Familiengericht

 

 

 

"Gottesurteil", Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert

 

 

 

 

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Sollte sich eine der hier namentlich genannten Fachkräfte ungerecht oder in unzulässiger Weise behandelt fühlen, so kann sich diese zur Klärung ihrer Einwände direkt an mich wenden. Der direkte Weg erspart der betreffenden Fachkraft möglicherweise Anwalts- und Gerichtskosten in erheblicher Höhe, so wie sie etwa der Diplom-Psychologe Klaus Schneider im Rechtsstreit mit Peter Thiel vor dem Landgericht Berlin hinnehmen musste.

Zur Frage der Zitierfähigkeit familiengerichtlich eingeholter Gutachten - Urteil des Landgerichtes Berlin vom 07.11.2006 - 16 O 940/05 - Landgericht Berlin - Rechtsstreit Diplom-Psychologe Klaus Schneider gegen Peter Thiel - Veröffentlicht auch in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 16/2007, 15.08.2007, S. 1324-1325

Auf Grund der an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, möglicherweise in Einzelfällen stattfindenden Zensur und der Beschneidung der Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte, erkläre ich vorsorglich, dass es sich auf meiner Internetseite - wenn nicht eindeutig von mir als Tatsache vorgetragen - immer um meine persönliche, verfassungsrechtlich geschützte Meinung handelt, die als solche naturgemäß weder wahr noch falsch sein kann. Mithin wird von mir auch ausdrücklich erklärt, dass es sich bei meiner Meinung, dass an einigen Amts- und Landgerichten, so z.B. beim Landgericht Frankenthal und beim Landgericht Hamburg, Zensur ausgeübt wird und die Informations- und Meinungsfreiheit zugunsten sich hier kritisiert sehender Fachkräfte beschnitten wird, um meine persönliche Meinung, nicht aber um eine Tatsachenbehauptung handelt.

 

Peter Thiel

Systemischer Berater, Systemischer Therapeut / Familientherapeut (DGSF), Verfahrenspfleger (SPFW Brandenburg) und Umgangspfleger 

26.01.2022

 

 

 

 

Schlüsselwörter

Anhörung, Antragsteller, Antragstellerin, Befangenheit, Beistand, Beschluss, Beschwerde, Besorgnis der Befangenheit, beschleunigtes Verfahren, Beweisbeschluss, Bezirksrevisor, Dissens, einstweilige Anordnung, elterliche Verantwortung, Elternkonsens, Familiengericht, Gehörsrüge, Gerichtskosten, Gesetz, hochstrittige Eltern, Hochstrittigkeit, Jugendamt, Jugendlicher, Kind, Konsens, Ladung, Mutter, Narzissmus, Nullsummenspiel, Ordnungsgeld, Ordnungshaft, örtliche Zuständigkeit, Paragraph, Patt, Rechtsanwalt, Richterrecht, sofortige Beschwerde, Streitwert, Sorgepflicht, Sorgerecht, Terminsgebühr, Umgangsrecht, Vater, Verfahrensbeteiligte, Verfahrensgebühr, Vormundschaftsgericht, Willkür, Zeugenentschädigung, Zwang, Zwangskontext, Zwangsgeld, Zwangshaft

 

 

 

 

Gleichnis des Buddhas vom reißenden Fluss

Eines Tages stand ich an einem tiefen und schnell dahinfließenden Fluss, in dessen Wasser Frauen, Männer und Kinder in Todesangst trieben und verzweifelt versuchten, sich an den im Fluss treibenden Baumstämmen festzuhalten. Die Menschen riefen um Hilfe, in der Hoffnung, dass da einer käme, sie aus dem Fluss an das rettende Ufer zu bringen.

Ich band mir ein Seil um die Hüften, band es mit dem anderen Ende um einen am Ufer stehenden Baum, stürzte mich in die Fluten und versuchte zu retten, wer immer auch seine Hand nach Hilfe ausstreckte. 

So verging die Zeit, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr.

Viele, denen es nicht gelang, die rettende Hand zu ergreifen, trieben vorüber, dorthin wo sich der Strom ins offene Meer ergießt. Ich habe  sie nie wieder gesehen.

Eines Tages dachte ich, woher nur die vielen Menschen kommen, die da so hilflos und voller Angst im Wasser treiben?

Ich machte mich auf den Weg flussaufwärts, bis ich an eine Stadt kam, wo ein Hochwasser die Brücke, die beide Teile der Stadt quer über den Fluss verband, hinweg gerissen hatte. An den Trümmern der Brücke standen Mütter und Väter mit ihren Kindern, die in den anderen Teil der Stadt auf der andere Seite des Flusses gelangen wollten. Die Eltern stritten lautstark und unerbittlich, wer denn als erster mit den Kindern mit dem einzigen noch vorhandenen und beschädigten Boot den reißenden Fluss durchqueren dürfe, um an das andere Ufer zu gelangen.

Daneben auf einer Tribüne standen Rechtsanwälte, Sozialpädagogen und Psychologen, Gutachter, Verfahrensbeistände, Familienrichter, Richter des Bundesverfassungsgerichtes und ranghohe Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums, die über das Kindeswohl und den Kindeswillen diskutierten und in schneller Folge Münzen warfen, um nach juristischen und psychologischen Kriterien und nach den Gesetzen des Zufalls zu bestimmen, welcher Elternteil mit dem Kind das beschädigte Boot besteigen dürfe, um damit den Fluss zu durchqueren und welcher dies allein und ohne Boot muss. Und so wie die Münze fiel, oft auf die Seite mit dem W, manchmal aber auch auf die Seite mit dem M so wurde es dann auch angeordnet. Die Richter des Bundesverfassungsgerichtes und die ranghohen Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums waren sichtlich zufrieden, wie vortrefflich sie es eingerichtet hatten, dass immer einer gewinnen und der andere verlieren musste. 

Der Fluss jedoch war tief und floss schnell dahin, die Strömung war stärker als der Wunsch der Menschen, an das andere Ufer zu gelangen, egal ob mit oder ohne dem beschädigten Boot. Und so trieben Mütter, Vater und ihre Kinder schließlich in dem Fluss in dem es keine Halten gab, flussabwärts, dorthin, wo sich der Strom schließlich ins offene Meer ergießt. Ich habe sie nie wieder gesehen.

Nun wusste ich, woher die Menschen kommen, die Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat in Todesangst im Fluss trieben und verzweifelt versuchten, sich an den im Fluss treibenden Baumstämmen festzuhalten, während flussaufwärts auf einer Tribüne Rechtsanwälte, Sozialpädagogen und Psychologen, Gutachter, Verfahrensbeistände, Familienrichter und Richter des Bundesverfassungsgerichtes über das Kindeswohl und den Kindeswillen diskutierten und Münzen warfen, um nach juristischen und psychologischen Kriterien und nach den Gesetzen des Zufalls zu bestimmen, welcher Elternteil mit dem Kind das beschädigte Boot besteigen dürfe, um damit den Fluss zu durchqueren und welcher dies allein und ohne Boot tun muss.

Da dachte ich, es wäre doch menschlicher und aussichtsreicher, dort oben am Fluss, die vom Hochwasser weggerissene Brücke neu aufzubauen, so dass die Menschen wieder trocknen Fußes von dem einen Ufer des Flusses an das andere gelangen könnten, genügend Helfer für den Brückenbau würden sich sicher finden. So ging ich zu der Tribüne auf der Rechtsanwälte, Sozialpädagogen und Psychologen, Gutachter, Verfahrensbeistände, Familienrichter und Richter des Bundesverfassungsgerichtes über das Kindeswohl und den Kindeswillen diskutierten und Münzen warfen, um nach juristischen und psychologischen Kriterien und nach den Gesetzen des Zufalls zu bestimmen, welchem Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen werden sollte und welchem nicht. 

Ich fragte, wer denn mit anpacken würde, eine neue Brücke zu bauen, da trat Stille ein. Ein Richter vom Bundesverfassungsgericht meinte dann: Wir haben keine Zeit und kein Interesse Brücken zu bauen, denn wir müssen über das Kindeswohl und den Kindeswillen diskutierten und Münzen werfen, um nach juristischen und psychologischen Kriterien und nach den Gesetzen des Zufalls und dem Willen des Bundestages und der Bundesregierung zu bestimmen, welchem Elternteil nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen werden soll und welchem nicht, welcher Elternteil also mit dem Kind  das beschädigte Boot besteigen dürfe, um damit den Fluss zu durchqueren und welcher dies allein und ohne Boot tun muss. So sind wir also sehr beschäftigt und sehr wichtige und unabkömmliche Leute und können uns nicht um solche Nichtigkeiten wie das Bauen von Brücken kümmern.

So wusste ich denn, so lange diese Leute mit dem kalten Herzen und dem fehlenden Verstand auf der Tribüne stehen, werden Mütter und Väter und ihre Kinder in dem Fluss, in dem es keine Halten gibt, verzweifelt um ihr Leben kämpfend, flussabwärts treiben, dorthin, wo sich der Strom schließlich ins offene Meer ergießt. 

Peter Thiel, Mai 2010

 

 

So wie das System der DDR ist auch das System der Familiengerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland mit seiner unausgesprochenen Behauptung, im System von erster Instanz, Beschwerdeinstanz und Bundesgerichtsbarkeit die Wahrheit herauszufinden, festzustellen und die Menschen in gute und weniger gute Eltern zu selektieren und mittels §1671 BGB ihres verfassungsrechtlich zugesicherten Pflichtrechtes auf elterliche Sorge zu berauben, tendenziell ein totalitäres System, das auch durch eine demokratisch-partizipative Bemalung um keinen Deut demokratischer wird. 

Zwar heißt es im Grundgesetz:

 

Art 6

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_6.html

 

 

 

Doch mehr als ein beschriebenes Stück Papier scheint das Grundgesetz nicht zu sein. 

Im übrigen auch völlig antiquiert, wenn die Ehe zur Norm erhoben wird, so dass es in Satz 4 angezeigt scheint, den "unehelichen" Kindern "die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern, statt einfach mitzuteilen, dass alle Menschen, mithin auch Kinder unabhängig von Status der Eltern, gleich sein sollen.

Und dass nur Mütter den "Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft" genießen sollen, zeigt einmal mehr, wie hoffnungslos veraltet das Grundgesetz ist.

Der größte Skandal ist aber, dass entgegen Artikel 6 Satz 2 Grundgesetz bis heute mittels §1671 BGB Eltern entsorgt werden. Dem beschämenden und unwürdigen Akt geht voraus, dass die Eltern - wie weiland bei den Römern die Gladiatoren in die Arena - mittels dieses unseligen Paragraphen in das Familiengericht getrieben werden, wo sie nun im Kampf auf Sieg und Niederlage kämpfen müssen und der narzisstisch-rigid geprägte deutsche Familienrichter sich in der Rolle des römischen Kaisers gefallend, den Daumen hebt oder senkt. Leben oder Tod.

 

Vergleiche hierzu:

Günter Rexilius: "In der Falle des Familienrechts oder: wie Trennungseltern verrückt gemacht werden", "Kind-Prax" 2/2003, S. 39-45

 

 

So muss man sich nicht wundern, wenn sich Eltern von einem Staat abwenden, der im Grundgesetz voin Menschenrechten schadroniert und in der einfachgesetzlichen Praxis Elternentsorgung betreibt, ohne dass dies im Einzelfall durch eine anderweitig nicht abwendbare Kindeswohlgefährdung gerechtfertigt sein könnte. 

Dabei gibt es seit Jahren positive Ansätze, die aber bei der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag, den Oberlandesgerichten, dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht auf taube Ohren stoßen, weil man dort nicht bereit ist, sich von der Ideologie der Elternselektion mittels §1671 BGB zu trennen.

 

Vergleiche hierzu:

Günter Rexilius: "In der Falle des Familienrechts oder: wie Trennungseltern verrückt gemacht werden", "Kind-Prax" 2/2003, S. 39-45

 

 

 

 

 

Kritik ist unerwünscht

Ähnlich wie in der DDR, so auch in der Bundesrepublik Deutschland, der Überbringer der schlechten Nachricht wird geköpft. Diese Tendenz ist totalitären Systemen immanent, die für sich in Anspruch auf Fehlerlosigkeit und den Besitz der Wahrheit reklamieren. 

Kritiker sind da nicht erwünscht, da das System ansonsten um seinen Unfehlbarkeits- und Machtanspruch fürchten muss.

So kommt es, dass es nur wenige öffentlich auftretende seriöse Kritiker der Gerichtsbarkeit gibt, denn dieses ist für die eigene Person nur selten förderlich, da sich der Kritiker einem riesigen, monolithisch erscheinenden Machtblock gegenüber sieht. Seriöse und kompetente Kritiker müssen daher über einen soliden physischen, psychischen und materiellen Unterbau verfügen, da es sonst leicht passieren kann, dass der Kritiker im dem ungleichen Kampf David gegen Goliath auf der Strecke bleibt.

 

Vergleiche hierzu:

Rolf Bossi: "Halbgötter in Schwarz. Deutschlands Justiz am Pranger", Frankfurt/Main, 2005

Rolf Lamprecht: Die Lebenslüge der Juristen. Warum Recht nicht gerecht ist.; Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008

Rolf Lamprecht: "Die Richterperson als Rechtsquelle. Biographische Eckdaten und subjektive Impulse: Von der Subjektivität der Rechtsfindung und der Angst der Richter sich selbst als Rechtsquelle zu entlarven.", In: "Betrifft: Justiz", März 2005, S. 14-20

Rolf Lamprecht: "Vom Mythos der Unabhängigkeit, über das Dasein und Sosein der deutschen Richter", 1995

J. Laurence Peter; Raymond Hull: "Das Peter-Prinzip oder die Hierarchie der Unfähigen nebst einer Fortsetzung von Laurence J. Peter - Schlimmer gehts immer. Das Peter-Prinzip im Lichte neuerer Forschung"; Verlag Volk und Welt, Lizenzausgabe 1989

Theo Rasehorn: "Kooptation - Zum Selbstverständnis des BGH-Präsidialrats", In: "Betrifft JUSTIZ", Juni 2001, S. 71-72

Egon Schneider: "Die Gerichte und die Abwehrmechanismen", In: "Anwaltsblatt", 6/2004, S. 333-338

 

 

 

Kritik ist erlaubt, aber doch bitte im privaten Wohnzimmer oder bestenfalls im engen Kreis unter ausgesuchten Kollegen. Wer mit Kritik an die Öffentlichkeit geht und dabei auch noch Ross und Reiter nennt, wird exkommuniziert und - so gut es denn eben geht - aus informellen und formellen Diskussion und Machtkreisen ausgeschlossen. 

Und so kann es nicht wundern, wenn ein bekannter Justizkritiker - wir wollen ihn Peter Thiel nennen, zufällig ist das sogar sein echter Name - nicht in den "Pankower Kreis zur interdisziplinären Zusammenarbeit im familiengerichtlichen Verfahren" aufgenommen wird, ein Kreis, der wohl in Anlehnung an das Cochemer Modell entstanden ist und - soweit bekannt - sich durch Selbstakklamation gebildet hat und am Leben erhält.

 

Jürgen Habermas beschreibt in seiner 1973 publizierten Schrift Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus Akklamation als Ausdruck allgemeiner politischer Apathie. Demnach würden politische Entscheidungen – die in Form von repräsentativer Demokratie durch die Wahlberechtigten weitgehend delegiert worden sind – keiner grundlegenden Beratung und Kritik mehr unterworfen; vielmehr herrsche ein von ihm so bezeichneter „staatsbürgerlicher Privatismus“[3] vor, der die formale Struktur politischen Handelns nur als Kehrseite einer weitgehend an öffentlichen Angelegenheiten desinteressierten Konsumentenhaltung (vgl. Hedonismus) abbilde:

https://de.wikipedia.org/wiki/Akklamation



„Der Zuschnitt formaldemokratischer Einrichtungen und Prozeduren sorgt dafür, daß die Entscheidungen der Administration weitgehend unabhängig von bestimmten Motiven der Staatsbürger gefällt werden können. Dies geschieht durch einen Legitimationsprozeß, der generalisierte Motive, d. h. inhaltlich diffuse Massenloyalität beschafft, aber Partizipation vermeidet. Der Strukturwandel der bürgerlichen Öffentlichkeit schafft für die formaldemokratischen Einrichtungen und Prozeduren Anwendungsbedingungen, unter denen die Staatsbürger inmitten einer an sich politischen Gesellschaft den Status von Passivbürgern mit Recht auf Akklamationsverweigerung einnehmen. Die privatautonome Entscheidung über die Investitionen findet ihr notwendiges Komplement im staatsbürgerlichen Privatismus des Staatsbürgerpublikums.“

Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973, S. 55f.

 

 

Nach einer Mitteilung zweier Aktivisten des Kreises, Rechtsanwalt Marcus Borgolte und Richter Arne Fock, hatte der Kreis im Jahr 2015:

 

-ca. 20 regelmäßige Teilnehmer:
→ 4 Richter (AG und KG);
→ 3 Rechtsanwälte;
→ 8 Mitarbeiter JA (RSD/EFB/ Vormund-schaft/JGH);
→ 2 psych. Sachverständige;
→ 3 Verfahrensbeistände

 

 

Eine Mitgliedschaft im engeren Sinne gibt es vermutlich nicht, wer drin ist ist drinnen, wer draußen ist, ist draußen.

Auf alle Fälle darf nicht jeder mitmachen, auch nicht wenn er oder sie erwiesenermaßen Fachkraft und Experte im Bereich Familienrecht und auch noch in Pankow beheimatet und tätig ist.

Wer mitmachen darf, dass entscheiden die, die schon drin sind. Natürlich einstimmig (Konsens), so ist gesichert, dass nur die reinkommen, die das Gütesiegel haben: Der/die passt mir ins Konzept.

Wer hier an Inzucht denkt liegt falsch, denn es fehlt das sexuelle Element. 

Der Berliner Familientherapeut und Sachverständige Peter Thiel machte sich die Mühe Mitglied in diesem Kreis zu werden. Am 05.02.2015 übersandte er Herrn Rechtsanwalt Marcus Borgolte eine erste Interessensbekundung zu einer Mitarbeit im Pankower Arbeitskreis. Drei Jahre passierte dann mehr oder weniger nichts, das Anliegen von Herrn Thiel zu bescheiden. Erst nach mehrmaligen Nachfragen gelang es im Jahr 2018 dem "Arbeitskreis" eine Antwort zu entlocken. Kein geringerer als der Vizepräsident des Amtsgerichts Pankow/Weißensee machte sich die Mühe mit wohlgesetzten Worten und bedauernd eine Absage zu erteilen.


"Ihr Wunsch nach einer Berufung zum Mitglied es Pankower Kreises wurde anlässlich des letzten Zusammentreffens des Pankower Kreises beraten. Zu meinem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Wunsch nicht konsensfähig war."
 

Gerhard Frenzel, Vizepräsident am Amtsgericht Pankow/Weißensee, Schreiben vom 18.04.2018

 

 

Nun weiß man als Außenstehender naturgemäß nichts über das Abstimmungsprozedere im "Pankower Kreis", doch eins ist sicher, Freimaurerlogen hat es schon immer gegeben, warum sollte es in Pankow anders sein.




 

 

 

Justiz und "Recht" als Krankheit

 

"Wir haben bisher nur Beispiele aus jenen Einrichtungen herangezogen, die Gofmann totale Institutionen nennt. Es gibt aber viele andere, weit weniger repressive Einrichtungen, die offiziell im Dienste des Wandels stehen, aber durch ähnliche Paradoxien den gewünschten Wandel verunmöglichen. So gilt die Psychoanalyse in einer bekannten, sarkastischen Definition als die Krankheit, für deren Behandlung sie sich hält - ein Aphorismus, der ihr paradoxes selbstrückbezügliches Wesen sehr gut umreißt, ... "

Watzlawick, Paul; Weakland, John H.; Fisch, Richard: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 2003; S. 93

 

 

Was Watzlawick über die Psychoanalyse berichtet, die Krankheit, für deren Behandlung sie sich hält, kann man auch auf die Justiz übertragen. Der Richter, der auf Einhaltung des Rechtes achten soll und dabei wie der Sonnenkönig Ludwig XIV. (1638-1715) - "L'État c'est moi - Der Staat bin ich!" - agiert, um sich selbst kreisend und sich selbst genügend. 

Die schlechte Nachricht zuerst. Der Zustand der Justiz ist schlimmer als ihr Ruf. So meinen erstaunlich viele Menschen das Bundesverfassungsgericht würde konsequent auf die Einhaltung der Verfassung achten, doch wenn man miterlebt hat, wie das Bundesverfassungsgericht jahrzehntelang nichtverheiratete Väter aus der elterlichen Verantwortung ausgesperrt hat und sich diesbezüglich erst durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf den rechten Weg bringen ließ, dann ist der Glaube an die Verfassungskonformität Karlsruher Richter dahin.

Der Glaube der Menschen an eine gut funktionierende Justiz und die Wirklichkeit sind mitunter meilenweit voneinander entfernt. Herbe Enttäuschungen der mit dem Rechtssystem ahnungslos in Berührung Kommenden, die erkennen müssen, dass sie eine Fata Morgana für die Wirklichkeit gehalten haben, sind daher vorprogrammiert:

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: 

Gesendet: Freitag, 2. Januar 2009 19:41

An: info@system-familie.de

Betreff: Re: ... 

 

Sehr geehrter Herr Thiel,

danke für Ihre Nachfrage.

...

wenn Sie mit "der Sache" das Leben mit den Kindern meinen, dann ist alles in Ordnung. Seit acht Jahren wohnen sie in zwei Wohnungen, weshalb ich den Begriff Doppelresidenz besser finde, als Wechselmodell. Ein Modell ist es ohnehin nicht. Seit fast vier Jahren wechseln sie wöchentlich. ... Die "Sache" mit den Gutachtenkosten ist am OLG beendet. Das Erinnerungsverfahren samt Richterablehnungen und Berichtigungsanträgen, Gehörsrügen und Gegenvorstellungen brachte mir die ansehnliche Sammlung von 25 Beschlüssen. Die Justiz hat konkludent erklärt - ausdrücklich habe das nur ich geschrieben und die Richter haben nie widersprochen - dass die Familienrichterin weniger intelligent war als ein Vierjähriger, weil sie sich das, was dieser verstanden hatte, von einer Psychologin hat erklären lassen.

Mich hat fasziniert, wie die Justiz funktioniert: Die Richter haben ignoriert, falsch dargestellt, einfach nur geschlampt - und teilweise kabarettreife Leistungen gezeigt. Intellektuell lag einiges unter dem Abiturniveau. ... Insgesamt habe ich aber nicht den Eindruck, dass man beim BVerfG erkennt, dass das deutsche Kindschaftsrecht bisweilen zu absurden Ergebnissen führen muss. Die Richter, so scheint mir, halten falsche Entscheidungen immer nur für Fehler durch falsche Rechtsanwendung. Dass das ganze System (§§ 1626a, 1671 BGB) unsinnig und ungerecht, dass das Verfahren ungeeignet und umständlich, und dass Gutachtergläubigkeit ein intellektuelles Armutszeugnis ist, sehen sie nicht. Wie absurd das Familienrecht bisweilen ist, sieht man, wenn man, den Begriff des natürlichen Rechts vor Augen, eine familiengerichtliche Entscheidung liest.

Aber nachdem ich in Hawkings Geschichte der Zeit gelesen habe, dass die Unordnung zunimmt, auch wenn der Mensch versucht, Ordnung zu schaffen, irritiert mich das Wirken der Justiz viel weniger. Sie bestätigt diese Aussage. Rechtsentropie ist aber wahrscheinlich für jeden Juristen schon begrifflich eine Horrorvorstellung, wenngleich kritische Stimmen immerhin von "Hypertrophie" oder "Glasperlenspielen" sprechen. Ich habe darüber einmal eine Weiterbildung für Familienrichter gemacht. Das war ganz interessant.

...

Ihnen alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

Und nun die gute Nachricht. Für jede Krankheit gibt es eine Medizin. Damit sind nun nicht etwa die Oberlandes- und Bundesgerichte gemeint, von der der ahnungslose Laie meint, sie würden die Gerichtsbarkeit der ersten Instanz und sich selbst wirksam kontrollieren. Nein, die Medizin heißt Öffnung. Öffnung geschlossener Systeme, sei es wie 1989 die Öffnung der DDR oder wie es heute notwendig ist, die Öffnung einer selbstrückbezüglichen und auf Rechthaberei und Arroganz gebauten Justiz, die, wie alle autoritären Systeme ihre Autorität auf Distanz und Macht gründet, nicht aber auf der Überzeugungskraft des Wortes, der Schrift und der eigenen menschlichen Wirkung und Beziehungsfähigkeit.

 

 

"Der Kampf ums Recht",

"Das Ziel des Rechts ist der Friede, das Mittel dazu ist der Kampf ... Das Preisgeben eines verletzten Rechts ist ein Akt der Feigheit, der der Person zur Unehre und dem Gemeinwesen zum größten Schaden gereicht, der Kampf um das Recht ist ein Akt der ethischen Selbsterhaltung, eine Pflicht gegen sich selbst und die Gemeinschaft."

von Ihring: "Der Kampf ums Recht", Vortrag vor der Wiener juristischen Gesellschaft, 1872

zitiert nach: Christoph Althammer: "Mediation als prozessuale Last"; In: "Juristenzeitung", 2/2006, S. 71

 

 

Der Krieg ist der Vater aller Dinge, heißt es bei Heraklit. Die Waffen nieder, nannte die Pazifistin Bertha von Suttner ihren 1889 erschienenen sozialethisch-pazifistischen Roman. Die oben zitierte Ansicht von von Ihring ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Grundhaltung, die sicher ganz wesentlich dazu beigetragen hat, dass in Deutschland im Jahr 1914 und im Jahr 1939 hochaggressive und inhumane Kräfte den Ersten und Zweiten Weltkrieg vom Zaun brachen, in dessen mörderischen Schlachten Millionen von Menschen hingemetzelt einen sinnlosen Tod starben. Solch eine gesellschaftliche Grundhaltung spiegelt sich naturgemäß auch in Gesetzen und in der Prozedur juristischer Verfahren wieder. 

Der real existierenden Familiengerichtsbarkeit des Jahres 2006 merkt man die von Ihringsche Weltanschauung des Kampfes um das Recht als Akt der ethischen Selbsterhaltung noch immer an. Im juristischen System wird, trotz einiger Reformbemühungen, noch immer den Kampf der Eltern belohnt und die Idee der Friedensstiftung sabotiert. So lädt der Eltern selektierende verfassungswidrige §1671 BGB die Eltern dazu ein, gegeneinander in den juristischen Kampf zu ziehen, Trennendes zu suchen und zu verstärken, um schließlich den anderen Elternteil juristisch aus seiner elterlichen Verantwortung zu entfernen. So schafft von Menschen gesetztes "Recht" Unrecht. 

Dass solche anachronistischen Paragraphen in der halbherzig geführten Kindschaftsrechtsreform von 1998 überhaupt noch Eingang in das Gesetz gefunden haben, "verdankt" man sicher auch solchen konservativen Juristen wie dem Frankfurter Juraprofessor Ludwig Salgo, der im Zuge der Kindschaftsrechtsreform massiv gegen die gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall eingetreten ist. 

 

vergleiche hierzu: 

Ludwig Salgo: "Zur gemeinsamen elterlichen Sorge nach Scheidung als Regelfall - ein Zwischenruf"; In: "FamRZ", 1996, Heft 8, S. 449 ff 

 

 

Mitunter gelingt es trotz vorhergehender ausreichender Bemühungen um eine außergerichtliche Konfliktlösung nicht, eine tragfähige und ethisch vertretbare Einigung zu erzielen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn ein Elternteil die außergerichtliche Konfliktlösung trotz angebotener Unterstützung durch Fachkräfte verweigert oder die Differenzen der Eltern, so z.B. zu einer bestimmten Betreuungs- oder Umgangsregelung unüberbrückbar erscheinen. Für diese Fälle ist das Familiengericht sicher der richtige Ansprechpartner. Allerdings begibt man sich auf den Holzweg, wenn man meint, hier mit überkommenen Mitteln der Juristerei akzeptable Ergebnisse erreichen zu können. Familiengerichtliche Verfahren, die die Betreuung, den Umgang oder Einzelfragen der elterlichen Sorge betreffen, sind eben keine "normalen" Rechtsverfahren, sondern müssen dem Vermittlungstyp "Friedenstiftung" zugeordnet werden.

 

vergleiche hierzu:

Heike Schulze: "Die Einführung von Verfahrenspflegschaft. Eine Reaktion auf strukturelle Paradoxien im Familiengericht?"; In: "Zeitschrift für Rechtssoziologie", 2005, Heft 2, S. 199-226

 

 

 

 

"Gottesurteil", Holzschnitt aus dem 16. Jahrhundert

 

 

 

Traditionell auf Gewinner und Verlierer (Elternselektion) ausgerichtete familiengerichtliche Verfahren können, spieltheoretisch gesehen als Nullsummenspiele betrachtet werden. Nullsummenspiele beschreiben in der Spieltheorie Spiele im verallgemeinerten Sinne, bei denen die Summe der Gewinne/Verluste aller Spieler zusammengenommen gleich Null ist. Alle Strategiespiele für zwei Spieler, bei denen es im Ergebnis nur auf Sieg, Unentschieden und Verlust ankommt, kann man als Nullsummenspiele auffassen, wenn man einen Sieg mit +1 Punkt, ein Unentschieden mit 0 Punkten und einen Verlust mit -1 Punkt wertet. Am Ende eines solchen Spiels ist die Summe immer Null (+1 + -1, oder 0 + 0, oder -1 + +1).

Ähnliches kennt man aus den massenmörderischen Stellungskriegen des 1. Weltkrieges oder aus jüngerer Zeit aus dem 1. Golfkrieg, wo sich der Irak und der Iran  in einem allgemeinen Gemetzel  und mit Hilfe von Waffen aus westlicher und sowjetischer Produktion - versuchten die Gurgel abzudrehen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Golfkrieg

 

Wenn selektionsorientierte familiengerichtliche Verfahren, so wie Fußball ein Nullsummenspiel darstellen, kann man fragen, was denn daran schlecht wäre, schließlich ist Fußball ein Sport, der Millionen begeistert, warum sollte dies nicht auch der Fall sein, wenn Eltern im familiengerichtlichem Raum um Sieg oder Niederlage kämpfen - übrigens eine der wenigen "Sportarten" in dem gesellschaftlich legitimiert Frauen und Männer gegeneinander kämpfen. 

Die Antwort ist recht einfach, während es im Sport um einen spielerischen, also von allen freiwillig Beteiligten grundsätzlich emotional positiv empfunden Kampf geht, bei der eine Niederlage in der Gegenwart durch einen Sieg in der Zukunft Erfolg ausgeglichen werden kann, geht es im selektionsorientierten familiengerichtlichen Verfahren, bei der die Teilnahme im Grundsatz nicht freiwillig, sondern aus der Not heraus entstanden ist, tendenziell um Sieg oder Niederlage für immer und ewig. Zwar gibt es bei einer Niederlage am Amtsgericht noch die Chance eines Sieges beim Beschwerdegericht, doch die Chancen sind hier statistisch gesehen minimal, während sie beim Rückspiel im Fußball statistisch gesehen bei 50 Prozent liegen.

Hinzu kommt die menschliche Beschädigung beider Eltern und natürlich auch der Kinder durch den auf Sieg und Niederlage ausgetragenen Kampf, in der sich der selektionsorientierte Familienrichter und der Tross der ihm ergebenen Zuarbeiter (Jugendamt, Gutachter und Verfahrenspfleger), in der Rolle eines Schiedsrichters wähnt, tatsächlich aber Beihilfe zur Kriegsführung und Ausschaltung eines der beiden Kontrahenten leistet. 

Die Alternative zu den an vielen Familiengerichten immer noch üblichen menschenbeschädigenden familiengerichtlichen Nullsummenspielen wäre die Einführung eines Win-Win-Spiel, ein Spiel bei dem alle gewinnen. Die Idee des Cochemer Modells ist von einem solchen Gedanken geleitet. 

Dass Win-Win Spiele mit den in heftige emotionale Konflikte verstrickten Eltern möglich sein können, wird von Anhängern des selektionsorientierten Ansatzes, zu denen man als einen seiner matt blinkenden Leuchttürme sicher den Frankfurter Juraprofessor Ludwig Salgo zählen darf, bezweifelt. Der Mensch ist schlecht, da kann man nichts machen, die Mauer wird noch in hundert Jahren stehen und ähnlicher Nihilismus, von diesen Gedankengängen werden die Anhänger des selektionsorientierten Ansatzes beherrscht.

Die Herstellung eines Win-Win Spieles ist ungleich schwieriger als die Herstellung eines Nullsummenspiels, was nebenbei bemerkt zu der Forderung führen muss, dass lösungsorientierte Fachkräfte besser bezahlt werden müssen als selektionsorientierte. Dennoch sind lösungsorientierte Interventionen, letztlich billiger, weil der Kampf bei Erreichung einer Lösung beendet wird, während der Kampf im einer selektionsorientierten Verfahren immer  zu offen oder verdeckt geführten Revanchekämpfen, Beschädigung aller Beteiligten einschließlich des Kindes oder zum häufig irreversiblen Kontaktabbruch zwischen Kind und einem Elternteil führt. 

 

 

 

 

 

Wir bauen auf und reißen nieder, so haben wir Arbeit immer wieder

Ein gutes familiengerichtliches Verfahren, könnte ein Verfahren sein, das erst gar nicht begonnen wird, weil die Beteiligten einen konstruktiven und auch preisgünstigeren Weg gefunden haben, ihre Differenzen beizulegen, Konflikte zu lösen und/oder Kindeswohlgefährdungen abzuwenden. Eine ähnliche Einstellung pflegte man im alten China. Dort wurde der Arzt nur dann bezahlt, wenn der Patient gesund war. Wurde der Patient dagegen krank, erhielt der Arzt kein Geld mehr. Das Interesse des Arztes war natürlich, dass der Patient schnell wieder gesund wurde, denn nur dann konnte der Arzt wieder Geld von ihm bekommen. In unserer angeblich modernen Gesellschaft hat man dieses Prinzip auf den Kopf gestellt. Hier verdienen die Ärzte nur dann etwas, wenn der Mensch krank ist oder sich wenigstens so fühlt. Auch die Sozialarbeiter, Familienrichter, Verfahrenspfleger, Rechtsanwälte und andere Fachkräfte verdienen nur an der kranken und streitenden Trennungsfamilie. Das mag drastisch und unfair gegenüber diesen mitunter auch engagiert arbeitenden und humanistisch eingestellten Fachkräften klingen. Dies ändert aber nichts daran, dass die Fachkraft arbeitslos würde und ohne Einkommen da stünde, wenn es keinen "Nachschub" an streitenden Eltern gäbe. Daher ist jeder jahrelange Streit von Eltern ein monetärer und beschäftigungspolitischer Segen für die Professionen. Dass das mittlerweile auch im sogenannten Gesundheitssystem die Grenzen der Finanzierbarkeit sprengt, steht auf einem anderen Blatt. Die Helfersysteme sind - kybernetisch gesehen - tendenziell als Selbstmordsysteme organisiert. Ähnlich wie der Krebs, der eine eskalierende Überproduktion von bestimmten Zellen darstellt, über kurz oder lang dazu neigt, dass der Wirtsorganismus, also der Mensch, stirbt und mit ihm letztlich auch die auf ihn angewiesenen Krebszellen. Dass die Gefahr besteht, dass der Wirt stirbt "weiß" aber die Krebszelle nicht und wenn sie es wüsste, würde sie ihr Verhalten dennoch nicht ändern, denn sie ist auf Vermehrung programmiert und hat keine Regelungen implementiert, die auf Ausgleich oder verträgliche Symbiose setzen.

Dass die Professionen danach bezahlt werden, wie gut es ihnen gelingt, den Konflikt der Eltern konstruktiv zu befrieden, davon sind wir heute noch weit entfernt, was nicht zuletzt daran liegt, dass die prägende gesellschaftliche und staatliche Mentalität sowohl in emotionaler als auch in fiskalischer Hinsicht immer noch die zu sein scheint: Koste es was es wolle, Hauptsache es wird nichts gelöst. 

Das liegt, wie schon angedeutet auch daran, dass es Interessengruppen gibt, die trotz anderslautender Bekundungen am Streit der Eltern interessiert sein müssen, da ihnen der vor Gericht ausgetragene Streit der Eltern die eigene wirtschaftliche Grundlage sichert. Um so mehr Streit, um so sicherer der eigene Arbeitsplatz und das Einkommen. Es ist kein Geheimnis, dass zu diesen Interessengruppen Rechtsanwälte, Sozialarbeiter, Verfahrenspfleger und die für eine Konfliktlösung ohnehin fast immer überflüssigen Gutachter gehören. Und last but not least, man sollte es gar nicht glauben, sogar die überlasteten und burn out bedrohten Familienrichter, wie Christoph Althammer bei seinen Überlegungen zum Verhältnis von Mediation und Familiengerichtsbarkeit zeigt:

 

"Das Beispiel England zeigt aber auch, dass gerichtsnahe Mediation den Geltungsanspruch der Gerichte selbst in Frage stellen kann. Geboren aus der Motivation, den Verfahrensrückstand vor den englischen Gerichten zu beseitigen und dabei effiziente und kostengünstige Alternativen anzubieten, hat gerichtsnahe Mediation dazu geführt, dass die Gerichte damit zu kämpfen haben, aus der schwindenden Fallzahl genügend Einnahmen zu gewinnen."

Christoph Althammer: "Mediation als prozessuale Last"; In: "Juristenzeitung", 2/2006, S. 74

 

 

Man kann davon ausgehen, dass familiengerichtliche Verfahren oder davor gelagerte durch Rechtsanwälte ausgetragene Schlagabtausche überwiegend von den nicht streitbeteiligten Steuerzahlern finanziert werden, da das Einkommen der bei den Anwälten oder Gerichten auftretenden Eltern zumeist unterhalb der Grenze liegt, bis zu der die Staatskasse Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die vom Bundesjustizministerium erstellte Beratungshilfestatistik (Berichtigte Fassung Stand 02.11.2005 für die Jahre 1981 bis 2004) gibt für 2004 die Summe der in 14 Bundesländern für Beratungshilfe aufgewandten Kosten mit 28,5 Millionen Euro an. Bremen und Hamburg sind dabei nicht berücksichtigt, da dort sogenannte öffentliche Rechtsberatungsstellen existieren und das Beratungshilfegesetz keine Anwendung findet.

