Stellungnahme zum 72-seitigen Gutachten des Diplom-Psychologen Frank Uhlemann vom 26.07.2007

 

 

Familiensache: X

 

Kind: A geboren: ... .2000

 

 

Amtsgericht Pankow/Weißensee - Richterin Ehrig

Geschäftsnummer: 20 F 5879/06

 

 

 

 

Erarbeitung der Stellungnahme durch Peter Thiel

 

 

...

 

Gerichtliche Fragestellung laut Beschluss vom 08.02.2007:  

„... soll ein psychologisches Gutachten eingeholt werden zu der Frage, wie der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind im Interesse des Kindeswohls ausgestaltet sein sollte.“

 

Zitiert nach Gutachten S. 1

 

 

 

 

 

I. Vorbemerkung

 

Der Diplom-Psychologe Frank Uhlemann eröffnet sein schriftliches Gutachten mit dem Vortrag:

 

„In der das Kind A betreffenden Familiensache wird aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 08.02.07 gemäß der gerichtlichen Fragestellung das angeforderte psychologische Sachverständigengutachten erstattet.“ Gutachten S. 3

 

 

Der Gutachter hätte den Sachverhalt ohne Redundanzen so schreiben können:

 

In der das Kind A betreffenden Familiensache wird aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 08.02.07 ein psychologisches Sachverständigengutachten erstattet.

 

 

Doch warum einfach, wenn es auch umständlich geht.  

Der Satz  des Diplom-Psychologen Frank Uhlemann ist auch eine Tautologie, da es verfahrenstechnisch gar nicht anders sein kann, als dass der Gutachter sein Gutachten:

 

 „aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 08.02.07“

 

und:

 

„gemäß der gerichtlichen Fragestellung“

 

 

erstattet. Würde der Gutachter andere Gründe, als die durch die gerichtliche Auftragserteilung offen liegenden anführen, so wäre klar, dass er nicht den Auftrag des Gerichtes erfüllt, sondern einen sich selbst gestellten Auftrag folgen würde, was ihm aber als gerichtlich bestellten Gutachter nicht zustünde.

 

 

 

Der Diplom-Psychologe Frank Uhlemann schreibt weiter:

 

„Das theoriegeleitete Vorgehen des Sachverständigen (SV) orientiert sich an den aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen (z.B. Balloff, 2004; Westhoff & Kluck, 2003; Dettenborn & Walter, 2002; Salzgeber, 2005)“

 

 

Dies ist ein Satz der dem Gericht wohl nicht sonderlich viel Aufklärung bringt. Im Gegenteil könnte man meinen, der Diplom-Psychologe Frank Uhlemann würde sich nur an „aktuellen wissenschaftlichen Veröffentlichungen“ orientieren, wobei von den sechs genannten Autoren die Autoren Ballof, Dettenborn und Walter in dem selben Verein, bzw. GbR namens „Institut Gericht und Familie“, aktiv waren oder sind.

 

Autoren anderer Veröffentlichungen wie:

 

Watzlawick, Paul; Beavin, Janet H., Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern, Stuttgart, Toronto 1969/1990  

Watzlawick, Paul; Weakland, John H.; Fisch, Richard: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003  

Watzlawick, Paul: "Die erfundene Wirklichkeit". Wie wir wissen, was wir zu wissen glauben. Beiträge zum Konstruktivismus", 1985, Piper Verlag, München

 

 

 

und andere Autoren neuerer Veröffentlichungen bleiben vom Gutachter ungenannt:

 

Bergmann, Elmar; Jopt, Uwe; Rexilius, Günter (Hrsg.): "Lösungsorientierte Arbeit im Familienrecht. Der systemische Ansatz in der familienrechtlichen Praxis"; Bundesanzeiger Verlag, Köln, 2002  

Fegert, Jörg M. : "Parental Alienation oder Parental Accusation Syndrome?

