiche hierzu: 

Michael Karle; Gunther Klosinski: "Ausschluss des Umgangs - und was dann?"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 9/2000, S. 343-347 

 

Der bisher als Verfahrensbeistand bestellte Rechtsanwalt Rüdiger Hexel wird nun vom Richter Ackermann zum Ergänzungspfleger bestellt, soll das etwa heißen, dass Herr Hexel sich nun vom Saulus zum Paulus wandelt, grad noch den Kontaktabbruch resignierend beschreiben und nun in der Rolle eines Ergänzungspflegers, die doch eine aktive, auf Wandlung der Verhältnisse gerichtete ist, sonst wäre die Ergänzungspflegschaft reine Beschäftigungstherapie und Nebelmaschine, hinter der sich nur die Untätigkeit des Gerichtes tarnen will.

Was meint Herr Hexel mit "jetzigen Zeitpunkt"? Der "jetzige Zeitpunkt" ist schon eine Sekunde später der vorherige, vergangene Zeitpunkt. Was wird Herr Hexel in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten seiner Bestellung als Ergänzungspfleger tun, untätig abwarten und finanziell lukrativere Aufträge als die eines unterbezahlten Ergänzungspflegers bearbeiten oder trotz des staatlich festgesetzten ausbeuterischen Stundensatzes von 33,50 € das Heft des Handelns in die Hand nehmen?

 

 

 

 

 

Literatur

Ulrich Alberstötter: "Hocheskalierte Elternkonflikte - professionelles Handeln zwischen Hilfe und Kontrolle"; In: "Kind-Prax", 03/2004, S. 90-99

Ulrich Alberstötter: "Kooperation als Haltung und Strategie bei hochkonflikthaften Eltern-Konflikten", In: "Kind-Prax", 3/2005, S. 83-93

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Josef A. Rohmann: "Feindselige Ablehnung eines Elternteils und elterlich erzieherische Verantwortung. Konzeptionelle Erörterung an Hand eines Fallbeispiels"; Teil 1, In: "Kind-Prax", 5/2005, S. 162-166

Josef A. Rohmann: "Feindselige Ablehnung eines Elternteils und elterlich erzieherische Verantwortung. Konzeptionelle Erörterung an Hand eines Fallbeispiels"; Teil 2, In: "Kind-Prax", 6/2005, S. 208-215

Manuela Rösel: Weil du mir gehörst! Borderline-Partner im Kampf um ihr Kind. Starks-Sture Verlag 2010

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Christian Spengler: "Psychosen in Scheidungsfamilien"; In: "Familiendynamik", 1995, Heft 1, S. 68-95

Manfred Spindler: "Begleiteter Umgang bei hochkonflikthafter Trennung und Scheidung", In: "Kind-Prax", 2/2002, S. 53-57

H. Stoffels; C. Ernst: Erinnerung und Pseudoerinnerung. Über die Sehnsucht, Traumaopfer zu sein.;In: "Nervenarzt", 2002, Heft 5, S. 445-451

Jochen Stork; Anna-Luise Thaler: Gibt es einen Weg aus der psychotischen Verklebung mit der Mutter? Die Geschichte einer Pseudodebilität.; In: "Kinderanalyse", 2/1996, S. 216-229

Dieter Tenbrink: Das Trauma aus psychoanalytischer Sicht; In: "Zeitschrift für Individualpsychologie"; 28,3 (2003), S. 271-287

Arist von Schlippe: "Familientherapie im Überblick"; Junferman-Verlag, 1995

Wolfgang Walker: "Die Forschungen zur Schizophrenie und die Entstehung der ´Double-Bind´-Hypothese" In: "Abenteuer Kommunikation. Bateson, Perls, Satir, Erikson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens (NLP)", Klett-Cotta 1996

Judy Wallerstein; Julie Lewis: "Langzeitwirkungen der elterlichen Ehescheidung auf Kinder. Eine Längsschnittuntersuchung über 25 Jahre", In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 2/2001, S. 65-72

