Stellungnahme zum Gutachten der Diplom-Psychologin Melanie Alt vom 29.01.2004

 

Familiensache Frau X (Mutter) und X (Vater) 

am Amtsgericht Kusel

Geschäftsnummer: F 331/03

Richter: Frau Schlachter

Kind: A (Tochter), geb. ....1999

 

 

Erarbeitung der Stellungnahme durch Peter Thiel

 

 

Die hier vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf das vorliegende 67-seitige schriftliche Gutachten und ein insgesamt einstündiges Telefonat des Unterzeichnenden mit dem Vater.

 

 

 

Gerichtliche Fragestellung laut Beschluss vom 24.10.2003:

 

"Es soll Beweis erhoben werden über die Erziehungsfähigkeit beider Elternteile, insbesondere unter Berücksichtigung der Bindungstoleranzen hinsichtlich des Kindes A durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens."

 

 

 

Gemessen an der Frage des Gerichtes überschreitet die Sachverständige (SV) den ihr gesetzten gerichtlichen Auftrag, in dem sie sich ungefragt dazu äußert, welchen Lebensschwerpunkt das Kind zukünftig haben soll:

 

"... Aus diesem Grund wird gutachtlich vorgeschlagen, A`s Lebensschwerpunkt bei der Mutter zu belassen und dem Vater ein großzügigeres Umgangsrecht einzuräumen." (Gutachten S. 64)

 

 

Die SV hatte jedoch lediglich den gerichtlichen Auftrag, zur Frage der Erziehungsfähigkeit und der Bindungstoleranz Position zu beziehen, nicht aber in der Rolle einer Hilfsrichterin aufzutreten.

Wozu die SV mitteilt: 

 

"Die überlassene Gerichtsakte wurde unter psychologischen Gesichtspunkten analysiert" 

 

bleibt unklar, denn es dürfte wohl nicht möglich sein, dies auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen, da keine schriftlichen Analyseergebnisse vorliegen.

 

 

 

"Kindesvater" und "Kindesmutter"

Die Sachverständige verwendet zu Beginn in ihrem Gutachten die antiquierten, vormundschaftlichen und Distanz herstellenden Begriffe "Kindesvater" und "Kindesmutter" (S. 5), Begrifflichkeiten, die nicht geeignet sind, die Eltern als das zu sehen und zu fördern, was sie sind, nämlich Vater und Mutter (vgl. Kaufmann 1999). Glücklicherweise verwendet die SV im folgenden die zutreffenden Begriffe "Vater" und "Mutter", es scheint fast so, als ob das beharrliche öffentlichkeitswirksame Bemühen des Unterzeichnenden Früchte getragen hat, wenn eine Sachverständige, die offenbar der "Gesellschaft für wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie" (GWG) angehört, im weiteren auf die Verwendung der Begriffe "Kindesvater" und "Kindesmutter" verzichtet.

 

 

 

Formale Fragen

Die SV hat leider nicht angegeben, wann die Termine der von ihr durchgeführten Explorationsschritte, wie Fragebogenübergabe, Explorationsgespräche, Interaktionsbeobachtungen und Testdiagnostik (S. 5 und weiter im Gutachten) stattfanden. Dies ist ein fachlicher Fehler der einer Sachverständigen auf keinen Fall passieren sollte, da es zu den elementaren Anforderungen an ein Gutachten gehören sollte, den zeitlichen Ablauf erkennbar werden zu lassen. Ein Literaturverzeichnis ist in dem Gutachten leider nicht zu finden.

Die SV gibt an, einen Erziehungs- und Elternfragebogen an die Eltern ausgereicht zu haben (S. 16, 41). Leider gibt sie nicht an, von wem dieser "Erhebungsleitfaden" stammt, so dass niemand die Qualität dieses Fragebogen überprüfen kann, dem Gutachten ist der Fragebogen auch nicht beigefügt. Die mittels dieses Fragebogens von der SV ermittelten Ergebnisse dürften daher zum augenblicklichen Stand kaum verwertbar sein.

