Vormundschaft
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum: 24.03.2016
Aktenzeichen: 9 UF 132/15
Dokumenttyp: Beschluss
Quelle:
Normen: § 1666 BGB, § 1666 Abs 4
BGB
Kindeswohlgefährdung: Kontakt- und Näherungsverbot
gegenüber dem 47-jährigen Beziehungspartner einer
Jugendlichen
Tenor
I. Auf die Beschwerden der betroffenen Jugendlichen und des Beteiligten zu 3.
wird der am 21. August 2015 erlassene Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg
vom 20. August 2015 – Az. 39 F 136/15 – aufgehoben.
II. Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1. und 2.
zu jeweils 25 % und der Beteiligte zu 3. zu 50 %; eine Erstattung
außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III. Der Gegenstandwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 3.000 EUR.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die sorgeberechtigten Eltern der am ... Juni
2000
geborenen J… P…. Diese unterhält – eigenen Angaben zufolge seit Juli 2014 - eine
(intime) Liebesbeziehung zu dem am 28. Februar 1968 geborenen Beteiligten zu 2.,
der
(noch) der Ehemann der (Halb-)Schwester des Vaters, also ein „angeheirateter
Onkel“
der Jugendlichen ist. Die Eltern suchen diese Beziehung seit geraumer Zeit
ebenso
nachdrücklich wie umfassend zu unterbinden; die Jugendliche hält gegen alle
Widerstände an ihr fest. Das Verhältnis zwischen Eltern und Tochter ist im Zuge
der
Auseinandersetzungen darüber zwischenzeitlich weitestgehend zerrüttet.
Die Jugendliche hat sich mit dem Ziel, sich dem elterlichen Zugriff zu
entziehen,
unerlaubt und unter Geheimhaltung des Aufenthaltsortes mit dem Beteiligten zu 3.
am 6.
März 2015 „abgesetzt“; beide sind am 8. April 2015 in Südfrankreich aufgegriffen
worden. Nach der Rückkehr gab es eine Vielzahl von Gesprächsrunden und den
Versuch
einer Familientherapie, was allerdings nicht zu einer spürbaren Befriedung
geführt hat.
J… lehnte eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt ab; die Eltern suchten die
Kontakte
zwischen der Tochter und dem Beteiligten zu 3. zunächst zu kanalisieren und zu
beschränken; fußend auf wachsendem wechselseitigen Misstrauen und begleitet von
schweren Vorwürfen eskalierte die Situation im Juni/Juli 2015. Am 10. Juli 2015
tauchte
J… erneut unter; sie hat sich seither der Unterstützung des hier bestellten
Verfahrensbeistands versichert. Die Jugendliche ist danach nicht mehr in den
elterlichen
Haushalt zurückgekehrt; sie hat ihre wechselnden Aufenthaltsorte vor den Eltern
und
dem Beteiligten zu 4. weitestgehend geheim gehalten; ein regulärer Schulbesuch
findet
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schon seit dem Frühjahr 2015 nicht mehr statt.
Das hier zugrunde liegende Verfahren hat der Beteiligte zu 2. Anfang Juli 2015
mit der
Anzeige einer Kindeswohlgefährdung eingeleitet. Er hat behauptet, die
Jugendliche werde
von ihren Eltern geschlagen, psychisch unter Druck gesetzt, eingesperrt und
systematisch von Kontakten zur Außenwelt abgeschnitten. Im weiteren Verlauf
konzentrierte sich das hier vorliegende Verfahren auf etwaige Maßnahmen gegen
den
Beteiligten zu 3., während die Frage etwaiger sorgerechtlicher Maßnahmen
unmittelbar
im Verhältnis zwischen J… und ihren Eltern Gegenstand des gesonderten
(Hauptsache-)Verfahrens vor dem Amtsgericht Oranienburg zum Az. 33 F 132/15 ist
bzw. war (jetzt Az. 9 UF 42/16 des erkennenden Senats).
Im Termin am 4. August 2015 haben die Eltern und das Jugendamt erklärt, die
Beziehung der Jugendlichen zu dem Beteiligten zu 3. gefährde deren Wohl, weil
sie zu
einem Abbruch des regulären Schulbesuchs und überhaupt zum Abbruch jeglicher
sonstiger sozialer Kontakte des Kindes geführt habe; beide seien fixiert
aufeinander; es
stehe zu befürchten, dass der Beteiligte zu 3., der quasi ein Suchtverhalten
gegenüber
J… zeige, diese von sich abhängig mache und entsprechend manipuliert habe.
In einem langen Telefonat mit der Amtsrichterin hat J… am 5. August 2015
deutlich
gemacht, dass sie nurmehr dem Beteiligten zu 3. und ihrem jetzigen
Verfahrensbeistand
vertrauen könne und sich von ihren Eltern verfolgt fühle, die mit allen – auch
unlauteren
und strafrechtlich relevanten – Mitteln versuchten, ihre Beziehung zum
Beteiligten zu 3.
zu unterbinden. Sie selbst brauche keine Therapie, nur Ruhe und die Möglichkeit
zum
Schulbesuch in B…; sie wünsche eine Zustimmung der Eltern zu einem betreuten
Einzelwohnen in B…. Sie werde nicht von dem Beteiligten zu 3. „gesteuert“,
sondern
gebe eigenen Wünschen Ausdruck und werde insoweit auch von dem jetzigen
Verfahrensbeistand unterstützt.
Im Termin am 20. August 2015 wurde der Beteiligte zu 3. angehört, der betonte,
er
wolle mit J… zusammenbleiben und sie auch so schnell wie möglich heiraten. J…
benötige
Abstand von ihren Eltern, müsse zur Ruhe kommen, um den Schulbesuch wieder
aufnehmen zu können. Er wisse nicht, was passiere, wenn das Gericht ein Kontakt-
und
Näherungsverbot erlasse; „er könne es nicht aushalten, weil J… es nicht
aushalten
könne, von ihm getrennt zu sein“; er vermutete, dass die Jugendliche zu Frau S…
fliehen
werde.
Der erstinstanzliche Verfahrensbeistand hat – basierend auf Kontakt
ausschließlich per
e-mail zur Jugendlichen – eine Kindeswohlgefährdung bestätigt und ein betreutes
Einzelwohnen empfohlen; eine Lösung sei jedenfalls nur im Einverständnis mit der
Jugendlichen möglich.