 

Die Statistik ist veröffentlicht auf:

www.bmj.bund.de

unter der Rubrik Service/Statistiken/Beratungshilfe/Dokumente:Beratungshilfestatistik2004.pdf bzw. Beratungshilfestatistik2004.xls

 

http://www.bmj.bund.de/enid/8fc3e67815cf1c8430166485a9574445,0/Statistiken/Beratungshilfe_64.html

 

 

 

Die jährlichen Ausgaben für Prozesskostenhilfe werden für das Jahr 2003 auf 550 bis 600 Millionen € geschätzt. Dem Land Baden-Württemberg entstand durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) im Jahr 2003 ein Nettoaufwand von ca. 57 Millionen €. 46,8 Millionen € erhielten im Rahmen von Prozesskostenhilfeverfahren der Ordentlichen Gerichtsbarkeit beigeordnete Rechtsanwälte. In 85 Prozent aller Fälle betraf dies Familiensachen.

Der finanzielle Aufwand für Sachverständige wird mit 10 Prozent der Ausgaben für beigeordnete Anwälte geschätzt, hier also 4,7 Millionen € für den Bereich der Ordentlichen Gerichtsbarkeit. Hiermit lassen sich 1000 zumeist höchst überflüssige und miserabel geschriebene Gutachten zu je 4.700 € finanzieren. 

Mit 10,8 Millionen € werden die Ausgaben für die Gerichtskosten angesetzt, die infolge der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (im familiengerichtlichen Verfahren Verfahrenskostenhilfe) zu Lasten des öffentlichen Haushaltes gehen. 5,4 Millionen € werden für den Verwaltungsaufwand zur Prüfung der Prozesskostenhilfeanträge veranschlagt. 10,9 Millionen € flossen der Landeskasse aus Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung wieder zurück.

Je Verfahren ergab sich ein durchschnittlicher Aufwand von 902 €. Je Anwalt und Fall wurden durchschnittlich 743 € aus Mitteln der Justizkasse bezahlt.

Bei der bewilligten Prozesskostenhilfe entfielen allein 70% auf Familiensachen vor den Amtsgerichten. 36 % der landesweiten PKH-Bewilligungen betrafen Ehescheidungsverfahren. Interessanter- aber nicht überraschender Weise waren arme Eheleute, die sich scheiden ließen, zu 98 Prozent anwaltlich vertreten, da deren Kosten die Justizkasse im Wege der Prozesskostenhilfe vollständig übernahm. Eheleute die keine Prozesskostenhilfe in Anspruch waren dagegen nur zu 64 Prozent anwaltlich vertreten.

 

Der Rechnungshof des Landes Baden-Württemberg kommt zu dem Schluss:

 

"Der RH hält angesichts der prekären Lage der öffentlichen Haushalte eine Begrenzung des PKH-Aufwandes für geboten" (S. 21)

 

vergleiche hierzu: 

Prüfung der Prozesskostenhilfe in Baden-Württemberg - Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 13 / 4610, 19. 08. 2005 - http://www.landtag-bw.de/wp13/drucksachen/4000/13_4610_d.pdf

 

 

Auf die gesamte Bundesrepublik hochgerechnet, dürften die Ausgaben für Prozesskostenhilfe bundesweit jährlich über 500 Millionen € betragen, wovon ein erheblicher Anteil auf familiengerichtlich ausgetragene Streits entfällt. Damit wird ein üppiges Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte finanziert, von denen es am 1.1.2001 bundesweit immerhin 110.367 gab, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer waren (BRAK-Mitteilungen, 3/2001), auch wenn Anwälte immer wieder öffentlichkeitswirksam darüber stöhnen, dass die vom Staat ausgereichten Millionen für Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe für ihre Tätigkeit nicht kostendeckend wären. Da fragt man sich, warum die Anwälte sich dann nicht mehr um ihre selbstzahlenden Mandanten kümmern, denen das Geld ja ganz locker zu sitzen scheint oder sich nicht schlichtweg um einen anderen Job bemühen.

Man fragt sich auch, warum manche Rechtsanwälte, wie z.B. der Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Sattler (31.03.2006) in der U-Bahn-Station Kurfürstenstraße ein Werbeplakat mit folgendem Text plakatieren lassen:

 

"Scheidung Unterhalt Elterliche Sorge

...

ALG II-Empfänger haben regelmäßig Anspruch auf Beratungs- und Prozesskostenhilfe"

 

also öffentlichkeitswirksam darauf hinweist, dass man vom Staat Geldgeschenke in Form von Beratungs- und Prozesskostenhilfe zwecks juristischen Schlagabtauschs bekommt, wenn man als Empfänger von Arbeitslosengeld II ein geringes Einkommen hat? 

Der Anteil von Geringverdienern an juristischen Auseinandersetzungen in Deutschland ist vermutlich überproportional hoch ist, da deren juristisch ausgetragener Streit komplett vom Staat finanziert wird. Dies ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass in Deutschland immer mehr Menschen das Gefühl bekommen, dass sich eigene Leistung nicht mehr lohnt. Wozu eine teure Rechtsschutzversicherung abschließen, die ohnehin die Kosten von familienrechtlichen Auseinandersetzungen nicht übernimmt, wenn man den ganzen Streit kostenlos vom Staat finanziert bekommt?

Man muss sich jedoch fragen, ob nicht nur im Bereich der Gewährung von Prozesskostenhilfe dringender Reformbedarf besteht, sondern auch dort wo die besser verdienenden Betroffenen, die keine Prozesskostenhilfe erhalten, in Justiz und Anwälte investieren müssen, weil ihnen suggeriert wird, dort würde ihr Seelenheil zu finden sein.. Das dort in Millionenhöhe verausgabte Geld ist all zu häufig nur aus dem Fenster hinausgeworfenes und in die Anwaltskanzleien hineingeworfenes Geld, gerade noch dazu nützlich, eine sich selbst genügende juristische Maschinerie am laufen zu halten, anstatt eine konstruktive außergerichtliche Konfliktlösung zu suchen und damit in die konstruktive Reorganisation und in den Interessenausgleich der Trennungsfamilie zu investieren, der letztlich die einzig wirkliche Sicherung des Kindeswohls darstellt. 

Wenn wir in hochstrittigen Umgangs- und Sorgerechtskonflikten genau hinsehen, werden wir mit Sicherheit feststellen können, dass es vor allem Elternteile mit geringem Einkommen sind, die ihren jahrlangen juristischen Streit, in dessen Mühlen das Kind und schließlich auch die beiden Elternteile  zermahlen werden, über Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe vollständig vom Staat finanziert bekommen. 

Alternativen zu dem fruchtlosen Gezerre und Wettlauf der Eltern vor den Familiengerichten gibt es inzwischen genug, doch so lange destruktiver Streit der Eltern staatlicherseits belohnt wird, wird die Misere des Rechtsstaates für die Trennungsfamilien andauern und das vielbeschworene Kindeswohl eine leere Worthülse bleiben, die lediglich dazu dient, die Elternteil gegeneinander kämpfen zu lassen und zum eigenen Vorteil die eigenen Taschen zu füllen.

Klosinski hat an anderer Stelle darauf aufmerksam gemacht, wie der Wunsch nach Geld seitens der daran interessierter Professionen wie etwa Rechtsanwälte, dafür sorgt, dass der Streit der Eltern chronisch gehalten wird:

 

"Besonders tragisch sind all jene Fälle auseinandergehender Elternteile, die finanziell begütert sind. Verspricht doch ein lange und heftig geführter Kampf um das Kind einen nie versiegen wollenden Geldregen für den Anwalt."

Gunther Klosinski: "Beihilfe zum `Kindesweh` - vom Machtmißbrauch durch juristische Berater und Helfer bei Kampfentscheidungen", In: "Täter und Opfer: aktuelle Probleme der Behandlung und Begutachtung in der gerichtlichen Kinder- und Jugendpsychiatrie", Verlag Huber, 1995, S. 165

 

 

Entlastend für die Anwälte muss man allerdings sagen, dass es auch ganz wesentlich "der Staat" (Gesetzgeber) mit dem zum Elternkampf einladenden anachronistischen und verfassungswidrigen § 1671 BGB der einen gerichtlich angeordneten Sorgerechtsentzug ermöglicht, ohne dass eine Kindeswohlgefährdung besteht. Darauf aufbauend sind es oft auch Familienrichter die altem Selektionsdenken anhängen und die die Eltern dazu einladen, einen erbitterten Kampf mit der dazugehörigen Schlammschlacht "um das Kind" zu führen. Einen solchen Vorwurf werden die betreffenden Familienrichter - wie Pilatus - weit von sich weisen, gerade so wie die streitenden Elternteile von ihrer eigenen Opferrolle überzeugt sind und die Schuld immer nur beim anderen suchen.

 

 

 

Berliner Kurier

24. Oktober 2003

Berliner Amtsgerichte vor dem Kollaps

Schlecht für die Berliner: Verfahren können sich über zwei Jahre hinziehen

Berlin - Die Berliner Justiz, vor allem die Amtsgerichte, pfeifen auf dem allerletzten Loch: Diesen Eindruck vermittelten Richter und Personalratsvertreter der Justiz gestern im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Im gesamten Justizbereich (Amtsgericht, Landgericht, Kammergericht) gibt es eine Unterbesetzung von 792 Stellen, bilanzierte Gesamtpersonalratsvertreter Joachim Jetschmann: "Gemessen am Bundesschnitt fehlen beispielsweise 252 Richter und 158 Rechtspfleger, dazu 209 Schreibkräfte in den Geschäftsstellen. Wir arbeiten mit einer Unterbesetzung von rund 25 Prozent."

Die Folgen sind verheerend - vor allem in den Amtsgerichten wachsen auch durch die Änderung der Zivilprozessordnung die Aktenberge, Bearbeitungszeiten werden immer länger. Zwei Jahre Verfahrensdauer sind keine Ausnahme. Jetschmann: "Bei den Richtern schlummern 8044 unbearbeitete Akten, in den Geschäftsstellen 18 000 und in den Kanzleien der Gerichte noch einmal 51 879."

Das will Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) ändern: Durch kurze Wege sollen Bearbeitungszeiten kürzer werden. Dazu werden in den nächsten Monaten "Serviceeinrichtungen" gebildet, Geschäftsstellen und Kanzleien (hier wird die Schreibarbeit erledigt) werden dort zusammengelegt. Der Richter sitzt im Idealfall nebenan.

Doch umständliche Wege sind nicht die einzige Bremse in der Justiz: Vor allem fehlt es an Computern. Jetschmann: "Es gibt kaum einen Richter, der über einen funktionierenden PC verfügt."

Außerdem verzeichnen die Gerichte (vor allem die Familiengerichte) über enorme Krankenstände. Familienrichter Jürgen Plothe (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg): "Wenn es Stress gibt wie in Urlaubszeiten sind das 20 bis 25 Prozent." sn

 

 

 

Berliner Kurier

30.06.2003

Weil die Gerichtsverfahren viel zu lange dauern - Personalrat fordert:

Berlins Justiz braucht mehr Richter

BERLIN - Der Senat will morgen schmerzhafte Einschnitte in allen Ressorts beschließen. Die Belegschaft der Justiz warnt vor einem weiteren Kahlschlag.

Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates der Berliner Justiz, Joachim Jetschmann, zum KURIER: "Wir brauchen von nun an jährlich 255 Neueinstellungen für die Justiz. Der Senat und insbesondere Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) müssen dringend handeln, bevor die Sicherheit der zehn Justiz-Vollzugsanstalten (JVA) und die Arbeit in den Gerichten nicht mehr gewährleistet ist."

Überbelegt sind vor allem die JVA Moabit (+125%), Charlottenburg (+109%) sowie Tegel und Hakenfelde (jeweils 107 %). Jetschmann: "Jeder dritte Insasse müsste in eine neue Haftanstalt verlegt werden. Wir brauchen daher rasch den Bau der geplanten Einrichtung im brandenburgischen Großbeeren und ein neues Vollzugskrankenhaus."

Wenn diese Projekte nicht realisiert würden, müsste in der maroden JVA Moabit das Krankenhaus geschlossen werden. Auch die Haftanstalt Plötzensee erfülle nicht Standards, z.B. ausreichend Fahrstühle. Treppenhäuser seien zu schmal.

Zu spüren bekommt die Justiz-Misere nicht zuletzt der Bürger. Jetschmann: "Die Zahl der nicht bearbeiteten Zivilprozesse ist um 15 Prozent auf 65 000 gestiegen. Mitunter dauern Verfahren, in denen Miet- oder Unterhaltsangelegenheiten geklärt werden, drei Jahre." Jetschmann fordert daher jährlich 40 neue Rechtspfleger, 40 Richter und 75 Beamte in den Geschäftsstellen. Der Chef des Gesamtpersonalrates: "Ich bin stinksauer. In der Finanzverwaltung werden in diesem Jahr 300 neue Leute eingestellt, im Lehrerbereich 100. Der Finanzsenator hingegen lässt uns seit Monaten im Stich."

www.berliner-kurier.de

 

 

 

Berliner Justiz in miserabler Lage: 800 Stellen fehlen

Mehr als 85 000 Akten unerledigt / Jeder zweite Staatsanwalt würde am liebsten gehen

Von Jens Anker

Berlin - Schlechte Arbeitsbedingungen, fehlende Stellen, kaum zu bewältigende Aktenberge - die Lage in der Berliner Justiz ist katastrophal. Nach Angaben des Personalrates fehlen nach dem bundesweit gültigen Bedarfsschlüssel insgesamt 800 Stellen, darunter 252 Richter. In den Geschäftsstellen liegen demnach 23 000 Akten und in den Kanzleien 63 000 Akten unerledigt in den Amtsstuben. "In der Eingangsregistratur des Amtsgerichts Tiergarten sind zur Stunde 11 000 Posteingänge nicht registriert", klagt der Vorsitzende des Gesamtpersonalrates der Berliner Justiz, Joachim Jetschmann.

Nach dem Senatsbeschluss, auch die Justiz nicht mehr von den Sparbemühungen zu verschonen, besteht keine Aussicht auf Besserung. "Wir betrachten das als Kriegserklärung. Das wird die bestehenden Spannungen noch verschärfen", sagt Jetschmann der Berliner Morgenpost.

Jetschmann kritisiert wie auch die Parlamentarier im Untersuchungsausschuss zum Bankenskandal den Reformunwillen der Justiz. "Ich wünsche mir manchmal, dass eine Bombe in der Justiz einschlägt, damit alle bis hin zur letzten Richterin und zum letzten Richter wach werden", so Jetschmann. "Ich beklage sehr ernsthaft, dass die Gerichtspräsidenten und die Generalstaatsanwälte sich nicht an die Seite der Justizsenatorin Karin Schubert stellen und gezielt auf die Zustände der Justiz hinweisen."

Der Vorsitzende des Banken-Untersuchungsausschusses, Frank Zimmermann (SPD), hat die Justizverwaltung aufgefordert, die Gerichte besser auszustatten, damit die Verfahren gegen angeklagte Bankmanager endlich stattfinden können. "Wegen der überragenden öffentlichen und politischen Bedeutung des Bankenskandals müssen die Verfahren vorgezogen werden", sagte Zimmermann.

Eine Umfrage unter Staatsanwälten in der Hauptstadt hat ergeben, dass fast jeder zweite Ankläger der Verwaltung am liebsten den Rücken kehren würde. Die Stimmung unter den Staatsanwälten sei "gespenstisch", sagt Vera Junker von der Vereinigung der Berliner Staatsanwälte.

Berliner Morgenpost 14.12.03

www.berliner-morgenpost.de

 

 

 

Im allgemeinen dürfte ein Richter am Amtsgericht im Zivilrecht im Jahr zwischen 600-700 Fällen bearbeiten.

 

vergleiche hierzu:

Bernd Müller-Christmann: "Zivilgerichtsbarkeit - Oberlandesgericht", In: "Die Praxis des Richterberufes", Müller-Graff/Roth, Hrsg., Berlin Verlag Arno Spitz, 2000, S. 16

 

Im Jahr 2001 hatte demgegenüber ein konkreter Familienrichter am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg 529 Eingänge familiengerichtlicher Sachen und im Jahr 2002 einen Bestand von 824 Sachen zu verzeichnen, (vgl. FamRZ 2005, Heft 5, S. 338). Der Richter hatte sich daraufhin mit einem Prüfungsantrag an den Bundesgerichtshof gewandt, weil er auf Grund miserabler Arbeitsbedingungen seine richterliche Unabhängigkeit gefährdet sah.  

Gleichzeitig gibt es Gutachter, die den Familienrichter mit schriftlichen Gutachten von über 100 Seiten versorgen. Oder gar mit einem 263-seitigem Gutachten wie die Diplom-Psychologin Sigrid Friedrich (03.09.2003). So überlastet scheinen die Richter offenbar nicht zu sein, wenn sie sich bei der Anzahl der ihnen zugewiesenen Fälle auch noch mit hundertseitigen Gutachten abgeben, es sei denn man unterstellt, die Richter lesen die hundert Seiten gar nicht, dann fragt man sich allerdings, ob das Gutachten überhaupt verwendbar ist.

Während der Staat das Geld für zumeist überflüssige Gutachten aus dem Fenster wirft, fehlt es woanders an allen Ecken und Enden.

So etwa wenn am Amtsgericht Weiden Richter Windisch die Diplom-Psychologin Marianne Schwabe-Höllein als Gutachterin beauftragt wird, die den Auftrag kurzerhand an eine Diplom-Psychologin Arnika Wendler delegiert, und man gleichzeitig in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle der Diakonie in Weiden in der Oberpfalz erst nach dreizehn Monaten Wartezeit einen Beratungstermin erhält:

 

Erziehungs, Jugend- und Familienberatungsstelle

Nikolaistraße 6

92637 Weiden

 

01.10.2008

 

Sehr geehrter Herr ..., 

Sie haben am 30.08.07 wegen Ihrer/s Sohnes ... bei uns in der Beratungsstelle angemeldet. Zwischenzeitlich wurde ein Platz frei, so dass eine Beratung nun möglich ist. 

 

Margot Süß-Merten

Dipl. Sozialpädagogin (FH)

 

 

 

 

Dass die Familiengerichte unter Personalnotstand leiden, hat ganz wesentlich damit zu tun, dass der Staat elterlichen Streit  durch unsinnige und familienfeindliche Paragraphen wie dem §1671 BGB ermöglicht und forciert. Das staatliche Angebot eines gerichtlich angeordneten Entzug des elterlichen Sorge unterhalb der Schwelle einer Kindeswohlgefährdung trifft naturgemäß auf das oft vorhandene Streit- und Bestrafungsbedürfnis von in Trennung lebenden Eltern. Wer im Rosenkrieg den Streitenden juristische Waffen zur sorgerechtlichen Entmündigung des anderen Elternteils zur Verfügung stellt, wie das von Staats wegen immer noch geschieht, erntet schließlich, was er selbst befördert hat - Streit.

Logische Konsequenz ist es daher, dass die Gerichte zu Schaubühnen des elterlichen Streites, dem ungelöste Paar und Familienkonflikte zugrunde liegen, werden. Es geht um Sieg oder Niederlage, um Gesicht wahren und Gesicht verlieren. Dass es angeblich um das Kindeswohl ginge ist - wie der angebliche polnische Überfall auf den Sender Gleiwitz - "Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen - ein Mythos oder bestenfalls Schutzbehauptung. 

 

1. September 1939 Angriff der Deutschen Wehrmacht auf Polen.

Nach den Vorstellungen Adolf Hitlers geschah das eine Woche zu spät. Eigentlich hatte die Wehrmacht schon am 26. August marschieren sollen, doch wegen der Unentschlossenheit des italienischen Verbündeten ließ der deutsche Diktator die Aktion anhalten. Vorausgegangen war die "Danzig-Krise" um die seit 1919 deutsche Exklave in Polen. Systematisch steuerte Berlin in dem Streit auf Krieg zu. "Ich habe nur Angst, dass mir noch im letzten Moment irgendein Schweinehund einen Vermittlungsplan vorlegt", fürchtete Hitler. Ein angeblicher Überfall auf den Sender Gleiwitz - tatsächlich hatte die SS drei tote KZ-Häftlinge in polnische Uniformen gesteckt - war der letzte Vorwand: "Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen", brüllte Hitler vor dem Reichstag.

 

 

Die Familiengerichte und ihre Richter bieten nun - manchmal widerwillig, manchmal freudig erregt - die Bühne auf der der Schaukampf stattfinden kann. In der Mehrzahl der Fälle geschieht das auch noch ohne Kostenrisiko für die streitenden Eltern, denn die meisten der vor dem Familiengericht streitenden Eltern und die sie begleitenden Anwälte bekommen ihren Streit über staatliche Prozesskostenhilfe finanziert. In anderen Ländern wie Großbritannien ist das ganz anders, dort zwingt man Eltern mit Hilfe des Kostenrechts zur außergerichtlichen Konfliktlösung. 

 

vergleiche hierzu:

Christoph Althammer: "Mediation als prozessuale Last"; In: "Juristenzeitung", 2/2006, S. 69-76

 

In Deutschland investiert man - bei wachsender Staatsverschuldung - die immer knapper werdenden finanziellen Mittel nicht in eine bessere Gegenwart und Zukunft, sondern in unfruchtbare rückwärtsgerichtete Materialschlachten der Moderne.

 

 

Am Familiengericht werden - meist unbewusst und in verdeckter Form - de facto strafrechtliche Auseinandersetzungen und Ermittlungen geführt, so z.B. die Ermittlung eines sexuellen Missbrauchs. Anstatt für solche Ermittlungen auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte hinzuweisen, wird das Familiengericht selbst zur Staatsanwaltschaft. Am Familiengericht wird allerdings das im Strafrecht vorhandene Unschuldsprinzip faktisch auf den Kopf gestellt. Wird hier ein bedeutsam erscheinender Vorwurf erhoben, wie z.B. der des sexuellen Missbrauchs, führt das oft zur Verhängung eines sofortigen Kontaktabbruches zwischen dem Kind und dem beschuldigten Elternteil. Gleichzeitig beginnt eine Ermittlungsmaschinerie zu laufen, die oft genug nichts relevantes feststellen kann, und letztlich nur dazu führt, dass hinterher die Beziehung zwischen dem Kind und dem Beschuldigten nachhaltig zerstört ist.   

 

Letztlich dürfte es so sein, fehlende Rollenklarheit über den familiengerichtlichen Auftrag, Arbeitsüberlastung und Aktenstau an den Familiengerichten führt aufgrund der auf die lange Bank geschobenen ungeklärten Probleme der streitenden Konfliktparteien infolge zwischenzeitlich eintretender Eskalationen zu einem noch höheren Konfliktpotential und daraus resultierend zu einer noch höheren Inanspruchnahme des Familiengerichtes. In der Steuerungs- und Regelungstechnik nennt man solche Phänomene Selbstmordschaltung. Ähnliches gab es zuhauf in der DDR. Wenn dort das Dach eines Hauses kaputt war, weil bei einem Sturm einige Dachziegel verrutscht waren, gab es kaum Reparaturkapazitäten. Die Mieter stellten daher Wassereimer unter die defekte Stelle. Im Laufe der Monate wurde der anfangs noch kleine Defekt im Dach immer größer, bis schließlich auf Grund der anwachsenden Wasserschäden nach einigen Jahren das ganze Haus unbewohnbar war. Wer 1989 die DDR bereist hat, konnte sich von diesen Zuständen ein eigenes Bild machen.

 

Das Land Berlin hat im Jahr 2006 einen Schuldenberg von 60 Milliarden Euro aufgehäuft. Das Bundesverfassungsgericht hat die Klage des Landes Berlins auf Übernahme von Schulden durch den Bund abgelehnt, da Berlin noch nicht alle zumutbaren Sparmöglichkeiten ausgeschöpft habe (Oktober 2006). Recht hat das Bundesverfassungsgericht möchte man zumindest meinen, wenn man sieht, wie viel Steuergelder für Gutachten verschwendet werden, deren einziger Sinn darin zu bestehen scheint, einen angeblich besseren Elternteil zu bestimmen und den als schlechter beurteilten Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB zu entziehen.

 

 

(22.11.2005 )

Berlin spart kräftig – und immer noch nicht genug Rechnungshof lobt Rot-Rot: 40 Millionen weniger ausgegeben – aber Millionen werden verschwendet

Von Lars von Törne

Berlin ist auf gutem Wege, aber der Weg ist noch lang. So lässt sich zusammenfassen, wie der Landesrechnungshof die Sparbemühungen bewertet, die Landesregierung und Verwaltung in den vergangenen zwei Jahren unternommen haben.

Jens Harms, Präsident der Kontrollbehörde, attestierte der rot-roten Landesregierung einen Mentalitätswechsel – allerdings habe die neue Sparmentalität noch nicht jede Verwaltungsebene erreicht.

Das Ergebnis ist aus Sicht der Steuerzahler erfreulich und unerfreulich zugleich: Rund 40 Millionen Euro wurden in Verwaltungen eingespart, die vor zwei Jahren im Rechnungshof-Jahresbericht als Ausgabensünder angeprangert worden waren; ebenso hoch ist aber auch das künftige Einsparpotenzial bei weiteren Ausgaben, die aus Sicht der Kontrolleure unnötig sind. Behördenchef Harms appellierte an den Senat, auch in Zukunft jede Ausgabe zu hinterfragen und die Arbeit der Verwaltung weiter zu verbessern.

Mit verhaltenem Lob bedachte der Rechnungshof unter anderem die Senatsverwaltungen für Gesundheit und Soziales sowie die für Jugend und Bildung. Die Gesundheitsverwaltung hatte laut Harms jahrelang versäumt, ihr zustehende Gelder für die Betreuung psychisch Kranker von den Krankenkassen zu kassieren. Inzwischen seien die Forderungen von rund 2,5 Millionen Euro gestellt und zum größten Teil eingezogen worden. Auch die Jugendverwaltung hatte laut Rechnungshof wegen falscher Abrechnungen 3,5 Millionen Euro mehr als nötig ausgegeben; inzwischen wurden die Ausgaben laut Harms um gut zwei Millionen Euro reduziert. Fast acht Millionen Euro bislang vernachlässigter Steuergelder konnten laut Rechnungshof zwei bezirkliche Finanzämter in Rechnung stellen, nachdem sie offene Fälle aufgearbeitet hatten. Auch eine Werbeabteilung der BVG und die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle wurden für ihre Sparanstrengungen gelobt. Letztere kassiert für die einst kostenfreien Kundenberatungen jetzt 44 Euro ab einer halben Stunde Beratungszeit – was vergangenes Jahr immerhin 14 000 Euro in die Landeskasse brachte. Den größten Sparposten diagnostiziert der Rechnungshof beim Landespolizeiverwaltungsamt. Nachdem dessen Bauunterhaltung jahrelang zu teuer war, konnte die Behörde nach einer internen Reform 17, 9 Millionen Euro einsparen.

Ein durchwachsenes Zeugnis stellen die Ausgabenprüfer der Berliner Polizei als Ganzes aus. Vor zwei Jahren hatte der Rechnungshof ermittelt, dass die Behörde im Vergleich zu ihrem Hamburger Pendant fast 5000 Stellen zu viel hat, die nicht durch Berliner Besonderheiten zu rechtfertigen sind. Die Überausstattung ist zwar immer noch nicht ganz abgebaut, sagt Harms, aber immerhin habe die Innenverwaltung angekündigt, bis zum Jahr 2007 nur noch 600 Stellen über den Hamburgern zu liegen. Zögerliche Verbesserungen sieht der Rechnungshof auch bei einer gewerkschaftlichen Ausländerberatungsstelle, die jährlich 215 000 Euro erhalte, obwohl sie kaum genutzt werde. Dies will die Arbeitsverwaltung nun ändern – aber erst 2008.

"Der Tagsspiegel", 21.11.2005

http://www.tagesspiegel.de/berlin/index.asp?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/22.11.2005/2190127.asp#art

 

 

 

Mit Sicherheit lassen sich in Berlin nicht nur bei ungenutzten oder ineffizient arbeitenden Beratungsstellen Gelder einsparen. Einige Millionen Euro könnte man jährlich sicher auch einsparen, wenn Eltern für das Führen eines Rosenkrieges sanktioniert würden und zum anderen beauflagt würden, Beratung - gegebenenfalls auch auf eigene Kosten - wahrzunehmen. So würden sich auch das Problem fragwürdiger und für die Lösung von Familienkonflikten weitestgehend wertloser Gutachten lösen lassen.

Gespart werden kann auch, in dem man die unsinnige Praxis der förmlichen Bestallung von Umgangspflegern, Ergänzungspflegern und Vormündern, die ihre Tätigkeit berufsmäßig ausüben, abschafft.

 

 

Rechnungshofbericht zeigt: Mentalitätswechsel hat nicht stattgefunden

Ramona Pop, haushaltspolitische Sprecherin, erklärt:

Der heute veröffentlichte Bericht des Rechnungshofes zeigt die Schwachstellen rot-roter Haushaltspolitik: Bei wichtigen Reformprojekten hapert es in der Umsetzung, der geforderte Mentalitätswechsel hat nicht stattgefunden und Haushaltsrisiken werden in altbekannter Manier verschwiegen und in die Zukunft verschoben.

Wichtige Reformprojekte wie der Stellenpool sind nicht erfolgreich, weil das Personal dort nur "geparkt" wird. Die IT-Kosten können nicht gesenkt werden, weil die eingeführte Datentechnik ihren Zweck nicht erfüllt, weil immer noch zuviel mit der "EDV zu Fuß" oder eigenen Softwarelösungen parallel gearbeitet wird.

Vorstände und Geschäftsführer von landeseigenen Unternehmen genehmigen sich weiterhin exorbitant hohe Gehaltszuwächse, Abfindungen und Versorgungen, obwohl diese Praxis seit Jahren massiv in der Kritik steht. Die Selbstbedienungsmentalität in den Berliner Landesunternehmen feiert fröhliche Urstände. Hieran sieht man am deutlichsten, dass der Mentalitätswechsel nicht erfolgt ist.

Seit Jahren kritisiert die Fraktion Bündnis90/ Die Grünen, dass der Senat Risiken verschweigt und in die Zukunft verschiebt. Insbesondere rund 200 Millionen Euro aus dem Rechtsstreit mit den Berliner Wasserbetrieben und die möglicherweise verfassungswidrigen Rückmeldegebühren für Studenten (rund 100 Millionen Euro) wurden unter den Tisch gekehrt.

Pressemitteilungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin

12.05.2006

 

 

Angeblich fehlt es in Berlin und anderswo an Geld, um den seit Jahren bekannten Personalnotstand in den Familiengerichten zu beheben. So geht man davon aus, dass an allen zwölf Berliner Amtsgerichten bei 520 besetzten Richterstellen noch 148 weitere Richterstellen zur Verfügung stehen müssten (vergleiche hierzu: Hansgeorg Bräutigam: "Zur Personalsituation in der Berliner Justiz", In: "Berliner Anwaltsblatt", 2003, Heft 7-7, S. 334-336). 

Eigenartiger Weise scheint das vorgebliche Personalproblem an anderen Stellen keine Rolle zu spielen. so z.B. in strittigen Fällen wie dem oben genannten oder wenn Eltern Anträge auf Umgangsreduzierung oder Sorgerechtsentzug nach §1671 BGB stellen und dafür vom Staat Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen wollen und auch meist noch bekommen, ohne dass sie sich vorher um eine Konfliktlösung bei einer Familienberatungsstelle oder dem Jugendamt bemüht hätten. Ähnlich sieht es mit der Beauftragung von Gutachtern aus, deren Tätigkeit in der Regel wenig oder gar keinen Nutzen haben dürfte, die aber dennoch weiter fleißig beauftragt werden, grad so, als ob nichts so viel vorhanden wäre, wie Geld im Justizhaushalt.

Der Landesrechnungshof bemerkt ja einiges an Geldverschwendungen, allerdings gelangt er schnell an seine Grenzen, wo Irrationalität im Sinne von Franz Kafka (Der Prozess) zum Selbstverständnis staatlicher Aktivitäten gehört und der bürokratische Staat sich selbst zum Zwecke setzt.

 

Siehe auch:

J. Laurence Peter; Raymond Hull: "Das Peter-Prinzip oder die Hierarchie der Unfähigen nebst einer Fortsetzung von Laurence J. Peter - Schlimmer gehts immer. Das Peter-Prinzip im Lichte neuerer Forschung"; Verlag Volk und Welt, Lizenzausgabe 1989

Arno Gruen: "Der Wahnsinn der Normalität. Realismus als Krankheit: eine grundlegende Theorie zur menschlichen Destruktivität"; Deutscher Taschenbuchverlag, 1987, München

 

 

 

Die Forderung nach mehr Personal in den Berliner Amtsgerichten, im speziellen den Familiengerichten ist in Zeiten leerer Kassen sicher nicht verkehrt, doch mit Sicherheit mehr oder weniger wirkungslos. Zudem bleibt zu fragen, ob es nicht erhebliche ressortinterne Einsparressourcen gibt, die noch dazu eine Beschleunigung der Verfahren bewirken. In den wohlhabenden Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern gibt es 14, bzw. 16,5 Richter je 100.000 Einwohner, in Berlin und Hamburg 30 Richter je 100.000 Einwohner (nach: "Die Kostenstruktur der Justiz", Ulrich Vultejus; In: "Deutsche Richter Zeitschrift", 10/2003. Ob die doppelte Zahl von Richterstellen je 100.000 Einwohner in Berlin und Hamburg gegenüber Baden-Württemberg und Bayern nur mit den Besonderheiten der Großstädte zu tun hat, bliebe zu untersuchen. 

Angesichts der Wirkungslosigkeit der Tätigkeit mancher Familienrichter bei der Lösung von Familienkonflikten kommt wohl kaum Mitleid auf, wenn man Meldungen wie diese liest:

 

(23.11.2005 )

Die armen Kollegen

Den Bundesbeamten soll das Weihnachtsgeld gekürzt werden – die Länder haben das schon gemacht

Von Albert Funk

Berlin - Eine Massenbriefaktion des Beamtenbundes, Kampfansagen vom DGB, Protest aus der Opposition – die große Koalition muss mit Widerstand rechnen bei ihren Kürzungsplänen für die Bundesbeamten. Denen soll das Weihnachtsgeld gekürzt werden, und zwar um die Hälfte, nachdem es vor zwei Jahren schon von 86 auf 60 Prozent reduziert worden war. So will die große Koalition zumindest einen Teil der einen Milliarde Euro aufbringen, um die die Kosten der Verwaltung verringert werden soll. Was auf die Ministerialbeamten in Berlin und Bonn, die Angehörigen der Bundespolizei oder die Soldaten der Bundeswehr wohl ab 2007 zukommt, kennen die Staatsdiener in den Ländern schon. Dort ist in den letzten Jahren teils noch stärker gekürzt worden. Bis 2003 war die Beamtenbesoldung einheitlich, dann gab es Öffnungsklauseln für die Länder, sie konnten von Besoldungsvorgaben des Bundes abweichen. Demnächst werden sie mit der Föderalismusreform die Zuständigkeit für ihre Beamten wieder ganz bekommen.

Die Länder haben die Öffnungsklauseln genutzt, je nach Regierung und Haushaltslage mehr oder weniger. Doch der Trend war gleich: weniger Weihnachtsgeld, das ohnehin geringe Urlaubsgeld meist gestrichen, die Arbeitszeiten länger. Mit einem Weihnachtsgeld von 30 Prozent kämen die Bundesbeamten wohl immer noch besser weg als in manchem Bundesland.

Hintergrund: Die Eckpunkte des Koalitionsvertrags

Meist wurde in den Ländern sozial gestaffelt, niedrige Besoldungsgruppen trafen die Kürzungen oft nicht so schlimm. So hat die – damals noch rot-grüne – Landesregierung in Nordrhein-Westfalen das Weihnachtsgeld für Beamte erst ab der Besoldungsstufe A 9 – also ab einem Grundgehalt von 2000 bis 2500 Euro je nach Alter, bei der Polizei entspricht das dem Kriminalkommissar – halbiert, darunter gibt es 70 bis 85 Prozent des ursprünglichen Weihnachtsgeldes. Dieses lag im Westen bei 86 Prozent eines Monatsgehalts, im Osten bei 65 Prozent.

In Baden-Württemberg dagegen wurde allen Beamten das Weihnachtsgeld einheitlich auf 64 Prozent gekürzt, doch wurden die Familienzuschläge davon ausgenommen. In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gibt es von der Besoldungsgruppe A 9 an gar keine Weihnachtsgratifikation mehr, darunter gibt es nur noch eine einmalige Sonderzahlung von 120 Euro. In Bremen soll es schon ab A 7 (also Krankenschwester oder Polizeimeister) kein Weihnachtsgeld mehr geben. In Berlin gibt es für die Landesbeamten seit 2004 nur noch pauschal 640 Euro, unabhängig von der Einstufung. In Brandenburg ist es mehr, doch auch dort wurde jetzt die Einmalzahlung nochmals von 1090 auf 940 Euro reduziert. In Thüringen liegt das Weihnachtsgeld bei 45 Prozent, in Rheinland-Pfalz bei 50 Prozent.

Bei den Arbeitszeiten sattelten fast alle Länder drauf, um so Stellen streichen zu können. In Bayern, Hessen und Thüringen müssen Beamte nun bis zu 42 Stunden arbeiten, in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg 41 Stunden.

Der Stuttgarter Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) hält Kürzungen bei den Bundesbeamten mit Blick auf den Etat für „unumgänglich“. Aber er sieht auch „Grenzen des Sparens“, wie er dem Tagesspiegel sagte. Der Staat konkurriere mit der Privatwirtschaft um qualifizierte Mitarbeiter und dürfe da nicht zu sehr zurückfallen. Sein Ziel: Weniger Beamte, die aber angemessen bezahlt werden

http://www.tagesspiegel.de/politik/index.asp?ran=on&url=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/23.11.2005/2191505.asp#art

 

 

 

 

Dass es bei Gehaltskürzungen nach dem Rasenmäherprinzip auch die Engagierten, Kreativen und Kundenorientierten - die es glücklicherweise auch unter den Staatsbediensten gibt - trifft, ist bedauerlich, letztlich aber eine zwangsläufige Folge dessen, sich als Staatsdiener auf einen relativ hohen und regelmäßig gezahlten Einheitslohn eingelassen zu haben und nicht auf dem freien und rauhen Markt seine Brötchen zu verdienen.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die Justiz insgesamt nicht zu wenig Geld zur Verfügung gestellt bekommt, sondern dass sie es häufig an der falschen Stelle verschwendet. Hier muss ein radikales Umdenken einsetzen. Statt dass Geld dafür einzusetzen den Krieg der Eltern eskalierend zu befördern , muss das Geld in die Friedensstiftung und Konfliktlösung investiert werden. Dies ist aber am allerwenigsten durch Gutachter und ihre mitunter bizarren Wirklichkeitskonstruktionen zu erreichen, sondern durch Investitionen in mediativ orientierte Verfahren.