Etwas missglückt erscheint die Formulierung der SV: 

 

"Aus der am ... 1992 geschlossenen Ehe zwischen ...  und ... X ist das gemeinsame Kind A, geb. am ....1999 hervorgegangen." (Gutachten S. 7)

 

Kinder können wohl nicht aus Ehen "hervorgehen", so wie diese auch nicht der Klapperstorch bringt. Vermutlich wurde das Kind in der Zeit der Ehe der Eltern geboren, dies meint wohl die SV.

 

 

 

Einzelpunkte

Die SV gibt die Mutter mit den Worten wieder: 

 

"Sie könne verstehen, dass der Vater Sorge habe, den Kontakt zu A zu verlieren und habe deswegen auch schon häufiger das Gespräch mit ihm gesucht, um ihm klar zu machen (Hervorhebung P. Thiel), dass es für A wichtig sei, beide Elternteile lieb haben zu dürfen. Aus diesem Grund habe sie dann bei den zusätzlichen Besuchskontakten dabei sein wollen, einfach um zu vermeiden, dass A dann wieder so aufgewühlt werde." (Gutachten S. 9-10)

 

 

Die Mutter braucht sich nicht zu wundern, wenn sie mit dem Vater in Streit kommt, wenn sie meint, dem Vater etwas klar machen zu müssen. Der Vater ist kein kleines Kind, dem die Mutter in pädagogischer Absicht etwas klar zu machen hätte, sondern gleichberechtigter Elternteil, mit dem sie sich um einen konstruktiven Austausch bei wichtigen, das Kind betreffenden Fragen bemühen kann, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme eines kompetenten Beraters oder Mediators.

Ebenso ist es nicht die Aufgabe der Mutter die Kontakte zwischen Vater und Tochter zu überwachen, um, wie sie meint, 

 

"zu vermeiden, dass A dann wieder so aufgewühlt werde."

 

A wird dann aufgewühlt sein, wenn sie die Spannung der Eltern bemerkt, dies ist mit Sicherheit dann der Fall, wenn die Mutter als Kontrollperson den Kontakt zwischen Vater und Tochter "überwacht". Es wird also Aufgabe der Mutter sein, hier von ihrem gegenüber dem Vater offenbar bestehenden Kontrollbedürfnis loszulassen.

Den Vater als gleichwertige Erziehungsperson zu respektieren ist auch eine Frage der Bindungstoleranz, denn wer den jeweils anderen Elternteil herabsetzt, setzt auch dessen Beziehung zum Kind herab.

 

Die SV schildert dann unter der Überschrift "Termin mit A und ihrer Mutter in der GWG" einen Termin, der wahrscheinlich in der Praxis der Diplom-Psychologin Stefanie Stahl in der Saarstraße 58 stattgefunden hat. Wieso sie diese Praxis mit "GWG" bezeichnet, mit der offenbar die "Gesellschaft für wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie", deren Rechtsform hier nicht bekannt ist, mit Sitz in München, gemeint sein soll, bleibt unklar. Es mag sein, dass Frau Alt bei der GWG Mitglied ist oder in anderer Form assoziiert, gleichwohl ist nicht die GWG mit der Erstellung des Gutachtens betraut worden, sondern die SV Frau Alt.

 

Die SV bringt bei dem stattfindenden Kontakt das Kind in eine schwierige, nach unserem Dafürhalten unzulässige Situation. Die SV fordert das Kind auf für sich selbst und für die Eltern Puppen auszusuchen und diese dann so anzuordnen, wie es ihr am besten gefalle (S. 20). 

 

"A legt die Puppen für die Eltern nebeneinander, sich selbst neben der Mutter. Die SV legte dann die Puppen für die Eltern an entgegengesetzte Ende des Tisches und forderte A auf, ihre eigene Puppe nach ihren Wünschen zu platzieren. A überlegte kurz und legte ihr Püppchen dann zum Vater. ..."

 

Die SV bringt hier das Kind, das beide Eltern bei sich haben will ungefragt in eine Entscheidersituation, die das vierjährige Kind überfordern dürfte und wo zu fragen ist, ob dies nicht ein unzulässiger Übergriff der SV auf das Kind sei.