Parallel zum hiesigen Sorgerechtsverfahren hatten die Eltern im Sommer 2015 die
mit
Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung J…s in der Psychiatrie beantragt
und
erreicht. In der Zeit vom 20. August 2015 bis zum 17. September 2015 war die
Jugendliche aufgrund gerichtlich genehmigter Entscheidung der Eltern (Az. 39 F
165/15
des Amtsgerichts Oranienburg bzw. Az. 9 UF 122/15 des Senates) in der
Psychiatrie der
… Kliniken GmbH in N… geschlossen untergebracht. Sie blieb – mangels
alternativen
Wohnplatzes - zunächst darüber hinaus „freiwillig“ dort und verließ die Klinik
am 29.
September 2015.
Mit am 21. August 2015 erlassenem Beschluss hat das Amtsgericht dem Beteiligten
zu 3.
verboten, ein Zusammentreffen mit der Jugendlichen herbeizuführen und für den
Fall
einer zufälligen Begegnung aufgegeben, unverzüglich einen Mindestabstand von 50
m
herzustellen; darüber hinaus wurde ihm verboten, über jegliche sonstige
(Fern-)Kommunikationsmittel Kontakt mit J… herzustellen. Es liege eine
Kindeswohlgefährdung vor, der nur durch die getroffenen Schutzmaßnahmen gegen
den
Beteiligten zu 3. wirksam zu begegnen sei. J… sei durch die gesamte Situation,
aus der
sie selbst sich nicht befreien könne, sehr belastet und drohe nachhaltigen
psychischen
Schaden zu nehmen; sie sei erneut untergetaucht, lebe in sozialer Isolation und
ständiger Angst, „eingefangen“ zu werden. Sie suche alle Schuld bei ihren Eltern
und
lebe in ihrer eigenen (Vorstellungs-)Welt über die Ereignisse. Auch das
Verhältnis zu dem
Beteiligten zu 3. selbst gebe Anlass zur Sorge, weil dieser die Jugendliche
massiv unter
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Druck setze, das Verhältnis J…s zu den Eltern untergrabe, seinerseits Kontakt
der
Jugendlichen zu anderen zu unterbinden suche und diese zur Flucht animiere. Die
Eltern
seien nicht in der Lage zur Abwendung dieser Gefahren für das Wohl der
Jugendlichen
und bedürften des hier gerichtlich ausgesprochenen Näherungs- und
Kontaktaufnahmeverbotes zur effektiven Durchsetzung desselben. Diese Maßnahme
sei
geeignet, um zumindest die soziale Isolation J…s und ihre Abhängigkeit von dem
Beteiligten zu 3. aufzulösen.
Gegen diese ihnen jeweils am 25. August 2015 zugestellte Entscheidung haben der
Beteiligte zu 3. eingehend am 31. August 2015 und die Jugendliche selbst
eingehend am
8. September 2015 Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung des Kontakt- und
Näherungsverbotes eingelegt. Die Beschwerdeführer rügen, dass das Gericht
einseitig
den Ausführungen der Eltern gefolgt sei und die Jugendliche und ihre
Vertrauensperson
(jetziger Verfahrensbeistand) nicht (gebührend) gehört worden seien. Sie machen
geltend, dass die Kindeswohlgefährdung nicht von dem Beteiligten zu 3., sondern
allein
von den Kindeseltern ausgehe, denen es kompromisslos einzig um eine Ächtung und
Ausgrenzung des Beteiligten zu 3. und nicht um das Wohl der Jugendlichen gehe.
Dass
die Angst der Jugendlichen vor ihren Eltern berechtigt gewesen sei, sei mit
Blick auf die
zwischenzeitlich mit fadenscheinigen Gründen bzw. Gefälligkeitsgutachten
erreichte
geschlossene Unterbringung in der Psychiatrie erwiesen. Die Jugendliche habe
sich selbst
mit dem Jugendamt und Frau S… über Wochen um eine tragfähige Lösung bemüht, die
ihr ein Leben in Sicherheit und Freiheit und die Wiederaufnahme eines geregelten
Schulbesuchs ermögliche; hier habe der Beteiligte zu 3. jeweils unterstützend
gewirkt,
weil J… um Hilfe gefleht habe. Bei dieser Sachlage sei die „Bestrafung J…s“
durch die
angefochtene Entscheidung nicht nachvollziehbar; tatsächlich werde die
Durchsetzung
des Abstandsgebots die Jugendliche erheblich psychisch gefährden.
Die Eltern verteidigen die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung. Sie
hätten
sich – gegen ihre eigene innere Überzeugung – auf Kompromisse eingelassen, seien
aber
von der Tochter und dem Beteiligten zu 3. belogen worden, die heimlich
weitergehend
Kontakt gepflegt hätten. J… werde von dem Beteiligten zu 3. manipuliert; sie
übernehme
eine ihr fremde Diktion; die von ihr gestellten Anträge entsprächen nicht ihrem
freien
Willen. Die Eltern beziehen sich insoweit auf die ausweislich des Arztberichtes
vom 30.
September 2015 während der mehrwöchigen Unterbringung in der Psychiatrie in N…
gestellten Diagnosen einer induzierten wahnhaften Störung und einer sonstigen
emotionalen Störung des Kindesalters - pubertären Reifungskrise. Sie ziehen
daraus den
Schluss, dass der unter einem wahnhaften Realitätsverlust leidende Beteiligte zu
3.
„Krankhaftes“ bei J…e habe entstehen lassen, das sich bei künftigen Kontakten
chronifizieren werde und nur mittels langfristiger Therapien reduziert werden
könne. Sie
als Eltern hätten außer der Verhängung und konsequenten Durchsetzung des
Kontaktverbotes keine Möglichkeit einer Verbesserung der familiären Situation
mehr.
Der – im Beschwerdeverfahren gemäß Antrag der Jugendlichen eingesetzte -
Verfahrensbeistand hat unter kritischer Würdigung der ärztlichen Diagnosen zum
Gesundheitszustand der Jugendlichen und mit einer eingehenden Darlegung ihrer
Einschätzung zu den Ursachen des „vollkommen zerrüttet(en)“ Eltern-Tochter-
Verhältnisses ausgeführt, dass die frühreife, intelligente Jugendliche in
wachsender
Selbständigkeit aus eigenem freien Willen eine Liebesbeziehung zu dem
Beteiligten zu 3.
eingegangen sei und ungehindert fortzusetzen wünsche; von einer krankhaften
psychischen Störung könne keine Rede sein. Der Beteiligte zu 3. sei „der einzige
Mensch,
der J…s Not erkannt und verstanden“ habe. Es sei mit ihrem Wohl vereinbar, den
Kontakt
zu dem Beteiligten zu 3. in dem von ihr gewünschten Umfang zu gestatten; es
würde J…
derzeit mehr schädigen, wenn „man sie abermals einsperren und ihr den Kontakt zu
G…
H… verbieten (…), also ihren Willen brechen würde, als wenn man ihr den Kontakt
erlaubt“.