 

 

 

 

 

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Berlin soll das bezahlen, Berlin hat so viel Geld

 

Beispiel 1

 

Kinderarzt muss in Neukölln 44 000 Fälle betreuen

Jugendgesundheitsdienste der Bezirke personell schlecht ausgestattet

Von Sonja Pohlmann

Stefanie Vogelsang, Stadträtin für Gesundheit im Bezirk Neukölln, schlägt Alarm: Zurzeit gibt es nur einen einzigen Kinderarzt im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst ihres Bezirks. Und der geht im Sommer in Pension. Zuständig ist er heute für 44 000 Neuköllner unter 18 – so prekär ist das Verhältnis in keinem anderen Bezirk von Berlin. Aber auch in Bezirken wie Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg geht die Entwicklung in eine ähnliche Richtung. Angesichts der großen sozialen Probleme in der Stadt und den gehäuften Fällen von Verwahrlosung wollen die Bezirke die Personalnot nicht länger hinnehmen.

„Wir haben eine sehr schwere Situation im Gesundheitsdienst“, sagt CDU-Politikerin Vogelsang. Seit 2005 muss sich Kinderarzt Dietrich Gundert alleine darum kümmern, dass Neugeborene und ihre Eltern besucht, Kinder in den Kitas medizinisch begutachtet werden und alle Kinder zur Einschulungsuntersuchung kommen. Solche Kontrollen sind wichtig, denn hier fallen gefährdete oder vernachlässigte Kinder auf und ihnen kann früh genug geholfen werden.

2003 gab es außer Gundert sechs weitere Kinderärzte im Gesundheitsdienst Neukölln. Als die Ärzte das Pensionsalter erreicht hatten, wurden ihre Stellen nicht mehr besetzt. Grund waren die Kürzungen im Rahmen der Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Zwar wird der Neuköllner Mediziner heute von etwa 50 Mitarbeitern, darunter sieben Ärzte anderer Fachgebiete, unterstützt. Dennoch sind Lücken in der Gesundheitsvorsorge entstanden.

So schaffen es die Ärzte nicht, alle 2000 Kinder im Alter von dreieinhalb bis vier Jahre in den Tagesstätten zu untersuchen, denn die meisten Kinder von Neukölln sind „zu problembeladen“, wie Gundert sagt. Sie gründlich zu untersuchen und alle Entwicklungsstörungen zu dokumentieren, koste viel Zeit. Bisher haben er und seine Kollegen nur 500 der 2000 Kinder untersuchen können.

Stadträtin Vogelsang sorgt sich jetzt darum, was aus seiner Stelle wird. Denn Kinderärzte für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst zu finden, ist schwer. Im Stellenpool der Stadt gibt es keine Mediziner mit entsprechender Fachrichtung. Und um Stellen ausschreiben zu dürfen, „müssen wir wahnsinnige bürokratische Hürden bewältigen“, sagt Vogelsang. Sie fordert vom Senat, dass es künftig unkomplizierter ist, Ärztestellen öffentlich auszuschreiben.

Auch ihre Kollegen aus anderen Bezirken klagen über Probleme im Kinder- und Jungendgesundheitsdienst. Beispielsweise kann in Friedrichshain-Kreuzberg die Einschulungsuntersuchung nur mithilfe von Freiwilligen bewältigt werden. Und in Reinickendorf gibt es deutliche Lücken bei den zahnmedizinischen Untersuchungen der Kitakinder. „Wir haben zu wenig Personal und müssen uns deshalb auf die Bereiche mit sozial schwächeren Familien konzentrieren“, sagt SPD-Gesundheitsstadtrat Andreas Höhne.

Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) weist die Vorwürfe zurück. „Die Rahmenbedingungen für Außeneinstellungen sind geschaffen. Die Bezirksämter müssen nur langfristig genug planen.“ 

http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/07.02.2007/3066471.asp

 

 

 

Wie man an vorstehender Meldung sehen kann, beschränkt sich bei knapper Haushaltslage die Sorge um das Kindeswohl auf einen im öffentlichen Gesundheitsdienst tätigen Kinderarzt für 44 000 Neuköllner unter 18 Jahren. Dieser schafft es es nicht, "alle Kinder gründlich zu untersuchen und alle Entwicklungsstörungen zu dokumentieren". Bisher haben er und seine Kollegen nur 500 der 2000 Kinder untersuchen können. Nun, man mag sich trösten, von der Dokumentation von Entwicklungsstörungen allein, hat noch nie ein Kind eine bessere Entwicklung nehmen können. Von daher mögen fehlende Dokumentationen nicht von großem Belang sein. Und im übrigen scheint man in Berlin Geld lieber in teuere familienpsychologische Gutachten stecken, selbstverständlich nicht aus der Kasse des Bezirkes Neukölln, sondern aus der Kasse der Justizsenatoren von der Aue, denn deren Kasse scheint noch gut gefüllt zu sein.

 

 

Beispiel 2

Am 02.11.2007 erhält der Autor dieser Internetseite einen Hinweis auf eine filmische Darstellung einer Vergewaltigungsszene im Internet, in der: 

 

"ein Mädchen (Alter zwischen 13 und 16) nackt in demütiger Haltung vor einem Bett stand. In der nächsten Szene des ca. 1 min dauernden Films wurde das Mädchen von einem Schwarzen vergewaltigt."

 

Nachdem mir die dazugehörige Internetadresse mitgeteilt wurde, rufe ich am 04.11.2007 bei der Berliner Polizei an, damit diese in der Sache eine Ermittlung anstellt. Unter der Einwahlnummer des Polizeipräsidenten 4464-0 wird mir mitgeteilt ich solle persönlich Strafanzeige bei einem Polizeirevier erstatten. Daraufhin sage ich, es muss doch in Berlin möglich sein, auch telefonisch eine Ermittlung in Gang zu bringen, wenn von Anrufer eine Straftat im Internet vermutet wird. Die Dame von der Polizei sagt mir daraufhin, ich solle unter der Notrufnummer 110 anrufen. Das mache ich auch gleich, doch der Beamte am Notruftelefon belehrt mich, dass er in der Sache nichts unternehmen wird, ich soll in der zuständigen Polizeidirektion 17 anrufen. Ich rufe dort an und bitte den Beamten in der Sache etwas zu unternehmen. Der Beamte meint, ich könne persönlich auf der Wachse erscheinen und Strafanzeige erstatten oder Polizeibeamte kämen zu mir in die Wohnung, um von meinem Computer aus, die von mir im Internet vermutete Straftat zu prüfen. Als ich mein Unbehagen äußere, warum er oder ein anderer Beamter der Sache nicht direkt von einem Computer aus der Wache aus nachginge, meint der Beamte, sie hätten kein Internet auf der Wache.

Immerhin nimmt der Beamte dann doch meinen Hinweis auf. Auf diese Weise habe ich hoffentlich nicht umsonst zwanzig Minuten meiner Freizeit inklusive vier von mir bezahlter Telefonate investiert, um einer mutmaßlichen Straftat im Internet nachzugehen.  Sicherheitshalber werde ich am Montag weiter Minuten investieren und noch im Landeskriminalamt anrufen, denn womöglich fehlt es in der Polizeiwache auch an Schreibpapier und der Beamte musste sich meine Angaben auf die Tischdecke schreiben, die am Montag früh dann in die Wäsche kam  - Armes Deutschland. 

 

Während der Staat und die Kommunen an allen möglichen und unmöglichen Ecken sparen, es auf einigen Polizeidienstellen noch nicht einmal einen Internetzugang zu geben scheint, wirft die Justiz derweil das Geld mit vollen Händen zum Fenster raus, angeblich um das Funktionieren des Rechtsstaates zu sichern, doch bei genauen Hinsehen kann man bemerken, dass zumindest in der Familiengerichtsbarkeit ein großer Teil des Geldes für mehr oder weniger sinnlose gerichtliche Geschäftigkeiten und Verfahrensabläufe verschleudert wird. Seien es nun die Doppelzuständigkeit von Familiengericht und Vormundschaftsgericht bei der Umgangspflegschaft oder die Einsetzung von Gutachtern, die für 5.000 und mehr Euro Gutachten von zweifelhafter Sinnhaftigkeit und Qualität verfertigen oder auch die Rundumfinanzierung umgangsvereitelnder Eltern über Prozesskostenhilfe.

So werben mittlerweile auch Rechtsanwälte ganz ungeniert mit bunten Flyern, auf denen sie anpreisen "Hilfe trotz Hartz IV - ALG II" (04.05.2005 - Auslage im Rathaus Berlin-Pankow). Nun wird kein sozial denkender Mensch etwas dagegen einwenden, wenn auch arme Parteien bei der Verfolgung berechtigter Rechtsansprüche Prozesskostenhilfe erhalten. Doch wenn, wie beobachtbar, dies auch auf unnötige Verfahren ausgeweitet wird, dann kann man mit Goethe sagen: Vernunft wird Unsinn. Wohltat Plage.

So meldete beispielsweise eine Mutter das Kind zu einem einjährigen Schüleraustausch im Ausland an. Der Vater erfuhr davon nicht etwa durch eine direkte Mitteilung seitens der Mutter, sondern durch eine für das Ausland zuständige Bafög-Stelle. Die Mutter verweigerte dem Vater auf dessen schriftlicher Nachfrage die Mittelung der Adresse des Kindes im Ausland. Der Vater musste, um den Aufenthalt seines Kindes zu erfahren, vor dem Familiengericht auf Auskunft klagen. Diese bewilligte der Mutter anstandslos Prozesskostenhilfe und ordnete ihr einen Rechtsanwalt bei. Die Gerichts- und Anwaltskosten für eine Auskunftsklage bei einem dafür vorgesehenen Streitwert von 3.000 € betragen immerhin bei nur einem Anwalt ca. 838 €. Hinzu kommen die Kosten des Anwaltes des klagenden Vaters. Das örtliche Jugendamt wird auch noch vom Gericht um Mitwirkung ersucht und schreibt mehr oder weniger unproduktive Stellungnahmen. Schließlich dürfte die ganze Angelegenheit, bei der es lediglich darum geht, dass der Vater die Adresse seiner Tochter erfahren kann, die Steuerzahler/innen ca. 1.400 € kosten. Man könnte nun meinen, der Vater hätte auch für 3,50 € eine Auskunft beim Einwohnermeldeamt bekommen können, doch erstens fragt das Gericht nicht danach, ob er diese Möglichkeit ausprobiert hat und wenn doch könnte es gut sein, dass die Mutter die Meldestelle angewiesen hat, Auskünfte zu verweigern.

 

 

 

 

 

 

Das Familiengericht

 

Wir wären gut, anstatt so roh, 

doch die Verhältnisse, die sind nicht so.

 

Bertolt Brecht, Dreigroschenoper

 

Trotz anderslautender Berichte geht es beim Familiengericht letztlich nicht um die Feststellung der Wirklichkeit, so wie sie wirklich ist, sondern um die Wirklichkeit wie sie vom Familienrichter für wirklich angesehen oder definiert wird. Dies ist je nach Betrachter oft immer eine ganz andere Wirklichkeit, der Vater sieht eine andere Wirklichkeit als die Mutter und der Richter sieht eine dritte Wirklichkeit, die er schließlich per Beschluss als die wirkliche Wirklichkeit vorstellt:

 

Innerhalb des Bereichs der Wirklichkeit zweiter Ordnung "gibt es jedoch keine objektiven Kriterien dafür, was wirklich wirklich ist - denn die Bedeutung und/oder der Wert, die einem Gegenstand, einer Situation oder insbesondere der Art einer menschlichen Beziehung zugeschreiben werden, hat nichts mit angeblich objektiven platonischen Wahrheiten zu tun, derer geeistig gesunde Menschen sich bewusster sind, als verrückte. Wenn ein Ehemann beispielsweise seine Sicht der ehelichen Beziehung definiert, in dem er erklärt: `Ich weiß, dass du mich verachtest`, und seine Frau unter Tränen erwidert: `Wie soll ich dich nur davon überzeugen, dass ich dich liebe`, dann gibt es keine Möglichkeit, objektiv fetzustellen, wer recht hat und wer unrecht und welcher Art ihre Beziehung wirklich ist."

Paul Watzlawick; Giorgio Nardone: "Kurzzeittherapie und Wirklichkeit"; Piper Verlag, München, 1999, S. 136

 

 

 

Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand.

Redensart

 

Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand. Dieser alte Glaubenssatz besitzt heute keine uneingeschränkte Gültigkeit mehr, wenngleich viele Menschen davon noch nichts zu wissen scheinen. Die Zeit hohepriesterlicher gefärbter Rechtssprechung und Justiz im Familienrecht liegt zwar noch nicht hinter uns, wie sich in der Praxis immer wieder zeigt, doch zumindest kann man heute unterstellen, dass sich die Mehrheit der Familienrichterinnen und -Richter um eine einigermaßen nachvollziehbare und zustimmungsfähige Gerichtspraxis bemüht. Gleichwohl, Licht und Schatten liegen wie überall im Leben oft dicht beieinander, mitunter nur getrennt von zwei Türen auf dem selben Gerichtsflur.

 

§ 156 Hinwirken auf Einvernehmen

(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnungen nach den Sätzen 3 und 4 sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung, an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__156.html

 

 

So heißt ein guter Leitgedanke im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Doch dieser gute Gedanke wird in der gerichtlichen Praxis oft konterkariert. 

 

 

Kramer gegen Kramer 

Rosenkrieg oder konstruktive Konfliktlösung, man könnte meinen die Präferenz der Familiengerichte für eine konstruktive Konfliktlösung, zumal in Zeiten des Cochemer Modells wäre allerorten gegeben. Doch mancherorts sieht es recht düster aus. 

 

Beispiel 1

 

"In der Sorgerechtssache 

der Frau X ...., 

Antragstellerin

Verfahrensbevollmächtigte ...

 

gegen 

 

den Herrn X, ...

Verfahrensbevollmächtigte ...

 

...

 

hat das Amtsgericht Köln - Familiengericht - Abt. 316 auf grund der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2008 und des Schriftsatzes der Gegenseite vom 18.02.2008

durch die Richterin am Amtsgericht Zimmermann beschlossen:

..."

 

Richterin Zimmermann - Amtsgericht Köln - Familiengericht - Abt. 316

 

 

 

Antragstellerin, gegen, Antragsgegner, Gegenseite - die von vielen Richtern benutzte militärisch getönte Begrifflichkeit ist mit Sicherheit nicht dazu angetan, eine konstruktive Konfliktlösung zu befördern.

Zudem unterscheiden sich Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen alle Umgangs- und Sorgerechtssachen zählen von der sonstigen Zivilgerichtsbarkeit, in der es einen Kläger und einen Beklagten gibt. 

Das ist auch logisch, denn in Familiensachen geht es aus Sicht des Kindes um ein voneinander abhängiges Ganzes. Dem Kind kann nicht daran gelegen sein, wenn ein Elternteil eine Niederlage gegen den anderen Elternteil erleben muss. 

Im übrigen erklärt Richterin Zimmermann die Mutter zur Antragstellerin, obwohl der Vater als erster einen Antrag zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes eingereicht hat. Von daher hätte der Vater als Antragsteller und die Mutter als Antragsgegnerin bezeichnet werden müssen. Womöglich kann dieses Tun der Richterin schon Besorgnis der Befangenheit seitens eines Elternteils nach sich ziehen.  

 

 

Beispiel 2

 

337 F 03715/10

BESCHLUSS

In Sachen

X

gegen 

Y

wegen elterlicher Sorge

hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht Weifenbach aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.03.2011 a, 30.03.2011 beschlossen

 

 

Es geht also gegen. Vater gegen Mutter, Mutter gegen Vater und dazwischen das Kind. Mit dieser Weichen stellenden kontradiktorischen Formulierung "gegen" wird aus einer strittigen, aus unterschiedlichen Ansichten herrührenden Regelungsangelegenheit der Eltern bezüglich ihres Kindes oder eines zwischen ihnen bestehenden Konfliktes eine Gegnerschaft konstruiert. Nun mag man einwenden, dass die Eltern sich ja tatsächlich in Gegnerschaft befänden und der Familierichter (Gericht) diese Realität nur aufgreifen würde. Das mag in vielen Fällen so sein - in anderen ist es aber nicht so, sondern es gibt einfach Differenzen oder Konflikte zwischen den Interessen der Eltern, die ihren Sinn haben und den es zu verstehen gilt. Und auch bei den Fällen, in denen familiengerichtliche Verfahren lediglich die Bühne für den unabgeschlossenen Paar- oder Familienkonflikt abgeben, stellt sich die Frage, ob der Familienrichter der Logik des kalten oder heißen Krieges zwischen den Eltern folgen sollte und damit als dritter Mitspieler automatisch Kriegsbeteiligter wird - man denke hierbei auch an die Kriegslogik von Staaten - oder der Logik der Konfliktlösung, so wie sie ja auch in §52 FGG aufgegriffen wurde, folgt. Das hieße dann auch anders zu sprechen und damit im Sinne des radikalen Konstruktivismus neue und humanere Realitäten zu konstruieren. Zum Beispiel so:

 

 

BESCHLUSS

In Sachen

X (Vater)

und  

Y (Mutter)

wegen elterlicher Sorge

 

 

Eine solche Sprachregelung würde den Eltern, aber auch dem Familienrichter die erforderliche Orientierung geben, dass Elternschaft im Interesse des Kindes nicht feindselig gegeneinander zu verwirklichen ist, sondern miteinander oder gegebenenfalls auch in friedlicher Koexistenz nebeneinander.

 

 

 

 

 

 

Beschleunigtes Verfahren

Im Jahr 2005 gab es am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Kindesunterhaltsachen Wartezeiten von über 10 Monaten bis es überhaupt zu einem ersten Gerichtstermin kam (Information vom 25.10.2005). Und dabei ging es in dem uns hier bekannt gewordenen Fall, um einen vergleichsweise lächerlichen Geldbetrag, um den sich die volljährige Tochter und ihr Vater stritten. Wahrscheinlich waren die Kosten des Verfahrens schließlich höher, als der Betrag um den gestritten wurde. 

Hintergrund dieser nicht untypischen Geschichte: Der persönliche Kontakt zwischen Vater und Tochter ist auf Grund lange Jahre vorher stattgefundener Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Vater abgebrochen und nun, Jahre später wird der ungelöste Familienkonflikt, der sich hinter den Unterhaltsstreitigkeiten auch verbirgt, weiter in Form von Unterhaltsstreitigkeiten über das Familiengericht ausgetragen. Und anstatt das Gericht eine Mediation zwischen Vater und Tochter anordnet, bei der beide die Gelegenheit bekämen sich wieder als Menschen und noch dazu als Vater und Tochter zu begegnen und in der strittigen Sache eine einvernehmliche Regelung hin zu kriegen, wird der "mittellosen" Tochter Prozesskostenhilfe bewilligt, mit der die Kosten des von ihr beauftragten Anwaltes und das Gerichtsverfahren bestritten werden. Wenn die Tochter unterliegen sollte, so muss sie selber keine Kosten tragen, sondern die Steuerzahler werden dann für frühere und aktuelle Versäumnisse der Justiz aufkommen müssen.

 

Das Kammergericht Berlin hat sich in einem aktuellen Fall endlich einmal der Problematik der gerichtlichen Untätigkeit angenommen und eine Untätigkeitsbeschwerde bei überlanger Verfahrensdauer für zulässig erklärt.

 

KG Berlin: Untätigkeitsbeschwerde im Umgangsrechtsverfahren

Bei überlanger Verfahrensdauer darf eine Untätigkeitsbeschwerde eingelegt werden, obwohl eine gesetzliche Regelung fehlt.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 23.8.2007 - 16 WF 172/07

 

 

Mit der vom Kammergericht stattgegebenen Untätigkeitsbeschwerde wurde die Vorinstanz (erstinstanzliches Gericht) angewiesen, dem Umgangsverfahren, bei dem das verfahrensführende Gericht, erst ein Jahr nach Einleitung eines Umgangsverfahrens durch den Vater die Mutter anhörte, seinen Fortgang zu geben.

 

 

Beispiel 1

Mit Datum vom 05.08.2005 stellt eine Mutter einen Antrag, dem Vater des gemeinsamen knapp dreijährigen Sohnes das Sorgerecht nach §1671 BGB zu entziehen. Mit Datum vom 31.10.2006 beauftragt der zuständige Familienrichter die Diplom-Psychologin Gisela Schneider mit der Erstellung eines Gutachtens: 

 

"Es soll Stellung genommen werden zu der Frage, welcher Elternteil unter Berücksichtigung der gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes, der eigenen Erziehungsfähigkeit und der jeweils angestrebten Perspektiven für das eigene Leben und das Leben des Kindes zur alleinigen Ausübung der elterlichen Sorge besser geeignet ist, sowie über die Frage, welche Umgangsregelung im Interesse des Kindes angezeigt erscheint durch Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens.

Plothe - Richter am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Beweisfrage vom 31.10.2005 an die Diplom-Psychologin Gisela Schneider

 

 

Knapp acht Monate später mit Datum vom 14.06.2006, legt die beauftragte Gutachterin ihr 71-seitiges schriftliches Gutachten vor. Das Gericht setzt für Ende Dezember 2006 einen Anhörungstermin an. Wenn bis dahin nichts dazwischen kommt, wird das Familiengericht dem Antrag der Mutter entsprechen und  nach über 16 Monaten pünktlich zum Weihnachtsfest dem Vater das Sorgerecht entziehen oder - was bedeutend besser wäre, den Antrag der Mutter zurückweisen und die Eltern verbindlich beauflagen, gemeinsame Elterngespräche in einer Beratungsstelle zu führen. So oder so, wie auch immer der Richter entscheiden mag, wird das Verfahren wohl am Kammergericht weitergeführt werden. An der Prozesskostenhilfe zu Lasten der Steuerzahler/innen und des hochverschuldeten Landes Berlin soll es jedenfalls nicht scheitern.

Was so lange bei Gericht dauert und so teuer war wie die Erstellung eines Gutachtens, muss eine moralische Rechtfertigung erfahren. Man stelle sich nur einmal vor, der zuständige Richter würde es - ganz im Sinne von Artikel 6 Grundgesetz bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen. Also den rechtlichen Zustand gutheißen, der vor der Antragstellung der Mutter geherrscht hat. Jeder der sich ein wenig mit der Philosophie und Psychologie bezüglich von Investitionen in Unternehmen und Politik vertraut gemacht hat, weiß, dass Menschen wie auch in von diesen geführten Unternehmen dazu neigen, eine einmal getroffene Entscheidung auch bis zu Ende führen zu wollen. Wer schon Milliarden in die Entwicklung neuer Atomreaktoren, die Luftschifffertigung im Brandenburgischen Brand oder den Transrapid investiert hat, verspürt wenig Neigung, diese Beträge entgültig als Verluste abzuschreiben, sondern versucht statt dessen noch "mehr desselben" (Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003, S. 51 f). So handelt der Mensch im allgemeinen und im speziellen auch der Familienrichter.

So darf schon aus der Überlegung bezüglich bereits getätigter Investitionen im Grundsatz sicher erwarten, dass das Gericht dem Vater das Sorgerecht entziehen wird. Womit dann alles in bester Ordnung wäre, denn das Gericht hat damit gezeigt, dass es einen gewissen, wenn auch nicht für alle bestehenden Nutzen hat. 

 

 

Beispiel 2

Am Amtsgericht Pankow/Weißensee stellte ein Elternteil am 05.01.2006 einen Antrag bezüglich des Umgangs. Sechs Monate später erhält er für den 11.07.2006 dann einen ersten Anhörungstermin. Eine solche für die Eltern und ihre Kinder verfassungswidrige Zeitdauer kann man in der Regel nicht unmittelbar dem verfahrensführenden Richter anlasten, sondern der Justiz insgesamt, insbesondere auch ihrer politischen Führung im Bundesjustizministerium, die sich offenbar selbstgenügsam darin gefällt, den Mangel zu verwalten, anstatt innovativ Probleme zu lösen. 

Allerdings muss man auch fragen, inwieweit sich der einzelne Familienrichter seine Arbeit - über deren Fülle er dann auch noch stöhnt - auch selbst schafft, in dem er geeignete Interventionen wie z.B. die Einrichtung einer Umgangspflegschaft unterlässt und statt dessen offenbar auf das nicht eintretende Wunder einer spontanen Konfliktlösung wartet oder einen Wunderheiler und Quacksalber in Form eines sogenannten Sachverständigen (Gutachters) einsetzt, dessen einzig respektables Ergebnis schließlich eine unverschämt hohe Vergütungsrechnung ist, die er bei der Justizkasse einreicht und von dort auch noch anstandslos ausgezahlt bekommt.

 

 

 

 

 

Hinwirken auf Einvernehmen

Wer einmal erlebt hat, in welche bisweilen kafkaesk anmutenden familiengerichtlichen Mühlen Eltern und ihre Kinder geraten, wird die Dringlichkeit erahnen, frühzeitig die Weichen so zu stellen, dass Eltern ihre Konflikte und Probleme auf eine konstruktive Art und Weise lösen können und gegebenenfalls auch müssen. Die familiengerichtliche Bestellung von traditionell statusdiagnostisch arbeitenden Gutachtern ist sicher das denkbar ungeeignetste, was Eltern aus dem Kreislauf gegenseitiger Eskalationen herauszuhelfen vermag.

 

vergleiche hierzu: 

Ulrich Alberstötter: "Hocheskalierte Elternkonflikte - professionelles Handeln zwischen Hilfe und Kontrolle"; In: "Kind-Prax", 03/2004, S. 90-99

Ulrich Alberstötter: "Kooperation als Haltung und Strategie bei hochkonflikthaften Eltern-Konflikten", In: "Kind-Prax", 3/2005, S. 83-93

 

Viele beim Familiengericht gestellte Anträge der Eltern beruhen auf ungelösten Konflikte und / oder auf Schwierigkeiten in der Kommunikation der Eltern. Dies trifft nun auch auf viele Eltern zu, die zusammen leben, nur kommt da in der Regel niemand auf die Idee, sich an das Familiengericht zu wenden. Statt dessen übt man sich dort in stiller oder offener Kriegführung, sexueller Verweigerung oder erkrankt praktischerweise an einer psychosomatisch zu verstehenden "Krankheit".

 

vergleiche hierzu:

Paul Watzlawick;  Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003

Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003

 

Anders dagegen bei getrennt lebenden Eltern. Der Staat bietet diesen ein Feld an, auf dem sie ihre unterschiedlichen Ansichten miteinander ausfechten können, das familiengerichtliche Verfahren. Und weil es auf einem Schlachtfeld ein wenig langweilig wäre, wenn da nur zwei Leute miteinander kämpften, gibt es einen Schiedsrichter (Familienrichter) und diverse Hilfsschiedsrichter (Verfahrensbeistand, Gutachter, Jugendamtsmitarbeiter) und schließlich noch die Sekundanten, die man heute Rechtsanwälte nennt. 

http://de.wikipedia.org/wiki/Sekundant

 

 

Hat nun ein Elternteil oder auch beide einen Antrag beim Familiengericht eingereicht, kann und soll das Gericht "in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken".

 

 

§ 156 Hinwirken auf Einvernehmen

(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnungen nach den Sätzen 3 und 4 sind nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung, an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__156.html

 

 

 

§ 165 Vermittlungsverfahren

(1) Macht ein Elternteil geltend, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind vereitelt oder erschwert, vermittelt das Gericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern. Das Gericht kann die Vermittlung ablehnen, wenn bereits ein Vermittlungsverfahren oder eine anschließende außergerichtliche Beratung erfolglos geblieben ist.

(2) Das Gericht lädt die Eltern unverzüglich zu einem Vermittlungstermin. Zu diesem Termin ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Eltern an. In der Ladung weist das Gericht darauf hin, welche Rechtsfolgen ein erfolgloses Vermittlungsverfahren nach Absatz 5 haben kann. In geeigneten Fällen lädt das Gericht auch das Jugendamt zu dem Termin.

(3) In dem Termin erörtert das Gericht mit den Eltern, welche Folgen das Unterbleiben des Umgangs für das Wohl des Kindes haben kann. Es weist auf die Rechtsfolgen hin, die sich ergeben können, wenn der Umgang vereitelt oder erschwert wird, insbesondere darauf, dass Ordnungsmittel verhängt werden können oder die elterliche Sorge eingeschränkt oder entzogen werden kann. Es weist die Eltern auf die bestehenden Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hin.

(4) Das Gericht soll darauf hinwirken, dass die Eltern Einvernehmen über die Ausübung des Umgangs erzielen.

Kommt ein gerichtlich gebilligter Vergleich zustande, tritt dieser an die Stelle der bisherigen Regelung. Wird ein Einvernehmen nicht erzielt, sind die Streitpunkte im Vermerk festzuhalten.

(5) Wird weder eine einvernehmliche Regelung des Umgangs noch Einvernehmen über eine nachfolgende Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung erreicht oder erscheint mindestens ein Elternteil in dem Vermittlungstermin nicht, stellt das Gericht durch nicht anfechtbaren Beschluss fest, dass das Vermittlungsverfahren erfolglos geblieben ist. In diesem Fall prüft das Gericht, ob Ordnungsmittel ergriffen, Änderungen der Umgangsregelung vorgenommen oder Maßnahmen in Bezug auf die Sorge ergriffen werden sollen. Wird ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen oder auf einen binnen eines Monats gestellten Antrag eines Elternteils eingeleitet, werden die Kosten des Vermittlungsverfahrens als Teil der Kosten des anschließenden Verfahrens behandelt.

 

 

Bestellt das Gericht einen Verfahrensbeistand, kann diesem zusätzlich die Aufgabe übertragen werden, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken.

 

 

FamFG

§ 158 Verfahrensbeistand

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.

...

(4) Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Der Verfahrensbeistand kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes.

... 

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__158.html

 

 

 

 

Hält das Gericht die Einholung eines Gutachtens für erforderlich, kann der Gutachter beauftragen werden, auf die Herstellung eines Einvernehmen der Beteiligten hinzuwirken. (Diese Fassung des FamFG ist zwischenzeitlich nicht mehr gültig)

§ 163 Fristsetzung bei schriftlicher Begutachtung; Inhalt des Gutachtenauftrags; Vernehmung des Kindes

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen zugleich eine Frist, innerhalb derer er das Gutachten einzureichen hat.

(2) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, anordnen, dass der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtenauftrags auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinwirken soll.

(3) Eine Vernehmung des Kindes als Zeuge findet nicht statt.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__163.html

 

Statt dessen nun:

 

Zivilprozessordnung


§ 411 Schriftliches Gutachten
(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.
(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.
(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__411.html

 

 

 

 

Kompetenzpyramide

Das Leben bringt es leider manchmal mit sich, dass die Chefs dümmer oder ungebildeter sind als ihre Unterstellten bzw. Untertanen. So zum Beispiel der am 25.08.1912 und Neunkirchen im Saarland geborene Erich Honecker, ein einfältiger Mann, der es aber immerhin schaffte, bis an die Spitze der DDR-Bürokratie zu gelangen. Der Vater von Erich Honecker war Bergmann, Sohn Erich zog es offenbar nicht in die Tiefe des Bergwerkes, sondern schon früh hoch hinauf, er wurde Dachdecker, mehr war ihm wohl erst einmal nicht möglich. Diese Tätigkeit muss ihm nicht sonderlich gefallen haben, vielleicht hatte er auch zwei linke Hände. 1929 trat Erich Honecker in die KPD ein, 1933 nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war Honecker in Südwestdeutschland illegal tätig, 1935 wurde er verhaftet und war von 1937 bis 1945 im Zuchthaus. Die von Honecker geleistete illegale Tätigkeit gegen die Nationalsozialisten ehrt ihn, aber führte sicher nicht dazu, dass sich Honecker ein breiteres und tieferes Wissen aneignete. Auch während der Zeit im Zuchthaus dürfte er in dieser Richtung kaum dazugelernt haben. Gut möglich, dass Honecker in dieser Zeit dafür gut lernte, wie man taktiert. um schließlich als Gewinner dazustehen. Wie auch immer, ab 1945 machte Honecker eine steile Karriere. 1945 wurde er Jugendsekretär der KPD, 1946 wurde er FDJ-Chef, 1950 Kandidat des Politbüros der SED, 1958 Mitglied des Politbüros. 1971 schob er den ehemaligen Möbeltischler und Soldaten (1915-18), Sohn eines Schneiders, Walter Ulbricht, aufs Altenteil ab und war fortan der 1. Mann im Staat. 1973 segnete Walter Ulbricht das zeitliche und Honecker übernahm fortan auch noch die repräsentative Funktion des Staatsratsvorsitzenden. Honecker war nun bis zu seinem Sturz im Herbst 1989 der offizielle Chef aller DDR-Bürger. Seine Untertanen, egal ob Chefarzt, Philosoph wie Ernst Bloch (Das Prinzip Hoffnung), Physiker, Dichter wie Bertolt Brecht (Der kaukasische Kreidekreis), Komponist wie Hans Eisler (Die Verurteilung des Lukullus) standen in der offiziellen Hierarchie unter dem gelernten Dachdecker Erich Honecker. Das letzte Wort stand bis 1989 immer Erich Honecker zu wie nicht nur Wolf Biermann und Rudolf Bahro unsanft erfahren mussten.

Was hat dieser kurze historische Abriss nun mit dem hier besprochenen Thema Familiengericht zu tun? Vielleicht ahnen Sie es schon. Wenn ja, dann sind Sie vielleicht klüger als der für Sie zuständige Familienrichter, der gerade überlegt, ob er Ihnen das Sorgerecht nach §1671 BGB entzieht oder es Ihnen "großzügig" beläst. Oder ob er ihnen aller vierzehn Tage einen oder gar "großzügig" zwei Tage Umgang mit Ihrem Kind einräumt. Wenn Sie das absolute Recht Erich Honeckers erinnert, darüber zu bestimmen, ob jemand aus der DDR ausreisen kann oder nicht, oder Sie an die durch Honecker angewiesene Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR erinnern sollte, dann spricht dies dafür, dass Sie ein kluger Mann oder eine kluge Frau sein könnten. Vielleicht sind Sie sogar klüger als der Ihnen nach Geschäftsverteilungsplan zugeteilte Familienrichter? Man bedenke dabei, Klugheit ist nicht identisch mit "viel wissen" - was häufig die Dummen glauben. Umgekehrt ist allerdings Klugheit ohne Wissen auch nicht zu haben. Daher gibt es zwei Sorten dummer Menschen. Die unwissenden Dummen und die wissenden Dummen. Die unwissenden Dummen sind Menschen, die kaum über Wissen verfügen und schon von daher, nicht in der Lage sind, klug zu sein, da ihnen schlichtweg die Bausteine fehlen mit denen Klugheit hantiert. Die unwissenden Dummen sind relativ leicht zu handhaben. Brot und Spiele, Stütze vom Amt und Glücksrad im Fernsehen reichen in der Regel aus, um die unwissenden Dummen nach Bedarf manipulieren zu können. Und so schrieb Bertolt Brecht in seinem Gedicht "Kälbermarsch" recht reffend:

 

Hinter der Trommel her

Trotten die Kälber 

Das Fell für die Trommel 

Liefern sie selber.

  Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen

  Das Kalb marschiert mir ruhig festem Tritt.

  Die Kälber, deren Blut im Schlachthof schon geflossen

  Sie ziehn im Geist in seinen Reihen mit.

 

 

 

Die unwissenden Dummen werden, so wie in der NS Zeit, in der Regel nur dann gefährlich, wenn sie auf einen Führer treffen, der sie als Kanonenfutter benutzt. In der NS-Zeit waren das sadistische und machtgierige Männer wie Adolf Hitler und Joseph Goebbels. In der heutigen Zeit agieren die "Führer" eher verdeckt, sei es in der NPD oder als eine Art "Schläfer" auch in den sogenannten demokratischen Parteien, sei es nun Die Linke oder die CDU, Bündnis90 / Die Grünen oder die SPD.

Die wissenden Dummen sind von anderer Art, doch weiß Gott nicht ungefährlich. Sie haben jede Menge Wissen aufgehäuft, nicht selten auch einen Hochschulabschluss, so z.B. im Fach Jura und sind nun vom Staats wegen berechtigt, die Menschen an der Nase herumzuführen oder für dumm zu verkaufen. Einige interessante Beispiele aus der Welt der sogenannten Sachverständigen finden Sie hier auf dieser Internetseite.

Sie merken es vielleicht schon, wir kommen zu der interessanten Frage, wie hoch der Prozentsatz wissender Dummer unter der deutschen Richterschaft und hier im besonderen im Bereich des Kindschafts- und Familienrechtes tätigen Richter (Familienrichter) ist? 

Und wie ist es um die prozentuale Verteilung wissender Dummer auf den drei Ebenen 

1. Amtsgerichte

2. Oberlandesgerichte

3. Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht 

 

bestellt? Sie vermuten wahrscheinlich, dass die wissenden Dummen auf der Ebene der Amtsgerichte am häufigsten zu finden wären, während man sie bei den Bundesgerichten schon mit der Lupe suchen muss. Wir wollen Ihren Forschergeist hier nicht zu früh stoppen. Probieren Sie einfach einmal alle drei gerichtlichen Ebenen aus, dann gewinnen Sie einen ersten Eindruck, mit dem Sie eine erste Hypothesenbildung vornehmen können. Diese induktive Hypothesenbildung ersetzt natürlich keine breite wissenschaftliche Untersuchung, die noch geleistet werden muss. 

Das Studieren in juristischen Fachzeitschriften veröffentlichter Gerichtsbeschlüsse ist hier allerdings nicht geeignet, denn naturgemäß werden von Dummheit zeugende Gerichtsbeschlüsse für gewöhnlich nicht veröffentlicht, so dumm sind die Schriftleiter in den Fachzeitschriften glücklicherweise meist nicht. 

Die an und für sich zu begrüßende Selektion durch die Schrittleiter kann allerdings beim gewöhnlichen Leser zu dem irreführenden Eindruck führen, es gäbe eigentlich nur qualifizierte Beschlüsse, was wiederum den auf eine unbewiesene Annahme folgenden logischen Schluss nach sich zöge, wenn es nur qualifizierte Beschlüsse gibt, dann kann es auch nur qualifizierte Richter geben.