Die Frage der Suggestibilität, Beeinflussung und Induktion in Umgangsrechtsgutachten", In: "Kind-Prax", 1/2001, S. 3-7 und „Kind-Prax“, 2/2001, S. 39-42  

Figdor, Helmuth: "Scheidungskinder - Wege der Hilfe", Psychosozial Verlag 1997  

Jopt, Uwe; Zütphen, Julia: "Psychologische Begutachtung aus familiengerichtlicher Sicht: A. Entscheidungsorientierter Ansatz"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 9/2004, S. 310-321  

Jopt, Uwe; Zütphen, Julia: "Psychologische Begutachtung aus familiengerichtlicher Sicht: B. Lösungsorientierter Ansatz"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 10/2004, S. 362-376  

Kindler, Heinz; Drechsel, Annegret: "Partnerschaftsgewalt und Kindeswohl"; In: "Das Jugendamt", 2003, Heft 5  

Klenner, Wolfgang: "Essay über die Emanzipation des Kindes im Familienrechtsverfahren"; In: "Kindschaftsrecht und Jugendhilfe"; 2006, Heft 1, S. 8-11  

Klosinski, Gunther & Barth, G. M: "Signale von Not, Elend und Findigkeit: Zeichnungen von Kindern in Kampf-Scheidungsverfahren"; In: Zeitschrift für Musik-, Tanz- und Kunsttherapie", 13 (3), 129-139, 2002  

Laucht, Manfred: "Die Rolle der Väter in der Entwicklungspsychopathologie", In: "Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie", 32 (3), 235-242, Hogrefe-Verlag Göttingen 2003  

 

 

um nur einige zu nennen.

In Form eines Zirkelschlusses präsentiert der Gutachter an anderer Stelle seinen IGF Kollegen Harry Dettenborn:

 

„Zusammenfassend wird konstatiert, dass der Umgangswunsch (des Kindes - Anmerkung P. Thiel) als zielorientiert, stabil, intensiv sowie autonom (da die Beeinflussungsversuche nicht erfolgreich waren) zu bezeichnen ist, womit die Kriterien eines bedeutsamen Kindeswillen nach Dettenborn erfüllt sind.

Dettenborn, 2001, Kindeswohl und Kindeswille, S. 67“

 

 

 

Nun kann man sich allerdings fragen, wieso ausgerechnet Dettenborn die maßgebliche Instanz sein sollte, darüber zu entscheiden, was ein bedeutsamer Kindeswille wäre und was nicht. Vielleicht deshalb, weil Harry Dettenborn und der Diplom-Psychologe Frank Uhlemann der gleichen psychologischen Schule angehören und darüber hinaus auch noch im sogenannten „Institut Gericht und Familie“ aktiv sind oder waren.

 

Andere Autoren sehen das jedoch möglicherweise ganz anders.

 

Vergleiche hierzu:  

Flammer, August: "Kindern gerecht werden", In: "Zeitschrift für Pädagogische Psychologie". 17 (1), 2003, 1-12

 

 

 

   

 

II. Allgemeines

 

Auf die gerichtlichen Beweisfrage laut Beschluss vom 08.02.2007:

 

„... soll ein psychologisches Gutachten eingeholt werden zu der Frage, wie der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind im Interesse des Kindeswohls ausgestaltet sein sollte.“

 

 

antwortet Herr Uhlemann:

 

„Zusammenfassend wird festgestellt, dass es nach Analyse der Ergebnisse, wie sie in Kap. 6 dargestellt sind, dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn zunächst ein begleiteter Umgang installiert wird, der die Option zu einem Übergang in eine Begleitete Übergabe enthält.“, Gutachten S. 71

 

 

Herr Uhlemann sieht offenbar zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung einen Ausschluss des Umganges zwischen Kind und Vater aus Gründen des Kindeswohls für nicht erforderlich an. Auf der anderen Seite sieht der Gutachter aber auch einen unbegleiteten Umgang zwischen Kind und Vater als eine mit dem Kindeswohl nicht in Einklang zu bringende Möglichkeit.  