Richard Warshak: "Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissenschaften"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 5/2005, S. 186-200

Paul Watzlawick; Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003

Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003

Doris Wolf: "Wenn der Partner geht ... Die seelische Bewältigung der Trennung", In: "Familie, Partnerschaft, Recht", 1997, Heft 1, 29-35

Angelika Wolff: "Veränderte Familienformen: Über die Bedeutung der leiblichen Eltern in der inneren Welt des Kindes", In: "analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie", 02/2001, S. 195-213

 

 

 

Rechtsprechung

Amtsgericht Hagenow - 3 F 276/09 - Beschluss vom 28.09.2010: Festsetzung von 1 Woche Ordnungshaft gegenüber der Mutter des Kindes wegen Zuwiderhandlung gegen Umgangsregelung

dazugehörig Beschluss des Oberlandesgerichtes Rostock - 10 WF 177/10 - Beschluss vom 27.10.2010: einstweilige Einstellung der Vollstreckung

 

Amtsgericht Bremen - 61 F 1760/02 - Beschluss vom 02.04.2004: Verhängung von Zwangshaft zur Vollstreckung einer Umgangsregelung

 

 

Gesetze

Schulgesetz für das Land Berlin (SchulG)

http://www.berlin.de/sen/bildung/rechtsvorschriften/

 

 

Adressen

Alberstötter, Ulrich: "Hocheskalierte Elternkonflikte - professionelles Handeln zwischen Hilfe und Kontrolle"; In: "Kind-Prax", 03/2004, S. 90-99

Anfragen an:

Institut für systemische Beratung

www.praxis-institut.de

Regionalinstitut

63450 Hanau

praxis-schwing@t-online.de

 

30161 Hannover

praxis-beuse@t-online.de

 

 


 

 

 

Anfragen und Mitteilungen zum Thema

Nachfolgend können Sie ausgewählte Anfragen an mich und meine Antworten darauf einsehen. Die persönlichen Angaben (Namen, Alter, Orte, etc.) der Absender und anderer beschriebener Personen wurden teilweise verfremdet, um die Anonymität der betreffenden Personen zu wahren.

Peter Thiel

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Montag, 4. Mai 2015 22:13

An: 

Betreff: Ganz traurig  

Sehr geehrte Damen und Herren,  

nachdem ich über ein Jahr keinen Kontakt mehr zu meinen derzeit 14 und 12 Jahren alten Töchtern mehr habe und bereits am ... ein Gerichtstermin zum Umgangsrecht ansteht, bitte ich um eine Terminvergabe für eine Stunde bei Ihnen hinsichtlich der Beratung eines "begleiteten Umgangs". Am ehesten würde es bei mir aus beruflichen Gründen Freitags möglichst spät oder am Wochenende passen. Im übrigen würde ich auch eine anderen Termin gerne ab dem 18.05.2015 wahrnehmen wollen.

... 

Mit freundlichen Grüßen 

...

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Donnerstag, 14. Mai 2015 08:58

An:

Betreff: Aw: AW: AW: Ganz traurig 

Sehr geehrter Herr Thiel,  

in Vorbereitung auf den unten genannten Termin übersende ich Ihnen zunächst im einzelnen unkommentiert die bisherigen Berichte in der Anlage.  

Ich bin so verzweifelt, weil ich  

- zum einen entsetzt, erschrocken und traurig bin, wie meine Kinder mich und den Umgang mit mir empfunden haben, der seit 01/2014 quasi nicht mehr besteht. Zum Teil wird die "Unwahrheit" den Sozialpädagogen berichtet und niemanden scheint dies zu interessieren bzw. die Angaben zu hinterfragen;  

- zum anderen die Kinder auf dieser (falschen) Grundlage weiterhin keinerlei Kontakt mit mir wünschen und alles dafür tun würden, damit es auch weiterhin auf unabsehbare Zeit so bleibt.  