Das in die Auseinandersetzungen seit mindestens April 2015 umfangreich
involvierte
Jugendamt hat im Beschwerdeverfahren keine sachlich-inhaltliche Stellungnahme
abgegeben.
Der Senat hat die Beteiligten im Termin am 25. Februar 2015 umfassend angehört
und
am Schluss der Sitzung in Anwesenheit aller Beteiligten die Vollziehung des
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3 von 11 03.11.2016 01:50amtsgerichtlichen Beschlusses einstweilen ausgesetzt.
II.
Die Beschwerden des Beteiligten zu 3. und der betroffenen Jugendlichen selbst
sind
gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 60 Satz 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1
FamFG
zulässig.
Die Rechtsmittel haben auch in der Sache Erfolg. Die gesetzlichen
Eingriffsvoraussetzungen für Maßnahmen gegen den Beteiligten zu 3. als Dritten
zur
Abwehr von Gefahren für das Wohl J…s liegen nicht vor.
Die Vorschrift des § 1666 Abs. 4 BGB bietet dem Familiengericht eine
Eingriffsmöglichkeit
auch gegenüber Dritten, wenn aufgrund der Einwirkung dieses Dritten eine
Gefährdung
des Kindeswohls vorliegt, die durch die Eltern nicht abgewendet werden kann. Bei
der
Wahl des Mittels ist stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die
Maßnahme
muss daher zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung geeignet und erforderlich
sowie
angemessen sein. Nach diesen Maßstäben ist die Verhängung eines umfassenden
Näherungs- und Kontaktaufnahmeverbotes gegen den Beteiligten zu 3. nicht
gerechtfertigt.
(1)
Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass das Wohl J…s seit längerem
und
anhaltend bis heute erheblich gefährdet ist; (allein) insoweit besteht
ersichtlich auch
Einigkeit aller Verfahrensbeteiligter.
J… ist in ihrer Entwicklung ganzheitlich massiv gefährdet. Sie hat im Zuge des
seit
Frühjahr 2015 eskalierten Konflikts mit ihren Eltern jeden gesicherten Halt in
ihrer
Familie, ihr Zuhause und ihr gesamtes vertrautes soziales Umfeld verloren. Es
findet
seither kein regulärer Schulbesuch statt; eine kontinuierliche gesundheitliche
Versorgung
der Jugendlichen, die nach Aktenlage (un-)regelmäßig bestimmter Medikamente
bedarf,
ist nicht sichergestellt. Die Jugendliche lebt in völlig instabilen
Verhältnissen; sie hat
nicht einmal ein sicheres Obdach mit einer zuverlässigen Verbleibensoption für
die
nähere Zukunft; derzeit lebt sie in einer Jugendnoteinrichtung, die nicht Ort
eines
dauerhaften Aufenthalts sein kann; eine konkrete Lösung ist nicht absehbar.
Insbesondere aber besteht eine erhebliche psychische Beeinträchtigung der
Jugendlichen, die sich von ihren Eltern nicht einfach nur unverstanden, sondern
verraten
und verfolgt fühlt und auch das beteiligte Jugendamt nur als willfährigen
Vollstrecker der
(Erziehungs-)Ziele ihrer Eltern erlebt, die ihre eigenen Wünsche und
Vorstellungen
missachteten und ausschließlich dadurch motiviert seien, ihre Beziehung zu dem
Beteiligten zu 3. unverzüglich abzubrechen und endgültig zu zerstören. Die
Jugendliche
lebt seither in – nicht nur infolge der geschlossenen Unterbringung in der
Jugendpsychiatrie aus ihrer Sicht zwanglos nachvollziehbarer – Angst davor,
verfolgt und
– mit dem Ziel der Durchsetzung eines umfassenden Kontaktverbotes zum
Beteiligten zu
3. – unter ständiger Kontrolle leben zu müssen und faktisch eingesperrt zu
werden. Aus
der inzwischen viele Monate andauernden Konfrontation um ihre Beziehung zu dem
Beteiligten zu 3. hat sich eine Art „Wagenburg-Mentalität“ entwickelt: Je mehr
und
intensiver von den Eltern und in deren Gefolge vom Jugendamt, Gesundheitsamt und
den
Ärzten der Jugendpsychiatrie unter Schuldzuweisung allein an den – seinerseits
zunächst
auch strafrechtlich, insbesondere aber familiär, sozial und beruflich ob seines
Verhältnisses zu J… nicht nur „geächteten“, sondern massiv verfolgten -
Beteiligten zu 3.
auf die Unterdrückung bzw. den vollständigen Abbruch der Beziehung und Kontakte
J…s
zu ihm hingearbeitet wird, desto mehr klammern die Beschwerdeführer aneinander
und
vertiefen und verselbständigen sich die wiederum dort entwickelten
Schuldzuweisungen
allein an die Eltern und deren „Helfershelfer“. Die wechselseitigen Vorwürfe
sind
inzwischen von einer feindseligen, fast hasserfüllten Rücksichtslosigkeit
geprägt und
bieten kaum noch Ansatzpunkte für eine Befriedung. Es liegt auf der Hand, dass
eine
15-jährige Jugendliche unter solchen Lebensumständen in ihrer sozial-emotionalen
und
psychischen Entwicklung (schweren) Schaden zu nehmen droht. Besondere Sorgen
macht der Umstand, dass die 15-jährige J… sich in der jüngsten Vergangenheit
veranlasst gesehen hat, ihren mehr als 30 Jahre älteren Partner vor Verfolgung
(wegen
Verstoßes gegen das erstinstanzlich verhängte Kontaktverbot) in Schutz zu nehmen
und
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hierfür selbst die alleinige Verantwortung übernehmen zu wollen; sie hat ferner
in einen
(anderen) zwischenzeitlich aufgekommenen „innerfamiliären“ Streit des
Beteiligten zu 3.
(um eines seiner Kinder) aktiv für diesen Partei ergriffen. Dies sind Anzeichen
dafür, dass
J… sich zunehmend in die Rolle des Verteidigers des Beteiligten zu 3. gedrängt
fühlt, eine
Verantwortung, die sie nicht tragen kann und darf, weil als Heranwachsende
zuvorderst
sie selbst umfassenden Schutzes und Unterstützung bedarf. Die vorstehenden
Ausführungen belegen eindrücklich, dass J… in ihrer gesamten Entwicklung seit
vielen
Monaten und in sich verstärkendem Maße umfassend gefährdet ist und die
Jugendliche
bei Perpetuierung der vorbeschriebenen Entwicklungsbeeinträchtigungen schweren
Schaden zu nehmen droht.