So kommt der Gutachter zu der Empfehlung an das Gericht, einen Begleiteten Umgang zu installieren. Das wäre in Bezug auf die entsprechende gesetzliche Bestimmung in §1684 BGB logisch in so weit korrekt, wenn man die beiden vorgenannten Optionen, unbegleiteter Umgang oder Umgangsausschluss für kürzere oder längere Zeit verwirft.

 

 

§ 1684 BGB Umgang des Kindes mit den Eltern

(1) ...

(2) ...

(3) ...

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, daß der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

 

 

 

 

Der Vortrag des Gutachters:

 

„Zusammenfassend wird festgestellt, dass es nach Analyse der Ergebnisse, wie sie in Kap. 6 dargestellt sind, dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn zunächst ein begleiteter Umgang installiert wird, der die Option zu einem Übergang in eine Begleitete Übergabe enthält.“

 

 

stellt eine weitere redundante Bemerkung dar. Dass ein Begleiteter Umgang immer eine Option auf einen unbegleiteten Umgang enthält, ist eine Binsenwahrheit, gerade so wie das Sonnenwetter an einem Tag immer eine Option auf Regen am nächsten Tag beinhaltet. Ob ein begleiteter Umgang dann aber tatsächlich in einen unbegleiteten Umgang übergehen kann, ist nicht mittels Prophezeiung oder Orakel zu klären, sondern kann nur an Hand der aktuell vorfindbaren Situation festgestellt werden. Die aktuelle Situation sieht aber derzeit - wie der Gutachter vorträgt - so aus, dass ein Umgang zwischen Vater und Sohn vorerst nur begleitet stattfinden kann. Ob in drei Monaten oder einem halben Jahr oder auch erst in zwei Jahren daraus ein Umgang erwachsen kann, bei dem lediglich die Übergabe des Kindes begleitet wird, kann man erst dann beurteilen, wenn es so weit ist, nicht aber heute im voraus festlegen.

 

Wenn der Gutachter aber schon redundant über die Option einer zukünftigen Begleiteten Übergabe spricht, dann müsste er auch redundant über die Option eines zukünftigen Umgangsauschluss sprechen. Das könnte sich dann so anhören:

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass es nach Analyse der Ergebnisse, wie sie in Kap. 6 dargestellt sind, dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn zunächst ein begleiteter Umgang installiert wird, der die Option zu einem Übergang in eine Begleitete Übergabe und die Option zu einem Ausschluss des Umgangs enthält.

 

 

Wenn der Gutachter das so formuliert hätte, wäre ihm sicher aufgefallen, dass es sich um eine redundante Formulierungen handelt. So ähnlich wie in dem sinnigen Spruch:

 

Kräht der Hahn auf dem Mist,

ändert sich das Wetter

oder bleibt wie es ist.

 

Der Gutachter begründet seinen Vorschlag, einen Begleiteten Umgang einzurichten damit dass,

 

-

-

-

 

 

 

Nun ist es allerdings so, dass im Jahr 2005 durch das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg bereits ein Begleiteter Umgang eingerichtet wurde, der von Frau Karin Mühlich bei „Zusammenwirken im Familienkonflikt“ durchgeführt wurde. Diese Maßnahme wurde offenbar seitens des Vaters nach 6 Terminen abgebrochen (Gutachten S. 4. und S.31 ).

Daraus ergibt sich die Frage, welche Gründe für den Abbruch maßgeblich waren, welche Anteile der Vater daran hat und ob aktuell ein erneuter Abbruch eines hier vom Gutachter vorgeschlagenen Begleiteten Umganges stattfinden könnte. Mithin stellt sich also die Frage, ob ein Begleiteter Umgang, der ja auch eine kostenintensive Maßnahme seitens des die Finanzierung übernehmenden Jugendamtes ist, angezeigt ist?

 

 

 

Vor einer Beantwortung der gerichtlichen Beweisfrage formuliert der Gutachter mehrere von ihm so genannte „Psychologische Fragestellungen“.

...

 

 

 

 

 

Peter Thiel, 19.09.2007

 

 

 

 

Stellungnahme zum Gutachten wurde nicht abgeschlossen.

 

 

 

 

 

 


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