 

Dass man auf allen drei Ebenen der Gerichtsbarkeit einen bestimmten Prozentsatz wissender Dummer gibt, erscheint für einen durchschnittlichen Menschen erst einmal abwegig. So abwegig wie die Leute in der Geschichte von des Kaisers neuen Kleider, glauben, der Kaiser hätte herrliche Kleider an, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ein Kaiser ist nie nackt, auch wenn es alle sehen können.

Auf unser Thema bezogen: Die Leute glauben nicht nur, dass der Kaiser herrliche Kleider anhätte, sie glauben auch, allegorische Figur der Justitia, hätte verbundene Augen, damit sie ungestört abwägen kann. Dass Justitia in Gestalt konkreter Richterinnen und Richter oftmals nur eine Augenklappe trägt, die nur eins der beiden Augen verdeckt hat oder gar blind ist und im Abwägungsprozess ihre Entscheidung danach trifft, welche der beiden Streitparteien sie am meisten mag oder welcher Ideologie sie gerade selber folgt, kommt den kleinen Leuten nicht in den Sinn.

Neben der Parteilichkeit, die es per Definition im Richteramt eigentlich gar nicht geben darf, kommt noch der Mangel an Klugheit, der bei cirka 10 Prozent der Richterschaft dazu führen müsste, sie wegen Unfähigkeit aus dem Richteramt zu entfernen. Doch da steht das Beamtenrecht davor. Einmal als wissender Dummer als Richter eingesetzt, endet dieser Lebensabschnitt leider nur durch schwere Krankheit, Tod oder Pensionierung.

So kommt es zu dem Paradox, dass kluge Menschen, die gleichzeitig auch Mutter oder Vater sind, auf unwissende dumme Richterinnen und Richter treffen. Chefarzt Müller aus einer großen Klinik auf die Richterin am Amtsgericht Moppelsdorf, Schulleiterin Meier aus einer sächsischen Stadt auf den Richter am Amtsgericht Finsterhausen. Klug trifft Dumm und zum vielleicht ersten Mal in ihrem Leben zweifeln die beiden klugen Eltern an ihrer Wahrnehmung. In einer Art kognitiver Dissonanz bemerken sie die Dummheit des verfahrensführenden Richters, während ihnen die erlernte Gläubigkeit gegenüber der Justiz sagt, der Richter wäre klug. Kognitive Dissonanzen die in einer wichtigen Frage über längere Zeit andauern, führen zwangsläufig zu einer Persönlichkeitsspaltung der betroffenen Person, denn ein Mensch kann nicht zeitgleich an zwei verschiedenen Orten sein. Die Mutter oder der Vater, die zu Beginn des Verfahrens noch recht integer war, beginnt immer mehr zu dissoziieren. Dieses Phänomen hat Gregory Bateson zu seiner berühmten Schizophrenie-Hypothese veranlasst, nach der das Phänomen der Schizophrenie keine geheimnisvolle  Krankheit ist für die es eine Art Krankheitserreger gäbe, der nur noch nicht gefunden wurde, sondern das Ergebnis einer für den Betroffenen nichtauflösbaren Doppelbindung.

 

Vergleiche hierzu: 

Walker, Wolfgang: "Die Forschungen zur Schizophrenie und die Entstehung der ´Double-Bind´-Hypothese" In: "Abenteuer Kommunikation. Bateson, Perls, Satir, Erikson und die Anfänge des Neurolinguistischen Programmierens (NLP)", Klett-Cotta 1996

 

 

 

 

 

Örtliche Zuständigkeit

Nach §11 BGB teilt ein minderjähriges Kind den Wohnsitz seiner Eltern. Leben die Eltern getrennt, hat das Kind einen doppelten Wohnsitz. Melderechtlich sieht das Gesetz bisher allerdings nur einen Hauptwohnsitz vor. 

 

 

§ 152 FamFG Örtliche Zuständigkeit

(1) Während der Anhängigkeit einer Ehesache ist unter den deutschen Gerichten das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, ausschließlich zuständig für Kindschaftssachen, sofern sie gemeinschaftliche Kinder der Ehegatten betreffen.

(2) Ansonsten ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__152.html

 

 

Zuständige nach §152 FamFG ist also das Gericht, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Woran erkennt man aber nun, wo das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Man könnte meinen, daran, wo das Kind bisher mit Zustimmung der beiden sorgeberechtigten Eltern lebte oder wo beide Eltern übereinstimmend einen neuen Wohnsitz für das Kind begründen. Will also beispielsweise eine Mutter mit den beiden Kindern von Berlin nach Wolfsburg ziehen und dort einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt für die Kinder begründen, so benötigt sie die Zustimmung des Vaters. Diese sollte sie sich am besten schriftlich geben lassen, damit es hinterher nicht zu Diskussionen kommt, ob dieser seine Zustimmung tatsächlich gegeben hat. Zieht die Mutter ohne die Zustimmung des Vaters um, so wird ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt nur dann begründet, wenn der Vater nicht widerspricht und sich durch einen gewissen Zeitablauf die Situation verfestigt. Nach vier Wochen Untätigkeit des Vaters könnte man annehmen, dieser habe stillschweigend seine Zustimmung gegeben. Dies setzt allerdings voraus, dass der Vater überhaupt weiß, wo die Mutter mit den Kindern ist. Bei geschätzt cirka 5000 innerdeutschen Kindesentführungen pro Jahr, die meisten Kinder werden von ihren Müttern entführt, ist dies durchaus keine Selbstverständlichkeit.

Im Zweifelsfall orientieren sich die Gerichte hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit auch nach der aktuellen Meldeadresse des Kindes. Diese können die Eltern beim Meldeamt beliebig oft ändern lassen, denn das Meldegesetz erlaubt jedem sorgeberechtigten Elternteil eine Ummeldung auch allein vorzunehmen, Hat beispielsweise ein Elternteil das Kind ohne Zustimmung des anderen Elternteils aus dem gewohnten Lebensumfeld in ein neues Lebensumfeld verbracht und dort melderechtlich umgemeldet, kann der andere Elternteil ohne weiteres Zuwarten zum Meldeamt am gewohnten Lebensumfeld gehen und das Kind wieder zurück an die bisherige Meldadresse melden. Dies können beide Eltern beliebig oft machen, so lange ihnen vom Gericht nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde. Eine Verweigerung einer Rückmeldung, Rückrückmeldung oder Rückrückrückmeldung durch das Meldeamt wäre rechtswidrig. Gegebenenfalls ist gegen den verweigernden Mitarbeiter der Meldestelle umgehend Dienstaufsichtsbeschwerde zu erheben. Bei Bedarf kann auch das Verwaltungsgericht um eine Klärung ersucht werden. Das Verwaltungsgericht dürfte dann die durch den verbringenden Elternteil erstmalig vorgenommene Ummeldung für ungültig erklären.

 

 

Beispiel 1

Das Familiengericht sollte verständlicher Weise einen entführenden Elternteil nicht auch noch belohnen, in dem es das Verfahren an das Gericht an dem neuen Wohnort des entführenden Elternteils abgibt. Einen solchen Eindruck drängt sich leider in dem Fall einer Mutter auf, die ohne Wissen und Zustimmung des Vaters unter Mitnahme beider Kindern von Berlin nach Wolfsburg zog, in der Absicht, dort einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt für die Kinder zu begründen, was sie im Nachhinein mit einem Antrag auf das alleinige Aufenthaltsbestimmungsgericht beim Berliner Amtsgericht Schöneberg zu legitimieren versuchte. Statt nun das Verfahren am Amtsgericht Schöneberg in Gang zu bringen, fragte die zuständige Richterin Eggers-Chemseddine bei der Rechtsanwältin der Mutter an:

 

"... bestehen Bedenken gegen die Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg insofern als nach §152 Abs. 2 FamFG der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder maßgeblich ist. Zwar war der bisher in Berlin, ist aber nach Wolfsburg verlegt worden, wo er auch nach dem Vortrag dauerhaft angelegt ist, wodurch bereits ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird."

Amtsgericht Schöneberg - 90 F 178/10 - Richterin Eggers-Chemseddine, Schreiben vom 27.12.2010

 

 

Richterin Eggers-Chemseddine unterstellt hier, durch die (illegale) Mitnahme der Kinder durch die Mutter wäre der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder nach Wolfsburg verlegt. Richterin Eggers-Chemseddine behauptet dann, der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder wäre durch einseigen Willensakt und Vortrag der Mutter dauerhaft in Wolfsburg angelegt, "wodurch bereits ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird." Dies ist nun ein lupenreiner Zirkelschluss, man fragt sich ob in der Richterausbildung das logische Denken keine Rolle mehr spielt oder ob Richterin Eggers-Chemseddine die entsprechenden Seminare nicht besucht hat? Oder ob Richterin Eggers-Chemseddine ganz einfach in der Absicht handelte, das Verfahren nach Wolfsburg loszuwerden, um sich auf diese Weise von einem voraussichtlich schwierigen Fall zu entlasten.

Man könnte aber auch meinen, Richterin Eggers-Chemseddine würde der Mutter gerne einen Vorteil einräumen wollen, in dem sie das Verfahren an das Amtsgericht am neuen Wohnort der Mutter abgeben würde. Dies könnte wiederum für den Vater nach erfolgreicher Intervention zum Verbleib des Verfahrens am Amtsgericht Schöneberg ein Grund sein, Richterin Eggers-Chemseddine wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

 

 

Beispiel 2

Gemäß §§ 64, 43 und 36 FGG richtete sich die örtliche Zuständigkeit des Familiengerichtes für Verfahrend betreffend die elterliche Sorge für ein Kind nach dessen Wohnsitz. 

Zog beispielsweise ein Elternteil aus der bisherigen gemeinsamen Wohnung der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern von Bonn nach Bielefeld und begründet dort einen Wohnsitz, der auf Dauer geplant war, dann war sowohl das Familiengericht in Bonn, als auch das Familiengericht in Bielefeld örtlich zuständig.

 

Vergleiche hierzu 

Beschluss Richter Herr Richter - Amtsgerichts Bielefeld, vom 29.11.2007 - 34 F 881/07

 

Denn, der nach Bielefeld umgezogene Elternteil, so argumentiert der verfahrensführende Richter Richter, habe für sich und damit auch für sein Kind mit seinem Umzug einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in Bielefeld begründet.

 

Zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes siehe: 

http://de.wikipedia.org/wiki/Gew%C3%B6hnlicher_Aufenthalt

 

 

Erklärt sich, so wie hier geschehen, das Familiengericht Bielefeld als zuständig, wird das Verfahren auch dort geführt. Das gilt auch dann, wenn das Kind melderechtlich weiterhin in Bonn gemeldet ist und dort den Kindergarten besucht. 

Hier gilt also für die streitenden Eltern das Prinzip. Wer zuerst kommt, mahlt zu erst. 

Oder: Rechtzeitiges Erscheinen sichert gute Plätze.

Oder: Den Letzten beißen die Hunde. 

Oder: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben (hier also das Familiengericht)  

 

 

Nun kommt es hier allerdings zu dem Paradox, dass sich zwar das Familiengericht Bielefeld für zuständig ansieht, das zur Mitwirkung verpflichtete Jugendamt nach der Vorgabe des Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe allerdings das 220 Kilometer entfernte Jugendamt in Bonn sein dürfte, denn das Kind der gemeinsam Sorgeberechtigten Eltern hatte vor Eintritt der Mitwirkungspflicht des Jugendamtes (Tag der erstmaligen Antragstellung beim Amtsgericht Bielefeld) "zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt" im gemeinsamen Haushalt der Eltern in Bonn.

 

 

§ 87b SGB VIII Örtliche Zuständigkeit für die Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren

(1) Für die Zuständigkeit des Jugendamts zur Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren (§§ 50 bis 52) gilt § 86 Abs. 1 bis 4 entsprechend. Für die Mitwirkung im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz gegen einen jungen Menschen, der zu Beginn des Verfahrens das 18. Lebensjahr vollendet hat, gilt § 86a Abs. 1 und 3 entsprechend.

(2) Die nach Absatz 1 begründete Zuständigkeit bleibt bis zum Abschluss des Verfahrens bestehen. ...

(3) Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so gilt § 86d entsprechend.

 

 

 

§ 86 SGB VIII Örtliche Zuständigkeit für Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. ...

(3) ... (7) ...

 

www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/index.html

 

 

Dass somit das mitwirkungsverpflichtete Jugendamt das Jugendamt in Bonn und nicht in Bielefeld ist, hat offenbar weder Richter Richter erkannt, noch das tätig gewordene Jugendamt der Stadt Bielefeld, vertreten durch Frau Merthel-Imrecke. Ob dies nun zu einer Gehaltskürzung für die anscheinend irrenden Fachkräfte am Amtsgericht Bielefeld und dem Jugendamt Bielefeld führt, so wie das etwa die RichterInnen Prof. Wolfgang Schael, Berger und Gutjahr des 10. Senat des Oberlandesgerichts Brandenburg - zugleich 2. Senat für Familiensachen für einen freiberuflichen Umgangspfleger bejahen, der nicht gesehen hat, dass die förmlichen Voraussetzungen für seine Tätigkeit nicht bestanden haben, darf man bezweifeln. In Deutschland gilt ja das Prinzip, dass Staatsbeamte grundsätzlich recht haben und wenn sie ausnahmsweise mal nicht recht haben, was sehr oft vorkommt, dass dies zu keiner Beeinträchtigung des Lebens des Staatsbeamten führen darf.

 

 

 

 

 

Verfahrensbeteiligte

 

§ 7 FamFG Beteiligte

(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.

(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:

1.

diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird,

2.

diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

(3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist.

(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.

(5) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

 

 

Verfahrensbeteiligte im familiengerichtlichen Verfahren sind dementsprechend der Antragsteller / die Antragstellerin und auf der anderen Seite "diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird". Dies sind in der Regel die Eltern, also Mutter und Vater, die sich in einer bestimmten, das gemeinsame Kind betreffenden Frage nicht einigen können oder wollen, es können aber auch andere auch gleichgeschlechtliche Personen sein, so etwa eine Großmutter die einen Antrag auf Umgangsregelung mit ihrer bei der Mutter lebenden Enkeltochter stellt, hier wären es dann sogar drei weibliche "Beteiligte". 

Das Jugendamt ist nur dann Beteiligter im Sinne von § 7 FamFG, wenn es einen entsprechenden Antrag stellt (vgl. § 162 Abs. 2 FamFG). Stellt das Jugendamt einen solchen - in seinem behördlichen Ermessen stehenden - Antrag nicht, den es in Verfahren nach § 1666 BGB regelmäßig mit der Anregung nach § 8 a SGB VIII verbinden sollte, hat es (nur) das Recht, angehört zu werden (§ 162 Abs. 1 FamFG).

 

 

§ 162 FamFG Mitwirkung des Jugendamts

(1) Das Gericht hat in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, das Jugendamt anzuhören. Unterbleibt die Anhörung wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(2) Das Jugendamt ist auf seinen Antrag an dem Verfahren zu beteiligen.

(3) Dem Jugendamt sind alle Entscheidungen des Gerichts bekannt zu machen, zu denen es nach Absatz 1 Satz 1 zu hören war. Gegen den Beschluss steht dem Jugendamt die Beschwerde zu.

 

 

 

Gelegentlich wird behauptet, das Kind wäre im familiengerichtlichen Verfahren immer Verfahrensbeteiligter, so etwa im Arbeitskreis 11 des 18. Deutschen Familiengerichtstag 2009 - http://www.dfgt.de/DFGT_2009/Arbeitskreise/2009_Ergebnis_AK_%2011.pdf. Dies lässt sich allerdings dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nicht entnehmen. Das Kind kann schon deswegen kein Verfahrensbeteiligter sein, weil es sich auf Grund seiner Minderjährigkeit nicht selbst vertreten kann, es bedarf daher der Vertretung durch einen Elternteil. Es wird aber auch von den Eltern nicht vertreten, wenn diese, das Kind betreffend, gegensätzliche Anträge stellen. Wäre das Kind hier Verfahrensbeteiligter dann könnte man den Witz über Hans-Dietrich Genscher: "Stoßen zwei Flugzeuge zusammen, in beiden sitzt Genscher" abwandeln in: "Stoßen zwei Flugzeuge zusammen, in beiden sitzt das Kind".

Sind beide Eltern Verfahrensbeteiligte, was in Familiensachen der Regelfall ist, so kann das Kind von ihnen auf Grund ihrer in Bezug auf das Kind gegensätzlich vorgetragenen Interessen nicht vertreten werden. 

 

Es bedarf dann der Bestellung eines Verfahrensbeistandes für das Kind. Im Einzelfall kann auch die Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht kommen. 

 

Vergleiche hierzu: 

Oberlandesgericht Koblenz - 7 UF 513/10 - Beschluss vom 03.08.2010 - in NJW 21/2010: Zum Verhältnis und Abgrenzung von Ergänzungspflegschaft und Verfahrensbeistandschaft

 

 

Der die Interessen des Kindes vertretende Verfahrensbeistand wird mit seinem Vortrag oft eine identische Position zu einem der beiden Elternteile einnehmen. In so weit findet man hier in Bezug auf den Verfahrensbeistand eine ähnliche Situation vor, wie sie Rainer Sonnenberger mit der Idee des Kooperationsmanagers vertritt.

 

Vergleiche hierzu: 

Rainer Sonnenberger: "Elterliche Sorge: Konfliktlösung durch Kooperationsmanager", In: "Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe", 11/2010. S. 401-404

 

 

Der Verfahrensbeistand kann aber auch eine zu den Interessen der Eltern völlig eigenständige Position einnehmen, so etwa wenn die Eltern wechselseitig Anträge gestellt haben, dem jeweils anderen Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB entziehen zu lassen. Der Verfahrensbeistand kann sich hier im Interesse seines "Mandanten", dem Kind, auch den Standpunkt vertreten, dass keinem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird, in so weit also auch dem Grundgedanken vorn Artikel 6 Grundgesetz nach Unaufkündbarkeit von elterlicher Verantwortung entsprochen würde.

Wird vom Gericht keine Verfahrensbeistand bestellt, so gibt es auch keine explizite Vertretung des Kindes im Verfahren, da die Eltern jeweils andere Vorstellungen im Bezug auf Belange des Kindes haben, über die das Gericht entscheiden soll. Wollen die Eltern keine Entscheidung des Gerichtes, würden sie den Streitfall unter sich oder bei einem Familientherapeuten oder Mediator klären.

 

 

 

 

 

Antragsteller und Antragstellerin

Im Gesetz werden wird der Begriff des Antragsteller verwendet. Frauen stellen offenbar keine Anträge, so glaubt man wohl im Bundesjustizministerium und lässt angesichts dieser Spekulation die weibliche Form gleich mal weg. So z.B. in § 7 FamFG.

 

 

§ 7 FamFG Beteiligte

(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.

 

 

Einen Elternteil im Gesetz "Antragsteller" zu nennen, macht einen gewissen Sinn, um deutlich zu machen, dass dieser Elternteil beim Gericht einen Antrag zur Regelung einer strittigen Frage eingereicht hat. Denn allein die Tatsache dass jemand Vater oder Mutter ist, führt ja nicht dazu, dass dieser Mensch auch automatisch Beteiligter an einem familiengerichtlichen Verfahren ist.

Ist nun aber das Verfahren vom Familiengericht regulär eröffnet, so wirkt es ziemlich deplaziert und peinlich, einen Elternteil als Antragsteller und den anderen als Antragsgegner zu bezeichnen und damit den einen in die Rolle eines vermeintlichen Angreifers und den Anderen in die Rolle des Verteidigers hineinzudrängen. Dies kann zwar in Einzelfall zutreffen, so etwa wenn ein Elternteil den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil unterbindet und der andere sich auf diese Weise ausgegrenzt fühlende Elternteil der Hilfe des Gerichtes bedienen will, um wieder Kontakt zu seinem Kind zu bekommen. Oft sind es aber lediglich unterschiedliche Ansichten der Eltern, die den einen früher und den anderen später den Weg zum Familiengericht antreten lassen, in dem verständlichen Wunsch, dass das Gericht eine Entscheidung trifft und dies nicht dem Gesetz der Straße zu überlassen. Der Gesetzgeber erkennt dieses Bedürfnis ausdrücklich an.

 

 

§ 1628 BGB (Meinungsverschiedenheiten)

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

 

 

So z.B. wenn die Eltern sich nicht einigen wollen oder können, in welchen Kindergarten das gemeinsame Kind zukünftig gehe soll. Hier spielt es de facto keine Rolle, wer in dieser strittigen Frage einen Antrag beim Familiengericht stellt hat. Beide Elternteile sind formal gleichberechtigte "Streitparteien", die vor Gericht ihre Sichtweisen und Argumente austragen und auf eine für sie günstig erscheinende Entscheidung hoffen. Ob der eine Elternteil ein Mann ist und der andere eine Frau, spielt nach dem Gesetz keine Rolle.

Verwendet nun ein Richter die Begriffe Antragsteller und Antragsgegner, so zeugt dies von einem dichotomen Weltbild, in der das gemeinsame Interesse der beiden Eltern am Wohlergehen ihres Kindes oft verloren geht.

 

Beispiel 

 

"...

Wie unter Berücksichtigung der Erziehungsfähigkeit beider Eltern und der Bindungen der Kinder zukünftig der Aufenthalt der Kinder geregelt werden soll.

Darüber hinaus ist Stellung zu beziehen, ob bei Verbleib der Kinder bei der Antragsgegnerin eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und das Kindeswohl ggf. eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder von Teilbereichen auf den Antragsteller bedingt.

Amtsgericht Bad Kissingen - 2 F 76/10 - Richterin Stute - Beweisbeschluss vom 23.02.2010

 

 

Euphemistisch verschleiert Richterin Stute zudem, dass ihre Frage darauf hinausläuft, ob der Mutter aus Gründen des Kindeswohls das Sorgerecht entzogen werden sollte, denn dann wäre der Vater alleiniger Sorgerechtsinhaber. Eine "Übertragung" des alleinigen Sorgerechtes, ist allerdings eine sprachliche Arabeske, die auch davon nicht besser wird, dass der Gesetzgeber sie in verfassungswidriger Weise in §1671 BGB verwendet.

Eine "Übertragung des Sorgerechtes" bedeutet immer den Entzug des Sorgerechtes für einen Elternteil - nach Artikel 6 Grundgesetz ein Vorgang den es unterhalb der Schwelle einer Kindeswohlgefährdung gar nicht geben dürfte - doch in Karlsruhe liegt man diesbezüglich seit Jahrzehnten im Tiefschlaf und wenn schon die Verfassungsrichter schlafen, was soll man dann von einem kleinen Amtsrichter verlangen.

Liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, so greift § 1666a BGB.

 

 

§ 1666a Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen

(1) ...

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreicht.

 

 

Hier ist der Gesetzgeber im Gegensatz zu § 1671 BGB zum Glück bei Verstand geblieben, man müsst sonst an diesem Land verzweifeln.

 

 

 

 

 

 

Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand

 

"Dr. med. Martin Karsten

Dr. med. Evelyn Rugo

Dr. med. Mathias Wagner

Kinderärzte / Allergologie

 

04.05.2006

 

Ärztliches Attest

zur Vorlage beim Gericht

Patient:

A

B.

C

Familie X ist mir seit ... bekannt.

Ich bin über die Trennungsprobleme von Familie X sehr gut informiert.

Nebst kinderärztlicher Betreuung kommt die Mutter regelmäßig zu Beratungsgesprächen zu mir.

Frau X hat einen sehr guten Kontakt zu ihren Kindern. Sie sind altersentsprechend gut entwickelt und machen einen ausgeglichenen gepflegten Eindruck.

Durch den neuen Partner, ..., hat sich die familiäre Situation beruhigt und den Kindern ist wieder eine vollständige Familie gegeben. 

Zum Stiefvater haben die Kinder ein sehr gutes Verhältnis.

Die Familie kommt auch häufig zu den Arztterminen, die sie zuverlässig wahrnehmen, auch gehen sie zu den ihnen geratenen Therapien.

Gerade in der angespannten Trennungssituation zwischen Frau X und ihrem Exmann ist die neue Familie ein wichtiger Rückhalt für die Kinder. Ich bitte Sie, dies bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.

..."

 

  

 

Der vom Gericht eingesetzten Gutachter Diplom-Psychologe Gerhard Hennig sah das allerdings wohl anders und empfahl dem Gericht:

 

"Die Untersuchungen des Sachverständigen haben erbracht, dass es besser dem Wohl der Kinder A und B entspricht, wenn der Kindesvater das alleinige Sorgerecht ausübt. Die beiden Jungen sollten zukünftig ihren Lebensmittelpunkt im väterlichen Haushalt haben. Der Umgang der Kindesmutter mit ihren beiden Söhnen sollte für den Zeitraum von zumindest drei bis vier Monaten einmal im Monat von pädagogischen Fachpersonal begleitet stattfinden. ..."

Diplom-Psychologe Gerhard Hennig, Gutachten vom 23.11.2006 für Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, S. 96

 

 

Die zuständige Familienrichterin folgte dem Vortrag des Gutachters, das ärztliche Attest hatte offenbar keine Wirkung entfaltet. Die beiden Jungen wurden noch am Tag der gerichtlichen Anhörung aus dem Haushalt der Mutter genommen und befinden sich gemäß richterlichen Beschluss seitdem beim 500 Kilometer entfernt lebenden Vater.

 

Dass das Familiengericht auch ein wenig von einer Lotterie hat, man kann gewinnen oder verlieren ohne dass man darauf einen realen Einfluss hat, ist lange bekannt. Doch noch immer hält sich recht hartnäckig der Glauben, dass es beim Familiengericht um darum ginge, die Wirklichkeit, wie sie wirklich ist, festzustellen und daraufhin seine Entscheidungen zu treffen. Dieser naive Glaube müsse eigentlich seit der Etablierung des radikal konstruktivistischen Denkens, das seit dem schon 1969 erschienenen Buch

 

Paul Watzlawick;  Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003

 

eine umfangreiche Verbreitung erfahren hat. Doch die menschliche Verhaftung an überholten mechanistischen Denkmodellen des 19. Jahrhunderts scheint noch weit verbreitet. Die ganze akademisch geprägte Psychologie wie sie von verknöcherten Professoren an den Hoch- und Fachschulen und den Universitäten naiven Studenten eingetrichtert wird, beherrscht, sehr zu Schaden der Menschen, noch immer weite Teile der Gesellschaft. Und weit und breit werden gibt es nur wenige Psychotherapeuten, die für senile und altgläubige Professoren eine wirksame professionelle therapeutische Hilfe anbieten. Und so müssen sich immer neue Generationen naiver Studenten mit der Rotlichtbestrahlung an den psychologischen Fakultäten auseinandersetzen, dabei könnte das Leben so schön sein.

Die Computer werden immer schneller, die Winter immer wärmer und nichts ist wahr ohne sein Gegenteil, wie man an dem obigen Beispiel eines gerichtlich unbeachtet gebliebenen kinderärztlichen Attestes sehen kann. Wer den infantilen akademischen Glauben an die Feststellbarkeit der Wahrheit beiseite schiebt, den kann es nicht verwundern, wenn der eine Vater oder die andere Mutter bei kontradiktorischen familiengerichtlichen Verfahren verliert, obwohl es vorher so klar nach einem Sieg aussah. Wie gesagt, vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand.

 

 

 

 

 

Herr Richter, was spricht er?

 

 

Das gute Gefühl vor Gericht

Max-Planck-Forscher untersuchen Probleme intuitiver Urteile von Richtern, Schöffen und Jurymitgliedern

Wie können zwei Gerichte wie jüngst beim Fall des Fernsehwetterfroschs Jörg Kachelmann geschehen aufgrund der gleichen Aktenlage zu verschiedenen Ergebnissen kommen? Dahinter steckt weder Willkür, noch Wahnsinn. "Vielmehr liegt es schlicht daran, dass sie die Beweise unterschiedlich werten. Wenn Richter, Schöffen oder Geschworene ihre Entscheidung treffen, spielen nicht immer nur rein rationale Erwägungen eine Rolle, so Christoph Engel, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Von Haus aus Jurist verlässt der Wissenschaftler in seiner Forschung gern die Grenzen seiner Disziplin und untersucht die Erkenntnisprozesse und das Verhalten von Menschen im Gerichtssaal in Hinblick auf die Rechtsnorm. "Können wir intuitiven Urteilen trauen?", lautete die Kernfrage einer Studie, die im "Journal of Empirical Legal Studies" erscheinen wird. Gemeinsam mit dem Psychologen Andreas Glöckner hatte Engel das Urteilsverhalten von 245 Studierenden der Universität Erfurt im Experiment getestet. Ihr Ergebnis gibt Anlass zu gemischten Gefühlen. Gemeinsam mit Glöckner, der die Forschergruppe "Intuitive Experts" an dem Bonner Institut leitet, hatte Engel Studenten gebeten, in die Rolle eines Richters oder Geschworenen zu schlüpfen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten anhand eines Fallbeispiels unter zwei Beweisstandards befinden, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. In mehreren Durchläufen variierten die Forscher dabei die Rahmenbedingungen. Eine Gruppe erhielt die Instruktion, die im amerikanischen Zivilprozess üblich ist. Sie sollten verurteilen, wenn "das Übergewicht der Beweise" gegen den Angeklagten sprach. Eine zweite Gruppe sollte dagegen nur verurteilen, wenn die Schuld "jenseits vernünftiger Zweifel" lag. Außerdem variierte das Experiment den Beweiswert mehrerer Beweismittel und untersuchte deren Einfluss auf Urteile.

Mit diesen Experimenten wollten Engel und Glöckner herausfinden, ob und inwieweit bei der Urteilsfindung genutzte intuitiv-automatische Prozesse rechtlich unerwünschte Effekte mit sich bringen. Eine Frage war, ob der vom Gesetzgeber in einigen Ländern gewollte Unterschied zwischen den Beweismaßen durch diesen mentalen Prozess überspielt wird. Denn wie Psychologen und Kognitionsforscher herausgefunden haben, reagieren Entscheidungsträger vor Gericht nicht anders als gewöhnliche Menschen in Alltagssituationen, in denen aufgrund komplexer oder lückenhafter Faktenlage rein rationales Abwägen nicht möglich ist. Sie lösen das Problem mit Hilfe eines teilweise intuitiv-automatischen Entscheidungsprozesses, bei dem die Eindrücke, Erfahrungen und Gefühle mit rationalen Erwägungen kombiniert werden.

Doch was im Verlauf der Menschheitsgeschichte so manchem in brenzligen Situationen das Leben rettete, weil er zum Beispiel nicht lange darüber philosophierte, ob Brummgeräusche aus einer Höhle tatsächlich gefährlich sein können, oder heutige Zeitgenossen davor bewahrt, im Supermarkt vor dem überbordenden Warensortiment in Entscheidungslosigkeit zu erstarren, erscheint aus Sicht eines Rechtsforschers als Strategie der Urteilsfindung im Gerichtssaal nicht unproblematisch. Denn zugunsten der Stimmigkeit der Geschichte können die Originalinformationen verfälscht werden. "So lange es darauf für meine Entscheidung nicht ankam, denke ich, dass Zeugenaussagen relativ verlässlich sind", beschreibt Engel solche Kohärenz-Verschiebungen mit einem klassischen Beispiel aus dem Gerichtssaal: "Nun erfahre ich, dass ich einen Fall entscheiden soll, in dem es einen einzigen Zeugen gibt. Er belastet den Angeklagten. Auf Grund der übrigen Beweismittel habe ich aber ziemliche Zweifel an der Schuld des Angeklagten. Dann kann ich meine Gesamtüberzeugung dadurch herstellen, dass ich meine Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von Zeugenaussagen verstärke - wohlgemerkt, ohne dass mir diese Veränderung der Bewertung bewusst geworden wäre." Bei ihren Experimenten zum Urteilsverhalten aus rechtlicher und psychologischer Sicht sagten die beiden Bonner Forscher ihren Versuchspersonen zunächst nicht, dass sie einen juristischen Fall entscheiden sollten. Sie präsentierten die späteren Beweismittel zunächst in neutraler Einkleidung und fragten nach dem Beweiswerts, etwa wie verlässlich die Aussage einer Person ist, die am Ort des Geschehens gewesen war.

Danach erhielten sie Informationen über einen Fall, bei dem ein Mitarbeiter einer Firma beschuldigt wurde, Geld aus dem Tresor entwendet zu haben, der unter anderem eine Zeugenaussage enthielt. Im Anschluss daran sollten sie sagen, ob sie den Angeklagten verurteilen oder freisprechen würden, und bewerteten wiederum die Vorhersagekraft der verschiedenen Informationen. Zum Abschluss mussten die Probanden in einem Fragebogen angeben, nach welcher Methode sie ihre Entscheidungen getroffen haben: mithilfe mathematischer Kalkulationen, "aus dem Bauch heraus" oder indem sie sich nach dem Kohärenz-Modell aus den Informationen eine plausible Geschichte konstruiert hatten.

Es zeigte sich wie in vorangegangenen Untersuchungen, dass auch bei rechtlichen Urteilen die Bewertung von Informationen durch automatisch-intuitive Prozesse verzerrt wird: Personen konstruieren kohärente Interpretationen. Informationen werden dabei so wahrgenommen, dass diese das eigene Urteil stärker unterstützen, als dies objektiv der Fall ist. Dieses Phänomen der Kohärenzverschiebung zeigte sich beispielsweise darin, dass die durch ein und dieselbe Person abgegebene Bewertungen der Zuverlässigkeit von Zeugen vor und nach dem Urteil sich systematisch unterscheiden. Studierende die im Sinne der Zeugenaussage entschieden, erhöhten ihre Bewertung der Zuverlässigkeit von Zeugen. Studierende, die ein Urteil fällten, welches der Zeugenaussage entgegenlief reduzierten die Einschätzung. "Wir fanden allerdings heraus, dass Beweismaßinstruktionen nicht von Kohärenzverschiebungen untergraben werden", berichten die Forscher. "Das hatten wir eigentlich befürchtet", sagt Engel. "Wir nahmen an, dass der Beweisstandard die Verurteilungsrate nicht beeinflusst." Doch entschieden sich die Erfurter Studierenden unter dem zivilrechtlichen "Übergewicht der Beweise" ("preponderance of the evidence") mehr als doppelt so häufig für einen Schuldspruch als unter dem strafrechtlichen Standard "ohne vernünftigen Zweifel" ("beyond a reasonable doubt").

Dagegen fanden die beiden Forscher ihre dritte Hypothese bestätigt: Prozentzahlen und objektive Wahrscheinlichkeiten spielen in solchen Entscheidungssituationen kaum eine Rolle. Jedenfalls konnten sie selbst dann, als sie die Wahrscheinlichkeit der belastenden Beweismittel deutlich so veränderten, dass prozentual alles auf einen Schuldspruch hinwies, keine signifikanten Effekte auf die Verurteilungsrate feststellen. Dass Statistiken und objektive Wahrscheinlichkeiten eine so geringe Rolle bei richterlichen Entscheidungen spielen, hält Engel "aus normativer Sicht schon für sehr bedenklich". Es müssten ja nicht gleich Algorithmen für Richter, Geschworene oder Schöffen entwickelt werden, meint er. "Es genügt ja schon, wenn die Statistiken im Gerichtssaal so verständlich präsentiert werden, dass sie auch von Laienrichtern aufgenommen werden können", schlägt er zur Lösung des Problems vor. Im Zusammenspiel mit der Intuition habe man dann ganz gute Voraussetzungen für einen sinnvollen Umgang mit Recht und Gesetz. Außerdem fehlt es ja an Alternativen, gibt er zu bedenken. "Wer glaubt, dass Juristen etwas beweisen können wie ein Naturwissenschaftler, befindet sich auf dem Holzweg."

G / 2010 (196) 18. August 2010

Presseinformation der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/2010/pressemitteilung201008171/

 

 

 

In der Bevölkerung hält sich hartnäckig der Glaube, der Richter würde seine Entscheidung nach objektiven Kriterien treffen. Dieser Glaube wird auch genährt durch den Anspruch oder die Vorgabe, den das Recht selber setzt. So heißt es etwa für den Bereich der Familiengerichtsbarkeit:

 

§ 1697a BGB Kindeswohlprinzip

Soweit nicht anderes bestimmt ist, trifft das Gericht in Verfahren über die in diesem Titel (Anm.: §1626 bis 1698b) geregelten Angelegenheiten diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

 

 

Es ist jedoch völlig anmaßend, zu meinen, das Gericht wäre in der Lage, die Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Wenn dies denn überhaupt ginge, dann immer nur für den gerade aktuellen Moment in seinem aktuellen Kontext. Einen Tag später, stellt sich die Lage oft schon völlig anders da, d.h. die Entscheidung von gestern ist für den Tag von heute überholt. Von daher müsste es ehrlicherweise heißen:

 

 

§ 1697a BGB Kindeswohlprinzip (Formulierung - Peter Thiel)

Soweit nicht anderes bestimmt ist, trifft das Gericht in Verfahren über die in diesem Titel (Anm.: §1626 bis 1698b) geregelten Angelegenheiten diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten nach Ansicht des Gerichtes dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

 

 

Mit dieser Formulierung wird klargestellt, nicht die Wirklichkeit wie sie wirklich ist, bestimmt die Entscheidung die der Richter trifft, sondern die Wirklichkeit wie sie der Richter (beeinflusst durch die ebenfalls subjektiven Meinungen von Gutachter, Verfahrensbeistand, Jugendamtsmitarbeiter, Rechtsanwälte, Eltern, etc.) sieht. 

 

vergleiche hierzu: 

Paul Watzlawick: "Gesund in kranker Umgebung", In: "Die erfundene Wirklichkeit. Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben? Beiträge zum Konstruktivismus."; Piper, 1981

 

 

Hinter der Idee des Gesetzgebers, das Gericht wäre in der Lage, die Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht, steckt die Idee der Planwirtschaft, so wie man sie in den Ostblockstaaten vor 1989 gepflegt hat. Dort nahm man ebenfalls an, man könne heute eine Entscheidung treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Volkes am besten entspricht. So traf man denn im Jahr 1985 eine Entscheidung wie viele Kaffeemaschinen im Jahr 1990 produziert werden sollten, so dass die Bevölkerung ausreichend mit Kaffeemaschinen versorgt wäre. 1990 lag dann allerdings die DDR in ihren letzten Zügen und die mit großen Aufwand gebaute Produktionslinie für Kaffeemaschinen war überflüssig. 