(2)
Der Beteiligte zu 3. hat - mindestens, aber nicht nur im Sinne einer conditio
sine qua non
- auch die grundlegende Ursache für diese unzuträgliche Entwicklung J…s gesetzt.
Anlass
des völlig eskalierten Konflikts zwischen den Eltern und ihrer Tochter mit den
oben
beschriebenen nachteiligen Folgen für ihre Entwicklung ist nämlich die
Liebesbeziehung,
auf die sich der Beteiligte zu 3. mindestens eingelassen hat und auf deren
Beendigung
die Eltern mit derselben Vehemenz hinarbeiten wie umgekehrt die Jugendliche
gegen alle
Widerstände und unter allen Umständen an dieser Beziehung festzuhalten
beabsichtigt.
J… wird in dieser – absoluten, über lange Zeit sehr widrige Lebensumstände in
Kauf
nehmenden - Willenshaltung von dem Beteiligten zu 3. jedenfalls uneingeschränkt
unterstützt. Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass es in diesem
Zusammenhang
unerheblich ist, ob der Beteiligte zu 3. gar die treibende Kraft hinter der
Begründung
dieser Liebesbeziehung und der derzeit zu konstatierenden Zerrüttung des Eltern-
Tochter-Verhältnisses mit den nachteiligen Folgen für das Befinden und die
Entwicklung
J…s ist. Er hat unzweifelhaft hierzu einen wesentlichen Beitrag geleistet.
(3)
Es ist auch festzustellen, dass die Eltern derzeit nicht in der Lage sind, die
vorbeschriebenen Gefahren für J… abzuwenden. Soweit eine Rückkehr J…s in
geordnete
Lebensverhältnisse mit einer gedeihlichen Entwicklungsperspektive nur mit der
Erlaubnis
der Aufrechterhaltung der Beziehung zu dem Beteiligten zu 3. in Betracht zu
ziehen ist,
sehen sich die Eltern zur Unterstützung dieser Option derzeit außer Stande. Eine
irgendwie geartete Akzeptanz der Paarbeziehung ihrer Tochter und des Beteiligten
zu 3.
scheidet aus Sicht der Eltern schlechthin aus. Sie sind der festen Überzeugung,
dass die
Beziehung ihrer Tochter zu dem Beteiligten zu 3. „ungesund“ ist und die einzige
Chance
für eine Gesundung ihrer – gemäß ärztlicher Diagnostik psychisch kranken -
Tochter
darin liegt, dass diese Abhängigkeitszüge tragende Beziehung ebenso schnell wie
nachdrücklich unterbunden wird. Die Eltern selbst haben derzeit keinerlei
erzieherische
oder sonst wie gelagerte Einwirkungsmöglichkeit auf die Tochter mehr; der – von
ihnen
für die dramatische Entwicklung allein verantwortlich gemachte - Beteiligte zu
3. entzieht
sich ohnehin jeder Einflussnahme der Eltern insoweit.
Dass das hier in Rede stehende und von ihnen nachdrücklich unterstützte Kontakt-
und
Näherungsverbot von den Eltern auch auf zivilrechtlichem Wege durchgesetzt
werden
könnte, hindert die familiengerichtliche Anordnung desselben nicht. Der Zweck
der
Vorschrift des § 1666 Abs. 4 BGB liegt gerade darin, durch Anordnung Gefahr
abwehrender Maßnahmen seitens des Familiengerichts den Eltern eigenes
gerichtliches
Vorgehen gegen den Dritten zu ersparen (vgl. BT-Drucks. 8/2788 S. 59;
MüKo-Olzen,
BGB, 6. Aufl., § 1666 Rdnr. 209; Palandt-Götz, BGB, 75. Aufl., § 1666 Rdnr. 41).
(4)
Das Amtsgericht und die Eltern greifen allerdings zu kurz, wenn sie aus der
vorbeschriebenen Gefährdungssituation und dem Beitrag des Beteiligten zu 3.
hierzu das
Erfordernis bzw. eine Rechtfertigung für den Erlass eines umfassenden Kontakt-
und
Näherungsverbotes gegen diesen ableiten.
a)
Im Streitfall ist nämlich besonders zu berücksichtigen, dass ein solches Verbot
nicht
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5 von 11 03.11.2016 01:50allein den Beteiligten zu 3. trifft, sondern mittelbar,
aber letztlich in gleicher Weise als
Verbot auch für die Jugendliche selbst wirkt. Diese zwangsläufige Rückwirkung
der
angeordneten Maßnahme auf die Jugendliche muss Beachtung in der
Rechtsfolgenabwägung im Rahmen von § 1666 Abs. 4 BGB finden. Dieser Aspekt
allerdings hat keinen Eingang in die angefochtene Entscheidung gefunden und wird
auch
von Seiten der die angefochtene Entscheidung verteidigenden Eltern nicht,
jedenfalls
nicht hinreichend gewürdigt. Den Gefahren für das Wohl J…s aus dem hier
vorliegenden
(eskalierten) Adoleszenskonflikt ist mit einem solchen Verbot tatsächlich nicht
wirksam
und angemessen zu begegnen.
Im Rahmen der Prüfung des § 1666 BGB ist nämlich das Leitbild der Erziehung zu
einer
eigenständigen und –verantwortlichen Persönlichkeit des Kindes zu
berücksichtigen.
Natur und Recht zielen auf eine Ablösung des Kindes von seinen Eltern.
Selbstbestimmungs- und -verantwortungsfähigkeit des Individuums entstehen nicht
schlagartig mit der Volljährigkeit, sondern wachsen kontinuierlich vom frühesten
Alter an
und sind jeweils von den Eltern angemessen zu achten und zu fördern. Vor allem
ab der
Pubertät findet beim Kind ein bewusstes Einüben in selbständige – und damit
häufig auch
tendenziell gegen die Position der Eltern gerichtete – Entscheidungen statt.
Auch durch
Verhinderung dieses Einübungsprozesses oder durch grobe Missachtung der
Eigenentscheidung des Heranwachsenden kann dessen seelisches und geistiges Wohl
gefährdet sein.