 

 

 

 

 

Kindeswille

Befragt sagt das Kind mehrmals, dass es beim Vater leben wolle (S.20-22). Ebenso ergibt sich bei dem von der SV durchgeführten "Schweinchenspiel" eine deutliche Präferenz der Tochter für den Vater (S. 22). Gleiches gilt für die Durchführung des FRT (S. 36), dann auch für das zweite Gespräch der SV mit A (S. 30-31) und bei der Drei-Wünsche Frage (S. 35). Um die von der SV offenbar nicht akzeptierten Äußerungen des Kindes zu relativieren, führt die SV dann unausgesprochen die Hypothese ein, A würde deshalb zum Vater wollen, um für ihn Verantwortung zu übernehmen. Die SV versucht dies mittels einer von ihr erzählten Geschichte klären: 

 

"A wurde dann wiederum mittels einer parallelen Geschichte zu einer möglichen Verantwortungsübernahme für ihren Vater gefragt. Hierzu schilderte die SV das innere Erleben eines Mädchens in einer ähnlichen familiären Situation. ...".(S. 33-34)

 

Nun erfahren wir leider nicht, was für eine Geschichte die SV dem Kind erzählt hat. Dies wäre aber wichtig zu wissen, um beurteilen zu können, ob die Geschichte geeignet ist beim Kind eine unzulässige Suggestion im Sinne einer Identifikation mit der handelnden Person auszulösen oder ob die Geschichte, wie erforderlich neutral formuliert ist und so Platz für unbeeinflusste Projektionen des Kindes zu lassen. Ob die SV hier nicht in unzulässiger Weise das Kind suggestiv beeinflusst hat, kann hier nicht geklärt werden. ...

 

Dass die Präferenzen des Kindes für den Vater möglicherweise auch mit dem Verhalten der Mutter gegenüber der Tochter zu tun hat, das die Tochter mit den Worten beschreibt: 

 

"Damit die Mama nicht mehr so rumschreit." (S. 32) 

 

wird von der SV wohl nicht in der gebotenen Gründlichkeit bedacht.

 

Die SV, die offenbar Probleme mit den durchgängig von A geäußerten Präferenzen für den Vater hat, versucht diese nicht nur umzudeuten, sondern auch damit wegzuerklären, in dem sie bezüglich des Ergebnisses im FRT meint:

 

"dass A, ebenso wie beim Schweinchenspiel (s.o.) die Testabsicht zumindest so weit durchschaut hat, dass der angestrebte semi-projektive Testcharakter nur noch sehr eingeschränkte Gültigkeit haben kann." (S. 36)

 

Im Klartext, dass vierjährige Kind durchschaut die Testabsichten und gibt Präferenzen zugunsten des Vaters, obwohl sie eigentlich in Wahrheit diese der Mutter zukommen lassen würde.

Wenn "Schweinchenspiel" und FRT selbst von vierjährigen Kindern derart leicht durchschaut werden können, dass dessen Ergebnisse "nur noch sehr eingeschränkte Gültigkeit haben", so fragt man sich, welchen Wert diese "Tests" in der familiengerichtlichen Begutachtung überhaupt haben können und ob es für die Frage was letztlich richtig oder falsch ist nur darauf ankommt, welche persönliche Meinung die Mutter dazu hat.

Unabhängig davon, warum das Kind nun den Vater präferiert, muss man sich vor Augen halten, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 2.4.2001 - 1 BvR 212/98, veröffentlicht in "Familie und Recht", 4/2002 zur Kenntnis gibt:

 

"... Zwar ist zu berücksichtigen, dass auch durch Beeinflussung eine echte und damit schützenswerte Bindung entstehen kann und deshalb die Disqualifizierung beeinflussten Kindeswillen nur dann gerechtfertigt ist, wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes die wirklichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend bezeichnen"

 

Die SV muss also, wenn sie meint, der Wille des Kindes wäre auf Grund einer Beeinflussung (durch den Vater?) zustande gekommen, zeigen, dass die wirklichen Bindungsverhältnisse anders sind, nämlich das Kind zur Mutter die "stärkeren" oder "besseren" Bindungen hat. Dies scheint der SV nicht gelungen, jedenfalls kann der Unterzeichnende dazu eine überzeugende Argumentation der SV im Gutachten nicht finden.

