Stellungnahme zum Gutachten des Diplom-Psychologen Dr. Dr. habil. Wolfgang Vehrs vom 24.05.2004
bezüglich des Auftrages des OLG Bamberg vom 29.01.2004
Familiensache A (Vater) und B (Mutter)
Amtsgericht Bayreuth
Geschäftsnummer: ...
Richter: ...
Kind: X (Mädchen) geb. ...1997
Erarbeitung der Stellungnahme durch Peter Thiel
...
Die hier vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf die vorliegende 37-seitige "ergänzende psychologische Stellungnahme" des Sachverständigen Dr. Vehrs und ein insgesamt knapp einstündiges Telefonat des Unterzeichnenden mit Frau B.
Gerichtliche Beauftragung durch das OLG
"Es ist das Gutachten des Sachverständigen Dr. Vehrs zu ergänzen.
a) Dem Sachverständigen wird aufgegeben, sich zu den gegen sein Gutachten in der Beschwerdeinstanz vorgebrachten Einwendungen, insbesondere zu dem vorliegenden Privatgutachten, zu äußern.
b) Ihm wird weiter aufgegeben, dazu Stellung zu nehmen, ob er das Ergebnis seines Sachverständigengutachtens auch nach der jetzt gegebenen Sachlage (Aufenthalt von X beim Vater und deren Veränderungswunsch) noch aufrecht erhält."
Stellungnahme
Der Unterzeichnende will mit der vorliegenden Stellungnahme auf einige aus seiner Sicht aufgetretene Fehler des Sachverständigen aufmerksam machen. Die im folgenden gegebene Stellungnahme nimmt nicht für sich in Anspruch, wissen zu wollen, was für die betreffende Trennungsfamilie der richtige Weg sei. Mit Sicherheit ist es für alle Beteiligten nicht gut, die Klärung des familiären Konfliktes juristischen Prozeduren überlassen zu wollen. Dies wäre sicher ein Irrweg. Statt dessen ist eine Klärung der Konflikte im Rahmen von Familienberatung dringend anzuraten. Adressen finden sich in der Nähe der Eltern. Im Internet u.a. unter www.dajeb.de oder www.bke.de (Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung und Bundeskonferenz für Erziehungsberatung). Sollte dies nicht geschehen, so wird auch das Kind die Last zu tragen haben, die seine Eltern ihm möglicherweise meinen zumuten zu können.
Zu Frage a) soll hier nicht Stellung bezogen werden. Dies kann das Gericht bei Bedarf sicher so lösen, dass es den Diplom-Psychologen ... um eine Stellungnahme bittet.
Bedauerlicherweise ist dem Kind im Verfahren gerichtlicherseits kein Verfahrenspfleger bestellt worden, der die Interessen des Kindes unabhängig von den Eltern hätte wahrnehmen können. So bleibt das Kind auf die widerstreitenden Interessen der Eltern angewiesen und auf die Hoffnung der Sachverständige möge neben seinem gerichtlichen Auftrag auch noch die Vertretung der Interessen des Kindes übernehmen. Eine solche Rollenvermischung ist aber nicht vorgesehen, so dass sich die Frage stellt, wie in dem vorliegenden Verfahren die Interessenvertretung des Kindes sichergestellt wird.
Auch wenn es für die wesentlichen hier interessierenden Fragen von nachgeordneter Bedeutung ist, sei kritisch darauf hingewiesen, dass der Sachverständige (SV) in seinem Gutachten durchgängig die antiquierten, vormundschaftlichen und Distanz herstellenden Begriffe "Kindesvater", "Kindesmutter" und "Kindeseltern", Begrifflichkeiten, die nicht geeignet sind, die Eltern als das zu sehen und zu fördern, was sie sind, nämlich Vater und Mutter (vgl. Kaufmann 1999). Es fragt sich, ob der SV, falls er selber Vater wäre, sich von anderen Menschen mit Kindesvater bezeichnen lassen würde. Das Oberlandesgericht Bamberg ist glücklicherweise auf der Höhe der Zeit und verwendet in seinem Auftrag vom 29.01.04 an den Sachverständigen die richtige Bezeichnung.