Im Bereich des persönlichen Umgangs ist für den Heranwachsenden nicht nur der
soziale
Kontakt zu anderen im Allgemeinen und das Bedürfnis nach Kontakt mit Personen
des
anderen Geschlechts im Besonderen, sondern auch die Auswahl der Kontakte nach
subjektiven Präferenzen unabdingbare Voraussetzung des Reifeprozesses. So wenig
von
einem Erwachsenen die Begründung erwartet wird, weshalb er jemanden mag oder
liebt,
so wenig kann der Heranwachsende zur positiven Rechtfertigung seines Umgangs
verpflichtet sein. Erziehung zur Mündigkeit erfordert in diesem Bereich einen
Rückzug
elterlichen Bestimmungsrechts zugunsten bloßer elterlicher Kontrolle kindlicher
Selbstbestimmung. Deren Missachtung unter Ausnutzung formal bestehender
Sorgemacht im Außenverhältnis ist geeignet, das psychosoziale Kindeswohl zu
gefährden; elterliche – und nicht weniger gerichtliche – Beschränkungen bedürfen
daher
besonderer Rechtfertigung (vgl. Staudinger-Coester, BGB, 2016, § 1666 Rdnr.
155). In
einer schicksalhaften Konfliktsituation kann einer als Akt achtenswerter
Selbstbestimmung getroffenen Entscheidung eines heranwachsenden Kindes ein
solches
Gewicht beizumessen sein, dass der Kindeswille nicht übergangen werden kann,
ohne
dass dadurch das Kindeswohl gefährdet würde. So liegt der Fall hier.
b)
Der – intensiv, zielorientiert, erlebnisgestützt und stabil geäußerte - Wunsch
J…s, ihre
Liebesbeziehung zu dem Beteiligten zu 3. aufrechterhalten und durch (alters-)
angemessene persönliche und fernkommunikative Kontakte zu pflegen, ist nach
Überzeugung des Senates Ausdruck einer bewussten Eigenentscheidung, der
angesichts
des Alters und der persönlichen Reife der heute fast 16-jährigen Jugendlichen zu
beachten ist.
aa)
Entgegen der – durch offensichtlich zweifelhaft zustande gekommene
(fach-)ärztliche
Diagnosen gestützten und wohl auch vom Jugendamt mitgetragenen - Auffassung der
Eltern gibt es keinerlei tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass bei J… eine
psychische
Erkrankung vorliegen könnte, die den Schluss zuließe, die Jugendliche befinde
sich
(anhaltend) in einem die freie Willensbildung hindernden oder entscheidend
beeinträchtigenden Zustand. Keines der in diesem Zusammenhang entstandenen
ärztlichen Atteste bzw. (amtsärztlichen) Berichte bietet hierfür auch nur
belastbare
Indizien, die zu einer weitergehenden Sachaufklärung insoweit Anlass geben
könnten
oder müssten.
Soweit unter dem 27. Juni 2015 (einem Sonnabend) der Allgemeinmediziner Dr. F…
L…,
ein Onkel mütterlicherseits der Jugendlichen, ein Attest ausgestellt hat, in dem
dieser
eine „akute schizoide Psychose mit Suizidgefährdung“ diagnostizierte, gab es
hierfür
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ersichtlich überhaupt keine tragfähigen Anknüpfungstatsachen. Nach dem –
glaubhaften
und unwidersprochen gebliebenen – Vorbringen der Jugendlichen ist diese
„Einweisungsverordnung“ ohne irgendeine Untersuchung der Jugendlichen persönlich
auf
Zuruf der Eltern verfasst worden, die – zunächst vergeblich - damit und seither
die
„zwangsweise“, also mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung der
Jugendlichen
in der Kinder- und Jugendpsychiatrie versucht, forciert und schlussendlich auch
erreicht
haben.
Die amtsärztliche(n) Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landkreises … seit
dem
2. Juli 2015 (vgl. Bl. 23 der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Oranienburg,
Az. 39 F
165/15 = Az. 9 UF 122/15 des erkennenden Senates), die beginnend ab dem 20.
August
2015 unmittelbar mit der – gerichtlich über zwei Instanzen bestätigten –
geschlossenen
Unterbringung der Jugendlichen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der …
Kliniken
GmbH in N… erstellt worden sind (vgl. Bl. 6 und 63 dieser Beiakte), geben zu
weitergehenden Aufklärungsmaßnahmen auch keinen Anlass. Diese sind
vergleichsweise
„vorsichtig“ formuliert („J… ist seit April 2015 bekannt“) und lassen auch nicht
erkennen,
von wem zu welchem Zeitpunkt unter welchen Umständen die dort enthaltenen
Darstellungen (J… zeige zu Hause Panikattacken, Ängste vor Spiegeln und dunklen
Fenstern und Räumen; habe Schlafstörungen und Ängste und schlafe nur, wenn sie
mit
dem Onkel [der Beteiligte zu 3.] spreche, zu dem sie panisch Kontakt zu halten
suche;
die Verbindung zwischen der Jugendlichen und dem Onkel sei hochgradig
manipulativ)
erhoben wurden. Es wurde dringend eine differentialdiagnostisch nur unter
mehrwöchiger
stationärer Aufnahme mögliche Abklärung der Angstsymptomatik für erforderlich
gehalten, ferner eine Differenzierung, „ob bei J… traumabedingte
Realitätswahrnehmungen, manipulierte und instrumentalisierte Fehlsteuerungen im
Rahmen eines Stockholmsyndroms oder Verhaltensweisen im Rahmen einer
Persönlichkeitsdeformität wie Schizodie oder Borderline Störung vorliegen“.
Entsprechend
„muss J… dem Wunsch der Eltern folgend vom Onkel/Beziehungspartner getrennt
diagnostiziert und behandelt werden, wenngleich J… den Onkel als steuerndes
Element
benötigt“ (Hervorhebungen durch den Senat).
Diese Verdachtsdiagnosen konnten dann allerdings im Zuge des insgesamt mehr als
fünf
Wochen währenden stationären Aufenthalts der Jugendlichen in der Kinder- und
Jugendpsychiatrie in N…, in dem sie bestmöglich von jeglichen Kontakten zu dem
Beteiligten zu 3. ferngehalten wurde, letztlich nicht bestätigt werden. In dem
daraufhin
ergangenen Bericht vom 30. September 2015 (Bl. 528 ff. GA) ist ausgeführt, dass
„die
zur Einweisung führenden Ängste oder Panikattacken (…) im Verlauf des
stationären
Aufenthaltes nicht auf(traten)“, eine Angststörung vielmehr ausgeschlossen
werden
konnte.