Wir haben es also im Leben von Menschen immer mit letztlich unplanbaren Entwicklungen zu tun, sei es in der Wirtschaft oder sei es im Bereich der Entwicklung von Kindern und ihre Familien. Daher ist nicht das System am erfolgreichsten, was am besten planen, sondern das System, was am besten auf die Herausforderungen der Gegenwart reagieren kann. Und schon hier findet man genügend Unstetigkeiten. Eltern, die sehr gut mit einem Baby oder einem Kleinkind umgehen können, können mit der Entwicklung ihres Kindes in der Pubertät völlig überfordert sein. Kein Richter kann dies hervorsehen.

Von daher ist es immerhin stimmig, dass der Gesetzgeber in § 1696 BGB formuliert:

 

 

§ 1696 Abänderung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtlich gebilligter Vergleiche

(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. § 1672 Abs. 2, § 1680 Abs. 2 Satz 1 sowie § 1681 Abs. 1 und 2 bleiben unberührt.

(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1696.html

 

 

 

 

 

 

Die lieben Richterinnen und Richter

 

"Der Ausgang des Prozesses wird letztlich davon abhängen, wie gut argumentiert wird argumentiert wird, in welchem Gerichtsbezirk die Parteien leben, welcher Familienrichter die Sache entscheidet und welcher Berufungssenat zuständig ist. Beide Parteien sollten sich klar machen, dass die Richter aufgrund ihres besonderen Werdegangs und ihrer besonderen gesellschaftlichen Position oft keine Vorstellung vom Alltag der Menschen haben, über deren Schicksal sie entscheiden müssen."

Norbert Maes, Fachanwalt für Familienrecht, Berlin; In: "VHTS Aktuell", 1/2006

 

 

Das ist fürwahr starker Tobak, den Rechtsanwalt Maes hier vorträgt, doch die Erfahrung zeigt, dass er so unrecht nicht hat. Der Rechtsstaat ist insoweit eine schöne Fiktion und Gutsherrenart von Richtern ein gesellschaftliches Übel, dem wie der mythologischen Hydra, dem neunköpfigen Seeungeheuer, dessen abgeschlagenen Köpfe doppelt nachwuchsen, nur schwer beizukommen ist. Dies liegt auch in der Konstruktion der richterlichen Stellung begründet. Der Richter ist - relativ einmalig in der modernen Gesellschaft - wenn auch nicht allmächtig, so doch auf sein von ihm verwaltetes Gebiet bezogen, mit umfangreichen Machtbefugnissen ausgestattet. Im umgekehrten Maße sind die Kontroll- und Korrekturmöglichkeiten relativ gering ausgeprägt. Es gibt zwar das Mittel der Dienstaufsichtsbeschwerde, des Befangenheitsantrages oder einer Beschwerde oder Berufung beim Berufungsgericht, doch in der Praxis sind das oft stumpfe Schwerter um gegen richterliche Inkompetenz, Willkür, Dünkel oder charakterliche Störungen vorzugehen. Einen Richter wegen Rechtsbeugung zu verurteilen scheint trotz der prinzipiellen rechtlichen Möglichkeit so undenkbar wie die ungenehmigte Landung eines Flugzeuges auf dem Roten Platz - nur einer, Matthias Rust, hat das bisher geschafft. 

Moskau ist weit, hieß es in Russland und das ist in der modernen Informationsgesellschaft, die gleichzeitig informelle Strukturen wie zur Zeit der Leibeigenschaft aufzuweisen scheint, oft nicht anders. Der Richterberuf birgt so für problematische Charaktere immer die Einladung ihre Schattenseiten relativ ungehindert auszuleben. Wer das nicht glaubt, nehme einfach mal an einem Rollenspiel teil, bei dem er als Mitspieler in die Robe eines Richters schlüpft. 

Zum Glück gibt es auch Licht, so kann man sicher davon ausgehen, dass mindestens 60 Prozent aller derzeit tätigen Richter für den Richterberuf auch geeignet sind.

 

Von einem guten Familienrichter muss man eine ganze Zahl unterschiedlichster Kompetenzen abverlangen. So zum Beispiel: 

1. Juristische Wissen. Das Einmal Eins des Familien- und Kindschaftsrecht sollte der Richter sicher beherrschen. Bei manchen Richtern kann man jedoch zu der Überzeugung kommen, dass diese trotz langjähriger Tätigkeit als Familienrichter noch nicht alles verstanden haben, was im Gesetzbuch steht und daher Recht nach Gutdünken ausüben.

So z.B. in einem Fall am Amtsgericht Flensburg bei der Beauftragung eines Gutachters:

 

"Es soll ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt werden, ob der persönliche Umgang der Kinder X und Y mit dem Antragsteller ihrem Wohl dient, möglicherweise auch in der Form des begleiteten Umgangs, oder ob eine Aussetzung des Umgangsrechts auf Dauer oder für längere Zeit erforderlich ist, weil andernfalls das Wohl der Kinder gefährdet wäre." 

Amtsgericht Flensburg

 

 

Die beauftragende Richterin hat wahrscheinlich die einschlägigen Bestimmungen des BGB in der Fassung seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 noch gar nicht verstanden, in denen eben nicht darum geht, ob ein Umgang zwischen Kind und Elternteil dem Kindeswohl dient, damit er angeordnet werden kann, sondern es lediglich bei einem möglichen Ausschluss des Umganges darum geht, ob der Umgang das Kindeswohl gefährden würde (§1684 BGB). Aber auch ohne das Kindschaftsrecht verstanden zu haben, kann man eben als Richterin tätig werden. Gerd Postel, der falsche Amtsarzt von Flensburg, ist da in bester Gesellschaft.

 

 

2. Befähigung zur Sachverhaltsanalyse

 

3. Fähigkeit Wesentliches und Unwesentliches Unterscheiden zu können

 

4. Befähigung zur Moderation und streitender Parteien

 

5. Fähigkeit eigene Moralvorstellungen und Werte reflektieren zu können.

 

6. Empathie

 

7. Kreativität. Wer da meint, Juristerei bestände nur daraus, juristischen Schubladen auf und zu zu machen, übersieht, dass zum einen auch das aufmachen und schließen geeigneter Schubladen schon ein kreativer Prozess sein kann. Kreativität ist natürlich noch weit mehr. Recht ist kein chinesischer Arbeitsanzug, der allen Chinesen passen muss, ob sie wollen oder nicht, ob sie groß sind oder klein, dick oder dünn, Mann oder Frau. Was in einem Fall gut passt, muss es im anderen Fall überhaupt nicht sein. Es gibt kein Schema F, nach dem Kindschafts- und Familiensachen abgearbeitet werden können. Schließlich ist es sogar Aufgabe des Richters an der Fortentwicklung des Rechtes zu arbeiten. Dies geht hin bis zu Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht, wenn der Richter den Eindruck hat, geltendes Recht verstößt gegen Verfassungsrecht. Dass das so selten zu geschehen scheint, obwohl gerade die gesetzlichen Vorgaben im Familienrecht, weil von überkommenen Wertevorstellungen her, schon immer gegen die Verfassung verstoßen haben, man denke hier nur an die Amtspflegschaft für die Kinder nichtverheiratete Mutter und das fehlende Umgangsrecht für den nichtverheirateten Vater vor der Kindschaftsrechtsreform von 1998, sowie im Jahr 2005 noch die offensichtlich verfassungswidrige Regelung des §1626a BGB, der den nichtverheirateten Vater von der elterlichen Sorge ausschließt, wenn dies die Mutter des gemeinsamen Kindes so will.

 

 

8. Durchsetzungsfähigkeit. Fähigkeit Grenzen zu setzen und Grenzen angemessen zu respektieren

 

9. Entscheidungsfähigkeit

 

10. Fähigkeit Vollstreckungen durchzuführen, wenn diese unabdingbar und notwendig erscheinen.

 

 

Ob diese Kompetenzen im Laufe eines juristischen Studiums erworben werden, erscheint bei dem üblichen Hochschulbetrieb doch eher fraglich. Vielmehr kann angenommen werden, dass der akademische Ausbildungsbetrieb sich fast ausschließlich auf Wissenskompetenzen beschränkt.

Wenn man diese Messlatte benutzt, wird man sicher oft feststellen, dass viele Familienrichter einen Teil der genannten Kompetenzen haben, was im Einzelfall aber dazu führt, dass gerade die eine aktuell erforderliche Kompetenz fehlt. Die streitenden Parteien merken dies in der Regel. Und so wird es konsequenterweise bei einem hochstrittigen Umgangsverfahren und einer entscheidungsängstlichen Richterin dazu kommen, dass der umgangsvereitelnde Elternteil das Heft des Handelns in der Hand behält und irgend wann von den beteiligten Fachkräften gebetsmühlenartig der Satz vorgetragen wird, "da könne man eben nichts machen", ohne zu sehen, dass die anhaltende Umgangsvereitelung schließlich auch ein Ergebnis der wohlwollend tolerierenden Haltung des Familienrichters ist.

 

 

 

"Wie tauglich für seine Aufgabe ist ein Familienrichter, dessen eigene Ehe mit einer Kampfscheidung zu Ende gegangen ist? . auf wessen Seite steht ein Mietrichter, der mehrere Wohnhäuser geerbt hat. ...

Oder anders: Was tun Richter, damit ihre Urteile nicht von biographischen Eckdaten und subjektiven Impulsen  geprägt werden.

...

Das Recht möchte so zwingend erscheinen, wie die Addition von zwei und zwei; da ist auch nur eine `richtige` Lösung denkbar.

...

Dabei müsste ein flüchtiger Blick auf das Innenleben der Justiz genügen, um stutzig zu werden. Denn schon die Tatsache, dass es von Instanz zu Instanz oft zwei diametral entgegengesetzte Meinungen gibt, zeugt von der Relativität des Rechts - ja, von seiner Subjektivität.

...

Es bedarf keiner besonderen Mühe, um zu entdecken, dass auch bei Gericht fehlbare Menschen agieren. ... Weil die Akteure ihre Gefühle nie ganz ausschalten können, ist Recht kaum kalkulierbar. 

Der Lotteriecharakter wird von Ritualen zugedeckt. Richter umgeben sich mit einer Aura des Unfehlbaren.

...

Schwarze Gewänder komplettieren die Szenerie, sie signalisieren Distanz. Es ist kein Zufall, dass sich Richter wie Priester kleiden. Beide bedürfen des Respekts, den ihre Amtstracht dem Publikum abverlangt. Der Rechtsgelehrte Herbert Tröndle vermutete sogar, die Ehrfurcht sei `eine Spätfolge der archaischen Vorstellung, wonach der Richter ein priesterliches Amt verwaltet.`"

 

aus: 

Rolf Lamprecht: "Die Richterperson als Rechtsquelle. Biographische Eckdaten und subjektive Impulse: Von der Subjektivität der Rechtsfindung und der Angst der Richter sich selbst als Rechtsquelle zu entlarven.", In: "Betrifft: Justiz", März 2005, S. 14-20

Rolf Lamprecht ist ehemaliger Spiegel-Redakteur und Ehrenvorsitzender der Justizpressekonferenz Karlsruhe

 

 

Das Spektrum der bei Familienrichtern anzutreffenden Charaktere dürfte nicht wesentlich von dem der Normalbevölkerung abweichen. Das heißt, bei der Mehrzahl der Familienrichter handelt es sich um Menschen mit kleinen Ecken und Kanten, wie sie die meisten anderen Menschen auch haben. Gelegentlich sind die Charaktere auch leicht neurotisch, das dürfte in den meisten Fällen kein ernsthaftes Problem darstellen. Problematisch wird es, wenn die Störungen über ein bestimmtes Maß hinausgehen. So z.B. wenn ein Richter, wir wollen ihn hier Herrn Strauß nennen, tätig als Familienrichter am Amtsgericht Tempelberg (Name des Richters und des Amtsgerichts verändert), einen stark narzisstisch geprägten Charakter hat. Dies mag ihn als Referenten auf Fachveranstaltungen geeignet erscheinen lassen, für die unmittelbare Arbeit mit Klienten dürfte dies jedoch mitunter zu negativen Resultaten führen.

 

 

 

 

 

Sensibelchen in schwarzen Roben - der narzisstische Familienrichter

Ein Familienrichten hat verschiedene ihm zugeordnete Themenbereiche, Ehe- und  Scheidungsrecht, Umgangsrecht, Kindesunterhalt, Sorgerecht nach §1671 BGB bei Anträgen der Eltern, Sorgerechtsverfahren nach §1666 BGB bei vermuteter Gefährdung des Kindeswohl und Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz.. Im Eherecht geht es um Ehegattenunterhalt, Ehewohnung und Hausrat, Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich. Während ein stark narzisstischer Charakter eines Richters im Eherecht und wohl auch bei Fragen des Kindesunterhalts eine eher geringere Rolle spielen dürfte, so sieht das in den Fragen von Sorgerecht und Umgangsrecht schon erheblich anders aus. Denn hier geht es häufig nicht um relativ klar feststellbare Tatsachen, sondern um Werturteile und richterliches Ermessen. Werden aber einem stark narzisstischem Richter Werturteile und Ermessen freigestellt, und dies ist in der Regel erst einmal so, denn das Oberlandesgericht ist weit, so werden die streitenden Parteien nur dann das Wohlwollen des Richters erringen können, wenn sie seinen Narzissmus bedienen oder wenigstens nicht widersprechen. Ein Widerspruchsgeist egal ob männlich oder weiblich bleibt hier folgerichtig mit seinem Anliegen auf der Strecke. Die narzisstische Kränkung des Richters ist zu groß, als dass dieser das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit noch einhalten würde. Die erfahrene Kränkung verlangt nach Sühne und dies bekommen die unbotmäßigen Streitparteien zu spüren. Kritische Beobachter gibt es in der nichtöffentlichen Verhandlung oft nicht, der Anwalt der beim Richter in Ungnade gefallenen Streitpartei rät eher zur Hinnahme der richterlichen Selbstherrlichkeit, denn ortsansässige Anwälte wollen es sich auf Dauer mit dem Richter nicht verderben, denn in einem anderen Verfahren könnte die Gunst des Richters für den den Anwalt von Nöten sein. Dienstaufsichtsbeschwerde kann man zwar beim Dienstvorgesetzten einreichen, doch damit macht man sich bei dem Richter noch unbeliebter und die allgemeine Erfahrung lehrt, dass 90 Prozent aller Dienstaufsichtsbeschwerden mit der lapidaren Antwort beschieden werden, dass keine Unkorrektheiten zu erkennen gewesen wären. 

Die Ablehnung des Richters wegen des Verdachts der Befangenheit oder gar der Rechtsbeugung ist ein langwieriger wie meist keinen Erfolg versprechender Weg. Die Beschwerdeinstanz Oberlandesgericht ist in weiter Ferne und der Weg dahin dauert lang. Kurz gesagt der narzisstische Richter sitzt am längeren Hebel und nur besonders ausdauernde Klienten gehen den Weg zum Oberlandesgericht, in der Hoffnung dort zu ihrem Recht zu kommen. Mitunter gelingt dies sogar, doch häufig sind inzwischen irreversible Veränderungen und Schädigungen zu Lasten der betroffenen Partei eingetreten, die auch ein Gerechtigkeit herstellender Beschluss des Oberlandesgericht nicht aus der Welt schafft. 

 

Wenn der narzisstische Richter einen Gutachter oder Verfahrenspfleger braucht, so wird er diese in der Regel danach aussuchen, dass sie den Narzissmus des Richters ausreichend bedienen können. Tun sie das wider Erwarten nicht, so war dies natürlich die letzte Bestellung, die sie von diesem Richter bekommen haben. Übrig bleiben die zum narzisstischen Richter passenden Fachkräfte, möglicherweise sind dies Komplementärnarzissten (vgl. Jürg Willi: "Die Zweierbeziehung, 1975, S. 76-79). 

 

"... Der Narzisst spricht auf den komplementärnarzißtischen Partner an, weil er vom Liebesobjekt bewundert werden will und weil ihm vor allem wichtig ist, daß er seinerseits auf Ansprüche und autonome Initiative des Partners keine Rücksicht nehmen muss. Er fühlt sich in seinem Selbst nicht gefährdet, weil der Partner sich ihm ja ganz unterordnet. ..." (Jürg Wili, "Die Zweierbeziehung" S. 78)

 

 

Narzisst und Komplementärnarzisst sind zwar untereinander in einer nicht unproblematischen Beziehung, doch da sie sich von einander abhängig fühlen und der je andere als Teil ihres eigenen Selbst dient, eint eine von außen kommende Bedrohung  beide und lässt ihren Schulterschluss gegen die tatsächliche oder vermeintliche Gefahr noch enger werden.

Verbindet sich der narzisstische Richter mit einen ebenfalls narzisstischem Gutachter, so wird sich in der Regel eine brisante Mischung und eine symbiotische Koalition zwischen beiden entwickeln, die unbotmäßige Streitparteien (z.B. Eltern) und kritische von außen kommende Fachleute schnell zu spüren bekommen. Zulässig sind dann nur noch diejenigen, die die Weltsicht der beiden Narzissten bestätigen. Die anderen, die sich dem Weltbild des narzisstischen Paares nicht unterordnen wollen, werden so gut es eben geht abgestraft. In einer Diktatur kann dies böse Folgen für die unbotmäßigen Elemente haben. In Deutschland hat das in den Jahren von 1933 bis 1945 vielen Menschen das Leben gekostet oder deren Gesundheit ruiniert. Gottlob leben wir nun im Rechtsstaat, den zu schützen ja gerade Richter berufen sein sollten, doch machen wir uns nichts vor, nicht in jedem Richter steckt gleichzeitig auch ein Demokrat, wie das Beispiel des Richters Gnadenlos aus Hamburg zeigt, der offenbar so narzisstisch war, der von ihm gegründeten Partei auch gleich noch seinen Namen zu geben. 

 

Narzissten sind wie von Mäulen treffend beschrieben gleichzeitig Tyrann und Mimose (Mäulen, Bernhard: "Narzisstisch gestörte Ärzte. Tyrann und Mimose: Halbgott in Weiß.", In: "Fortschritte der Medizin", 10/2003). Sie wollen uneingeschränkte Herrschaft und vertragen keine Kritik. Zum Thema narzisstischer Störungen gibt es eine empfehlenswerte Darstellung von Jürg Willi (Willi, Jürg: "Die Zweierbeziehung", Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 65-82), wobei sich Willi verstärkt mit dem männlichen Narzissmus beschäftigt. Zum Thema des weiblichen Narzissmus gibt es das empfehlenswerte Buch "Weiblicher Narzissmus. Der Hunger nach Anerkennung" von Bärbel Wardetzki, Kösel, 1991.

 

Jürg Willi schreibt: 

 

Narzißtische Charaktere

Es fallen zwei Grundtypen narzißtischer Persönlichkeiten auf, nämlich die schizoiden Narzißten, die vor allem an einer primär-narzißtischen Störung leiden, und die mehr phallisch-exhibitionistischen Narzißten, bei denen es sich eher um eine sekundär-narzißtische Störung handelt.

Die phallisch-exhibitionistischen Narzißten finden wir als sozial akzeptierte Form vor allem in der Geschäftswelt, deren Ideologie ihrer Charakterstruktur entspricht: dynamisch-rücksichtslos-selbstbezogen-erfolgreich. Bei Frauen finden wir diese Eigenschaften ausgeprägt vor allem in Berufen des Show-, Mode- und Gastgewerbes. Ihre Sozialkontakte sind auf Erhöhung ihres Selbstwertgefühles ausgerichtet.

Schon beim ersten Zusammentreffen verstehen es solche phallische Narzißten, das Gespräch gleich so zu konstellieren, daß der Partner in wenigen Minuten über ihre Attribute informiert ist, nämlich über ihren phantastischen Sportwagen, ihre Villa mit Hallenbad, ihre Freundin mit Pelzmantel, ihr ausgefallenes Hobby, ihre Sammlungen — sie zählen zu den größten und kostbarsten des Landes — sowie ihre Kontakte mit den höchsten Persönlichkeiten, mit denen sie Duzfreunde sind. Sollten sie geruhen, sich nach den Attributen des Gesprächspartners zu erkundigen, so rührt das nicht von echtem Interesse her, sondern dient ihnen dazu, einen spüren zulassen, daß man sich ihnen gegenüber rettungslos im Hintertreffen befindet. Verfügt man aber zufälligerweise über gewisse Außergewöhnlichkeiten, die geeignet sind, ihr Interesse zu wecken, so wird man von ihnen gleich als Schmuckstück übernommen. Sie möchten dann von einem hören, daß man ein ganz verrückter Kerl ist, ein spinniger Outsider, ein Revolutionär, ein Kraftmeier, Perverser oder Genialer. An der nächsten Party können sie erzählen: «Kennen Sie meinen Freund Hans, ich meine den berühmten Sowieso, was der für ein irrer Typ ist Meist wird einem von ihnen aber einfach die Stellung des staunenden Zuhörers zugeteilt. Es bleibt einem nur die Möglichkeit, am Genuß, den ihnen all ihre Attribute bereiten, ehrfurchtsvoll teilzunehmen oder aber sich in Gegenposition zu stellen und ihre Prahlerei abzulehnen.

Damit ist bereits ein wesentlicher Zug über den Beziehungsstil gesagt: Phallische Narzißten brauchen den geselligen Kontakt, denn sie sind darauf angewiesen, von anderen bewundert zu werden. Die Beziehungspersonen sind aber als Individuen bedeutungslos. Sie sind keine Personen mit einem Zentrum eigener Initiative und Aktivität (KOHUT). Sie existieren vielmehr nur funktionell, nämlich um entweder den Glanz des grandiosen Narzißten widerzuspiegeln oder um sich dem Narzißten als Schmuckstück anzubieten. Kann man keine dieser Definitionen für sich selbst akzeptieren, so besteht keine Basis für eine Beziehung, man ist inexistent. Ist der Narzißt ein wortgewandter und scharfzüngiger Spaßvogel, so gelingt es ihm oftmals, eine ganze Gesellschaft in Resonanzschwingung zu versetzen, wobei sich ein Zustand von Gleichklang mit Auflösung individueller Grenzen einstellen kann, ein kollektives Hochgefühl, ein ozeanisches Fest. Manch kreischendes Lachen der Zuhörer entspringt allerdings der Angst, das Wohlbefinden des Narzißten durch Versagung der Gefolgschaft zu stören und sein Wohlwollen zu verscherzen. Oft lauert der Narzißt darauf, einen Feind oder Gegenspieler aufzuspüren, den er durch Hohn und Kränkungen in erschreckender und gemeiner Art umzulegen versteht.

Narzißten haben ein ungesichertes Selbstgefühl und können den Partner nicht als eigenständiges Individuum wahrnehmen, sondern nur als `narzißtiscbes Objekt`, als eine Erweiterung des eigenen Selbst, als etwas, das ihr Selbst auffüllt, ergänzt, schmückt und erhöht.

KOHUT (1973) schreibt, irrtümlicherweise herrsche häufig die «Annahme, daß das Vorhandensein von Objektbeziehungen den Narzißmus ausschließe. Im Gegenteil beziehen sich einige der intensivsten narzißtischen Erfahrungen auf Objekte; das heißt, Objekte, die entweder im Dienste des Selbst und der Aufrechterhaltung seiner Triebbesetzung benutzt werden, oder auf Objekte, die als Teil des Selbst erlebt werden» (S. 14).

Im Grunde sehnen sich Narzißten nach dem primärnarzißtischen Urzustand zurück, in dem es noch keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt gab, wo alles noch eins war im Urgrund, im Mutterleib. Da ihnen dieses totale Einssein mit dem Objekt nicht gelingt, lassen sie in einer Objektbeziehung nur die Aspekte zu, in denen sich das Objekt kongruent zu ihrer Vorstellung und Erwartung verhält. Durch Idealisierung der Beziehungsperson versuchen sie sich diese Illusion zu erhalten und reagieren mit Wut, wenn sich die Diskrepanz zwischen ihren Idealerwartungen und der Realität nicht mehr überbrücken läßt und sie gezwungen sind, das Getrenntsein von der Beziehungsperson durch deren Anderssein wahrzunehmen.

Wer nicht ganz mit ihnen schwingen kann, ist für sie eine Kränkung. Sie teilen die Menschen ein in `weiße`, das heißt Freunde, und `schwarze`, das heißt Feinde. Da Narzißten in ihrer Hoffnung auf totale Harmonie immer nur Enttäuschungen erleben, ist ihre Stellung zu den Menschen oft geprägt von Resignation, Verbitterung, Zynismus und Rachephantasien. Sie stehen in einer paranoiden Position, sind zutiefst mißtrauisch, glauben an keine Liebe, an keine Werte, spalten alle echten Gefühle ab, da diese nur die Gefahr neuer Verletzungen in sich bergen. Sie leiden oft an einem Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit sind dauernd bedroht, in eine Depression zu verfallen, die sie mit hypomanischer Betriebsamkeit, Theatralik und dauernder geselliger Anstrengung zu überspielen versuchen. Viele sind geistreiche Gesellschaftskritiker oder zynische Satiriker, die sich darauf verlegen, andere Menschen der Heuchelei und Verlogenheit zu überführen. Sie sind da völlig unerschrocken, denn sie haben nichts zu verlieren, da sie längst alles verloren haben. Voller Bitterkeit wollen sie andern die Illusion vom Guten, Hohen, Edlen, von menschlicher Solidarität und Liebe zerstören. Sie sehen das menschliche Zusammenleben als einen Kampf aller gegen alle, sie sehen im Menschen nur den rücksichtslosen Egoisten, der sich altruistischer Theatralik bedient, um desto sicherer zu seinen Vorteilen zu kommen. Der verzweifelte Eifer, mit dem sie anderen gegenüber die Ethik des rücksichtslosen Egoismus vertreten, läßt deutlich die Sehnsucht nach dem Glauben an das Gegenteil, die Sehnsucht nach Urgeborgenheit spüren. Die Diskrepanz zwischen verbalisiertem Nihilismus und schüchtern verborgener Sehnsucht nach Zärtlichkeit übt auf viele Beziehungspersonen einen speziellen Reiz aus. Sie möchten dem Narzißten den Glauben an die Liebe zurückgeben, ihn voller Verständnis umhegen und ihn in seiner Zerbrechlichkeit schützen.

So direkt und kompromißlos der Narzißt in seinen Kritikäußerungen ist, er selbst reagiert überempfindlich auf jede Kritik oder Weigerung, ihn zu bewundern und zu idealisieren. Wenn eine Beziehungsperson ihn nicht vorbehaltlos unterstützt, so wird sie auf die schwarze Liste gesetzt und ist ausgestoßen. Es wird ihr jede Existenzberechtigung abgesprochen, sie ist nicht mehr, der Bruch ist radikal und endgültig. Sie leben nach der Devise: `Wer nicht für mich ist, ist wider mich.` Der Narzißt unternimmt nichts zur Versöhnung. Ein echter Streit unter Freunden ist ihm schwer vorstellbar. Die Radikalität, Kompromißlosigkeit und Unerschrockenheit, mit der Narzißten ihre Feinde bekämpfen und sich von ihnen absetzen, imponiert vielen Menschen als Festigkeit und Selbständigkeit. Viele sehen in ihnen starke Führer, oft auch Märtyrer, Opfer ihrer Feinde, was ihnen bedingungslose Anhängerschaft derjenigen verschafft, die aus ähnlicher Struktur heraus sich mit einem Narzißten zu identifizieren suchen. Sie nehmen den Narzißten zu ihrem Idol, stellen sich ganz in seinen Dienst, werden ihm hörig und sind zu totaler Hingabe bereit. In messianischem Eifer ziehen Narzißten mit ihren Jüngern quasi in den heiligen Krieg, sie verlangen blinde Ergebenheit und verstehen es, die Gruppenkohäsion hochzuhalten durch ein Feindbild, in das alles Schlechte projiziert wird.

Jürg Willi, S. 65-68

 

 

 

Wenn man diese Beschreibung des "phallisch-exhibitionistischen Narzißten" liest, kann einem leicht klar werden, dass es zu den größten Zumutungen gehört, für seinen Rechtsstreit einen solchen Richter zugeteilt zu bekommen. Wen man als Richter erhält, kann man sich leider nicht aussuchen und so kann man das Pech haben und der Geschäftsverteilungsplan des zuständigen Gerichtes sieht vor, dass Herr und Frau Müller gerade mit diesem Richter oder jener Richterin vorlieb nehmen müssen. Das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft in dem prinzipiell Wahlfreiheit besteht ist hier außer Kraft gesetzt. Man muss nehmen, was man bekommt, ähnlich wie im Staatsozialismus der DDR. 

Gleichwohl haben die im familiengerichtlichen Verfahren Beteiligten, in der Regel die Eltern und das Kind, einen Anspruch auf eine menschenwürdige Behandlung. Dies gilt uneingeschränkt auch gegenüber Eltern in einem Verfahren wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung oder Kindesmisshandlung. Auch wenn Eltern in der Vergangenheit schweres Fehlverhalten gegenüber ihren Kindern gezeigt haben, sind Verhandlungsführungen im Stile des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs unzulässig, da sie die grundgesetzlich gesicherte Menschenwürde der Betroffenen verletzen. 

 

Bedauerlicherweise wird die charakterliche Eignung von Familienrichtern zu Beginn ihrer Amtsübernahme nicht überprüft. Hier hätten Psychodiagnostiker, die sonst zu jedem menschlichen Fehlverhalten einen Fragebogen oder Test entwickeln noch ein lohnendes Arbeitsfeld. Auch während der Amtsausübung von Familienrichtern wird deren Arbeitsweise nicht in regelmäßigen Abständen evaluiert. Dadurch ließe sich jedoch die Rate menschlichen Fehlverhaltens von Richtern sicher erheblich verringern.

 

vergleiche hierzu:

Andrea Kaminski: "Evaluation von Richtern - ein Beispiel aus News Hampshire"; In: "Betrifft Justiz", März 2004, S. 212-214

 

 

Die soziale Kontrolle in Form der Richterkollegen ist beim Einzelrichter am Amtsgericht im Gegensatz zum Richterkollegium am Oberlandesgericht deutlich eingeschränkt. Dadurch kann es durchaus dazu kommen, dass ein charakterlich selbstherrlicher Richter mit eventuellen sadistischen Neigungen, die Grenzen des Tolerierbaren überschreitet. Hier bleibt für die Betroffenen der Weg der Dienstaufsichtsbeschwerde an den Direktor des Amtsgerichts. In Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung kann das aber erst einmal den Verdacht auslösen, die Betroffenen wollten nur von ihren eigenen Verfehlungen ablenken. Trotzdem sollten sich die Betroffenen nicht mit unakzeptablen Grenzüberschreitungen eines Richters einverstanden erklären. Letztlich wird es auch  der kritischen Rückmeldungen von Betroffenen bedürfen, damit inakzeptables Verhalten einzelner Richter mittel- oder langfristig nicht ohne Sanktionen durch die Dienstaufsicht bleibt.

 

Es ist zu vermuten, dass Familienrichter besonders starken psychischen Stress ausgesetzt sind, da sie Woche für Woche im Zentrum teils erbitterter Kämpfe der Eltern und der sie vertretenden Beistände ausgesetzt sind. Auch die am Familiengericht vorgetragenen Problemlagen sind alles andere als emotional aufbauend. Starker und anhaltender psychischer Stress löst, wenn er nicht durch Ausgleichsmaßnahmen wie Teilnahme an Balint-Gruppen, stressabbauenden Freizeitaktivitäten wie z.B. Yoga ausgeglichen wird, in aller Regel psychosomatisch bedingte Krankheiten aus. 

 

vergleiche hierzu: 

Angelika Köhler-Weisker: "Lernen durch erlebte Einsicht. Psychoanalyse für andere Berufsgruppen, am Beispiel der Balintgruppenarbeit mit Familienrichtern, Vormundschaftsrichtern und Rechtsanwälten"; In: "psychosozial", III/2000, S. 29-40)

 

 

Untersuchungen über die Morbidität und Mortalität von Familienrichtern sind leider nicht bekannt. Aussagekräftige Untersuchungen zu diesem Thema könnten jedoch eine wertvolle Unterstützung für die Familienrichter selbst und für die zuständige Justizverwaltung sein, zu überlegen, welche Veränderungen im Bereich der Familiengerichtsbarkeit in Gang gebracht werden können, damit psychische Gesundheitsgefährdungen von Familienrichtern verringert werden. 

 

vergleiche hierzu: 

Luise Reddemann: "Einige Überlegungen zu Psychohygiene und Burnout-Prophylaxe von Traumatherapeutinnen. Erfahrungen und Hypothesen", In: "Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin", 2003, Heft 1, S. 79-85 

 

 

Mitunter erscheint es so, als ob gerade an Familiengerichten in eher "ländlichen" Gebieten ein recht laxer Umgang mit rechtsstaatlichen Prinzipien gepflegt wird. Sollte dies zutreffen, so kann vermutet werden, dass dies auch mit der im Laufe der Jahre quasi "verwandtschaftlichen" Bindung zwischen Richtern auf der einen und Rechtsanwälten auf der anderen Seite zusammenhängt. Man kennt sich eben und nimmt aufeinander Rücksicht. Im Volksmund nennt man dies Kungelei. Tust du mir mal einen Gefallen, tu ich dir mal einen Gefallen. Auf der Strecke bleibt in solchen Fällen der Rechtsuchende, der von seinem ihn vertretenen Anwalt nicht in der erforderlichen Weise unterstützt wird. Damit kann zusammenhängen, dass auswärtige Anwälte Irritationen bei den betreffenden Gerichten auslösen können, da man von diesen Anwälten nicht wissen kann, wie sie sich verhalten werden. Stillschweigende "Absprachen" können mit ihnen nicht getroffen werden

Allerdings wurden uns auch Fälle aus Städten berichtet, in denen Familienrichter schon mal vorab dem rechtssuchenden Elternteil zu verstehen gaben, er solle doch seinen Antrag freiwillig zurücknehmen, und nicht darauf zu bestehen, einen Beschluss zu bekommen, in denen ohnehin eine Ablehnung des Antrages stehen würde. Geht der rechtsuchende Bürger auf einen solchen Vorschlag ein, vermeidet er für sich zwar möglicherweise höhere Kosten, doch vergibt er sich die Chance einer Berufung beim zuständigen Oberlandesgericht (vgl. Fall M. am Amtgericht B), die im Falle eines Erfolges auch zur Lösung seines gerichtlich vorgetragenen Problems führen kann.

 

 

 

 

 

Persönliche Meinung und Weltanschauung des Familienrichters 

 

"Die Juristen bekommen ihre Kenntnisse über die Wirklichkeit stark vermittelt durch Bücher, Presse oder Fernsehsendungen. Anders ausgedrückt durch die Medien. Es gibt hierüber Untersuchungen, welche Quellen von Juristen in wissenschaftlichen oder politischen Abhandlungen herangezogen werden. Dabei zeigt sich, dass hier die FAZ ganz stark überrepräsentiert ist, dass sie also ganz wesentlich die Wahrnehmung der Juristen von Wirklichkeit prägt." 

"Neutralität von Richtern und Staatsanwälten. Interview mit Prof. Dr. Gusy, Universität Bielefeld, zu Fragen der Sozialisation von Richtern, Aufarbeitung des DDR-Unrechts und der Unabhängigkeit von Staatsanwälten", Interviewer Guido Kirchhoff; In: "Betrifft Justiz", Juni 2004, S. 267-269

 

Es ist ja kein Geheimnis, es gibt solche und solche. Hat man das Glück und der Familienname des Kindes fängt mit "D" an, gerät man an den Richter Müller, die Sozialarbeiterin Frau Schulze und die Gutachterin Frau Gärtner (Gruppe A); hat man Pech dann gerät man an die Richterin Mayer, den Sozialarbeiter Herrn Lehmann und die Gutachterin  Frau Fischer (Gruppe B).

Gruppe A hat die Meinung, dass es für ein Kind am besten wäre, wenn ...

Gruppe B hat die Meinung, dass es für ein Kind am besten wäre, wenn ...

Je nach dem welcher Meinung nun der Klient (Elternteil) ist, hat er Glück oder Pech, vorausgesetzt er gerät gerade an die Gruppe die der gleichen oder einer ähnlichen Meinung ist wie er oder im anderen Fall seiner Meinung entgegensteht. 

Ist die Gruppe A der Meinung, beide Eltern sollen im Interesse ihres Kindes weiterhin die gemeinsame Sorge ausüben, so meint der Elternteil der sich bisher als der bessere und darum alleinsorgewürdigere gesehen hat, dass die Professionellen auf beiden Augen blind sind und nicht sehen wollen, wie das Kindeswohl durch den anderen Elternteil geschädigt wird. Der andere Elternteil hingegen atmet erst einmal auf und fühlt sich ein von den Professionellen verstanden.

Ist die Gruppe B der Meinung bei Elternstreit sollte einem Elternteil nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen werden, so stößt das auf Begeisterung des Elternteils, der mit der alleinigen Sorge ausgezeichnet werden soll, der andere Elternteil ist verständlicherweise total sauer und beschließt den Rest seines Lebens nicht mehr arbeiten zu gehen, sich vom Staat mit Sozialhilfe finanzieren zu lassen und keinen Kindesunterhalt mehr zu bezahlen. Im übrigen wählt er von nun an nur noch Protestparteien, wie die des ehemaligen Amtsrichters Schill.

 

 

 

Beispiel 1

Die als Gutachterin beauftragte Diplom-Psychologin Siegrid Friedrich schreibt für das Amtsgericht Recklinghausen (03.09.2003): 

 

"In einer einseitigen Sorgerechtsregelung zum jetzigen Zeitpunkt würde sich der `begünstigte` Elternteil ... in seinen jeweiligen Sichtweisen, Vorbehalten, Überzeugungen mit den entsprechenden Verhaltensweisen von `offizieller` Seite bestätigt fühlen, was zu einer diesbezüglichen Konsolidierung führt. Vor dem Hintergrund des derzeitigen elterlichen Machtkampfes um das Sorgerecht bedeutet dies, dass sich einer als `Gewinner` und der andere als `Verlierer` fühlen würde. Hierin liegt die Gefahr, dass der Elternteil, der sich durch die gerichtliche Intervention bestätigt fühlt, kaum mehr die Notwendigkeit sieht, eigene Verhaltens- und Sichtweisen kritisch zu überdenken und gegebenenfalls zu modifizieren. Die Chance einer sich auch nur ansatzweise entwickelnden elterlichen Kooperation würde hierdurch erheblich minimiert." 