Der SV teilt mit, dass er in Bearbeitung des gerichtlichen Auftrages Teil b) "zusätzliche Untersuchungen zur Aktualisierung des Sachstandes durchführt. Es wurden hierzu jeweils ein Einzelgespräch mit den Kindeseltern sowie zwei Untersuchungstermine mit dem Kind X durchgeführt." (S. 3)
Es fällt auf, dass der SV keine gemeinsamen Gespräche des jeweiligen Elternteils mit dem Kind geführt hat. Auch ein gemeinsames Gespräch des SV mit der Mutter, dem Vater und dem Kind fand nicht statt. Statt dessen mühte sich der SV, in Einzelgesprächen mit den Beteiligten so etwas wie die Wahrheit zu erfahren, wobei jeder der familienpsychologisch oder familientherapeutisch tätig ist, wissen dürfte, dass "die Wahrheit" in der gemeinsamen Interaktion von den Beteiligten konstruiert wird.
Auf Grund dieses isolierten Vorgehens durch den SV konnte dieser naturgemäß nicht erfahren, wie in der Interaktion von Vater und Tochter das Thema Wohnungswechsel der Tochter zur Mutter kommuniziert wird. Gleiches gilt für die Interaktion zwischen Mutter und Tochter von der der SV nichts berichten kann, was er selbst wahrgenommen hätte. So kann der SV wohl auch letztlich nicht viel darüber berichten, inwieweit die vom Kind vorgetragenen Wünsche seinen eigenen sind oder suggestiv durch die Mutter oder auch den Vater induziert werden.
So bleibt man auf die vom SV wiedergegebenen Aussagen der Eltern und der knapp siebenjährigen Tochter zurückverwiesen, die sie in der Begegnung mit dem SV macht. Dass die Aussagen des Kindes selbst ein Produkt der Interaktion des Sachverständigen mit dem Kind sind, liegt in der Natur der Sache. Es bleibt hier zu untersuchen, inwieweit es dem SV gelungen ist, in der Exploration und in der anschließend niedergeschriebenen "ergänzende(n) Psychologischen Stellungnahme" die für einen Sachverständigen gebotene Neutralität zu wahren.
Der SV schreibt: "Die KM betreibt die Rückkehr des Kindes nach ... und begründet dies mit dem veränderten Kindeswunsch, den das Kind von sich aus ihr und anderen gegenüber geäußert haben soll." (S.13)
Die verwendete Formulierung "betreibt" ist eine negativ wertende Formulierung. Der SV hätte stattdessen schreiben können: "Die KM hat beim Oberlandesgericht eine Überprüfung des Beschlusses des Amtsgericht Bayreuth beantragt. Dadurch will sie erreichen, dass das Amtsgericht eine Rückkehr des Kindes nach ... beschließt."
Abgesehen von der vom SV für die Mutter verwendeten negativ wertenden Formulierung, ist der Vortrag des SV aber auch schlicht überflüssig, weil das Gericht nicht danach gefragt hat, was ihm ohnehin schon bekannt ist, nämlich dass es einen Antrag der Mutter beim OLG gibt, mit dem eine Aufhebung des Beschlusses des Amtsgericht Bayreuth erreicht werden soll.
Der SV schreibt weiter: "Die von ihr (dem Kind, Anm. P. Thiel) vorgetragenen Argumente für einen Wechsel zur KM entsprechen nicht dem Erlebnisbereich eines Erstklässlers, sondern stellen unreflektierte von Erwachsenen übernommene Scheinargumente dar." (S. 13)
Hier stellt sich die Frage, was der SV unter einem Argument und einem Scheinargument versteht? Ein Scheinargument findet sich zum Beispiel in der bekannten äsopischen Fabel vom Fuchs und den Trauben. Der Fuchs sagt, nachdem er bemerkt, dass er die begehrten Trauben nicht erreichen kann: Diese Trauben sind mir viel zu sauer. Der Fuchs überspielt seine Enttäuschung mit der Behauptung, diese Trauben seien ihm viel zu sauer.