Statt dessen wird allerdings in jenem Bericht nach dem multiaxialen
Klassifikationsschema für psychische Störungen im Kindesalter in der Achse 1 (=
klinisch-psychiatrisches Syndrom) eine induzierte wahnhafte Störung (F24) und
eine
pubertäre Reifungskrise als sonstige emotionale Störung des Kindesalters (F93.8)
diagnostiziert, die allerdings schon nicht ansatzweise schlüssig aus
irgendwelchen
belastbaren, objektivierbaren Befunden abgeleitet wird. Die im Einzelnen
unterlegte
Befunderhebung mittels PHOKI, FDS, PSSI, FPI-R ergab, dass sämtliche Werte der
Jugendlichen im alters- und geschlechtsspezifischen Vergleich (noch) im
Normbereich
liegen. J… erwies sich als überdurchschnittlich intelligent, geprägt von einer
gesundheitsbewussten Haltung, einer durchweg positiven Lebenseinstellung,
hilfsbereit,
empathisch, sozial orientiert und außerordentlich gelassen. Aus diesen gänzlich
unauffälligen Befunderhebungen, die sich in der Schilderung ihres Verhaltens im
stationären Alltag und der Klinikschule zwanglos widerspiegeln, wird unter
Voranstellung
der Vermutung, „dass J… die Fragen mit mangelnder Offenheit beantwortete und
dissimulierte“, übergangslos festgestellt, dass „wir (…) eine induizierte
wahnhafte
Störung (diagnostizierten“). Eine überzeugende Herleitung dieser Diagnose aus
dem
ärztlich beobachteten Verhalten, der Persönlichkeit der Jugendlichen oder
sonstiger
objektivierbarer Umstände findet sich in diesem Bericht nicht. Niedergelegt und
offenkundig unkritisch übernommen ist vielmehr das von den Eltern seit
März/April 2015
und anhaltend bis heute unterbreitete Argumentationsschema, das ersichtlich
motiviert
ist von der Überzeugung, dass der Beziehung ihrer Tochter zu dem mehr als 30
Jahre
älteren Beteiligten zu 3. etwas Krankhaftes innewohnen muss. Eine ernsthafte
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Auseinandersetzung mit der – von derjenigen der Eltern ganz erheblich
abweichenden, in
ihrem wesentlichen Kern doch auch ersichtlich nicht gänzlich von der Hand zu
weisenden
– Darstellung der Tochter zu den Ereignissen, die sie auch während des
Klinikaufenthalts
angebracht hat („J… (ist) sehr bedacht, ihre Sicht der Dinge überzeugend und
sympathisch zu kommunizieren“) findet zwar Eingang in den Bericht, aber nur im
Zuge
der Wiedergabe der therapeutischen Gespräche; ein Einbindung in die
Diagnosestellung
findet offenkundig nicht statt.
Dass es sich bei der Diagnose der Jugendpsychiatrie in N… um eine nicht
tragfähige
Diagnose handelt, folgt neben der sich aufdrängenden Unschlüssigkeit des
Berichtes
selbst weiterhin daraus, dass die nach der Klassifizierung erforderlichen
Kriterien für
diese wahnhafte Störung nicht festgestellt worden sind. Darauf hat der
Verfahrensbeistand in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2016 aufmerksam
gemacht. Die Richtigkeit dieses Einwandes, den sich der Senat deshalb zu Eigen
macht,
lässt sich zwanglos durch eine Internetrecherche bestätigen; hierfür bedarf es
keiner
weitergehenden sachverständigen Beratung des Senates. Bei der induzierten
wahnhaften
Störung (F 24 nach ICD-10) handelt es sich um einen Wahn, der von zwei Personen
mit
einer engen emotionalen Bindung geteilt wird. Nur eine dieser beiden Personen
leidet
unter einer echten psychotischen Störung; die Wahnvorstellungen bei der anderen
Person sind induziert (das sollte dann vorliegend die Jugendliche sein müssen
oder soll
J… einen Wahn bei dem Onkel induziert haben?) und werden bei der Trennung des
Paares bzw. der Lösung der emotionalen Bindung meist aufgegeben. Es müssen
hierfür
folgende Kriterien erfüllt sein, um die Diagnose "induzierte wahnhafte Störung"
(F24)
stellen zu können:
1. Die Betroffenen übernehmen einen Wahn oder ein Wahnsystem von einer
anderen Person, die an einer der unter F20, F21, F22 oder F23 klassifizierten
Störungen leidet.
2. Die betroffenen Personen haben eine außergewöhnlich enge Beziehung
zueinander und leben relativ isoliert von anderen Menschen.
3. Die Betroffenen hatten die krankhafte Überzeugung nicht, bevor sie in Kontakt
mit der anderen Person kamen und litten in der Vergangenheit nicht unter
irgendeiner unter F20 bis F23 klassifizierten Störung.
Auch hierzu enthält der Bericht der Jugendpsychiatrie N… keinerlei
Anknüpfungstatsachen. Weder ist ausgeführt, welchen Wahn oder welches Wahnsystem
J… von dem Beteiligten zu 3. übernommen haben soll, noch ist festgestellt
worden, dass
dieser überhaupt an einer klassifizierten Störung leidet, die er induzieren
könnte;
tatsächlich ist der Beteiligte zu 3. in die Untersuchungen nicht einbezogen
worden.
Es bleibt festzuhalten, dass auch der Befund der … Kliniken GmbH keine
belastbaren
Indizien für eine krankhafte Störung mit nachteiligen Auswirkungen auf die
Freiheit der
Willensbildung J…s bietet.
Zuzustimmen ist dem Bericht allerdings dahin, dass sich J… „als reflektiertes,
früh
gereiftes Mädchen, die gern schon als junge Frau verstanden und gesehen werden
wollte“ präsentiert habe, die in einem „typischen Pubertätskonflikt“ stecke,
„der
allerdings von J… mit einer großen Konsequenz ausgetragen wird“. Diese (letzte)
Einschätzung lässt sich aus dem Befundbericht im Übrigen tatsächlich zwanglos
ableiten,
wird durch den Verfahrensbeistand, der J… auf ihren Wunsch hin bereits seit Juli
2015
unterstützt, im Kern bestätigt und ist nach der auf dem vorgetragenen Inhalt der
Akten
und den dort niedergelegten Vermerken über persönliche Anhörungen der
Jugendlichen
fußenden Überzeugung des Senates die einzig richtige Einordnung des vorliegenden
Falles. Die Beziehung zu dem Beteiligten zu 3. ist Anlass und insoweit auch
Ursache eines
eskalierten Adoleszenzkonfliktes, in dem J… ihre Haltung auch unter Inkaufnahme
erheblicher Unzuträglichkeiten beharrlich verteidigt, ohne dass dem eine
psychische
Erkrankung zugrunde liegt oder sonst etwas Krankhaftes innewohnt.
bb)
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Allerdings wird die Beachtlichkeit des Willens der Jugendlichen nicht erst dann
in Zweifel
gezogen, wenn sie an einer die Willensbildung beeinträchtigenden (psychischen)
Erkrankung leidet. Auch im Fall einer Manipulation ohne „echten Krankheitswert“
können
durchgreifende Bedenken gegen die Einordnung des geäußerten Kindeswillens als
Ausdruck einer bewussten Eigenentscheidung bestehen.