 

Es dürfte wohl nicht genügen, wenn die SV schreibt: "Aus psychologischer Sicht manifestiert sich hier, ebenso wie im Gespräch mit A, ihre Wut und Aggression auf die Mutter, die aus ihrer Sicht einem erneuten Zusammenleben der Familie im Wege steht." (S. 48-49)

 

Dies mag die freie Überzeugung der SV sein und als eine solche frei gewählte Überzeugung ist sie subjektiv und von daher nicht als wahr erwiesen. "Aus Psychologischer Sicht", das weiß man, wenn man mit Psychologen zu tun hat, gibt es bei einer Diskussion von drei Psychologen fünf verschiedene Meinungen, um es einmal überspitzt auszudrücken. Die SV sollte daher nicht mit dem Kompetenz suggerierenden Terminus "aus psychologischer Sicht" argumentieren, sondern etwas bescheidener mit "aus meiner Sicht" oder "aus Sicht der Sachverständigen".

 

In ihrer Beschreibung der Interaktion des Vaters mit seiner Tochter formuliert die SV: 

 

"Insgesamt konnten in der gesamten Interaktion keine negativen Auffälligkeiten festgestellt werden" (S.30). 

 

Wozu sie diese Bemerkung macht bleibt unklar. In der Beschreibung der Interaktion der Mutter mit ihrer Tochter finden wir einen solchen Satz nicht (S.18). Daher kann man annehmen, dass die SV dem Vater gegenüber ein bestimmtes Misstrauen entgegenbringt, was sich durch den Satz "Insgesamt konnten in der gesamten Interaktion keine negativen Auffälligkeiten festgestellt werden" manifestiert. Man könnte die Äußerung der SV auch als "freudschen Versprecher" interpretieren, sprachlich formuliert die SV Gedanken die ihrem Unbewussten entstammen: "negative Auffälligkeiten bezüglich des Vaters", abgemildert durch den Zusatz der SV: "konnten nicht festgestellt werden". Ähnlich wie in der Werbung dürfte aber die Formulierung "negative Auffälligkeiten" beim nicht reflektierenden Leser hängen bleiben. Das darf in einem Gutachten, dass sich der Objektivität verpflichtet sieht, nicht geschehen.

 

 

 

 

Zum Befund

In ihrem Befund erklärt die SV: 

 

"Hierbei richtet sich A`s Wut vorrangig auf die Mutter."

 

Aus dem Gutachten ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich A`s  Wut auch gegen den Vater richten würde, wie man aus der Formulierung "vorrangig auf die Mutter" schließen muss. Die SV hätte also korrekt formulieren müssen: 

 

Hierbei richtet sich A`s Wut ausschließlich auf die Mutter.

 

Es ist dabei völlig unerheblich, dass im Trennungsgeschehen eines Paares immer zwei Menschen beteiligt sind und es daher keinen Schuldigen und Unschuldigen gibt. Doch ein vierjähriges Kind hat seine eigene Logik und wenn die Mutter die Familie verlassen hat, kann das bei der vierjährigen Tochter dazu führen, die Mutter gefühlsmäßig als schuldig wahrzunehmen und die Wut auf sie zu richten.

 

Die SV schreibt: 

 

"Aus psychologischer Sicht hat Herr A der Mutter die Trennung sowie ihren Umzug nach Z noch nicht verziehen und ist darüber nach wie vor verletzt und wütend." (S. 58)

 

Dies, wenn die Wahrnehmung der SV denn richtig ist, braucht niemanden zu verwundern, denn die Trennung eines Paares, hier nach immerhin 11-jähriger Ehe, ist emotional nicht in einer paar Wochen zu verarbeiten.