Der SV meint nun, dass die Tochter Scheinargumente von Erwachsenen übernommen hätte, womit er vermutlich ausschließlich die Mutter meint. Was sind nun die von der Tochter vorgebrachten Argumente, die der SV als von Erwachsenen übernommene Scheinargumente bezeichnet?
Es fällt auf, dass der SV bei der Begegnung mit dem knapp sieben Jahre alten Mädchen dieses als erstes offenbar gefragt hat, "warum sie wieder gekommen sei." (S. 24), gerade so als ob ein Mädchen in dem Alter von sich aus zu einem Psychologen gehen würde, um ihn von seinen Sorgen und Nöten zu erzählen. Sehr kindgemäß erscheint eine solche Vorgehensweise des SV nicht.
Der SV fragt sie dann noch einmal, "ob sie wisse, warum sie da sei" und stellt dann fest: "Auf Nachfrage meinte sie dann aber: ..." (S. 24)
Nun gibt der SV leider nicht an, was für eine Nachfrage er an das Mädchen gestellt hat. Es muss sich dabei offenbar um eine dritte hier von ihm nicht angegebene Frage sein, die er im Anschluss an seine vorhergehenden zwei diffusen Fragen stellt.
Nun stellt sich die Frage, was hat der SV eigentlich das Mädchen gefragt?. Eine Tonbandaufzeichnung des Gespräches zwischen SV und dem Kind scheint offenbar nicht zu existieren, so dass sich die Frage stellt, in wieweit überprüfbar ist, ob das, was der SV in seiner Darlegung vorträgt auch mit dem übereinstimmt, was in der Realität passiert ist.
Auch wenn der Unterzeichnende hier nicht für den Vater tätig ist, sei doch angemerkt, dass die Darstellung des SV "Auf die Frage, was ihr außer den `Lügengeschichten` vom KV noch nicht gefalle" (S. 25), die Frage aufwirft, ob der SV nicht auch hier die gebotene Fachlichkeit verlassen hat, indem er den Vater ungeprüft und indirekt als Lügner bezeichnet. In dem er aus einer Erzählung des Kindes eine "Lügengeschichte" des Vaters als gegeben voraussetzt und dies auch noch dem Kind mitteilt, erfindet der SV selbst "Wahrheit", was ihn für die Tätigkeit als Sachverständigen nicht gerade auszeichnet, um es einmal sehr zurückhaltend zu formulieren.
Auf die Frage des SV an das Kind, "warum es jetzt nicht mehr so schön sei" antwortet das Kind: "dass sie mit der Mama mehr spielen könne, ..." (S. 26).
Dies soll, folgt man dem SV offenbar ein Scheinargument sein, dass das Kind von Erwachsenen übernommen hätte. Der SV hätte dann prüfen müssen, ob es sich um ein Argument des Kindes handelt oder um ein von Erwachsenen übernommenes Scheinargument. Dies ist offenbar nicht geschehen.
Das Kind trägt dann vor: "Mit dem Papa spielte sie nicht, sondern sie gingen immer zu anderen Leuten. Oder die kämen zu ihnen, aber da spiele der Papa auch nicht mit, da spielten nur die Kinder mit. Dann gingen sie ins Schwimmbad, dann komme die, dann komme der, dann gingen sie da hin, aber sie hätten keine Zeit zum Spielen. Bei der Mama sei einfach mehr Ruhe." (S. 26)
Dem Sachverständigen nach sind das offenbar alles keine Argumente des Kindes, sondern von Erwachsenen übernommene Scheinargumente. Dass dies unzutreffend sein dürfte, liegt auf der Hand. Es müsste schon eine pathologische Mutter-Kind-Symbiose vorliegen, wenn das Kind sein eigenes Erleben mit dem seiner Mutter verwechseln würde. Dies scheint jedoch nach Lage der Dinge völlig unmöglich zu sein, noch zumal das Kind beim Vater wohnt und so einer eventuellen radikalen "Gehirnwäsche" seitens der Mutter gar nicht unterliegen kann.