Die Disqualifizierung des mit großer Intensität geäußerten Willens der
Jugendlichen
kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn auf Grund von Manipulationen der
geäußerte Wille des Kindes die wirklichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend
wiedergeben würde; auch durch Beeinflussung können nämlich echte und
schützenswerte Bindungen entstehen. Im Streitfall bestehen keine hinreichenden
Anhaltspunkte dafür, dass die besondere (Paar-)Beziehung und die beharrliche
Verteidigung derselben durch J… und damit einhergehend die Zerrüttung des
Eltern-
Tochter-Verhältnisses mit all den daraus erwachsenden Gefahren für ihre
Entwicklung
maßgeblich begründet und geprägt wird durch manipulatives Verhalten des
Beteiligten zu
3. Diesem die Hauptschuld an der bestehenden Situation zuzuweisen, wird den
Ereignissen und der wachsenden Selbstbestimmung der Jugendlichen nicht gerecht.
Zu der nicht justiziablen Frage, ob ein gestandener 47-jähriger verheirateter
Mann, der
Vater mehrerer Kinder ist und Pflegekinder betreut (hat), die aus pubertärer
Schwärmerei und Zuneigung entstandene Liebe einer 14-Jährigen aus dem
erweiterten
Familienkreis tatsächlich erwidern muss, verbietet sich jede Stellungnahme des
Senates.
Fakt ist allerdings, dass die Beziehung der beiden nach den eigenen Angaben der
Beteiligten, die die Eltern ausdrücklich nicht in Zweifel ziehen (sie vermuten
eher einen
noch früheren Beginn der Liaison/sexuellen Begegnung) über einen längeren
Zeitraum
gewachsen ist und vor der Flucht im März 2015 bereits geraume Zeit heimlich
lief, ohne
dass dies mit Auffälligkeiten im Verhalten der Jugendlichen einhergegangen wäre.
Die
Eskalation nahm ihren Ausgang erst in dem Moment, als diese – von den Eltern von
Beginn an mit Ablehnung betrachtete - Beziehung offenbar wurde. Die Suche nach
der
Tochter und dem Beteiligten zu 3. wurde – veranlasst durch die Eltern und mit
einer eher
ungewöhnlichen Klarheit zu den gesuchten Personen (keine verpixelten Bilder;
unter
Veröffentlichung des vollständigen Namens) – medial umfangreich begleitet. Es
liegt auf
der Hand, dass diese Art der Veröffentlichung dieser Geschichte (mit den
medientypischen „Übertreibungen“) bei der Rückkehr J…s und anhaltend bis heute
nachteilige Folgen für ihr Selbstwertgefühl haben muss; J… wurde in einer für
sie schwer
erträglichen Weise bloßgestellt. Nach der Rückkehr nach Hause hat J… erlebt,
dass ihre
Beziehung zu dem Beteiligten zu 3. kriminalisiert und von vornherein nicht ernst
genommen wurde. Das Bemühen der Eltern war orientiert auf eine starke
Reglementierung jeglicher Kontakte und zielte seither auf eine Beendigung dieser
Beziehung ab. Diese Zielsetzung wurde mit großer Beharrlichkeit verfolgt; nach
Aktenlage wie auch nach dem persönlichen Eindruck des Senates im Anhörungstermin
wird der Konflikt von den Eltern mit derselben Härte und Konsequenz ausgetragen,
wie
ihn umgekehrt J… führt. Selbstverständlich hat der Beteiligte zu 3. großen
Anteil an
dieser Haltung J…s; er unterstützt sie psychisch und tatkräftig in ihren
„Aktionen“ und in
ihrer unerbittlich-feindseligen Haltung den Eltern gegenüber (beispielhaft sei
angeführt:
Flucht aus der Einrichtung „K…“; Abstimmung der „Wunschliste“ im Juni 2015;
vielfältige
Antragstellungen; Diktion seiner zahlreichen Schreiben zum hiesigen Verfahren).
Hierbei
handelt es sich aber eben ganz offensichtlich nicht um eine einseitig
manipulierte
Willenshaltung. Das Verhalten der Jugendlichen lässt sich vielmehr ohne weiteres
aus
ihrem eigenen Erleben dieses eskalierten Konfliktes erklären. J… hat in der von
ihr
gelebten Beziehung zum Beteiligten zu 3. ausschließlich Ablehnung erfahren; sie
musste
erleben, dass ihre Eltern und in deren Gefolge das Jugendamt nie ernsthaft in
Erwägung
gezogen haben, dass diese Beziehung schützenswerte Aspekte haben könnte oder
vielleicht sogar in einer Weise motiviert ist, die Anlass gäbe, die
innerfamiliäre oder
persönliche Entwicklung der Jugendlichen zu hinterfragen, ohne zugleich und
ausschließlich unlautere Motive des Beteiligten zu 3. zu vermuten. Die
Jugendliche
konnte ersichtlich weder bei ihren Eltern noch beim Jugendamt – das im hiesigen
Verfahren nicht einmal den Versuch unternommen hat, diesen von J… glaubhaft
vermittelten Eindruck, dort werde ausschließlich die Elternlinie einer
unbedingten
Auflösung der Beziehung verfolgt, zu korrigieren - Verständnis für ihre Position
wecken;
sie fühlte sich verraten und verfolgt. In dieser Situation geriet der Beteiligte
zu 3. über
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längere Zeit natürlich zu einer exklusiven Vertrauensperson, der die Jugendliche
uneingeschränkt unterstützt hat. Daraus folgt aber noch nicht, dass die Haltung
J…s nicht
maßgeblich selbstbestimmt entwickelt wurde. Natürlich war und ist ihr Verhalten
nicht
durchweg vernunftgesteuert und teilweise realitätsfern, wie das Amtsgericht
zutreffend
ausgeführt hat. Allerdings lassen sich diese Auswüchse ganz abgesehen davon,
dass von
einer 14-/15-Jährigen (anders als von den beteiligten Erwachsenen) vernünftiges
und
weitsichtiges Verhalten gerade nicht unbedingt erwartet werden kann, ohne
weiteres mit
der Drucksituation erklären, in die sie sich – nicht zu Unrecht - getrieben
fühlte und in
der sie sich veranlasst sah, sämtliche Möglichkeiten (bis zu einem Antrag auf
Genehmigung der Heirat mit Vollendung des 16. Lebensjahres) auszuschöpfen, um
gegen den erklärten Willen ihrer Eltern die Beziehung mit ihrem Wunschpartner
fortsetzen zu können. Daraus aber rechtfertigt sich nicht die Annahme einer
ausschließlich oder mindestens überwiegend manipulativ fremdgesteuerten
Willenshaltung.