Für mich ist das nicht "normal" und für die Zukunft keine Lösung, meine Kinder nun "aufzugeben". Seit dem die Kinder 11 und 13 Jahre sind habe ich sie kaum gesehen, es besteht keinerlei Kontakt zur Mutter (was nicht weiter schlimm wäre) und zu den Kindern. Ich weiß nicht mehr weiter und bitte um professionelle Hilfe, wie ein Kontakt zu den Kindern überhaupt wieder hergestellt werden könnte.

 

Vielen Dank

...

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: 

Gesendet: Montag, 18. Mai 2015 23:55

An: ...

Betreff: Neuanfang

 

Sehr geehrter Herr ...,

das ist die übliche Bestrafung.

Wer "die Familie" - sprich seine Frau - verlässt bekommt die geballte Ladung.

Kann man schon bei Dornröschen nachlesen, da war es die 13. Fee, die nicht eingeladen wurde.

 

Immerhin spricht sich die Verfahrensbeiständin für einen Begleiteten Umgang aus.  

Ohne einen durchsetzungsfähigen zusätzlichen Umgangspfleger dürfte der aber kaum in Gang zu bringen sein.

 

www.umgangspflegschaft.de

www.begleiteter-umgang-berlin.de

 

Sinnvoll wäre daher Beantragung eines Begleiteten Umgangs + Einrichtung einer Umgangspflegschaft.  

Einen Kollegen für die Umgangspflegschaft könnte ich Ihnen nennen.  

 

Bitte mich über den Termin bei Gericht informieren.  

 

Mit freundlichen Grüßen  

 

Peter Thiel

 

 

 

13.09.2015

Sehr geehrter Herr Thiel,

Ich hatte zwar nur einen Termin bei Ihnen, ich glaube aber Ihnen zugesagt zu haben, Sie über den Fortgang des Verfahrens zu unterrichten. Natürlich geschieht es auch im eigenen Interesse, weil ich die Situation weiterhin unbefriedigend und für mich nicht fassbar empfinde. Sollten Sie am Ende der Ansicht seien, hier ggf. durch Dritte noch irgendetwas bewegen zu können, würde ich Sie gerne für eine weitere Sitzung konsultieren.

Darüber hinaus bin ich wohl so naiv zu glauben, dass es Sie beruflich interessiert, wie aktuell an deutschen Gerichten mit dem vermeintlichen Umgangsrecht von Vätern verfahren wird. Das richtet sich nicht gegen Sie persönlich, sondern ist nur eine Reaktion, auf welche Art und Weise angeblich beide Elternteile zum Wohl des Kindes Kontakt haben dürfen / sollen.

Als Anlage erhalten Sie zunächst das Schreiben meiner Rechtsanwältin vor der Gerichtsverhandlung. Daraufhin wurden die Kinder zu einer Anhörung bei der Richterin berufen. Am folgenden Tag fand dann die Gerichtsverhandlung statt.

Zu meinem Erstaunen erfuhr ich zu Beginn dieser Verhandlung 1. dass auch die Vertreterin des Jugendamtes anwesend war, die mir unter Zeugen bereits bei einer sehr frühen Konsultation gesagt hat, dass die Broschüren der Senatsverwaltung nichts mit der Realität zu tun hätten und mir zu weiteren Abstand zu den Kindern geraten hat; 2. die Verfahrensbevollmächtigte Frau ... aufgrund der richterlichen Anhörung der Kinder extra noch am Wochenende zuvor die Kinder besucht hatte, um sie „vorzubereiten“.

2

Die Verhandlung selbst empfand ich so, „als wäre ich im falschen Film“. Anders kann ich es nicht beschreiben. Mindestens 30 Minuten kam ich nicht zu Wort, sondern es wurde mir ausschließlich von den ganzen Beteiligten über meine Kinder berichtet.