Der SV versucht die Motivation des Mädchens auf "relevante Argumente" (S. 16) abzuklopfen und verkennt dabei möglicherweise, dass Kinder wie auch Erwachsene auch Gefühle haben, die sich einer rationalen Begründung weitestgehend verschließen. Nicht alles was gefühlsmäßig geäußert wird ist unsinnig, nur weil es sich möglicherweise nicht begründen lässt. So ist die Liebe und Verbundenheit zwischen Erwachsenen und die Liebe und Verbundenheit zwischen Eltern und ihren Kindern wohl am wenigsten mit rationaler Argumentation zu ergründen. Dies müsste auch dem SV bekannt sein, der immerhin eine Ausbildung als Diplom-Psychologe vorweisen kann.
Der SV steigt dann in eine Tätigkeit ein, die ihm nicht obliegt. Er macht sich ungefragt zum Erziehungsberater, Pädagogen oder Verfahrenspfleger für das Kind: "Der SV animierte das Kind, seinen Eltern auch zu sagen, was es wolle, z.B. dass es beim KV im Hause bleiben und nicht mehr fortgehen wolle." (S. 26)
Der SV schreibt weiter: "... Während sie dabei malte, suchte sie nach Begründungen, merkte aber wohl selbst, dass sie nicht überzeugend waren." (S. 26)
Nun erfahren wir vom SV leider nicht, was das denn für Begründungen gewesen sein sollen, nach denen das Kind gesucht haben soll. Oder, was hier wahrscheinlicher erscheint, der SV hat nur vermutet, dass Kind würde nach Begründungen suchen, die sie aber nicht ausspricht, wobei der SV dann vermutet, die nicht ausgesprochenen Begründungen wären wohl nicht überzeugen. Sollte dies so zutreffen, so würde der SV offenbar Autosuggestionen bei sich erzeugen, von denen er anschließend annimmt, dass sie der Wahrheit entsprechen. Sollte dies so zutreffen, so wäre damit die Qualifizierung des SV für seine Tätigkeit erheblich in Frage zu stellen.
Der SV bat dann das Kind, "etwas über die Schule zu erzählen. Auf die Frage, was sie in der Schule alles mache, zählte sie nach einer Pause auf: Turnen, Rechnen, aber nicht lesen. Dann wurden einige Rechenaufgaben bearbeitet, bei denen sie sich ziemlich schwer tat. Auf die Frage, ob ihr die Schule auch Spaß mache, gab sie an, dass sie schon seit langem lesen könne. Auf die Anmerkung des SV, dass sie ja zu Hause auch lesen könne, meinte V., dass sie es doof finde, dass sie es nicht in der Schule lernten." (S. 27)
Es stellt sich hier die Frage, welchem Auftrag der SV folgt. Offenbar nicht dem gerichtlichen, denn das Gericht hat den SV nicht damit beauftragt, das Kind über mögliche Nachteile beim Besuch einer Waldorfschule hinwegzutrösten (hier vom Kind vorgetragen, dass sie dort nicht lesen lernen würde.) . Der SV müht sich dann auch noch, dem Kind das Malen mit Wachsmalkreide schmackhaft zu machen, auch dies ist nicht aus dem gerichtlichen Auftrag herleitbar, sondern erweckt allenfalls die Vermutung, der SV würde Anhänger der Waldorfpädagogik sein, was die Frage aufwerfen würde, ob er in dem hier vorliegenden Fall hier nicht befangen sei.
Auch die Bewertung des SV: "Bedauerlicherweise wurden, wie sich aus den einschlägigen Angaben des Kindes herauslesen lässt, diese Kontakte (der Mutter zur Tochter, Anm. P. Thiel) nicht dazu genutzt, das Kind hinsichtlich einer positiven Bewertung des gegebenen schulischen Umfeldes zu stabilisieren.", (S. 15) deutet auf eine innere Verbundenheit des SV zur Waldorfpädagogik hin, die er im pädagogisch vorgetragenen Duktus auch von der Mutter zu erwarten scheint. Was aber, wenn ein Elternteil, wie hier möglicherweise die Mutter nicht von den angeblichen Vorzügen einer Waldorfschule zu begeistern ist? Vielleicht wäre es dann in der Vergangenheit günstiger gewesen, sich auf eine weltanschaulich neutrale öffentliche Schule für die Tochter zu einigen, als auf eine Waldorfschule, an der sich bekanntermaßen nicht selten die Gemüter, wohl nicht zu Unrecht, entzünden. Auf die Problematik der Waldorfschulen soll hier nicht weiter eingegangen werden, verwiesen sei dafür auf das empfehlenswerte Buch von Beckmannshagen, Fritz, einem ehemaligen Leiter der schulpsychologischen Beratungsstelle der Stadt Wuppertal: "Rudolf Steiner und die Waldorfschulen. Eine psychologisch-kritische Studie", Paul-Hans Sievers Verlagsgesellschaft mbH Wuppertal, 1984.