Diplom-Psychologin Siegrid Friedrich - 46 F 175/02 - Gutachten vom 03.09.2003 für Amtsgericht Recklinghausen, S. 257

 

 

Recht hat sie, will man begeistert ausrufen. Doch dann denkt man an eine Entscheidung des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18.04.2003, die hier für viele ähnliche Entscheidungen von Familiengerichten zu nennen ist, in der es um die Frage ging, ob trotz eines massiven Streit um den Umgang, die in den Streit mit dem außerhalb lebenden Elternteil involvierte betreuende Person bei der sich das Kind aufhielt in eine alleinsorgeberechtigte Position (Vormundschaft) und damit in eine gegenüber dem nichtbetreuenden und nichtsorgeberechtigten Elternteil herausgehobene Machtposition gestellt wird. Der zuständige Verfahrenspfleger riet davon dringend ab und empfahl, dass das Kind weiter im Haushalt der betreuenden Person leben soll, die Vormundschaft aber durch einen außenstehenden Einzelvormund ausgeübt werden soll. Die zuständige Richterin folgte dem nicht und schloss sich der Auffassung des Gutachters Dr. Sch.  (Gutachten vom 06.04.2002) an, und bestellte die betreuende Person zum Vormund. Der Kontakt zwischen Kind und dem außerhalb lebenden Elternteil ist danach wohl endgültig abgebrochen.

 

 

Beispiel 2

 

"Gleichwohl ist die zur Konfliktlösung erforderliche Regelung des Sorgerechtes in der Weise zu treffen, dass die Antragstellerin - anders als der Antragsgegner - nicht erwerbstätig ist und persönliche Betreuung, Versorgung und Erziehung von A (der Sohn ist knapp 4 Jahre alt - Anm. Peter Thiel) sicherstellen kann, während in den Zeiten der berufsbedingten Abwesenheit des Antragsgegners Dritte diese Aufgabe übernehmen müssten, zu denen A keine gleichartige Beziehung wie zu seinen Eltern hat. Der Betreuung durch einen Elternteil ist der Vorrang vor der Betreuung durch Dritte zu geben. ..."

Oberlandesgericht Düsseldorf - II-6 UF 207/02 - Beschluss vom 16.01.2004, S. 6 (Beschluss liegt dem Autor vor)

 

 

Während die Richter Müller, Liedtke und Offermanns am Oberlandesgericht Düsseldorf der Ansicht sind "Der Betreuung durch einen Elternteil ist der Vorrang vor der Betreuung durch Dritte zu geben", sieht man das am Amtsgericht Nauen ganz anders, hier herrscht keine westliche Kitaphobie, sondern eine gewisse Ostigkeit, nach der die Fremdbetreuung des zwei Jahre und vier Monate alten Sohnes einer persönlichen Betreuung durch den Vater vorgezogen werden soll:

 

 

"... . Er (der Vater - Anm. Peter Thiel) beharrt auf seinen Standpunkt, dass es für die kindliche Entwicklung nicht gut ist, bis zum Erreichen des dritten Lebensjahres, fremd betreut in einer Kindertagesstätte zu werden. Er setzt sich mit seiner Auffassung über die Bedürfnisse seines Sohnes hinweg."

Amtsgericht Nauen - 20 F 24/09 - Richterin Passerini, Beschluss vom 26.02.2010 (S. 6)

 

 

Richterin Passerini meint offenbar den Stein der Weisen gefunden zu haben und der liegt nun mal nicht am Oberlandesgericht Düsseldorf begraben, sondern speist sich aus den Erfahrungen von 40 Jahren erfolgreicher Entwicklung allseitig entwickelter sozialistischer Persönlichkeiten in der DDR, von der es die ehemalige DDR-Bürgerin Angela Merkel immerhin bis zur Bundeskanzlerin gebracht hat und damit die allseits geschätzte Margot Honecker überholt hat - frei nach dem Motto von Walter Ulbricht, überholen ohne einzuholen.  

Allerdings verwundert es dann im Lichte der Nauener Rechtssprechung schon, dass Angela Merkel weder die Kinderkrippe noch den Hort besucht hat und nach dem Maßstab von Richterin Passerini sich die Eltern von Angela Merkel (geborene Kasner) wohl über die Bedürfnisse ihrer Tochter hinweggesetzt haben.

 

Sie (die Mutter - Anmerkung Peter Thiel) nutzte ihre Zeit für die Betreuung der eigenen Kinder, daher besuchte Angela Kasner weder Kinderkrippe noch Hort.

http://de.wikipedia.org/wiki/Angela_Merkel

 

 

Wie man sieht, Deutschland ist noch immer ein tief gespaltenes Land, während in Düsseldorf die persönliche Betreuung eines Kindes durch einen Elternteil in den höchsten Tönen gelobt wird, lobt man in Nauen die Fremdbetreuung in einer Kita in den höchsten Tönen, denn:

 

"Dort entfalte sich die Kreativität eines Kindes. Es lernt Probleme zu lösen, und erforscht die Welt, die es umgibt." 

Amtsgericht Nauen - 20 F 24/09 - Richterin Passerini, S. 5/6

 

so Richterin Passerini mit Bezug auf die als Gutachterin zuarbeitende Diplom-Sozialpädagogin Bettina Tschirschwitz. Wie haben das bloß die Kinder vor der Erfindung der Kindertagesstätten gemacht, vermutlich hatten die gar keine Gelegenheit ihre Kreativität zu entfalten, Probleme zu lösen und die Welt zu erforschen. Nun ja, früher dachte man auch, die Erde wäre eine Scheibe und hinter Nauen wäre diese zu Ende und alle Leute die einen Schritt weitergehen, fallen ins Bodenlose, dieser Irrtum konnte zum Glück inzwischen aufgelöst werden.

Hier Nauen, dort Düsseldorf, hier Hüh und dort Hot. Jeder Richter nimmt es sich halt so, wie er es gerade braucht. Mit einer einheitlichen Rechtsprechung und mit Rechtssicherheit diese Auslegware aber sicher nichts zu tun. 

Vor Gericht und auf hoher See, in Nauen und in Düsseldorf, sind wir - wie zu sehen - alle in Gottes Hand.

 

 

 

 

 

Vorstellungskraft des Familienrichters

Die Vorstellungskraft von Familienrichter unterliegt wie die auch anderer Menschen mehr oder weniger starken Einschränkungen.

 

vergleiche hierzu: 

Christine Künzel: "Zwischen Fakten und Fiktionen: Überlegungen zur Rolle des Vorstellungsvermögens in der richterlichen Urteilsbildung", In: "Zeitschrift für Rechtssoziologie", Heft 1/2004, S. 63-77

 

Dies trifft nicht natürlich nicht nur auf den einfachen Richter am Amtsgericht zu, sondern auch auf die Richter an den Oberlandesgerichten und den Bundesgerichten - mitunter kann man sogar den Eindruck gewinnen, an den Bundesgerichten ist die Vorstellungskraft der dortigen Richter besonders schwach entwickelt, was in einen die Kreativität negativ beeinflussenden beruflichen Selektionsprozess begründet sein könnte. 

Peter Eschweiler, ein vom Autor Peter Thiel durchaus geschätzter Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main räumt öffentlich ein, dass auch gewisse Vorstellungen schwer fallen. Er schreibt:

 

"Eine akzeptable gerichtliche Entscheidung, die streitende Eltern verpflichtet, künftig miteinander ein Wechselmodell aufzunehmen, wenn einer von beiden dies ablehnt, ist schwerlich vorstellbar.

Peter Eschweiler: "Akzeptanz des Wechselmodells durch die Familiengerichte"; In: "Familie, Partnerschaft, Recht"; Heft 07/2006, S. 306

 

 

 

Brecht hat das menschliche Phänomen fehlender Vorstellungskraft in seinem Gedicht "Der Schneider von Ulm" beschreiben.

 

Der Schneider von Ulm

(Ulm 1592)

 

„Bischof, ich kann fliegen“,

Sagte der Schneider zum Bischof.

„Pass auf, wie ich’s mach’!“

Und er stieg mit so ‘nen Dingen,

Die aussahn wie Schwingen

Auf das große, große Kirchendach.

                           Der Bischof ging weiter.

                           „Das sind so lauter Lügen,

                           Der Mensch ist kein Vogel,

                           Es wird nie ein Mensch fliegen“,

                           Sagte der Bischof vom Schneider.

 

 

„Der Schneider ist verschieden“,

Sagten die Leute dem Bischof.

„Es war eine Hatz.

Seine Flügel sind zerspellet

Und er lag zerschellet

Auf dem harten, harten Kirchenplatz.“

                         „Die Glocken sollen läuten,

                         Es waren nichts als Lügen,

                         Der Mensch ist kein Vogel,

                         Es wird nie ein Mensch fliegen“,

                         Sagte der Bischof den Leuten

 

 

 

 

Der Kommunikationsforscher und Konstruktivist Paul Watzlawick beschäftigt sich im Rahmen seiner Überlegungen zu wirksamen Formen von Psychotherapie ebenfalls mit diesem Phänomen. Er illustriert dies u.a. am Beispiel eines schon ca. 1880 erschienenen Romans von Edwin A. Abbott mit dem Titel "Flachland - Eine phantastische Geschichte in vielen Dimensionen" ("Flatland. A Romance in many Dimensions", Dover Publications, New York, 1952):

 

"Flachland ist die Erzählung eines Bewohners einer zweidimensionalen Welt; also einer Wirklichkeit, die nur die Länge und Breite, aber keine Höhe kennt; einer Welt, die flach wie ein Bogen Papier und von Linien, Dreiecken, Quadraten, Kreisen usw. bevölkert ist. Diese können sich frei auf, oder besser gesagt, in dieser Oberfläche bewegen, doch sind sie wie Schatten unfähig, sich über sie zu erheben oder unter sie abzusinken. Es braucht nicht betont zu werden, daß sie sich dieser Beschränkung unbewusst sind, denn die Idee einer dritten Dimension, der Höhe, ist für sie unvorstellbar." 

Paul Watzlawick: "Münchhausens Zopf oder Psychotherapie und `Wirklichkeit`", Verlag Hans Huber, 1988; Piper Verlag April 2005, S. 118)

 

 

Beispiel 1

Da Familienrichtern nicht selten, wie auch anderen normal sterblichen Menschlichen, die einen vorgefundenen Bezugsrahmen (Scheuklappen) überschreitende Vorstellungskraft fehlt, fehlt ihnen dann logischerweise oft auch die Fähigkeit zur richterlichen Gestaltung neuer konstruktiver, auf Entwicklung gerichteter und der aktuellen Situation angepasster Beziehungsmodelle für die betreffende Trennungsfamilie. Mit der Folge, dass Familienrichter öfter als notwendig, den Umgang aussetzen oder Herausnahme von Kindern aus Herkunfts-, aber auch aus Pflegefamilien anordnen oder - wie im folgend dargestellten Fall am Amtsgerichts Leverkusen - einem Elternteil das grundgesetzlich verankerten Sorgerecht nach dem scheußlichen Entsorgungsparagraphen 1671 BGB entziehen. 

 

"Über das Sorgerecht war wie erkannt zu entscheiden, da eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter derzeit am besten dem Wohl der Kinder entspricht, § 1671 BGB.

...

Das Gericht kann sich derzeit nicht vorstellen, wie die Eltern es bei dem momentanen Stand der Auseinandersetzung bewerkstelligen sollten, ihre Elternverantwortung gemeinsam auszuüben. ..."

 

Amtsgericht Leverkusen, Beschluss vom 21.04.2004 - 30 F 24/04 - rk, auszugsweise veröffentlicht in "Streit. Feministische Rechtszeitschrift"

 

 

Die Vorstellungskraft fehlt bekanntlich immer dann, wenn es noch keine Vorbilder oder entsprechende Erfahrungen gibt. So war es beim legendären Schneider von Ulm, bei geographischen Entdeckungsfahrten, bei Erfindungen oder auch revolutionierenden wissenschaftlichen Leistungen, wie z.B. bei den Astronomen Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler und Galileo Galilei oder den Physiker und Schöpfer der Relativitätstheorie. Schöpferische Menschen und im besonderen sogenannte Genies verkörpern die prinzipiell immer vorhandene Möglichkeit vorgegebene oder vorgefundene Begrenzungen zu überwinden. Wäre diese menschliche Fähigkeit nicht vorhanden, würden die Menschen noch heute unbekleidet und unbehaust durch die Weiten der afrikanischen Savannen laufen und sich in soweit nicht von den Antilopen, den Zebras und den Elefanten unterscheiden.

Juristen fallen allgemein weder durch Erfindungen, Entdeckungsfahrten noch oder neue wissenschaftliche Theorien auf. Womit wir bei der Frage wären, welchem Charaktertyp Juristen verkörpern. Tiefenpsychologisch könnte man fragen, welche Persönlichkeitsstruktur zeichnet Juristen aus? Eine plausibel erscheinende Antwort wäre, dass Juristen eher ängstliche, vorsichtige und wenig risikofreudige Menschen sind. Deshalb haben sie Jura studiert, weil die Welt der Paragraphen, Gesetze und Verordnungen den Anschein erwecken, das Leben ließe sich ordnen und prinzipiell kontrollieren. Der Volksmund meint: Kleine Geister lieben die Ordnung, Genies beherrschen das Chaos. In diesem Ausspruch scheint ein wenig Wahrheit zu stecken.

 

 

Beispiel 2

 

"Nach dem Kindeswillen kann ich nicht erkennen, wem von beiden das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, bzw. welcher Umstand Zünglein an der Waage sein soll."

Diplom-Psychologe Matthias Petzold, beauftragt als als Gutachter am Amtsgericht Köln, Anhörung am 10.08.2007

 

 

Diplom-Psychologe Matthias Petzold hat völlig recht, wenn wer meint, er könne nach den Kindeswillen "nicht erkennen, wem von beiden das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen, bzw. welcher Umstand Zünglein an der Waage sein soll.", denn ein Kind, das seine Eltern liebt und das den Willen erkennen ließe, dass seinem Vater oder seiner Mutter durch das Gericht ein Teil der elterlichen Sorge entzogen würde, wäre ein Kind mit einer gespaltenen Persönlichkeit, man könnte vielleicht auch sagen, es hätte eine Borderline Symptomatik: Ich liebe dich, ich hasse dich.

In so fern wäre, der Vortrag von Herrn Petzold eine Tautologie, die das wiederholt, was ohnehin bereits jedem Sachkundigen klar ist, nämlich dass ein halbwegs gesundes Kind seine Eltern nicht in Gewinner und Verlierer einteilen will, so wie es Heerscharen von Familienrichtern, Rechtsanwälten, Gutachtern und Verfahrensbeständen noch immer ungeniert tun. Von daher ist es bei halbwegs gesunden Kindern völlig unsinnig, darüber zu debattieren, welchen Einfluss ihr Willen auf einen bedauerlicherseits juristisch nach §1671 BGB möglichen Sorgerechtsentzug haben könnte.

Was Kinder möglicherweise wollen, ist eine bestimmte Betreuungsregelung, seitens ihrer getrennt lebenden Eltern, sei es eine Betreuung im Wechselmodell, im Residenzmodell oder eines zwischen diesen beiden Polen liegenden Betreuungsmodell, so etwa 10 Tage : 4 Tage oder 9 Tage : 5 Tage.

 

Neben der Frage, ob halbwegs gesunde Kinder überhaupt einen Entzug der elterlichen Sorge für einen ihrer beiden Eltern wünschen, stellt sich auch die Frage, warum das Gericht - so wie hier im Wege einer einstweiligen Anordnung von Richter Hartmann beschlossen - überhaupt einen Entzug des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechtes (hier des Vaters) vornimmt. Der Richter hätte ebenso gut, eine Festlegung treffen können, wie die zukünftige Betreuung des Kindes durch seine Eltern zu regeln wäre, der Gutachter hat dazu sogar eine Empfehlung unterbreitet: "Es sollten Besuchsblöcke vorgenommen werden, etwa 10 Tage und 4 Tage oder 9 Tage und 5 Tage im Wechsel.".

Juristisch lässt sich solches leicht bewerkstelligen, in dem der Richter Anträge der Eltern zum Eingriff in die elterliche Sorge des anderen Elternteils, einschließlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, zurückgewiesen hätte und statt dessen von Amts wegen (§12 FGG) eine Umgangsregelung vorgenommen hätte. Freilich muss man für eine solche mögliche Entscheidung den dafür erforderlichen Willen, aber auch die dafür erforderliche Vorstellungskraft haben. Beides kann man leider nicht immer bei allen Familienrichtern antreffen.

 

 

vergleiche hierzu:

Jens Gutjahr: "Gerichtliche Entscheidungen über die elterliche Sorge und das Umgangsrecht im Zusammenhang mit dem Wechselmodell; In: "Familie, Partnerschaft, Recht"; Heft 07/2006, S. 301-305

Paul Watzlawick: "Münchhausens Zopf oder Psychotherapie und `Wirklichkeit`", Verlag Hans Huber, 1988; Piper Verlag, 2005

Paul Watzlawick;  Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003

Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003

Paul Watzlawick: "Die erfundene Wirklichkeit". Wie wir wissen, was wir zu wissen glauben. Beiträge zum Konstruktivismus", Piper Verlag, München, 1985

Paul Watzlawick; Giorgio Nardone: "Kurzzeittherapie und Wirklichkeit"; Piper Verlag, München, 1999

Paul Watzlawick: "Anleitung zum Unglücklichsein", Serie Pieper, München, 1983

Paul Watzlawick: "Wenn du mich wirklich liebtest, würdest Du gern Knoblauch essen. Über das Glück und die Konstruktion der Wirklichkeit"; Piper, München, 2006

 

 

 

 

 

 

Familienrichter und Familienrecht

Mitunter scheint es, als ob manche Familienrichter mit dem Familienrecht auf Kriegsfuß stehen oder es auch schlichtweg gar nicht richtig kennen.

 

Beispiel 1

 

"Es soll Beweis erhoben werden über die Frage, ob die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für A, geb. am auf die Kindesmutter oder die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Kindesvater dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Im Rahmen des Gutachtens sollte auch dazu Stellung genommen werden, ob das Kindeswohl im Haushalt der Kindesmutter durch körperliche Gewalt seitens ihres Ehemannes Y gefährdet wird und ob das Kindeswohl gefährdet wird durch die Beeinflussung eines Elternteils oder anderer Bezugspersonen."

Amtsgericht Krefeld - Richterin Borgmann - 69 F 267/03, Beweisbeschluss vom 27.04.2004, Gutachtenauftrag an Diplom-Psychologin Mirca Musiolik

 

 

Wenn das Kindeswohl ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, und darüber sind sich wohl fast alle Fachleute einig, so ist die Frage eines Richters an eine Gutachterin nach dem Kindeswohl eine juristische Frage, die aber ein Gutachter per Definition seiner Rolle gar nicht zu beantworten hat, da er kein Hilfsrichter ist, sondern nur Ermittlungsgehilfe des Richters in Fragen bei denen dem Richter die erforderliche Sachkunde fehlt oder zu fehlen scheint. Will der Richter eine juristische Frage wie die zum unbestimmten Rechtsbegriff Kindeswohl  beantwortet wissen, müsste er auch einen dafür sachkundigen Gutachter einsetzen, dies könnte dann aber kein Psychologe, sondern müsste ein Jurist sein. Die Bestellung eines Juristen als Gutachter ist aber gesetzlich nicht vorgesehen, weil ja der Richter selbst Jurist ist und es zu seinen originären Aufgaben gehört, juristische Fragen eben selber zu klären.

 

 

Beispiel 2

In einer Umgangssache am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg heißt es im Beschluss:

 

 "... Über ihre gutachterliche Empfehlung hinaus hat die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung aus ihrer Erfahrung als Psychotherapeutin dargelegt, dass die von ihr für notwendig gehaltene Therapie etwa einen Zeitraum von zwei Jahren erfordere. Zuvor müsse sich die Situation für A. (Anmerkung P. Thiel: Junge, 10 Jahre) beruhigen; A ist nach der Schilderung der Kindesmutter durch die Therapie und die Gerichtsverhandlung derzeit irritiert. Ferner hat die Gutachterin erklärt, dass ein Wartezeitraum von bis zu zwei Jahren erforderlich ist, weil es in Berlin nicht ausreichend viele Therapieplätze bzw. geeignete Therapeuten für eine derartige Fallgestaltung gebe..

Diese Wartezeit kann nach Überzeugung des Gerichtes genutzt werden, um bei A eine Beruhigung herbeizuführen. Insgesamt erscheint daher ein Zeitraum von 3 !/2 Jahren angemessen aber auch erforderlich, um nach einer Beruhigung und Wartezeit die für erforderlich gehaltene Therapie durchzuführen, die nötig ist, eine positive Beziehung zum Vater zu entwickeln. ...Die Einschränkung des Umgangsrecht beruht auf §1684 Abs. 4 BGB. Ein milderer Eingriff in das Umgangsrecht ist nach der Sachverständigenfeststellungnahme nicht möglich, da auch ein begleiteter Umgang zurzeit nicht im Einklang mit dem Kindeswohl zu realisieren ist"

Liebert - Richter am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg - 177 F 12.867/03, Beschluss vom 07.04.2005, 

 

 

Von der Qualität des Gutachtens abgesehen, erstellt durch die Gutachterin Christiane Frost, über die hier nicht diskutiert werden soll, ist festzustellen, dass der urteilende Richter den § 1684 offenbar gar nicht genau kennt. Dort heißt es nämlich schon seit der Kindschaftsrechtsreform von 1998:

 

§ 1684 BGB Umgang des Kindes mit den Eltern

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, daß der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

 

 

Man achte auf die Formulierung:

 

Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. 

 

 

Das heißt, wird ein Umgang für länger Zeit ausgeschlossen, im vorliegenden Fall gar für 3 1/2 Jahre, kann dies nur geschehen, "wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre." Dies ist aber in vorliegendem Fall aber gar nicht vorgetragen worden. Die Gutachterin hat es im übrigen noch nicht einmal für nötig gehalten einen persönlichen Kontakt zwischen Kind und Vater herzustellen, um sich von der Qualität der Vater-Sohn-Beziehung ein unmittelbares Bild zu verschaffen.

Der zuständige Familienrichter scheint darüber hinaus noch nicht einmal die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 9.6.2004 - 1 BvR 487/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2004, Heft 15, S. 1166-1168) und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (19.6.2003 - Beschwerde Nr. 46165/99) zu kennen. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sind die Gerichte nach einem Umgangsausschluss verpflichtet, in regelmäßigen Abständen von längstens einem Jahr die weitere Rechtfertigung der Aussetzung zu überprüfen und zu versuchen, eventuelle fortbestehende Umgangshindernisse zu beseitigen. 

Bleibt noch anzufügen, dass der letzte persönliche Kontakt zwischen Kind und Vater offenbar im Jahr 2003 stattfand, das Gericht also letztlich einen Umgangsauschluss von ca. 5 1/1 Jahren festschreiben will. Der Vater ist inzwischen in die Beschwerde an das Kammergericht Berlin gegangen, bleibt zu hoffen, dass dort der amtsgerichtliche Beschluss aufgehoben wird.

 

 

Beispiel 3

 

"Beide Elternteile sind zur Erziehung und Betreuung der Kinder ungeeignet, und zwar ohne dass ihre diesbezüglichen Defizite - jedenfalls derzeit - durch externe Hilfsleistungen kompensiert werden könnten. Das steht nach dem Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Waschke-Peter vom 10.06.2009 fest.

...

Nach alledem ist gemäß §1671 Abs. 2 BGB die elterliche Sorge einer dritten Person zu übertragen, die die Belange der betroffenen Kinder zu wahren in der Lage und bereit ist. 

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Waschke-Peter in seinem Gutachten vom  10.06.2009 sowie aus den Gründen des Beschlusses des Gerichts über den Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 04.12.2008 ..., kommt insoweit nicht die Mutter des Beteiligten,  ... sondern allein das Jugendamt des Landkreis Oberhavel in Betracht.

Amtsgericht Oranienburg - 34 F 226/08, Richterin Werth - Beschluss vom 01.09.2009, als Gutachter beauftragt Diplom-Psychologe U. Waschke-Peter

 

 

In diesen richterlichen Zeilen finden wir zwei Fehler. 

Erstens die irrige Bezugnahme auf §1671 BGB.

 

 

§ 1671 Getrenntleben bei gemeinsamer elterlicher Sorge

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.

(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.

der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, dass das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht, oder

2.

zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Dem Antrag ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1671.html

 

 

 

 

Nach §1671 BGB gibt es nur die beiden Fallkonstellationen, dass auf Antrag eines Elternteils einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird, dies kann auch den antragstellenden Elternteil treffen (sogenannter Bumerangeffekt) - oder beiden Eltern das gemeinsame Sorgerecht belassen wird. Ein Entzug der elterlichen Sorge für beide Eltern und die Übertragung auf eine "dritte Person" ist nach §1671 BGB nicht möglich, sondern nur nach §1666 BGB Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls - http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1666.html

 

Zweitens die irrige Meinung, "allein das Jugendamt des Landkreis Oberhavel" käme für eine bei einem Sorgerechtsentzug einzurichtende Vormundschaft in Betracht. Richtig ist indes, dass neben der Großmutter der Kinder, deren Geeignetheit als ehrenamtlicher Vormund das Gericht verneint, auch ein berufsmäßig tätiger Einzelvormund bestellt werden kann. Dessen fachliche Eignung ist gegeben, wenn er über einschlägig verwertbare Berufsabschlüsse und aktuell anwendbare Kompetenzen in der Führung der Vormundschaft (oder auch einer Pflegschaft) verfügt. 

 

§ 1779 Auswahl durch das Familiengericht

(1) Ist die Vormundschaft nicht einem nach § 1776 Berufenen zu übertragen, so hat das Familiengericht nach Anhörung des Jugendamts den Vormund auszuwählen.

(2) Das Familiengericht soll eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Personen sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Mündels, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel sowie das religiöse Bekenntnis des Mündels zu berücksichtigen.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1779.html

 

 

Das Gericht kann nach § 1836 BGB sowohl einen ehrenamtlich tätigen Vormund auswählen als auch einen entgeltlich tätigen Vormund, wenn das Gericht feststellt, dass dieser die Vormundschaft berufsmäßig führt.

 

 

§ 1836 Vergütung des Vormunds

(1) Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Sie wird ausnahmsweise entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Vormunds feststellt, dass der Vormund die Vormundschaft berufsmäßig führt. Das Nähere regelt das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz.

(2) Trifft das Gericht keine Feststellung nach Absatz 1 Satz 2, so kann es dem Vormund und aus besonderen Gründen auch dem Gegenvormund gleichwohl eine angemessene Vergütung bewilligen, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte dies rechtfertigen; dies gilt nicht, wenn der Mündel mittellos ist.

(3) Dem Jugendamt oder einem Verein kann keine Vergütung bewilligt werden.

 

 

Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern - VBVG

http://www.gesetze-im-internet.de/vbvg/index.html

 

 

 

Wenn das Gericht weder einen geeigneten ehrenamtlich oder entgeltlich tätigen Vormund finden kann, so kann das Gericht Amtsvormundschaft oder Vereinsvormundschaft anordnen.

 

§ 1791b Bestellte Amtsvormundschaft des Jugendamts

(1) Ist eine als ehrenamtlicher Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden, so kann auch das Jugendamt zum Vormund bestellt werden. Das Jugendamt kann von den Eltern des Mündels weder benannt noch ausgeschlossen werden.

(2) Die Bestellung erfolgt durch Beschluss des Familiengerichts; die §§ 1789, 1791 sind nicht anzuwenden.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1791b.html

 

 

Die Kann-Bestimmung des §1791b BGB mutiert in der Praxis vieler Familienrichter zur Zwangsbestimmung. Routinemäßig wird dann Amtsvormundschaft durch das Jugendamt angeordnet ohne eine ernsthafte Prüfung der Möglichkeit der Anordnung einer Einzelvormundschaft (Einzelpflegschaft).

 

 

 

 

 

 

Das Zufallsprinzip im familiengerichtlichen Verfahren

 

"Das BVerfG und in seiner Nachfolge inzwischen alle Bundesgerichte bekennen sich zur sogenannten objektiven Auslegung. Sie bewirkt, wie inzwischen rational kaum noch zu bestreiten ist, das Gegenteil dessen, was sie mit ihrem Namen zu sein vorgibt. Sie öffnet den subjektiven Regelungsvorstellungen der jeweiligen gerichtlichen Spruchkörper weite, bisweilen nahezu beliebige Durchsetzungsmöglichkeiten. Die Richter entscheiden im Zweifelsfall, welche Antworten auf die anstehenden Rechtsfragen aus ihrer Sicht ´objektiv vernünftig` sind. Daß diese objektive Vernünftigkeit untrennbar von ihren subjektiven Vorverständnissen abhängt, wird übersehen oder verdrängt.

Bernd Rüthers: "Methodenrealismus in Jurisprudenz und Justiz"; In: "Juristenzeitung", 2006, Heft 2, S. 54

 

 

Dass im familiengerichtlichen Verfahren trotz gleichlautender gesetzlicher Vorschriften dem Zufall eine große Bedeutung zukommt, weiß jeder, der lange genug mit diesem Bereich zu tun hat. Zwischenmenschliche Beziehungen spielen wie in jedem anderen Bereich menschlichen Lebens auch hier eine wichtige Rolle. Was in der der Psychotherapie mit den Begriffen Übertragung, Gegenübertragung und Projektionen, zwischen Klient und Therapeut beschrieben wird, spielt sich auch zwischen Jugendamtsmitarbeiter, Familienrichter, Verfahrenspfleger, Gutachter und anderen Professionellen auf der einen und dem Klienten (Vater oder Mutter) auf der anderen Seite ab. Anal-sadistische und andere Kollusionen 

 

vergleiche hierzu:

Jürg Willi: Die Zweierbeziehung. - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1997, 69. - 73. Tsd.

Jürg Willi: Die Zweierbeziehung - Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1995, 57. - 64. Tsd.

 

gibt es nicht nur bei Paaren, sondern auch in Beziehungen zwischen Fachkräften und Klienten. 

 

Im familiengerichtlichen Verfahren gibt es Zweierbeziehungen. Parallel dazu existieren Dreierbeziehungen (Mutter, Vater, Familienrichter), Vierer- oder Fünferbeziehungen (Mutter, Vater, Rechtsanwalt A, Rechtsanwalt B, Familienrichter), bisweilen sogar Achterbeziehungen (Mutter, Vater, Rechtsanwalt A, Rechtsanwalt B, Familienrichter, Sozialarbeiter des Jugendamtes, Verfahrenspfleger, Gutachter. Das Kind, um das es angeblich in dem Verfahren geht, spielt letztlich keine große Rolle, da in den Beziehungskonflikten und Machtkämpfen der Beteiligten, das Kind nur Legitimationsobjekt ist. Dies gilt auch für den verstrickten Verfahrenspfleger, der zwar die Interessen des Kindes vertreten soll, aber auf Grund seiner Verstrickung in Beziehungskonflikte mit den anderen Beteiligten dazu gar nicht in der Lage ist. Für die Eltern ist das Kind - im Gegensatz zu den Fachkräften, die nur zeitweilig im Kontakt mit dem Kind stehen - auch noch Beziehungs- und Liebesobjekt, diese Eigenschaft spielt aber im Beziehungs- und Machtkampf nur in soweit eine Rolle, wie es gelingt oder misslingt, das Kind für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Das Kind liebt in der Regel beide Eltern, muss aber oft ohnmächtig mit ansehen, dass dieses Liebesbedürfnis von dem Elternteil der in der mächtigeren Position ist, dem Kind gegenüber dem anderen Elternteil mit der Floskel "Aber das Kind will ja nicht"  oder "Das Kind soll endlich zur Ruhe kommen" abgesprochen wird.

 

 Der Zufall (Buchstabe des Familiennamen, Wohnort) fügt es welcher Klient an welchen Professionellen gerät. Es ist ein bisschen so wie in einer der Single trifft Single Sendung auf einem Privatsender. Zwei sich bisher völlig unbekannte Menschen treffen aufeinander und schon beginnen die inneren Filme zu laufen, Übertragung, Gegenübertragung und Projektionen beherrschen die Szene. Im Gegensatz zur Therapie werden im familiengerichtlichen Verfahren diese beziehungsgestaltenden Phänomene nicht reflektiert oder besprochen. Dies hat, ähnlich wie bei einem Ehepaar, das die Metakommunikation über ihre Kommunikation vermeidet, Aufschaukelungseffekte zur Folge. Kommuniziert wird in jedem Fall ("Man kann nicht nicht miteinander kommunizieren", Paul Watzlawick). 

Sympathie und Antipathie übernehmen stillschweigend und inoffiziell die Regie, Rationalität, Distanz und Logik, die die Juristen als ihre Domäne betrachten, geraten immer mehr in den Hintergrund. Die Emotion auf beiden Seiten beherrscht nun den Raum, oft nur notdürftig durch mehr oder weniger juristisch klingende Urteilsbegründungen bemäntelt oder durch angepasstes Verhalten der Klienten kaschiert.

 

Und so kann es trotz gleichem Recht dazu kommen, dass Vater X oder Mutter Y, bei zwei verschiedenen Richter zwei völlig verschiedene Urteile in ihrer gerichtlichen Auseinandersetzung um die gegenseitige Aberkennung des elterlichen Sorgerechtes erhalten können. In der Praxis ist dies nicht überprüfbar, weil die beiden Eltern nicht gleichzeitig bei zwei verschiedenen Richter das Verfahren zu laufen haben. Im Modellversuch würde sich dies aber nachweisen lassen. Dies kann man schon mit einfachen Rollenspielen ausprobieren.

 

 

 

 

Besorgnis der Befangenheit

Die Gerichtsbarkeit ist sich der Übertragungsphänomene durchaus bewusst und räumt daher in der Zivilprozessordnung die Möglichkeit der Ablehnung eines Richters oder Gutachters wegen Befangenheit ein.

 

§ 42 Ablehnung eines Richters

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__42.html

 

 

 

Befangenheitsanträge, auch wenn sie an sich gerechtfertigt sind, haben in der Regel jedoch keinen Erfolg, da man eine Befangenheit mit einer normalen Argumentation nur selten untermauern kann. Um eine Befangenheit des Richters sichtbar zu machen müsste man wenigstens Videoaufzeichnungen von den Gerichtsterminen anfertigen, die man hinterher von einem Kommunikationsfachmann analysieren und auswerten lassen könnte. Dies ist jedoch nicht statthaft und so werden Befangenheitsanträge mangels direkter Beweisbarkeit oft zurückgewiesen.

Sind an einem Amtsgericht nur zwei Familienrichter tätig, wie etwa am Amtsgericht Eilenburg, würde bei einem erfolgreichen Befangenheitsantrag der andere Familienrichter den Fall übernehmen müssen. Würde sich dieser in der Folge ebenfalls als befangen heraus, wäre an diesem Amtsgericht kein Familienrichter mehr da, der den Fall übernehmen könnte. Der Direktor des Amtsgerichtes müsste dann wahrscheinlich ein benachbartes Amtsgericht und Amtshilfe bitten.

 

Beispiel

In einem Sitzungsprotokoll von Richterin Winkler vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg vom 13.10.2006 kann man folgendes lesen:

 

"Das Gericht besprach mit dem Kindesvater seinen Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen und erklärte, dass man einen Sachverständigen nicht wegen eines `schlechten oder falschen` Gutachtens ablehnen könne, sondern nur, wenn er aus ganz klar ersichtlichen Äußerungen heraus die Gegenseite bevorteilt. Im vorliegenden Fall sei es besonders schwierig, weil das Gericht geraden den pschiatrischen Sachverständigen ausgesucht hat, weil es als Problem weder die Mutter noch das Kind ansah, sondern den Vater.

Dem Gericht war aufgefallen, dass nach seiner Meinung der Vater ein widersprüchliches Verhalten n den Tag legt., wie es auch bereits in einer früheren Entscheidung dargelegt hat.

Der Kindesvater fragte daraufhin, ob die Richterin meine, dass er psychisch nicht gesund sei. Darauf antwortete die Richterin: `Ja`.

Daraufhin erklärte der Kindesvater, er lehne die Richterin aus Besorgnis der Befangenheit ab."

 

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Richterin Winkler, Sitzungsprotokoll vom 13.10.2006 - Rechtschreibfehler so im Original.

 

 

Kaum gesagt, schon bekommen. So schnell kann man als Richter manchmal einen Befangenheitsantrag bekommen. Man bezeichne so wie hier die Richterin einen Verfahrensbeteiligten als "Problem":

 

" ... weil es als Problem weder die Mutter noch das Kind ansah, sondern den Vater."

 

und gebe auf die Frage, ob die Richterin meine, dass man psychisch nicht gesund sei, die kurze Antwort: Ja. und schon bekommt man in Gestalt eines Befangenheitsantrages eine Antwort. 

Gut möglich, dass die Richterin guter Hoffnung war, den querulatorisch erscheinenden Vater auf diese Weise loszuwerden. Als Lehrer hat man es da nicht so leicht oder haben Sie schon einmal davon gehört, dass Schüler in eine andere Klasse kommen, in dem sie einen Befangenheitsantrag gegen den ungeliebten Klassenlehrer stellen?

 

 

 

Zeugen

Das Gericht kann im Verfahren Zeugen laden.

Diese genießen das Privileg für die Zeit in denen ihnen ein Verdienstausfall entsteht, eine Entschädigung von maximal 17 € je Stunde zu erhalten.

 

 

§ 22 Entschädigung für Verdienstausfall

Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 17 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.

http://www.gesetze-im-internet.de/jveg/__22.html

 

Dumm nur, wenn der tatsächliche Stundenverdienst des Zeugen, 30, 50 oder mehr Euro beträgt. In diesem Fall ist für ihn die Ladung als Zeuge ein finanzielles Verlustgeschäft. Womöglich muss er für die Zeit seiner Abwesenheit von seinem Arbeitsfeld eine Vertretung beschäftigen, die teuerer ist als die 17 €, die der Zeuge maximal als Zeugenentschädigung von der Justizkasse erhält.