Dabei blieb mir von der Richterin vor allem bis heute folgendes haften:

1. In der Anhörung durch die Richterin kam von den Kindern zum Ausdruck, dass sie PANISCHE Angst davor hätten, zu einem Umgang mit mir gezwungen zu werden und dies auf keinen Fall erfolgen wird (da frage ich mich, was hat Frau ... den Kindern erzählt, wofür ein Umgangspfleger da ist?? Ab diesem Zeitpunkt war für mich klar, ich werde die Kinder auch weiterhin nicht sehen und die Klage würde keine Aussicht auf Erfolg haben).

2. Die Kinder würden sich über einen Brief freuen, in dem ich mich für mein Verhalten entschuldige und mit dem ich mir ganz viel Mühe geben soll.

3. ... wurde auf Nachfrage meiner Anwältin nicht dazu befragt, aus welchem Grund sich die Angaben gegenüber der Verfahrensbevollmächtigten mit ihren Äußerungen in den whatsapp-nachrichten (vgl. Anlage) widersprechen.

4. Die Eltern sind nun an der Reihe, weil die Kinder so viel befragt wurden und die Kindesmutter auch ein (vermeintliches) Interesse an einem Kontakt der Kinder zum Kindesvater hat, in eine Beratung zu gehen.

5. Nicht ganz ausschließen konnte die Richterin, dass hier eine Solidarität der Kinder mit der Mutter geschlossen wurde.

Da die EFB wohl nicht in einem laufenden Verfahren tätig wird, nahm meine Anwältin kurzerhand die Klage zurück und ich war wahnsinnig froh, dass die Klage nicht abgewiesen wurde. Denn neu war für mich, dass die Kinder sich über einen Brief freuen würden (bisher kam auf jede Meldung nur Ablehnung) und die Kindesmutter auch Interesse an einem Kontakt hatte (was bis dato unerwünscht war).

Aber das erweist sich heute alles als Farce. Natürlich habe ich beiden Kindern vor den Sommerfreien jeweils einen 4-5 Seiten lang handschriftlichen Brief geschrieben mit der Bitte, ein Zeichen über whatsapp nach dem Lesen zu senden… leider ohne jegliche Reaktion.

Der beigefügte Beschluss zu den Kosten wurde auf Bitten des Anwaltes der Kindesmutter nötig, weil er sonst in Erklärungsnot gegenüber seiner Mandantin wegen der Kosten gekommen wäre (einziges trauriges Highlight in der Verhandlung zum Umgangsrecht).

3

Den Termin mit der Kindesmutter hatte ich am ....

Für mich ist es weiterhin unfassbar, wie es sein kann, dass ein Vater, der seine Kinder total liebt und sich jede Mühe gegeben hat darauf zu achten, dass sie trotz Trennung der Eltern keinen Schaden nehmen, von offizieller Seite aus KEINE Unterstützung erhält und nur vermittelt bekommt, „schließ damit ab und komm klar“. Die Kinder wollen „lieber ohne Dich“ leben, also vergiss, dass Du welche hattest. Von offizieller Seite aus kein Problem.

In dem Termin mit der Kindesmutter gab diese zu versteh: der Vater ist überhaupt kein Thema zu Hause, sie sprechen nicht über mich. Die Kindesmutter wolle sich zwar nicht selber loben, aber beide Kinder sind Klassenbeste (Gymnasium bzw. Wechsel auf das Gymnasium). Auf die Nachfrage des Mediators, was die Kindesmutter denn glaube, wie es den Kindern beim Schweigen über den Vater so gehe, zuckte sie mit den Achseln und es gehe ihn „gut“. Was sie belastet, ist das Finanzielle mit dem Haus, wo sie gerne weiter leben würden.

Wie soll ich auf diese Weise noch meinem Sorgerecht gegenüber den Kindern nachkommen? Was soll ich mit diesem Sorgerecht? ... . Ich bin denn nun so weit, dass ich die Verantwortung für die weitere Entwicklung abgeben und das Sorgerecht auf die Kindesmutter allein übertragen möchte. Dies entspricht der Realität, ich gehe zu keinem Elternabend o.ä., weil mit den Kindern kein Kontakt besteht. Gesprochen und gesehen habe ich sie das letzte Mal vor über einem Jahr. Zuvor ein halbes Jahr nur stundenweise. Seit der Reise 02/2014 nur noch Ablehnung. Die letzte Hoffnung auf einen wieder anbahnenden Kontakt und liebevollen Umgang sowie für meine Kinder sorgen zu können entpuppte sich als falsch.