Im Family-Relations-Test erhält die Mutter vom Kind zwei Drittel der positiven Gefühlsangaben (S. 31). Dies ist aber für den SV nicht Anlass hier eine stärkere Verbundenheit zwischen Kind und Mutter festzustellen, er behauptet statt dessen, das Mädchen würde "ihr unmittelbares familiäres Umfeld idealisiert" darstellen. "Sie vermeidet es, den Personen ihrer Nähe negative Gefühlsbeschreibungen zuzuordnen. Wenngleich es in hohem Maße unwahrscheinlich ist, dass sie es so erlebt, stellt sie es so dar."
Es fällt dem Unterzeichnenden öfter auf, dass Sachverständige, wenn die von ihnen mittels FRT erhobenen Daten nicht mit dem übereinstimmen, was sie selber meinen wie es denn wirklich wäre, die Daten von ihnen einfach uminterpretiert werden. So scheint es auch hier zu sein, indem der SV die positiven Angaben zur Mutter als Idealisierungen des Kindes beschreibt.
Der SV schreibt: "X hat insbesondere im Spiel mit dem Scenotestmaterial erneut deutlich gemacht, was sie primär von ihren Eltern erwartet eine gegenseitige Wertschätzung und eine größere emotionale Nähe zu beiden. Solange ihr dies verwehrt bleibt, ist die Frage ihres Lebensschwerpunkts nachrangig und sie äußert sich hierzu mit persönlich wenig relevanten Argumenten, die sie weitgehend unreflektiert von anderen übernimmt" (S. 16)
Zuzustimmen ist dem SV dabei, dass sich Kind eine gegenseitige Wertschätzung der Eltern erhofft (siehe Beschäftigung mit dem Sceno-Material, S. 33-34), die bedauerlicherweise in der Realität derzeit wohl nicht anzutreffen ist. Der SV hat allerdings selber wohl außer wohlfeilen Worten nichts dazu beigetragen, die gegenseitige Wertschätzung der Eltern zu erhöhen, dies hätte er bei einer lösungsorientierten Arbeitsweise zumindest versuchen können, allerdings gehören dazu gemeinsame Gespräche mit den Eltern und nicht wie hier geschehen, jeweils isolierte Gespräche, bei denen keine wirkliche Begegnung zwischen den Eltern stattfinden kann.
Die Behauptung des SV, das Kind erwarte sich eine größere emotionale Nähe zu beiden Eltern, lässt sich zumindest aus der dargestellten Arbeit mit dem Sceno-Material wohl nicht entnehmen. Soweit hier ersichtlich hat das Kind zu beiden Eltern trotz der gespannten Elternbeziehung eine positive Gefühlsbeziehung und es dürfte daher Kaffeesatzleserei sein, zu behaupten, diese reiche dem Kind nicht und es wolle eine noch größere emotionale Nähe.
Zur Frage des Lebensschwerpunkts behauptet der SV "sie äußert sich hierzu mit persönlich wenig relevanten Argumenten, die sie weitgehend unreflektiert von anderen übernimmt" (S. 16)
Es ist schon weiter oben vorgetragen worden, dass nicht alles, was nicht argumentativ untermauert wird, deshalb unsinnig wäre oder nicht vorhanden. Deutlich wird jedenfalls auch im Gutachten, dass das Kind sich mehrfach deutlich dazu äußert, im Haushalt der Mutter leben zu wollen, dies ist unabhängig von einer rationalen Untermauerung ein klarer Fakt, der die entsprechende Würdigung verdient.
Schluss
...
Peter Thiel, 02.07.2004
...
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