 

 

 

 

 

Bezirksrevisor

Die Verfahrensbeteiligten wissen in aller Regel nicht, was ein Bezirksrevisor ist. Dabei hat dieser einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Arbeitsweise der vom Gericht eingesetzten Fachkräfte, denn der Bezirksrevisor prüft die von den vom Gericht eingesetzten Fachkräfte, wie etwa Umgangspfleger, Ergänzungspfleger, Vormünder und Sachverständige bei den Kostenbeamten der Amtsgerichte eingereichten Kostenrechnungen. Diese erhalten nicht wie die Verfahrensbeistände eine Fallpauschale, sondern sollen den notwendigen Zeitaufwand vergütet bekommen. Was aber notwendig ist und was nicht, entscheidet nicht etwa die für fachkundig gehaltene Fachkraft, sondern der Rechtspfleger als Kostenbeamte, der wiederum der Aufsicht des Bezirksrevisors untersteht. Zwei in der Sache fachliche Laien entscheiden also im Einzelfall darüber wie die Fachkraft zu arbeiten hat. Grad so als ob ein Bienenzüchter dem Richter sagen würde, welche Entscheidungen dieser treffen soll. Gegen eine Versagung von beantragten Vergütungsansprüchen ist die Beschwerde beim Landgericht zulässig, doch wer will schon seine wertvolle Zeit mit monatelangen Klagen beim Landgericht verschwenden, wo man noch nicht einmal weiß, ob der zuständige Richter am Landgericht den notwendigen Durchblick hat, also hält man in aller Regel brav die Klappe und fügt sich dem Vortrag des Bezirksrevisors.

Doch manchmal kommt es doch zu arg, so dass eine Gegenrede eine Frage des persönlichen Anstandes ist.

So trägt z.B. die Bezirksrevisorin beim Landgericht Neuruppin Kestner bezüglich eines Vergütungsantrages eines Umgangspflegers vor:

 

"Sofern der Umgangspfleger Umgangstermine (teilweise) begleitet (vgl. 10.03.2013 Bürgerpark Pankow), sind diese Aufwendungen einschließlich entsprechende Vorbereitungstätigkeiten (Tel/SMS ...) nicht erstattungsfähig. ..."

Bezirksrevisor beim Landgericht Neuruppin Kestner, 560 E 3 Or 122/13, Schreiben vom 04.06.2013

ausführlich hier aufrufen

 

Nun hat der Umgangspfleger allerdings gar keinen Umgang begleitet und dies auch nicht in seiner Zeitaufstellung zum Ausdruck gebracht. Vielmehr hat er aufgelistet:

 

 

8 3 22.37 10 SMS von Herrn ... an Herrn Thiel, Info über Ablauf Umgang am Wochenende 

9 3 17.37 10 SMS an Herrn ..., ob und wann er in Praxis von Herrn Thiel vorbeikommen könnte

9 3 5 SMS Retour von Herrn ..., ob Sonntag nachmittag vorbeikommen. 

9 3 18.20 5 Mail an Herrn ... mit Anfrage für morgen Sonntag 

10 3 11.40 5 Anruf bei Herrn .... Kommt heute gegen 15 Uhr bei Umgangspfleger vorbei

10 3 20 Wege- und Wartezeit zum Treffpunkt mit Herrn ...

10 3 15.55-16.10 15 Kontaktzeit mit Herrn ..., Tochter und Freundin im Bürgerpark Pankow 

10 3 10 Wegezeit retour 

 

Der Umgangspfleger hat also, wie zu lesen, eine 15-minütige Kontaktzeit mit dem Kind, dem Vater und dessen Freundin gehabt. Dass ein Umgangpfleger im Zeitraum seiner Bestellung wenigstens einmal das Kind erleben sollte, dürfte fachlicher Standard sein. Dass der Umgangspfleger den beiden Eltern Gelegenheit bietet, sich mit ihm bezüglich der Umgangspflegschaft auszutauschen, ebenfalls. Dass eine 15-minütige Kontaktzeit mit Kind und Vater anlässlich des Rückbringen des Kindes vom Vater zur Mutter kein Begleiteter Umgang und auch keine Begleitete Übergabe ist, leuchtet jedem Laien ein. Warum die Bezirksrevisorin nicht einfach mal beim Umgangspfleger anruft, um eventuell bestehende Irritationen aufzuklären, bleibt ein Rätsel.

Im übrigen scheint es innerhalb der Justiz ein heilloses Durcheinander zu geben. Während Bezirksrevisorin Kestner für den Landgerichtsbezirk Neuruppin offenbar einen 15-minütigen Kontakt des Umgangspflegers mit dem Kind für unzulässig hält, beauftragt Richterin Wethkamp am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg - 173 F 21944/12 - die Sozialpädagogin Eva Puts mit einer Umgangspflegschaft und beschreibt in einem Beschluss vom 15.02.2013 deren Aufgabenbereich wie folgt:

 

3. Die Ausweitung des Umgangs auf einen wöchentlichen Kontakt und eine darüber hinausgehende zeitliche Ausweitung ist in das Ermessen der Umgangspflegerin gestellt.

4. Die Umgangspflegerin soll die Umgänge zunächst für die nächsten 6 Monate begleiten und, sofern sie es für erforderlich hält, auch länger. Anschließend soll die Umgangspflegerin noch für zwei Wochen und sofern sie es für erforderlich hält, auch länger, die Übergaben begleiteten. 

Richterin Wethkamp - Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg - 173 F 21944/12 - Beschluss vom 15.02.2013, Umgangspflegerin Eva Puts

 

 

Man darf gespannt sein, wie sich der Bezirksrevisor am Landgericht Berlin zum Vergütungsantrag der als Umgangspflegerin bestellten Frau Puts verhält, womöglich muss Frau Puts dann auf mehrere hundert Euro verzichten, da Umgangsbegleitung nicht Aufgabe eines Umgangspflegers ist, sondern eine durch das Jugendamt auf Antrag zu finanzierende Jugendhilfeleistung. Frau Puts kann dann nur noch hoffen, dass die Justiz bereit ist, Amtshaftung für die fehlerhafte Beauftragung durch Richterin Wethkamp zu übernehmen. In diesem Fall zahlt der Steuerzahler und das ist auch gut so, denn so ist und bleibt er wie immer der Dumme.

 

Eine weitere Problematik die das Arbeitsfeld des Bezirksrevisors tangiert, finden wir im Bereich der Bestellung von freiberuflich tätigen Ergänzungspflegern und Vormündern vor. Diese sind nach in der Justiz herrschender Meinung nicht etwa schon dadurch wirksam bestellt, dass der Familienrichter sie namentlich und mit Adresse im familiengerichtlichen Beschluss benannt hat. Angeblich bräuchte es nun auch noch einer sogenannten Bestallung, bei der die vom Gericht benannte Person vor dem Rechtspfleger zu erscheinen hätte, damit dieser ihn per Handschlag in sein neues Amt befördert. Zwischen familiengerichtlicher Bestellung und Bestallung vergehen oft Wochen, weil Rechtspfleger überlastet oder krank sind. In dieser Zeit tritt nun der paradoxe und rechtswidrige Zustand ein, dass den Eltern das Sorgerecht teilweise oder vollständig entzogen ist, aber formal niemand eingesetzt ist, das Kind in diesen Angelegenheiten zu vertreten. Das Kind hat keine gesetzliche Vertretung und ist damit rechtlos.

Dieser Zustand ist einer verqueren Praxis der Bezirkrevisoren, einer weltfremden Rechtsprechung an den Landgerichten und einer schlampigen Arbeit im Bundesjustizministerium geschuldet. Doch wie immer, wenn in der Staatsbürokratie schlampig gearbeitet wird, wird keiner der Verantwortlichen dafür haftbar gemacht, während der normale Bürger wegen jeder kleinen Geschwindigkeitsüberschreitung abkassiert wird.  

 

 

 

 

 

 

Die Konstruktion von Wirklichkeit im familiengerichtlichen Verfahren

In der Welt familiengerichtlicher Verfahren spielen Konstruktionen eine große Rolle, nicht nur dass verständlicherweise die verfahrensbeteiligten Eltern konstruieren, dass sich die Balken biegen, sondern auch die beteiligten sogenannten Experten, seien es Familienrichter, Jugendamtsmitarbeiter, Verfahrenspfleger konstruieren wie die Wilden drauf los und behaupten dann meist noch, dass was sie da konstruieren, wäre die Wirklichkeit an sich. Die größten Konstrukteure sind naturgemäß die sogenannten Gutachter, denn von diesen erwartet der juristisch denkende Familienrichter ein Höchstmaß an Vortrag Wie die Wirklichkeit wirklich ist, was auf Grund der prinzipiellen Nichtfeststellbarkeit der Wirklichkeit wie sie wirklich ist, naturgemäß nur über erfundene Konstruktionen suggeriert werden kann, es sei denn man beschränkt sich wie z.B. der Diplom-Psychologe  Udo Lünebrink auf das überprüfbare aber banale Mitteilen von Wirklichkeiten erster Ordnung (Watzlawick).

 

 

Beispiel 1

 

"Sie hat blaue Augen und schulterlanges Haar ...", "... schwarze Nylon-Strümpfe und bordeaux-rot-schwarze Lacklederschuhe. Sie hat einen schwarzen Lederrucksack dabei".

Diplompsychologe Udo Lünebrink, Gutachten für Amtsgericht Nettetal, 17.10.2001

 

Um festzustellen, was für eine Augenfarbe eine sogenannte Probandin hat, braucht ein Richter allerdings keinen Diplom-Psychologen für teures Geld zu beauftragen, das kann er auch selbst machen, wenn er nicht blind oder farbenblind ist.

 

 

Beispiel 2

Manche Diplom-Psychologen setzen sich zum Ziel durch eine sogenannte psychologische Untersuchung die Persönlichkeitsstruktur verfahrensbeteiligter Personen zu erkennen. Zu solchen hellsichtigen Psychologen gehört auch die Mainzer Diplom-Psychologin Inge Mayer-Bouxin. Nun ist das mit der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen leider oder Gott sei Dank aber so, dass diese gar nicht erkennbar ist, sondern nur konstruiert werden kann. Denn das, was uns in den verschiedensten psychologischen, psychiatrischen oder psychotherapeutischen Schulen als Persönlichkeitsstruktur angeboten wird, sind allesamt Konstruktionen, sei es die schizoide Persönlichkeits- oder Körperstruktur nach Wilhelm Reich und Alexander Lowen oder die paranoide Persönlichkeit nach der DSM-IV. 

 

"Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen DSM-IV" (American Psychiatric Association: Diagnostic an Statistical Manual of Mental Disorders, Fourth Edition; Washington, D.C., 1994), Hogrefe, Verlag für Psychologie, 1996, ISBN 3-8017-0810-1

 

 

Wer also behauptet, er könne die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen erkennen, der ist entweder so wie Dr. Josef Goebbels ein großer Demagoge oder wie der Baron von Münchhausen ein großer Märchenerzähler oder auch nur jemand, der von sich meint, er könne Menschen bestimmten, selbst oder von anderen erfundenen Schubladen zuordnen.

 

 

 

Beispiel 3

 

"Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf weitergehende Informationen über den Aufenthalt von A"

Amtsgericht Freiburg, Beschluss vom 15.10.2007

 

Der verfahrensführende Richter unterstellt hier dem antragstellenden Vater, dieser hätte seinen Antrag auf gerichtliche Verpflichtung der Mutter zur Information zum Aufenthalt der von der Mutter ins Ausland verbrachten Tochter nicht begründet, was aber völlig falsch ist, denn der betreffende Antrag wurde auf mehreren Seiten begründet. Mag sein, dass diese Begründung den Richter nicht überzeugt hat, das rechtfertigt aber nicht, den begründeten Antrag als "unbegründet" zu disqualifizieren, es sein denn man unterstellt, nur Richtern stünde es zu Begründungen zu liefern, nicht aber dem gewöhnlichen Volk, dem man gnädigerweise einräumt, dass es aller vier Jahre die Mitglieder des Bundestag wählen darf, die dann später solche Gesetze zusammenbasteln, dass den Wählerinnen und Wählern Hören und Sehen vergeht.  

 

 

Beispiel 4

Die Konstruktion von Wirklichkeit ist nicht nur eine Angelegenheit, die man oft in der Beschlussfassung von Amtsrichtern finden kann. Mit besonders skurrile Blüten der Wirklichkeitskonstruktion beglückt das Bundesverfassungsgericht die rechtssuchende Bevölkerung. Über 90 Prozent aller Verfassungsbeschwerden werden erst gar nicht zur Entscheidung angenommen. Die einzige Begründung, die das Bundesverfassungsgericht den Beschwerdeführern gewöhnlich mitteilt, lautet:

 

"Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Papier                  Hohmann-Dennhardt             Hoffmann-Riem"

 

Bundesverfassungsgericht, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 08.03.2007

 

 

Die Behauptung der drei genannten Richter, darunter immerhin auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier, ist eine Wirklichkeitskonstruktion ersten Ranges, bei der von den drei Richterin nicht nur die Wirklichkeit, die Beschwerde wäre "unzulässig" konstruiert wird, sondern ohne weitere Erläuterung auch noch abgelehnt wird, die angebliche Unzulässigkeit zu begründen.

Wie sollen die Bürgerinnen und Bürger bei einem derart - gelinde gesagt - laxen Umgang der Verfassungsrichter mit dem Recht, noch der Idee Glauben schenkten, das Recht als Konstruktion zweiter Ordnung würde dem Menschen als Wirklichkeit erster Ordnung und nicht umgekehrt, die Menschen als Wirklichkeit erster Ordnung dem Recht als Wirklichkeit zweiter Ordnung dienen?

 

 

 

Sprache im familiengerichtlichen Verfahren

 

Mir und mich verwechslich nich, das kommt bei mich nicht vor.

Berliner Redensart

 

Deutsche Sprache, schwere Sprache, sagt man und wie man mitunter sehen kann, haben nicht nur die Berliner so ihre Schwierigkeiten mit der Sprache, sondern auch unsere liebe Richterschaft. 

So formuliert etwa der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichtes Koblenz mit dem Vorsitzenden Richter Hahn, dem Richter Haupert und der Richterin Schilz-Christoffel:

 

"...

Es seien auch keine ungleich besseren oder idealeren Versorgungs-, Betreuungs- und erzieherische Förderungsbedingungen im Obhutsbereich der Mutter erkennen."

Koblenz 13. ZS - 1. FS - 13 UF 166/07 - Beschluss vom 20.08.2007, S. 4

 

 

Während das fehlende Wort "zu" - zu erkennen - der Eile geschuldet sein mag, kann man das von dem Gebrauch des Wortes "ideal" in einer vermeintlichen Steigerungsform "idealer" nicht sagen.

Ideal ist bekanntlich nicht steigerbar, denn sonst wäre es kein Ideal, sondern höchstens ein Subideal

Am optimalsten wäre es vielleicht, wenn sich der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichtes Koblenz einen Duden zulegen und dort gelegentlich hineinschauen würde oder sich den Vorschlag zu eigen machte: Koof dir mal eine Tüte Deutsch - wie der Berliner etwas schnoddrig sagt:

 

Vergleiche hierzu:

Micha Guttmann: "Deutsch für Juristen oder: zehn gute Gründe, warum verständliches Deutsch auch für Richter und Staatsanwälte nicht standeswidrig ist.", In: "Deutsche Richterzeitung", 05/2003, S. 175-181

 

 

 

 

Kindeseltern

 

"I. Es soll Beweis erhoben werden durch Einholung eines schriftlichen fachpsychologischen Gutachtens.

1. Die Sachverständige hat sich zur Vorbereitung der gerichtlichen Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowohl über die Bereitschaft und Fähigkeit von Kindesmutter und Kindesvater zur Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung als auch über deren Kenntnisstand in Bezug auf die Bedürfnisse eines Trennungskindes Klarheit zu verschaffen.

2. Etwaige unter Ziffer 1. festzustellende Defizite eines Kindeselternteiles oder bei beiden Kindeselternteilen hat die Sachverständige aufzuzeigen ...

 

II. Mit der Erstattung des Gutachtens wird beauftragt:

Frau Dipl.-Psych. Phyllis-Renée Boldt,

..."

 

Oberlandesgericht Brandenburg - 13 UF 27/10 - Beschluss vom 01.12.2010, Trimmbach, Bekis (Bekiş), Grepel

 

 

Kindesmutter, Kindesvater, Kindeselternteile - ja wo laufen sie denn, ach ist der Rasen schön grün, möchte man begeistert ausrufen, bei dieser sprachlichen Notdurft - http://de.wikipedia.org/wiki/Notdurft, die die beschlussfassenden Richterinnen und Richter des 4. Familiensenates am Oberlandesgericht hier von sich geben.

 

Wirklichkeit schafft Sprache und Sprache schafft Wirklichkeit. Der obrigkeitsstaatliche Ansatz, der trotz der guten Idee des runden Tisches noch immer in vielen Gerichtssälen und Richterzimmern herumspukt, bringt es mit sich, die Verfahrensbeteiligten als minderwertige Menschen zu betrachten. Dies macht sich augenscheinlich an dem sich in diversen Amtsstuben ungebrochener Beliebtheit erfreuenden Begriff der "Kindesväter", "Kindesmütter" und "Kindeseltern deutlich. Mitunter kommt es hier zu abenteuerlichen sprachlichen Arabesken, so etwa in der folgenden Sprachkreation:

 

Das Gericht regt darauf hin an:

„im Hinblick auf das Gutachten, das zur Zeit im Umgangsverfahren eingeholt wird, die Sachverständige, um eine ergänzende Stellungnahme bezüglich den Förderungsbedarf von Sabine (Name geändert  Anmerkung Peter Thiel) zu bitten und um die Beurteilung der Frage, ob die Kindesmutter von Sabine ggf. mit Hilfe zur Förderung in der Lage ist.“

Amtsgericht Osnabrück, Sitzungsprotokoll vom 07.02.2007, S. 2, verfahrensführende Richterin Meyer

 

 

"Die Kindesmutter von Sabine" - ein scheußliches Deutsch. Martin Luther und Konrad Duden würde sich wohl im Grabe umdrehen, wenn sie von solchen Sitzungsprotokolle wüssten. 

Dass es hier, nebenbei bemerkt, "des Förderungsbedarfs" und nicht wie geschrieben "den Förderungsbedarf" heißen muss, sei der Müdigkeit der Schreibkraft des Gerichtes freundlicherweise zugestanden.

 

Vergleiche hierzu: 

Micha Guttmann: "Deutsch für Juristen oder: zehn gute Gründe, warum verständliches Deutsch auch für Richter und Staatsanwälte nicht standeswidrig ist.", In: "Deutsche Richterzeitung", 05/2003, S. 175-181

Ferdinand Kaufmann: "Kindesmutter und Kindesvater: Relikte aus vergangener Zeit?“, In: "Kind-Prax", 1/1999, S. 20-21

Ferdinand Kaufmann: "Wann endlich verschwinden die Kindesmütter und Kindesväter aus unserem Sprachgebrauch?"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht" 7/8/1999, S. 20

 

 

Die Bezeichnung von Eltern als "Kindseltern", "Kindsvater", "Kindsmutter" oder gar als "Kindeselternteile", fehlt nur noch die "Kindsoma", der "Kindsopa", die "Kindstante", der "Kindsonkel", die "Kindsschwester" und der "Kindsbruder", deutet zum einen auf mangelnde sprachliche Sorgfalt hin - meine Mutter, die einmal im Monat die Zeitschrift "Deutsche Grammatik" las, hätte mich für solche Sorglosigkeit arg gescholten - zum anderen aber auch auf eine bürokratisch-distanzierte Haltung derjenigen, die diese Begriffe verwenden und deren sprachliche Verhaftung in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

 

 

 

 

 

 

Hinwirken auf Einvernehmen

Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.

 

 

§ 156 FamFG Hinwirken auf Einvernehmen

(1) Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht soll in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit der Mediation oder der sonstigen außergerichtlichen Streitbeilegung hinweisen. Es kann anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen. Die Anordnung ist nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.

(2) Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht.

(3) Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nach § 155 Abs. 2 nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Wird die Teilnahme an einer Beratung oder eine schriftliche Begutachtung angeordnet, soll das Gericht in Kindschaftssachen, die das Umgangsrecht betreffen, den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen. Das Gericht soll das Kind vor dem Erlass einer einstweiligen Anordnung persönlich anhören.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__156.html

 

 

 

Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach § 156 FamFG Satz 2 teilnehmen. Die Anordnung ist nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar. Allerdings können einem Elternteil dei Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn dieser der der Anordnung des Gerichtes in schuldhafter Weise nicht nachkommt (§81 Abs. 2 Nr. 5 FamFG

 

 

§ 81 Grundsatz der Kostenpflicht

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.

der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;

2.

der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;

3.

der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;

4.

der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;

5.

der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Abs. 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Verfahren, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__81.html

 

 

 

Vergleiche hierzu:

Harald Vogel: "Das Hinwirken auf Einvernehmen in strittigen Kindschaftssachen"; In: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 22/2010, S. 1870-74

 

 

 

Die Verpflichtung zum Hinwirken auf Einvernehmen richtet sich in erster Linie an das Gericht und die Eltern. 

 

§ 1626 BGB Elterliche Sorge, Grundsätze

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1626.html

 

 

Diese Pflicht betrifft auch Eltern, denen das Sorgerecht nach §1671 BGB oder §1666 BGB entzogen sind, denn gemäß Grundgesetz Artikel 6 Satz 2

 

Artikel 6 Satz 2 Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

 

 

gibt es keine Beendigung des Pflichtrechtes zur Pflege und Erziehung der Kinder durch ihre Eltern. Ein Sorgerechtsentzug nach §1671 BGB oder §1666 BGB ist immer nur als temporäre Maßnahme zu begreifen. §1671 BGB ist im übrigen verfassungswidrig, was vom Bundesverfassungsgericht merkwürdigerweise noch nicht erkannt wurde. 

Auch die öffentliche Jugendhilfe, der Verfahrensbeistand und ein eventuell beauftragter Gutachter sollen das "Hinwirken auf Einvernehmen" im Blick behalten.

"Nach §158 Abs. 4 S. 3 FamFG kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken" (Vogel, S.1871). Das Gericht kann den Gutachter mit der zusätzlichen Aufgabe betrauen, bei der Erstellung des Gutachtenauftrages "auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinzuwirken." (Vogel S. 1872)

 

Während der Verfahrensbeistand für diesen zusätzlichen Auftrag lediglich 200,00 € Pauschale erhält, kann der Gutachter für jede Stunde, die er der Herstellung des Einvernehmens widmet, 85 € erhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gutachter überhaupt kompetent für eine solche - oftmals sehr schwierige _ Aufgabe ist, sondern allein darauf, ob der Richter ihm diese Aufgabe zusätzlich auferlegt.

Der Vortrag von Vogel "Hinzu kommt, dass nicht jeder Verfahrensbeistand die Kompetenz im Umgang mit vermittelnden Methoden hat" (Vogel S. 1872) trifft natürlich auch auf viele Gutachter, Richter und im besonderen auch auf Verfahrensbeistände zu, die ansonsten als Rechtanwälte nach der beliebten "Hau Rauf Methode" praktizieren und die in vielen Gerichtsbezirken von Familienrichtern sehr gerne als Verfahrensbeistände bestellt werden, denn Richter und Rechtsanwalt kommen schließlich aus dem selben juristischen Stall und man weiß,  was man aneinander hat.

Warum der Gesetzgeber eine solche Ungleichbehandlung zwischen Verfahrensbeistand und Gutachter festgelegt hat, wissen wohl nur Insider im Bundesjustizministerium, wo die Gesetze erdacht werden, die dann im Bundestag von den oft inkompetenten Parteivertretern abgenickt werden.

Widmet sich der Gutachter 10 Stunden der löblichen Aufgabe des "Hinwirkens auf Einvernehmen", fallen zu den "normalen Kosten der Tätigkeit des Gutachters, die in der Regel zwischen 2.000 und 6.000 € liegen, noch 850 € zusätzliche Kosten an, die die Eltern oder - wenn diese nicht leistungsfähig sind - die Steuerzahler/innen zahlen müssen.

Die Eltern können natürlich eine Mitwirkung an des Gutachters "85 € je Stunde" Bemühens um "Hinwirken auf Einvernehmen" unterlassen, wenn sie statt dessen eine externe Beratung oder Familientherapie in Anspruch nehmen, deren Kosten vollständig von der öffentlichen Jugendhilfe zu tragen sind. Wie man daran sieht, können die Eltern hier viel Geld sparen. Dies entlastet wiederum die Trennungsfamilie in einer ohnehin fast immer finanziell prekären Situation und damit ganz wesentlich auch die Kinder. 

 

 

 

 

 

 

Verhältnismäßigkeit im familiengerichtlichen Verfahren

Im Familienrecht und dem mit ihm verbundenen Kinder- und Jugendhilferecht gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Vorranges von öffentlicher Hilfe vor Eingriff in verfassungsrechtlich gesicherte Rechte der Eltern und Kinder. Umgangsrecht und Sorgerecht sind Pflichtrechte, das heißt, von daher können sie einem Elternteil und davon abgeleitet auch dem Kind gar nicht entzogen werden, denn von einer verfassungsrechtlich postulierten Pflicht (Artikel 6 Satz 2 des Grundgesetzes) kann niemand entbunden werden, es sei denn besondere verfassungsrechtliche Regelungen würden dies gestatten (so z.B. bei der Freistellung von Frauen von der Wehr- und Dienstpflicht nach Artikel 12 a GG). Von daher leuchtet auch ein, dass §1626a BGB, der das Zustandekommen der gemeinsamen elterlichen Sorge von bestimmten Bedingungen abhängig macht, vor dem Hintergrund von Artikel 6 GG bei sachgerechter Betrachtung rechtspolitisch nicht zu halten ist. Ebenso verhält es sich mit einem gerichtlich angeordneten Entzug des Sorgerechtes nach §1671 BGB, nur weil ein Elternteil eine alleinige Entscheidungsbefugnis für das Kind erhalten möchte. Man fragt sich ohnehin, was für inkompetente Ministerialbeamte im Bundesjustizministerium seinerzeit den §1671 BGB formuliert haben und warum Tausende von Richter, Rechtsanwälte und sonstige Fachkräfte sich über derartig verworrene Formulierungen nicht zu wundern scheinen, geschweige denn dagegen Protest einlegen. Man kann das wohl nur damit erklären, dass viele Menschen naiver Weise denken, alles was von höherer Stelle käme, wäre automatisch auch gut.

 

§ 1671 BGB (Übertragung der Alleinsorge nach bisheriger gemeinsamer elterlicher Sorge bei Getrenntleben der Eltern)

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, daß ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.

(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1. ...

2. zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

 

 

Jedem der einigermaßen logisch denken kann, ist klar, dass der Satz:

 

Dem Antrag ist stattzugeben, soweit  ... zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

 

einen logischen Widerspruch in sich birgt. Wenn nämlich die gemeinsame Sorge "aufgehoben ist, kann die gemeinsame Sorge nicht auf einen Antragsteller übertragen werden, wie die gewählte Formulierung aussagt, denn die gemeinsame Sorge zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass sie gemeinsam und nicht allein ausgeübt wird. Man kann den Eindruck gewinnen, dass dieser Paragraph durch einen Praktikanten im Bundesjustizministerium formuliert wurde, während sich die dort eigentlich zuständigen Fachkräfte bei ihrem wohlverdienten Urlaub in Italien aufgehalten haben. 

Neben der logisch fehlerhaften Formulierung stellt der Paragraph auch noch einen Euphemismus dar, so wie z.B. eine Todesanzeige in der Zeitung in der zu lesen ist: "Otto Müller ist im Alter von 27 Jahren von uns gegangen." Ein mit den deutschen Sprachgewohnheiten unvertrauter ausländischer Leser muss denken, Otto Müller ist mal eben in eine andere Stadt gezogen, anstatt darauf zu kommen, dass Otto Müller im Alter von 27 Jahren gestorben ist. Ähnlich verhält es sich mit dem §1671 BGB. Sprachlich verkleistert wird hier der Umstand, dass einem Elternteil das verfassungsrechtlich verbürgte Sorgerecht entzogen wird und ein Elternteil vom Gericht damit zum alleinigen Sorgerechtsinhaber gekürt wird. Wäre der für die Fassung des §1671 BGB verantwortliche Ministerialbeamte ehrlich gewesen, was man von einem Beamten in einer solchen exponierten Position verlangen muss, andernfalls sollte man ihn zur Schadensbegrenzung nur noch als Pförtner, Archivar oder Kantinenmitarbeiter einsetzen, so hätte er z.B. folgende Formulierung finden können:

 

§ 1671 BGB (Übertragung der Alleinsorge nach bisheriger gemeinsamer elterlicher Sorge bei Getrenntleben der Eltern)

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, daß das Familiengericht dem anderen Elternteil die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge entzieht.

(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1. ...

2. zu erwarten ist, daß der Entzug der elterlichen Sorge des einen Elternteils dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

 

 

Durch einen gerichtlich angeordneten Sorgerechtsentzug nach §1671 BGB werden die davon betroffenen Elternteile jedoch nicht nur in ihren Grundrechten beschnitten, sondern darüber hinaus auch noch infantilisiert. Zukünftig haben sie gegenüber ihrem Kind aber auch gegenüber dem anderen Elternteil keine wesentlichen Rechte mehr außer dem Umgangsrecht und befinden sich dadurch nur noch in der rechtlichen Stellung, die z.B. auch ein Geschwisterkind hat. Skurriler Höhepunkt wäre dann die Heirat des nun alleinsorgeberechtigte Elternteil mit einem gleichgeschlechtlichen Partner, womit dieser nach §9 Lebenspartnerschaftsgesetz ein sogenanntes "kleines Sorgerecht" erhält, und damit mehr Rechte gegenüber dem Kind hat als der leibliche Elternteil, dem nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen wurde. Eigenartiger Weise gibt es eine solche Regelung bei der Heirat eines gegengeschlechtlicher neuen Ehepartner nicht, damit dürfte das Lebenspartnerschaftsgesetz das einzige Gesetz in Deutschland sein, in dem heterosexuelle Menschen gegenüber homosexuellen Menschen diskriminiert werden. 

 

Ein Entzug des Sorgerechts nach §1671 BGB ist auch deshalb unsinnig, weil das durch §1687 geregelte Gemeinsame Sorgerecht nach Trennung oder Scheidung der Eltern für den nichtbetreuenden Elternteil ohnehin schon ein Sorgerecht auf Sparflamme ist. So schreibt Luthin

 

"... Wie Sie ja wissen und wie Schwab in einem grundlegenden Aufsatz in der FamRZ deutlich gemacht hat, könnte man das gemeinsame Sorgerecht neuer gesetzlicher Prägung auch ein Alleinsorgerecht mit Mitwirkungsbefugnis des anderen Elternteils in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung nennen."

Horst Luthin in: "Forum Familien- und Erbrecht", 2/1999, S. 34

 

 

 

Familienrechtspolitisch ist §1671 BGB letztlich ein völlig überflüssiges und für Kinder und Eltern in Trennungsfamilien wohl auch oft schädliches rechtliches Konstrukt, darüber hinaus jedoch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Fachkräfte wie Familienrichter, Gutachter und Anwälte, dem Zeitgeist vor der Kindschaftsrechtsreform von 1998 geschuldet. Es mag ja sein, dass in der Zeit einer prosperierenden Wirtschaft in der politischen Ära von Helmut Kohl auch im Justizbereich nach Möglichkeiten der Geldvernichtung gesucht wurde, spätestens heute ist es auch aus wirtschaftlichen Gründen unverantwortbar, überflüssige und wohl auch häufig auch für die betroffenen Eltern und Kinder schädliche juristische Prozeduren am Laufen zu halten, nur weil man sich über Jahrzehnte so schön daran gewöhnt hat und weil einige Tausend Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, davon leben wollen. 

Dass bei der Kindschaftsrechtsreform - die zum Großteil tatsächlich einen Wechsel vom Paradigma der Elternselektion und Elternausgrenzung hin zur Begleitung und Unterstützung von Eltern und Kindern bei der Bewältigung von Trennungs- und Scheidungskrisen  darstellt - überhaupt ein solcher Paragraph eingeführt wurde, lässt sich wohl nur mit der Angst vor der sozialen Neugestaltung (Frederick Perls) begründen und der Angst vor heftigen ideologisch-politischen Demonstrationen, der dem alten Selektionsgedanken verhafteten Lobbyisten und Bundestagsabgeordneten quer durch das parteipolitische Spektrum von der CDU über die Grünen bis hin zur PDS. Von den im Bereich familiengerichtlicher Auseinandersetzungen tätigen professionellen Fachkräften scheint dieses rechtspolitische Thema oft nur wenig oder überhaupt nicht kritisch reflektiert zu sein, statt dessen übt man sich häufig noch immer in unreflektierter "Pflichterfüllung" und fortgesetzter Elternselektion - zum Wohl des Kindes wie man sich zur Beruhigung des eigenen Gewissens suggeriert.

Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, bis auch im Mainstream der professionellen und fachpolitischen Szene die Unsinnigkeit des §1671 BGB zum Allgemeinplatz wird. Eine der ersten öffentlich deutlich geäußerten  Forderung von Uwe Jopt stammt schon aus dem Jahr 1992 (Jopt, Uwe-Jörg: "Im Namen des Kindes. Plädoyer für die Abschaffung des alleinigen Sorgerechts"; Rasch und Röhring 1992). Die Kindschaftsrechtsreform von 1998 war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, in dem sie die Bedeutung des Erhalts der elterlichen Sorge für beide Eltern unterstrichen hat, wenngleich dann doch im neu formulierten Gesetz weiterhin Türen für die sorgerechtliche Ausgrenzung eines Elternteils in den Paragraphen 1671 und 1626a BGB offengehalten wurden.

Der Paradigmenwechsel von der Elternselektion und Elternausgrenzung hin von der halbherzigen zur konsequenten Umsetzung von Artikel 6 Grundgesetz: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuförderst obliegenden Pflicht." ist weiterhin im Gange. Paradigmenwechsel können, das zeigt die Geschichte, letztlich von den Verfechtern des alten Paradigmas nicht aufrecht erhalten werden. Vor allem auch darum, weil die jüngere Generation sich immer schneller und vollständiger den neuen Paradigma zuwendet, das ihr Interesse und ihren Enthusiasmus zu wecken imstande ist. (vgl. hierzu Guntern, Gottlieb: "Die kopernikanische Revolution in der Psychotherapie: der Wandel vom psychoanalytischen zum systemischen Paradigma"; In: "Familiendynamik", 1980, S. 35). Letztlich sterben die Verfechter des alten Modells im wahrsten Sinne des Wortes aus, wenngleich sie bis dahin oft noch viel Bremsarbeit und Schaden anrichten können.

 

 

 

 

 

 

Das Gericht bestimmt in Sachfragen nicht an Stelle der Eltern

 

"... soll Beweis erhoben werden über die Frage, wo die beiden Kinder in Zukunft ihren Lebensmittelpunkt haben sollen. ..."

Amtsgericht Gelnhausen - 65 F 1175/08 SO - Richterin Heyter - Beschluss vom 29.12.2008 , als Gutachterin beauftragt Diplom-Psychologin Edda Gräfe - Gutachten vom 19.08.2009

 

 

Frau Edda Gräfe ergeht sich erst einmal in Mutmaßungen was die Richterin eigentlich gemeint hat:

 

"Die Sachverständige geht davon aus, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler handelt und sich die gerichtliche Fragestellung auf alle drei Kinder erstreckt. Die Gutachtenerstattung bezieht sie deshalb auf alle drei Kinder."

Diplom-Psychologin Edda Gräfe - Gutachten vom 19.08.2009, S. 77 für Amtsgericht Gelnhausen

 

 

Nun sollte man im gerichtlichen Verfahren besser nicht von Vermutungen ausgehen, sondern beim Gericht nachfragen, wenn man als Gutachterin meint, einen Fehler entdeckt zu haben. Dies kann der Gutachterin nicht zuletzt auch Ärger mit dem Bezirksrevisor beim Landgericht Hanau ersparen, der darauf zu achten hat, dass die im Auftrag des Gerichts tätigen Fachkräfte nur dafür bezahlt werden, wofür sie auch tatsächlich beauftragt wurden.

Die Beweisfrage geht aber auch ohne Schreibfehler insgesamt in die Irre, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichtes, geschweige denn des Gutachters als richterlicher Hilfskraft, zu bestimmen, wo die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben sollen. Das Gericht hat im Sorgerechtsverfahren nach §1671 BGB lediglich darüber zu entscheiden, ob einem Elternteil das Sorgerecht oder Teile des Sorgerechtes, wie etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wird und wenn ja welchem oder ob das Sorgerecht beiden Eltern weiterhin gemeinsam belassen werden soll. Dies müsste Richterin Heyter eigentlich bekannt sein, wenn nicht, wäre ihr der Besuch eines familienrechtlichen Auffrischungskurses sicher zu empfehlen.

Stellt ein Elternteil etwa einen Antrag auf Übertragung des Rechtes die Schulwahl allein zu bestimmen, so entscheidet das Gericht nicht darüber ob der Schulwahl dieses Elternteils gefolgt wird, sondern ob diesem Elternteil (oder eventuell dem anderen) das Recht übertragen wird, die Schulwahl zu bestimmen. Hat der Elternteil dieses Recht vom Gericht allein übertragen bekommen, steht es ihm oder ihr ab jetzt frei das Kind bei dieser oder jener Schule anzumelden. Der Elternteil ist überhaupt nicht daran gebunden, eine Schule auszusuchen, die er vielleicht in der Diskussion früher angeführt hat.

 

§ 1628 BGB Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

 

 

Genau so verhält es sich beim Aufenthaltsbestimmungsrecht. Ist einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein übertragen worden, kann er den Aufenthalt des Kindes innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union beliebig bestimmen. Hat er früher vorgetragen, er wolle auf keinen Fall mit dem Kind wegziehen ist er von nun an an diesen ehrlich oder unehrlich gemeinten Vortrag nicht mehr gebunden.

 

Siehe hierzu auch:

OLG Stuttgart Beschluß vom 14.3.2007, 16 UF 13/07

Leitsätze

1. Ein Betreuungs-Wechselmodell kann nicht familiengerichtlich angeordnet werden, auch wenn dies ein Elternteil beantragt.

2. Falls die Eltern über den Kindesaufenthalt streiten, ist grundsätzlich einem Elternteil allein das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuzuteilen. Als Kompromisslösung ist ein Betreuungs-Wechselmodell nicht zu verstehen und nicht geeignet.