Sollten Sie noch einen Weg sehen, diesen Fall als exemplarisches Beispiel verwenden können, damit sich evtl. mal was ändert und Kinder ggf. nicht so seelisch verkrüppeln, haben Sie mein Einverständnis. Aber vermutlich ist das alles ganz normal.

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: ...

Gesendet: Sonntag, 13. September 2015 18:50

An: 

Betreff: Aw: AW: Neuanfang

 

Ja, ein Beratungsgespräch hatte ich am ....2015 in der Diakonie ... . Es war geplant als Co-Moderation, die Kollegin fiel jedoch aus, sodass der Herr .. (?) die Moderation neutral allein übernahm.  Daher weiß ich auch, dass es den Kindern gut geht, Sie nicht Zuhause über mich reden. 

Wo die Kinder während der Krankenhausaufenthalte gelebt haben, ist mir unbekannt. Dies werde ich beim nächsten Beratungsgespräch erfragen, das "schon" am ... .2015 geplant ist. 

Der Moderator hatte den Eindruck, die Eltern können zumindest dort miteinander kommunizieren. Naja, solange nix sich "bewegt" und ich "ihre Kreise nicht störe" (nur dort Kontakt besteht), ist ja auch alles in Odnung für sie. 

Ich werde das von mir nicht abbrechen, auch wenn ich keine Erwartungen mehr. Irgendwie tut es gut zu wissen, das alles läuft. Ist ja meine einzige Chance, überhaupt etwas zu erfahren. 

... 

Für einen Tipp zur Abgabe des Sorgerechtes bei diesen Umständen wäre ich dankbar.  Ich habe sehr lange darüber nachgedacht, ob es nicht etwas zu blöd nach "beleidigter Leberwurst" aussieht. Mir liegt aber daran, weil 1. Entspricht es den TATSACHEN und ich möchte mir nichts mehr vormachen / einreden, dass ich irgendeinen Einfluss noch auf die Kinder hätte.

2. Kann ich unter diesen Umständen keine Fürsorgepflicht oder Verantwortung für die Kinder mehr übernehmen. Ich will die Verantwortung für diese seelische Verkrüpelung nicht übernehmen. Das Jugenamt, Verfahrensbevollmächtigte und Richterin meinen, Abstand vom Vater ohne jegliche (beaufsichtigte) Aussprache / Umgang ist das Beste für das Kind, nehme ich jetzt so als mir aufgegeben hin. 

Ich sehe KEINE andere Möglichkeit mehr. Die Elterngespräche werden ganz sicher NICHT zu einem Vater-Kind-Verhältnis führen. Wie soll das auch gehen, sie benutzte die Kinder als sie 9 und 12 Jahre jung waren als "Druckmittel" für das Finanzielle. Und hatte natürlich keinen Einfluss auf den Willen der Kinder und dies mehrfach bestätigt. Da ist MANN halt machtlos.

 

Beste Grüße

...

 

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 14. September 2015 14:38
An: ...
Betreff: AW: AW: Neuanfang
 

Sehr geehrter Herr ... ,  

Sie können beim Gericht beantragen, dass das Gericht Ihnen das Sorgerecht entzieht.  

Das wäre ja mal eine interessante Nummer, Vater beantragt, dass ihm das Sorgerecht entzogen wird.  

Ich sehe schon die Schlagzeile in der BILD-Zeitung: Vater beantragt, dass er nicht mehr Vater sein will.

Den Beschluss können Sie mir gerne zusenden. 

 

Mit freundlichen Grüßen

   

Peter Thiel

 

 

 

 


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