Stellungnahme zum Bericht von Frau A, Klassenlehrerin von Z

 

vom 19.01.2004 auf Bitte und Fragen des OLG Frankfurt/Main vom 17.12.2003

 

 

Familiensache Herr X und Frau Y

am Amtsgericht Wiesbaden

Geschäftsnummer:

Richter Herr ...

 

OLG Frankfurt/Main, Aktenzeichnen .../03

Richter ...

Kind: Z, geb. ... .1991

 

 

 

 

Erarbeitung der Stellungnahme durch Peter Thiel

 

 

 

 

"Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage "

Goethe

 

 

Das OLG Frankfurt/Main bittet die Klassenlehrerin Frau A um Beantwortung von 10 Fragen. Bevor sich Frau A den Fragen des Gerichtes zuwendet, bringt sie eigene Überlegungen und Meinungen ein. Es stellt sich die Frage, inwieweit Frau A hierzu in ihrer Eigenschaft als Klassenlehrerin befugt und qualifiziert ist, da das OLG sie nicht als Sachverständige bestellt hat, der sicher ein weiter gefasster Rahmen für eigenständige Überlegungen zuzubilligen wäre.

Frau A schildert wie sie Z wahrgenommenen haben will: 

 

"Mir fiel vom ersten Unterrichtstage die verängstigte und verdüsterte Gemütslage des Schülers auf ... . Es gab immer neue Zusammenbrüche, die zusammenfielen mit vertraulichen Informationen von Mitschülern und Kollegen, dass der Vater Herr X den Stundenplan kenne, den Sohn in den Pausen im Schulhof abpasse und nach Schulschluss auf ihn warte. Das bringe Z völlig durcheinander, da er sich vor dem Vater fürchtet." (S. 1)

 

 

Wenn die Lehrerin schreibt: "Das bringe Z völlig durcheinander, da er sich vor dem Vater fürchtet.", wird nicht klar, wer diese Aussage trifft, die Lehrerin selber oder Kollegen von ihr. Wenn es Kollegen sind, so ist klar, dass die Lehrerin sich nicht an der Bitte des Gerichtes orientiert, sondern Meinungen anderer einbringt, wonach das Gericht nicht gefragt hat. Wäre es anders, hätte das Gericht z.B. fragen können: "Welche Meinungen haben andere Kollegen von der Situation?"

 

Frau A bringt ihre Meinung "... da er sich vor dem Vater fürchtet" als Tatsachenbehauptung vor, führt aber nichts an, was dieses Behauptung untermauern würde. Stattdessen gibt sie an: "Er (Z) erzählt fast nichts über sich selbst, ist aber gerade im Begriff, sich mir emotional zu öffnen". (S. 4) 

Woher will Frau A dann wissen, dass der Sohn sich vor seinem Vater fürchtet?

 

Es fällt auf, dass Frau A anlässlich des Elternabends vom 18.9.03 zwar allein mit der Mutter spricht, die Klassenlehrerin sich aber gleichzeitig verweigert, auch allein mit dem Vater zu sprechen: "... Ich aber auch nicht ohne die Mutter mit ihm zusammentreffen wolle." (S. 2)

Es ist wohl klar, dass dies der Vater nur als Affront gegen sich wahrnehmen kann, wenn die Lehrerin zwar mit der Mutter spricht, nicht aber mit ihm als Vater. Dies kann natürlich keine gute Basis für ein konstruktives Verhältnis von Lehrerin und Vater sein. Daher kann es auch nicht verwundern, wenn der Vater, so wie es Frau A schildert, sich möglicherweise in der Folge ihr gegenüber feindselig verhalten hätte: "... Meine Weigerung, den Vater allein zu empfangen, löste bei Herrn X außerordentliche Aktivitäten aus." (S. 2)

Frau A sollte sich dann auch nicht beklagen, wenn der Vater eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie einreicht, deren Bearbeitung Frau A die "gesamten Weihnachtsferien" (S. 5) in Anspruch nimmt.