Entscheidend ist aus Sicht des Senates vielmehr, dass J… über alle
destabilisierenden
Faktoren in ihrer Lebensführung hinweg nach ihrer Rückkehr aus Südfrankreich und
auch
in und nach der besonders schwierigen Situation der geschlossenen Unterbringung
gerade nicht ausschließlich darauf rekurriert hat, ihre Beziehung mit dem
Beteiligten zu
3. fortzusetzen. Sie hat dieses Ziel zwar hartnäckig verfolgt, gleichzeitig aber
durchgängig eine klare Lebensperspektive für sich persönlich eingefordert. Dies
ergibt
sich aus dem umfangreich vorliegenden Schriftverkehr und insbesondere auch aus
den
persönlichen richterlichen Anhörungen der Jugendlichen im hiesigen Verfahren und
in
dem beigezogenen Unterbringungsverfahren. Sie wollte und will in die Schule
gehen, in
einer Jugendhilfeeinrichtung wohnen, ohne in Vollzug der Wünsche der
Sorgerechtsinhaber auf Schritt und Tritt kontrolliert zu werden, ob das
Kontaktverbot
auch eingehalten wird. Die Jugendliche hat sich selbständig des Beistands einer
Psychologin (jetziger Verfahrensbeistand) und eines Rechtsanwalts versichert,
die sie in
ihren Vorstellungen mit tatsächlich, psychologisch und rechtlich guten
Argumenten
grundsätzlich unterstützen. Die Jugendliche hat eigenverantwortlich
Jugendnoteinrichtungen gesucht und gefunden, die sie aufgenommen haben; sie hat
in
der jüngsten Vergangenheit in B… mit zahlreichen Betreuungseinrichtungen Kontakt
aufgenommen und versucht, für sich einen dauerhaften Aufenthaltsort zu
organisieren,
der die Wiederaufnahme des beabsichtigten stetigen Schulbesuchs aus einer
gesicherten
Wohnsituation heraus ermöglicht und sich dabei zumindest zuletzt nicht nur auf
die – von
ihr favorisierte und vom Jugendamt strikt abgelehnte – Form des Betreuten
Einzelwohnens konzentriert. Bis heute und trotz der wahrgenommenen Missachtung
ihrer
Darstellung zu den Ereignissen und Vorhaltungen gegen das Verhalten ihrer Eltern
wendet sich die Jugendliche weiterhin an die zuständige Mitarbeiterin des
Jugendamtes,
um eine gesicherte (Fremd-)Unterbringung zu erreichen.
Bei dieser Sachlage kann nicht die Rede davon sein, dass die Jugendliche
ausschließlich
darauf fixiert ist, um jeden Preis Kontakt mit dem Beteiligten zu 3. zu halten
und die
Paarbeziehung fortzusetzen. Ihr Verhalten trägt keine Züge einer mittlerweile
verfestigten Abhängigkeit; J… will die Beziehung zum Beteiligten zu 3. zwar
weiterhin
unbedingt leben, darüber aber ihre eigene sonstige soziale und schulische
Entwicklung
nicht hintanstellen; sie verfolgt auch insoweit sehr nachdrücklich eigene
Vorstellungen
und zeigt sich für ihr Alter und angesichts der seit langem auf ihr lastenden
Ungewissheit
außerordentlich selbständig und ausgestattet mit einem großen
Selbstbehauptungswillen.
Sie ist erkennbar nicht bloße Marionette des Beteiligten zu 3. und Instrument
dessen
Machtkampfs mit den Kindeseltern; von einer (krankhaften) Selbstisolation der
Jugendlichen kann keine Rede sein.
c)
Ein solcherart entwickelter und verfestigter Wille kann nicht übergangen werden,
ohne
dass daraus neues Gefährdungspotenzial für die Entwicklung der knapp 16-jährigen
J…
erwächst.
Die Beziehung zu dem Beteiligten zu 3. mag unerwünscht und sozial geächtet sein;
sie
ist aber grundsätzlich nicht (straf-)rechtlich sanktioniert, also nicht
schlechthin
„verboten“. Es gibt jenseits des sich sehr dynamisch unter tätiger Mithilfe
aller Beteiligten
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entwickelt habenden und konsequent betriebenen
Adoleszenzkonfliktes und dessen
Folgen aus dieser Paarbeziehung selbst keine ersichtlichen Gefahrenquellen für
die
Jugendliche (Verführung zu Alkohol und/oder Drogen; Abdriften in ein
[religiöses]
Sektierertum o.ä.), die eine nachhaltige Trennung erforderlich erscheinen ließe.
Bei dieser Sachlage ist die Verhängung und Durchsetzung eines Kontakt- und
Näherungsverbotes mit dem Ziel der endgültigen Zerstörung der Paarbeziehung
nicht das
geeignete und angemessene Mittel, den vorstehend unter (1) ausgeführten Gefahren
für
die Entwicklung J…s zu begegnen. Diese Gefahren erwachsen eben gerade nicht so
sehr
unmittelbar aus der Beziehung selbst, sondern ganz entscheidend aus dem
eskalierten
Konflikt, der sich um den Streit um die ungehinderte Fortsetzung derselben
entwickelt
hat. Dann aber ist es viel näher liegend, diese Beziehung aus der Heimlichkeit
und den
daraus abgeleiteten nachteiligen Folgen herauszuholen, also zu „legalisieren“
und der
Jugendlichen auf der Grundlage einer Akzeptanz dieser Beziehung einen Neustart
für die
Entwicklung eines stabilen sozialen Umfeldes mit gesichertem Obdach,
Schulbesuch,
Kontakt zu Gleichaltrigen, also all jenen Faktoren, die eine gedeihliche
Entwicklung einer
Jugendlichen erwarten lassen, zu ermöglichen. Der Senat ist sehr zuversichtlich,
dass das
gelingen wird; er ist jedenfalls der Überzeugung, dass die Durchsetzung des
Kontaktverbotes zum Beteiligten zu 3. das Selbstwirksamkeitsgefühl der
Jugendlichen
empfindlich treffen und die – für ihre Entwicklung weit größere - Gefahr von
Kompensationshandlungen birgt.
Nach alledem war das gegen den Beteiligten zu 3. verhängte Kontakt- und
Näherungsverbot aufzuheben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1, Sätze 1 und 3, Abs. 3 FamFG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2
FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.