 

Vergleiche hierzu:

Wolf, Doris: "Wenn der Partner geht ... Die seelische Bewältigung der Trennung", In: "Familie, Partnerschaft, Recht", 1997, H 1, 29-35

 

 

Hinzu kommt die Mitnahme des Kindes durch die Mutter, die zwar gerichtlich gebilligt wurde, emotional vom Vater jedoch nur als unerlaubte Kindesmitnahme empfunden werden kann.

 

Vergleiche hierzu:

Gutdeutsch, Werner & Rieck, Jürgen : "Kindesentführung: Ins Ausland verboten - im Inland erlaubt?"; In: "FamRZ" 1998, Heft 23, S. 1488-1491

 

Statt im regulären Verfahren eine Regelung des zukünftigen Betreuungsmodells durch die Eltern herbeizuführen, hat die Mutter in einer "Hauruckaktion" Fakten geschaffen. Dies dürfte kein gutes Zeichen für die erforderliche Bindungstoleranz der Mutter sein.

 

 

 

Bindungstoleranz

Zur Erziehungsfähigkeit der Eltern ist im weitesten Sinne auch die Bindungstoleranz zu zählen. Diese beinhaltet, den anderen Elternteil und seine Beziehung zum gemeinsamen Kind zu respektieren. Dazu dürfte auch gehören, sich mit dem anderen Elternteil bei ernsthaften Kommunikationsstörungen um eine fachliche Begleitung, z.B. in einer Familienberatungsstelle zu bemühen. Anfang 2002 haben beide Eltern dies noch in einer fünf Sitzung umfassenden Eheberatung getan, die von der Mutter aber dann abgebrochen wurde.

Die SV meint, dass die Bindungstoleranz des Vaters in Frage zu stellen wäre (S. 64) und begründet dies damit, dass Herr X "die mütterliche Erziehungskompetenz der Mutter sehr grundlegend bezweifelt".

 

Nun ist der Zweifel eines Elternteils an der Erziehungskompetenz des anderen Elternteiles nicht das selbe wie Bindungstoleranz. Ich kann als Elternteil durchaus meine Zweifel an der erzieherischen Kompetenz des anderen Elternteils haben und nicht selten ist dies auch zutreffend und gleichzeitig eine grundlegende Bindungstoleranz besitzen, indem ich die Beziehung des Kindes zu dem anderen Elternteil achte und respektiere. Eine Gleichsetzung wie hier von der SV getan verbietet sich daher.

 

Leider hat die SV kein gemeinsames Gespräch mit den Eltern geführt, so dass sie nicht ersehen konnte, wie beide im direkten Kontakt miteinander kommunizieren. Daher bleiben auch ihre Aussagen zur Bindungstoleranz wenig überzeugend. Die SV konnte so auch keine Prognoseeinschätzung geben, wie sich die Kommunikation der Eltern im Interesse ihres gemeinsamen Kindes entwickeln könnte und wie möglicherweise bestehende Defizite zu beheben wären.

 

 

 

Kontinuitätsprinzip

Hinsichtlich der Tatsache, dass das Kind seine ersten vier Lebensjahre im derzeitigen Haushalt des Vaters aufgewachsen ist, fehlt eine diesbezügliche Diskussion seitens der SV. Der Vortrag des Amtsgerichts Kusel, dass die Mutter die Hauptbezugsperson des Kindes sei, wird von der SV nicht verifiziert. Diese gerichtliche Begründung war aber für das Gericht Anlass, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig auf die Mutter zu übertragen. Hätte sich nun in der Begutachtung herausgestellt, dass die Mutter nicht die Hauptbezugsperson sein, sondern der Vater oder beide Elternteile gleichwertige Bezugspersonen seine, hätte die SV daraus entsprechende Schlüsse ziehen können. Nun mag man einwenden, dass das Gericht nicht danach gefragt hat, welche Betreuungsregelung dem Kindeswohl am dienlichsten sein könnte, sondern es hat ausschließlich nach der Erziehungsfähigkeit der Eltern und deren Bindungstoleranz gefragt. Die Bindungstoleranz der Mutter ist angesichts der Art und Weise ihres Auszuges und der Mitnahme des Kindes derzeit wohl eher als ungünstig anzusehen.

 

 

 

Peter Thiel, 02.03.2004

 

 

 

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