 

Erst auf Seite 3 ihres Berichtes beginnt Frau A mit der Beantwortung der konkreten Fragen des Gerichtes.

 

Die Frage 2: "Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Eltern?" beantwortet Frau A nur hinsichtlich der Mutter. Anscheinend betrachtet sie den Vater nicht als Elternteil, sonst hätte sie seine Person sicher in die Beantwortung einbezogen.

 

Bei der Beantwortung der Frage 6: "Wie ist das Verhalten im Leistungsbereich ...?" fällt auf, dass Frau A leider statt bei einer sachlichen Beschreibungen zu bleiben, gleich ungefragt Kausalvermutungen anstellt, Lernschwierigkeiten von Z allein auf den Vater zurückzuführen: "Leider werden diese Fähigkeiten in ihrer Entfaltung immer dann gestört, wenn durch Z`s Vater besondere Aktivitäten gegen seine Mutter und seine Lehrer entfaltet werden." (S. 4), wobei Frau A offen lässt, wen sie mit "seine Lehrer" meint.

 

Statt bei der Beantwortung der gerichtlichen Frage zu bleiben verliert sich Frau A dann in weiteren Vermutungen und stellt ihre offenbar selbstgewählte Rolle als "Ermittlungsperson" dar: "Auf mein vorsichtiges Befragen, ob er etwas von den Aktivitäten seines Vaters wisse, verneint Z dies entschieden. Es liegt daher nahe, dass Z ein sensibles Kind ist, das auf geringste Anzeichen von Beunruhigung oder Befindlichkeitsstörungen seiner Bezugspersonen reagiert."

 

Zur Frage 9: "Welche schulischen Angebote werden neben dem Unterricht wahrgenommen ...?" gibt Frau A die Antwort: "Z macht von den neben dem Unterricht freiwilligen Angeboten der Schule keinen Gebrauch."

Statt es bei dieser kurzen und offenbar stimmigen Antwort zu belassen, holt Frau A weit aus und schildert in den folgenden 11 Zeilen Sachverhalte, die mit der konkreten Frage des Gerichtes nichts zu tun haben: "... Nach seinen (Z`s) Angaben, die mit denen der Mutter übereinstimmen, liegt ihm mehr daran, die Distanz zwischen Schule und Wohnung der Mutter möglichst schnell zu überwinden. ..." (S. 4)

 

Abschließend stellt Frau A dem Gericht noch einmal ihre Meinung zur Situation von Z inklusive einer ausschließlichen Schuldzuweisung an den Vater dar:

 

"Aus alledem ergibt sich, dass Z aus schulischer Sicht derzeit in einem Umfeld lebt, dass seiner Entwicklung förderlich ist und ihm Geborgenheit gibt, dass aber die Eingriffe des Vaters in den Beziehungskreis Schule den Jungen ängstigen und verunsichern. Die ständigen Versuche des Vaters, Einfluss auf die Lehrerschaft zu nehmen und sich so Einfluss auf den Sohn zu verschaffen, stören die Unterrichtsatmosphäre und das Sicherheits- und Geborgenheitsbedürfnis des Schülers." (S. 5).

 

 

 

 

Fazit: 

Neben den sachlichen Informationen, die sicher vom Gericht zu verwerten sind, scheint der Bericht von Frau A in weiten Teilen eher eine Dokumentation ihrer Befangenheit gegenüber dem Vater zu sein. Ob das Gericht damit etwas anfangen kann, erscheint hier zweifelhaft.

Frau A und Herrn X wäre im Interesse von Z zu wünschen, zu einer konstruktiven Form des Miteinanders zu finden. Dafür könnte eine Mediation sinnvoll sein, was auf diesem Weg wärmstens empfohlen wird.

 

 

 

 

Peter Thiel, 17.02.2004

 

 

 

 


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