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ravensburg vom 29. Dezember 2006 - 7 F 355/06 - wird zurückgewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hochkonflikthaftigkeit

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 4. Februar 2018 11:16
An: ...
Betreff: Fam.-Gutachten R.Liebald

Sehr geehrter Herr Thiel,

ich bin auf Sie gestoßen, da ich in einer seit 7 Jahren währenden Sorgerechtsache betroffen bin..Sie haben ein Gutachten der Frau Liebald, "sortiert"

Frau R. Liebald ist hier als mittlerweile 4.te Gutachterin eingesetzt und erlaubt sich absolute ..., in der Begutachtung.

Ich weiss hier nicht weiter und auch mein Sohn ist seit Fr.Liebald hier in System ist, völlig "durch den Wind"

Ich bin dabei, diese Dame abweisen zu lassen.. Trotzdem, ist sie sich ihrer Sache wohl derart sicher, dass sie völlig ... in Bezug auf Unterbringung meines Kindes, veranlassen will.

Sie greift völlig ... und ... in ... ein.

Könnte ich Sie telefonisch kontaktieren?

Grüße

...

 

 

Das Wort von den hochkonflikthaften Trennungsfamilien hat Konjunktur. Und in der Tat gibt es Eltern oder andere Personen (wie Gutachter, Verfahrensbeistände, Rechtsanwälte oder sogar Famileinrichter: Ich spiele lieber Golf als Beschlüsse zu schreiben, bin ja auch bald in Rente, was soll ich mich da noch abplagen), bei denen man meinen mag, dies wären doch nun wirklich völlig neben der Spur. Kein Wunder, wenn da familiengerichtlich ausgetragene Konflikte sich über Jahre, mitunter gar bis zur Volljährigkeit des Kindes hinziehen oder stetige Neuauflagen erfahren.

So gibt es Bemühungen auf der fachlichen und fachpolitischen Ebene, dem Phänomen der "Hochstrittigkeit" wenigstens theoretisch habhaft zu werden.

 

Vergleiche hierzu:

Kinderschutz bei hochstrittiger Elternschaft

Wissenschaftlicher Abschlussbericht

Jörg Fichtner, Peter S. Dietrich, Maya Halatcheva, Ute Hermann und Eva Sandner

Projektlaufzeit: 01.07.2007 – 28.02.2010

Deutsches Jugendinstitut e.V., Abteilung Familie und Familienpolitik, Projekt „Kinderschutz bei hochstrittiger Elternschaft

Homepage: www.dji.de/hochkonflikt/

https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/6_HochkonflikthaftigkeitWissenschaftlicherAbschlussbericht.pdf

 

 

 

Nun kann man sich allerdings fragen, ob es nicht weniger sogenannte "hochstrittige" Eltern sind, die dafür sorgen, dass über Jahre hinweg Konflikte familiengerichtlich ausgetragen werden oder ob es nicht vielleicht eher ein inkompetentes Helfersystem ist, das Konflikte über Jahre hinweg am köcheln hält und durch fehlerhafte Interventionen mitunter auch für Explosionen sorgt. Diese These ist frelich provozierend, wie kann denn die Feuerwehr für die Brände im Dorf verantwortlich sein?

 

 

 

 

 

 

 

Zeitdauer familiengerichtlicher Verfahren

Das familiengerichtliche Verfahren erinnert in seiner derzeitigen Verfassung (Stand 11.05.2007) an die Zeiten der DDR-Planwirtschaft. Alles geht nach Plan und nichts wird fertig. So resultiert allein aus der vorgeschriebenen Mitwirkung des Jugendamtes in der Regel eine erhebliche zeitliche Verschleppung des Verfahrens, ohne dass erkennbar wäre, welche tatsächlichen Nutzen die Mitwirkung des Jugendamtes haben sollte. So warten die Familienrichter oftmals 2-3 Monate nur darauf, dass in einem Umgangsverfahren endlich eine Stellungnahme des Jugendamtes beim Gericht eintrifft. Die Mitwirkung des Jugendamtes bindet darüber hinaus unnötigerweise zeitliche und finanzielle Ressourcen der Jugendämter, die dann in Fällen von Kindeswohlgefährdungen, bzw. bei der Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen der Jugendhilfe fehlen. So hat beispielsweise der Autor des hier vorliegenden Aufsatzes in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Umgangspfleger im einem hochkonflikthaften Umgangsverfahren, beim zuständigen Jugendamt in Berlin Mitte am 03.03.2007 für seine beiden minderjährigen Mündel einen Antrag auf Leistungsgewährung für einen Begleiteten Umgang gestellt. Über zwei Monate später, am 11.05.2007 ist der Antrag noch immer nicht abschließend bearbeitet worden. Das es hier bisher gelungen ist, den emotional aufgebrachten Vater immer wieder zu Ruhe und Besonnenheit zu bewegen, ist sicher kein Verdienst des befassten Jugendamtes, sondern des Umgangspflegers, des Anwaltes des Vaters und auch der für die Umsetzung eines Begleiten Umganges kooperationsbereiten Mutter. 

 

Der Gesetzgeber hat die Problematik der Zeitdauer familiengerichtlicher Verfahren nach Jahren relativer Untätigkeit endlich erkannt und will - insbesondere auch in Bezug auf die zügige Erledigungen  von Umgangssachen - ab Mitte 2009 endlich wirksame Schritte zur Herstellung von Rechtssicherheit für das Kind, die Eltern, und andere für das Kind relevante Bezugspersonen gehen.

 

 

Zügige Entscheidungen in Familiensachen

Das Bundeskabinett hat am 9. Mai eine grundlegende Reform familienrechtlicher Verfahren beschlossen. Darüber hinaus wird das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuung, Unterbringung, Nachlass, Register, Freiheitsentziehung) neu geregelt. Das Gesetz soll Mitte 2009 in Kraft treten.

(I) Reform des familiengerichtlichen Verfahrens: Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und inhaltlich vollständig neu geregelt. „Ein familiengerichtliches Verfahren ist wie kein anderes Gerichtsverfahren von Gefühlen geprägt. Mit unserer Reform wollen wir weitere Möglichkeiten schaffen, um familiäre Auseinandersetzungen vor Gericht so fair und schonend wie möglich auszutragen“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Im Hinblick auf familiengerichtliche Verfahren sind u.a. folgende Änderungen vorgesehen: Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht müssen vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Beiden Elternteilen soll der Umgang mit dem Kind auch während eines anhängigen Verfahrens möglich sein, damit die Beziehung nicht leidet. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren (2005: im Schnitt 6,8 Monate) soll verkürzt werden. Einvernehmliche Lösungen der Eltern werden gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt.

Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Erste Priorität soll die einvernehmliche Lösung des Konflikts haben. Gelingt dies nicht, muss das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken. Gerade in Fragen des Umgangsrechtes muss schnell entschieden werden, damit der Kontakt zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil aufrechterhalten wird und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

In Fällen von Kindeswohlgefährdung kann das Gericht früher als bisher eingeschaltet werden. Es kann mit den Eltern ein so genanntes „Hilfegespräch“ führen, um zu klären, wie die Familie unterstützt werden kann. Auch diese Fälle müssen im Interesse der Kinder vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden.

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes werden verstärkt. In schwierigen Fällen wird das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt. Dessen Aufgabe ist es, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger kann der Verfahrensbeistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen.

Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren wird erweitert. Pflegepersonen – z.B. Pflegeeltern – können künftig in allen Verfahren, die das Kind betreffen, hinzugezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt. In solchen Fällen wissen Pflegeeltern häufig besser über das Kind Bescheid als die Eltern.

Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen wird schneller und effektiver. Bei Verstößen gegen Sorge- und Umgangsentscheidungen werden nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt. Diese können – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden. Beispiel: Trotz entsprechender Vereinbarung lässt eine Mutter das Kind über Ostern nicht zum getrennt lebenden Vater gehen. Wegen der Feiertage verhängt das Gericht erst nach Ostern ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau. Diesen Betrag muss sie zahlen, obwohl das Kind Ostern nicht mehr beim Vater verbringen kann. Anders beim Zwangsgeld: Dieses kann nur verhängt werden, solange sich die Verpflichtung auch tatsächlich durchsetzen lässt – also nur während der Ostertage, was in der Praxis schwierig sein dürfte.

Künftig soll es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht. Beispiel: Aufgrund des Konflikts in der akuten Trennungssituation sind die Eltern nicht in der Lage, die Übergabemodalitäten beim Umgang einzuhalten. Diese Situation kann dadurch entschärft werden, dass der Umgangspfleger Zeit und Ort der Übergabe des Kindes festlegt, dieses von dem betreuenden Elternteil abholt, dem umgangsberechtigten Elternteil übergibt und später zurückbringt.

Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit können künftig alle Streitigkeiten, die Ehe und Familie betreffen, von einem Gericht entschieden werden. Derzeit sind die Familiengerichte zwar für Scheidungsverfahren, Unterhaltsfragen und Streitigkeiten aus ehelichem Güterrecht zuständig. Zahlreiche vermögensrechtliche Streitigkeiten, die für die Unterhaltspflicht oder den Zugewinnausgleich bedeutsam sind, fallen aber in die Zuständigkeit der Amts- und Landgerichte. Typische Fälle sind Streitigkeiten über den Ausgleich untereinander, wenn ein Ehepartner aus einem gemeinsamen Darlehen in Anspruch genommen wird, oder die Frage der Nutzungsentschädigung, wenn ein Ehegatte nach der Trennung die Wohnung allein weiter nutzt.

Das Bundesjustizministerium hatte darüber hinaus vorgeschlagen, das Scheidungsverfahren in bestimmten Fällen auch ohne Rechtsanwalt zu ermöglichen. Eine entsprechende Regelung ist im Kabinettentwurf nicht mehr enthalten, da die Vorbehalte im Bundestag dagegen zu groß sind. Vorgesehen war, dass Ehegatten ohne gemeinsame Kinder im gerichtlichen Scheidungsverfahren dann keinen Anwalt brauchen, wenn sie sich über den Ehegattenunterhalt (notariell beglaubigt) sowie über Hausrat und Ehewohnung (formfrei) geeinigt hatten. Es bleibt abzuwarten, ob die Länder, die sich mehrheitlich für das vereinfachte Scheidungsverfahren ausgesprochen haben, eine entsprechende Ergänzung des Reformentwurfs vorschlagen. Die Stellungnahme ist für Juli vorgesehen.

 

(II) Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Das geltende Verfahrensgesetz (FGG) für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und – soweit möglich – einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.

Die neue Verfahrensordnung definiert erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten und sichert ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird neu strukturiert und effizienter gestaltet. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht wird ersetzt durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Den Beteiligten wird damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmals der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser kann dadurch viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln, was mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen bringt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 9.5.2007

 

 

 

 

 

 

Familienrichter als Mitspieler im "Spiel ohne Ende"

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----

Von: 

Gesendet: Dienstag, 26. April 2005 06:16

An: info@system-familie.de

Betreff: Umgangspflegschaft

 

Sehr geehrter Herr Thiel,

erst einmal herzlichen Glückwunsch zu einer wirklich informativen Website. Mein Partner versucht mittlerweile seit 5 Jahren den Umgang mit seinen 2 Kindern wahrzunehmen, aber wie Sie sich denken können (sonst würden wir nicht schreiben), funktioniert leider überhaupt nichts. Nach mittlerweile 11 Verfahren, steht Ende Mai jetzt wieder eins an. Auf Ihrer Website habe ich jetzt die Informationen über eine Umgangspflegschaft gelesen und wollte fragen, ob es unter Umständen eine Liste gibt, in die mögliche Umgangspfleger des jeweiligen Amtsgerichts eingetragen und einsehbar sind. Konkret handelt es sich um das Amtsgericht ... . Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie mir hier weiterhelfen könnten.

Mit freundlichem Gruß,

...

 

 

Wenn sich ein Elternteil an das Familiengericht wendet, ist dies oft ein Zeichen dafür, dass sich die Eltern seit einiger Zeit in einem sogenannten "Spiel ohne Ende" befinden. Der Begriff "Spiel" ist dabei ohne spielerische oder verspielter Bedeutung zu verstehen, sondern bezieht sich seinem Sinn nach auf die (mathematische) Spieltheorie, hier angewandt auf zwischenmenschliche Verhaltensabläufe, die regelgebunden sind. 

 

"Von einem System, dass alle ihm möglichen internen Veränderungen (gleichgültig wie viele es sind) durchlaufen kann, ohne eine Veränderung seiner selbst (also eine Veränderung zweiter Ordnung) zu erreichen, sagt man, daß es in einem Spiel ohne Ende gefangen ist. Es kann die Voraussetzungen für die Lösung nicht aus sich selbst hervorbringen; es ist ihm unmöglich, die Regeln für die Veränderung seiner eigenen Regeln einzuführen. ... Spiele ohne Ende ... sind genau das, was der Ausdruck besagt: sie sind in dem Sinne endlos, als sie keine Vorkehrungen für ihr Aufhören enthalten. Aufhören, wie Erwachen aus einem Traum, ist nicht Teil des Spieles selbst, ist nicht Element dieser Gruppe; Aufhören ist meta zum Spiel, es hat einen anderen, höheren, logischen Abstraktionsgrad als irgendein regelbedingtes Ereignis innerhalb des Spiels."

Paul Watzlawick,  John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003, S. 41

 

 

Wenn, wie oben in der E-Mail geschildert, eine Trennungsfamilie schon das 11. Familiengerichtsverfahren absolviert oder wie im Fall Kazim Görgülü wo das Verfahren mit einem Beschluss des Amtsgericht Wittenberg 20.06.2000 eine  Odyssee über das Oberlandesgericht Naumburg zum Bundesverfassungsgericht und von dort zum Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und de facto wieder zurück zum Bundesverfassungsgericht, zum Oberlandesgericht Naumburg und zum Amtsgericht Wittenberg nimmt und schließlich die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen-Anhalt Anklage gegen drei Richter beim Oberlandesgericht Naumburg wegen Rechtsbeugung erhebt, dann scheint einiges nicht ganz zu stimmen. 

 

 

Beispiel 1

 

 

Prozess um Sorgerecht

Richter werden wegen Rechtsbeugung angeklagt

 

Streit zwischen türkischem Vater und deutscher Mutter um gemeinsamen Sohn

erstellt 23.11.06, 10:00h, aktualisiert 23.11.06, 22:15h

 

Kazim Görgülü mit dem Bild seines Sohnes in seinem Haus in Krostitz. Der jahrelange Kampf des Türken Kazim Görgülü um Kontakt zu seinem leiblichen Sohn spitzt sich weiter zu. (MZ-Foto: Bettina Wiederhold)

Naumburg/dpa. Der jahrelange Rechtsstreit um das Sorge- sowie Umgangsrecht eines türkischen Vaters für seinen in Deutschland geborenen Sohn spitzt sich zu. Die Generalstaatsanwaltschaft Sachsen-Anhalts hat Anklage gegen drei Richter wegen Rechtsbeugung beim Landgericht Halle erhoben. Dabei handelt es sich um zwei Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg und einen Richter des Landgerichts Halle, teilte das OLG am Donnerstag mit.

Von Rechtsbeugung ist laut Gesetz die Rede, wenn ein schwerwiegender und vorsätzlicher Verstoß gegen die Rechtsordnung vorliegt. Bei einer Verurteilung drohen ein bis fünf Jahre Haft. «Die Anklage ist bei uns eingegangen und wird den Beschuldigten zur Stellungnahme zugestellt», sagte die Sprecherin des Landgerichtes Halle, Caroline Limbach. Danach entscheide das Gericht, ob die Anklage zugelassen wird. «Es ist daher offen, wann ein Prozess beginnen kann», sagte sie.

«Die Vorwürfe beziehen sich auf ein Verfahren, das als Familiensache nichtöffentlich verhandelt wurde», teilte der Sprecher der OLG, Ralf Tiemann, weiter mit. «Schon deshalb verbietet sich eine inhaltliche Stellungnahme. Für Angehörige der Justiz gelten keine anderen Verfahrensregeln als für jeden anderen Bürger», erklärte Tiemann.

Der Streit um den heute sieben Jahre alten Christofer hat in der Vergangenheit sogar den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Straßburg) und das Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe) beschäftigt. Die deutsche Mutter hatte das Kind ohne Wissen des aus der Türkei stammenden Vaters zur Adoption freigegeben. Der kleine Junge wurde bei Pflegeeltern untergebracht.

Der in Deutschland lebende Vater kämpft seit rund sieben Jahren gegen die Pflegeeltern und das zuständige Jugendamt Wittenberg in allen Instanzen darum, seinen Sohn zumindest sehen zu dürfen. Die Richter in Straßburg und Karlsruhe pflichteten ihm bei. Hingegen sollen sich die jetzt angeklagten Richter im Dezember 2004 darüber hinweg gesetzt und dem Vater das Umgangsrecht verwehrt haben. 

http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1164026360405

 

 

Immerhin, der Streit endete schließlich so, dass der Sohn seit 2008 bei seinem Vater lebt. Das ganze Prozedere, das bei einer vernünftigen fachlichen Befassung schon am Anfang des Konfliktes, gar nicht nötig gewesen wäre, dürfte die Bundesrepublik Deutschland und damit letztendlich die Steuerzahler/innen 100.000 € gekostet haben.

 

 

 

Beispiel 2

Leider enden nicht alle familiengerichtlich ausgetragenen Konflikte - so wie im Fall Görgelü - mit einem Happy-End. So z.B. in dem folgend skizzierten Fall.

 

 

Konfliktverlauf:

2003 – Vater wendet sich an das Jugendamt

2004 – Vater beantragt gerichtliche Regelung des Umgangs

2004 – Dezember, 1.Regelung des Umgangs durch das Familiengericht Tempelhof-Kreuzberg

2005 – April, Antrag des Vaters auf Erweiterung der Umgangsregelung

2005 – November, 1.Gutachten wird in Auftrag gegeben

2006 – Juni, Ablehnung des Antrages auf Umgangserweiterung

2006 – Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des AG

2007 – März, 2.Gutachten wird in Auftrag gegeben

2007 – Dezember, vorläufiger Umgangsausschluss durch KG

2008 – Mai, Zurückweisung der Beschwerde des Vaters

Umgangsausschluss bis zum 31.07.2010 wegen Kindeswohlgefährdung

 

Beschluss des Kammergerichts vom 27.Mai 2008 - 18 UF 76/07-, Beschluss des Kammergerichts vom 06.Mai 2008 - 18 UF 145/06 -

 

 

Das familiengerichtlich betriebene Spiel ohne Ende wurde vom Kammergericht dann doch noch "zu Ende" gebracht, wenngleich nicht ohne Kollateralschaden, dem vermutlich dauerhaften Kontaktabbruch zwischen dem Vater und seiner Tochter. Man kann unterstellen, dass dies vermeidbar gewesen wäre, so etwa durch eine frühzeitige falladäquate gerichtliche Intervention in Form der Einrichtung einer Umgangspflegschaft und der Bestellung eines fachlich kompetenten Umgangspflegers. Doch daran hatte womöglich keiner der professionell Beteiligten ein rechtes Interesse. Das Geld, das in einer Umgangspflegschaft sicher gut angelegt gewesen wäre, stopfte man lieber zwei Gutachtern - ein dritter wird noch folgen - in die Tasche, die ihrer zweifelhaften Tätigkeit mit dem Beschreiben von Papier - einem sogenannten Gutachten - einen Anschein von Sinn geben.

08.06.2011: Zwischenzeitlich wurde nun weiter fleißig Papier beschrieben, ohne dass nunmehr ein Umgang zwischen Vater und Tochter stattfinden würde:

 

2009 - mehrere Zurückweisungen von Anträgen auf Überprüfung des Umgangsausschlusses gem. §1696 BGB durch AG und KG

 

2009 - August, Zurückweisung des Antrages auf Regelung des Umgangs nach Ablauf des Umgangsausschlusses wegen “zu zeitiger” Antragstellung

 

2009 - Dezember 22., Antrag auf Wiederanbahnung und Regelung des Umgangs nach Ablauf des Umgangsausschlusses am 31.07.2010 und Antrag auf Einrichtung einer Umgangspflegschaft - 133 F 21302/09 - AG Tempelhof-Kreuzberg

 

2010 - Juni 29.,1. Anhörungstermin und Vereinbarung der Eltern einen begleiteten Umgang anzustreben

 

2010 - Oktober 25., Frau ... , Umgangsbegleiterin eines Freien Trägers in Berlin, erklärt per Mail:”... es kann bei uns nun los gehen.”

 

2010 - November 23., laut Mitteilung der Umgangsbegleiteterin ist das Kind zum Umgang mit dem Vater bereit. Als erster begleiteter Umgangstermin ist der 08.Dezember 2010 mit der Mutter vereinbart.

 

2010 - Dezember 6., Absage des Umgangstermins vom 08.Dezember durch die Mutter. Ablehnung begleiteten Umgangs durch die Mutter.

 

2011 - Januar 25., Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren 133 F 2826/11:“Der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind A wird bis zum Vorliegen des im Verfahren 133 F 21302/09 eingeholten Sachverständigengutachtens und der sich anschließenden gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren, spätestens aber bis zum 30.09.2011,ausgeschlossen.”

 

2011 - Mai 31.,Beschluss von Richterin auf Probe Trieglaff am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg zur Einholung eines 3. familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zur Frage, welche Umgangsregelung im Interesse des Kindes angezeigt erscheint. Beauftragt ist nunmehr der Diplom-Psychologe Olaf Apel, der unter der Adresse des "Institut für Gericht und Familie" firmiert. Termin der Abgabe: 30.11.2011. Kostengrenze: 4000,00 €

 

 

So nimmt das Verhängnis weiter seinen Lauf. Drei Richter auf Probe Oldörp, Dr. Kretschmer, Dr. Trieglaff und das Kammergericht üben sich nacheinander an dem Fall. Drei Gutachter beschreiben Papier, Uwe Schilling, Sylke Mangold, Olaf Apel. Zwei Verfahrenspfleger / Verfahrensbeistände sind zugange, Barbara Frings und Gerhild Wolf, fehlt nur Hans Dietrich Genscher und Helmut Kohl und man könnte die ganze Sache für den Innovationspreis Deutschland 2011 vorschlagen.

Statt Einsatz kompetenter und mit Handlungsmacht ausgestatteter Fachkräfte, weiterwursteln im Spiel ohne Ende. Beschäftigungstherapie für hungernde Gutachter? Man fragt sich wer das eigentlich alles bezahlt, das Kind, die Eltern und sicher auch die Steuerzahler/innen.

 

 

Die vorgenannten Fälle sind nur die Spitze eines Eisberges vieler anderer Endlosfälle. Hunderte, wenn nicht sogar Tausende solcher Dauerbrenner gibt es bundesweit, die in einer Warteschleife kreisen. Das Familiengericht verwaltet die immer dicker werdenden Akten, überflüssige Gutachten werden in Auftrag gegeben, um den Status Quo zu bestätigen oder einen Elternteil zu ent-sorgen, aber es wird nichts getan, um eine konstruktive Bewegung oder Klärung in das festgefahren System zu bringen. Man wartet eher ab, dass sich einige Fälle von allein erledigen, sei es, dass die Kinder volljährig werden oder einer der Beteiligten das Handtuch wirft. Wenn auch das nicht hilft, behilft sich der Familienrichter nicht selten mit einem Ausschluss des Umgangs, das löst bei den Betroffenen in der Regel Resignation aus, einige wenige gehen zum Oberlandesgericht, wo das Spiel häufig in der gewohnten Weise fortgesetzt wird.  

Man kann in solchen Fällen andauernder juristischer Auseinandersetzungen in der Regel davon ausgehen, dass sich die Familie in einem Spiel ohne Ende befindet und das Familiengericht und diverse Fachkräfte, darin lediglich weitere Mitspieler geworden sind, ohne eine Lösung zweiter Ordnung einzuführen. 

Man kann es auch etwas platt so ausdrücken, dass das Familiengericht oder genauer gesagt, der verfahrensführende Richter unfähig ist, die Trennungsfamilie beim Finden einer Lösung zweiter Ordnung wirksam zu unterstützen, bzw. anzuleiten. Eine solche Lösung könnte tatsächlich die Bestellung eines Umgangspflegers darstellen, der wenn er hinreichend genug qualifiziert ist, für eine annehmbare Befriedung der Eltern sorgen könnte. Seine Funktion wäre hier ähnlich wie die der UN-Blauhelmsoldaten, die in Unruhe- und Krisengebieten zu einer Deeskalation beitragen können. Da aber an nicht wenigen Familiengerichten in der Wahl der Interventionsmittel noch sehr konservativ verfahren wird, nach dem Motto, das haben wir hier ja noch nie gemacht, kann es auch nicht wundern wenn die Probleme nicht gelöst werden.

 

Eine gute Darstellung zum Thema Spiel ohne Ende findet sich auch in: 

 

Paul Watzlawick; Janet, H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003 

 

 

Watzlawick stellt hier an Hand des Theaterstückes "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" von Edward Albees ein "Spiel ohne Ende" vor. Ein Spiel ohne Ende zeichnet sich dadurch aus, dass die Selbstrückbezüglichkeit der Spielregeln zu Paradoxien führt, die innerhalb des bestehenden Systems nicht gelöst werden können (S. 167). Im Spiel ohne Ende gibt es keinen Vermittler, der außerhalb der durch die Spielregeln festgelegten Ordnung stünde. Ein solcher Vermittler könnte zum Beispiel ein Familienberater oder Familientherapeut sein. Viele Eltern haben jedoch Angst davor, sich an eine solche Fachkraft zu wenden, weil sie sich davor fürchten, dass sie innerhalb eines solchen Settings privates von sich preisgeben müssten, sie sich als krank stigmatisiert empfinden würden oder sie es als Eingeständnis eigenen Scheitern betrachten, was in ihrem Selbstverständnis nicht zulässig erscheint. 

Da ein geeigneter Vermittler fehlt, eskaliert der Konflikt zwischen den Eltern häufig. Um dennoch aus dem Spiel ohne Ende auszusteigen, bleiben die Alternativen Trennung, Suizid oder Mord (Watzlawick, S. 219). Die Eltern leben zwar getrennt, können sich aber letztlich real nicht trennen, da sie durch das gemeinsame Kind weiter verbunden sind. Eine vollständige Trennung wäre nur dann möglich, wenn sich ein Elternteil bereit erklären würde, sich auch vom Kind endgültig zu trennen. Solche Fälle sind in der Praxis nicht selten. Meist sind es Väter, die sich vom Kind zurückziehen und nicht immer ist es Desinteresse am Kind, sondern der Wunsch aus dem Spiel ohne Ende auszusteigen, der zu einem solchen Kontaktabbruch führt. 

 

Die zweite und dritte Alternative, Suizid und Mord kommen glücklicherweise nicht so oft vor. Als vierte Alternative bietet sich der Gang zum Familiengericht an. Das Jugendamt scheidet oft aus, weil dort entweder die Vermittlungskompetenz fehlt, der Sozialarbeiter nicht die nötige Zeit oder keine Entscheidungsbefugnisse hat. Der Familienrichter erscheint den betreffenden Eltern in dieser verfahrenen Situation als der Retter in der Not. 

Dies kann auch gelingen, wenn der Familienrichter sich als Außenstehender betrachtet, der dazu beiträgt, was das System aus sich selbst nicht hervorzubringen im Stande ist, eine Änderung der im System geltenden Regeln (Watzlawick S. 219).

Nicht selten machen aber Familienrichter den Fehler als weiterer Mitspieler in das Spiel ohne Ende einzusteigen (Verstrickung) oder das Spiel damit zu beenden, einen der beiden Eltern als Sieger und den anderen als Verlierer zu bestimmen (parteilich-selektionsorientierte Arbeitsweise). 

 

Eine Lösung zweiter Ordnung ist keine gerichtliche Entscheidung, bei der eine der beiden Streitparteien (Mutter oder Vater) gedemütigt wird, wie das sehr oft passiert, sondern in der das Familiengericht gemeinsam mit den Eltern und dafür geeigneten Fachkräften einen Lösungsprozess in Gang setzen, an deren Ende ein würdiger Schluss steht. Dies dauert oft länger, als den Beteiligten lieb ist und stellt die Geduld der Fachkräfte einschließlich des Familienrichters auf eine harte Probe. 

 

vergleiche hierzu:

Janet R Johnston: "Modelle fachübergreifender Zusammenarbeit mit dem Familiengericht in hochkonflikthaften Scheidungsfamilien", In: "Das Jugendamt" 9/2002, S. 378-386

 

 

 

 

 

 

Fallerledigung durch Zeitablauf

 

"Prozessverschleppungen und nachlässige Verfahrensführung durch Parteien und Gericht sind - wie Gerhard Lüke schreibt - ein `Grundübel des Zivilprozesses; der untätig Richter - gleich welcher Gerichtsbarkeit - ist ein Fehler im System. In der Weltliteratur hat gerade der Typ des unmotivierten Zivilrichters Karriere gemacht. dort ist er etwa in einem niederländischen Dorf bei Utrecht anzutreffen, wo er alles andere als willens und bereit ist, einem bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreit um ein zerschlagenes Trinkgefäß vorzusitzen. (Heinrich von Kleist: Der zerbrochene Krug - Anm. Peter Thiel)

Am Gerichttag schützt er mehrfach Krankheit vor und lässt nach seiner abhanden gekommenen Perücke fahnden, ohne die er, wie er sagt, die Sitzung nicht beginnen könne. Das einzige, was ihn an diesem Tag überhaupt zur Verhandlung bewegt, ist die Anwesenheit des Gerichtsrevisors aus der Hauptstadt. Als sich schließlich der Aufruf der Sache nicht länger heraus zögern lässt, ergeht er sich in mannigfaltigen Verschleppungsmanövern, deren Höhepunkt vielleicht seine Idee ist, den Rechtsstreit auszusetzen und `in Haag bei der Synode anzufragen, ob das Gericht befugt sei, anzunehmen, dass Beelzebub den Krug zerbrochen hat."

Inge Kroppenberg: Rechtsschutz gegen den untätigen Zivilrichter"; In: Zeitschrift für den Zivilprozess"; Heft 2, 2006, S. 177/78

 

 

"Die unendliche Geschichte" heißt ein Buch von Michael Ende. Man könnte meinen, Ende hätte persönliche Erfahrungen mit der Zeitdauer vieler familiengerichtlichen Verfahren, so z.B. am Amtsgericht Flensburg, wo dem Vernehmen nach gelegentlich besonders schleppend gearbeitet werden soll. Vielleicht liegt das an der nördlichen Lage der Stadt und der schwachen Leistung des örtlichen Stromerzeugers, auf Grund dessen dort im Winter durch die früh einsetzende Dunkelheit beim Amtsgericht die Arbeit eingestellt wird und statt dessen nur noch Adventsgestecke die Tische der Familienrichter/innen beleuchten.

Doch Spaß beiseite. Einerseits wacht die Justiz bei der Einlegung von Beschwerden und Berufung penibel darauf, dass von den Rechtssuchenden Fristen nicht überschritten werden, so z.B. bei einer Berufung von maximal einem Monat, andererseits fühlt sich die Justiz in ihrem eigenen Arbeitsablauf an keinerlei Fristen gebunden. Das zeugt natürlich nicht von einem kunden- und dienstleistungsorientierten Denken der Justiz, sondern von den alten Mentalität des preußisch-etatistischen Beamten- und Obrigkeitsstaates. In der DDR musste man 12 Jahre warten, bis man auf seine Autobestellung dann endlich den ersehnten Trabant oder Wartburg erhalten hat. Zwischenzeitlich konnte man aber wenigstens laufen, S-Bahn oder Eisenbahn fahren oder trampen. In der Bundesrepublik Deutschland des 3. Jahrtausend warten die Rechtsuchenden oft monate- , bisweilen aber auch jahrelang auf die Erledigung ihrer Anträge. Zwischenzeitlich sind die Bürgerechte mangels Vollstreckbarkeit faktisch ausgesetzt, da hilft auch kein im Kreis laufen weiter.

Der bisweilen anzutreffende Schlendrian an deutschen Gerichten, insbesondere natürlich den Familiengerichten, bei denen sich viele Umgangfälle durch bloße Untätigkeit "erledigen", sorgt immer wieder für Unmut und kritische Reflexion in Fachzeitschriften. Der Schlendrian und Aktenstau geht nun schon so lange zu Lasten der Rechtsuchenden, dass das Bundesjustizministerium für dem Bereich der FGG-Verfahren in dem 2005 vorgelegte Referentenentwurf zum Gesetz über die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit endlich eine Änderung in Aussicht stellt:

 

 

§165 Beschleunigungsgebot, Hinwirken auf Einvernehmen

(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sind vorrangig durchzuführen.

(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin auch das Jugendamt an.

(3) Ist eine Antragschrift eingegangen, hat das Gericht diese mindestens eine Woche vor dem Termin den übrigen Beteiligten sowie dem Jugendamt bekannt zu geben. Eine Aufforderung, sich auf den Antrag schriftlich zu äußern, ist nicht erforderlich.

(4) Das Gericht soll in diesem Termin und in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken. Es weist auf die Möglichkeiten der Beratung durch Beratungsstellen und - dienste der Träger der Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht soll in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit der Mediation oder der sonstigen außergerichtlichen Streitbeilegung hinweisen. Es kann anordnen, dass die Eltern an einer Beratung nach Satz 2 teilnehmen; die Anordnung ist unanfechtbar.

(5) Kann in den Fällen des Absatz 1 eine einvernehmliche Regelung im Termin nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern.

 

 

 

Die Bundesregierung hat am 22.08.2005 den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei der Verletzung des Rechts auf ein zügiges Verfahren (Untätigkeitsgesetz) vorgestellt.

www.bundesgerichtshof.de/gesetzesmaterialien/untaetigkeitsbeschwerde/pm_bmj_26_08_05.htm

 

 

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, also hoffen wir weiter.

 

 

vergleiche hierzu: 

Stefan Heilmann: "Die Dauer kindschaftsrechtlicher Verfahren"; In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 7/8/1998, S. 317-324

Inge Kroppenberg: Rechtsschutz gegen den untätigen Zivilrichter"; In: Zeitschrift für den Zivilprozess"; Heft 2, 2006, S. S. 177-

Volker Schlette: "Der Anspruch auf gerichtliche Entscheidung in angemessener Frist."; Duncker & Humblot, Berlin, 1999, 86 S

 

 

 

 

 

 

Vermittlungsverfahren

 

 

§ 165 Vermittlungsverfahren

(1) Macht ein Elternteil geltend, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind vereitelt oder erschwert, vermittelt das Gericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern. Das Gericht kann die Vermittlung ablehnen, wenn bereits ein Vermittlungsverfahren oder eine anschließende außergerichtliche Beratung erfolglos geblieben ist.

(2) Das Gericht lädt die Eltern unverzüglich zu einem Vermittlungstermin. Zu diesem Termin ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Eltern an. In der Ladung weist das Gericht darauf hin, welche Rechtsfolgen ein erfolgloses Vermittlungsverfahren nach Absatz 5 haben kann. In geeigneten Fällen lädt das Gericht auch das Jugendamt zu dem Termin.

(3) In dem Termin erörtert das Gericht mit den Eltern, welche Folgen das Unterbleiben des Umgangs für das Wohl des Kindes haben kann. Es weist auf die Rechtsfolgen hin, die sich ergeben können, wenn der Umgang vereitelt oder erschwert wird, insbesondere darauf, dass Ordnungsmittel verhängt werden können oder die elterliche Sorge eingeschränkt oder entzogen werden kann. Es weist die Eltern auf die bestehenden Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hin.

(4) Das Gericht soll darauf hinwirken, dass die Eltern Einvernehmen über die Ausübung des Umgangs erzielen. Kommt ein gerichtlich gebilligter Vergleich zustande, tritt dieser an die Stelle der bisherigen Regelung. Wird ein Einvernehmen nicht erzielt, sind die Streitpunkte im Vermerk festzuhalten.

(5) Wird weder eine einvernehmliche Regelung des Umgangs noch Einvernehmen über eine nachfolgende Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung erreicht oder erscheint mindestens ein Elternteil in dem Vermittlungstermin nicht, stellt das Gericht durch nicht anfechtbaren Beschluss fest, dass das Vermittlungsverfahren erfolglos geblieben ist. In diesem Fall prüft das Gericht, ob Ordnungsmittel ergriffen, Änderungen der Umgangsregelung vorgenommen oder Maßnahmen in Bezug auf die Sorge ergriffen werden sollen. Wird ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen oder auf einen binnen eines Monats gestellten Antrag eines Elternteils eingeleitet, werden die Kosten des Vermittlungsverfahrens als Teil der Kosten des anschließenden Verfahrens behandelt.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__165.html

 

 

 

 

 

Triangulation im familiengerichtlichen Verfahren

Das Anfangssetting im familiengerichtlichen Verfahren ist gekennzeichnet von einem machtvoll erscheinenden Richter und zwei Eltern, von denen sich einer oder auch beide mehr oder weniger machtlos fühlenden. 

Der Richter spricht Recht und übt das Hausrecht aus, die Eltern sind geladene Beteiligte. 

 

 

Richter

o

 

 

Elternteil A  -  o                                     o  B  - Elternteil 

 

 

Was auf den ersten Blick verblüffen mag ist, dass Triangulationsphänomene, die im allgemeinen für Familien beschrieben werden, sich auch innerhalb des familiengerichtlichen Verfahrens zeigen. Die Beteiligten sind hierbei aber nicht die Eltern und das Kind, sondern die Eltern und der Familienrichter. Die Eltern streiten verständlicherweise um die Gunst des Familienrichters, denn sie wollen im traditionell orientierten selektiv-entscheidungsorientierten familiengerichtlichen Verfahren eine für ihr Anliegen günstige Entscheidung des Richters erreichen. Gleichzeitig greifen sie, meist in verdeckter Form, den Familienrichter an, sobald dieser zu erkennen gibt, dass er sich emotional oder in seinem Urteil der einen der streitenden Parteien zuneigt und sich damit logischerweise gleichzeitig gegen den anderen Elternteil positioniert. 

Im Umgangsrechtsverfahren und im Streit um die Erlangung der alleinigen elterlichen Sorge nach §1671 BGB  befindet sich der Richter im traditionellen familiengerichtlichen Setting im Wettstreit und Wettkampf der Eltern um seine Gunst. Dass das so ist, liegt zum großen Teil am Richter selbst, denn er zeigt sich den Eltern in einer solchen Rolle, dass sie um seine Gunst kämpfen müssen, wenn sie nicht verlieren wollen. Dies erkennt man auch an der allgemeinen Redensart "Ich kämpfe um mein Kind", wenn ein familiengerichtliches Verfahren ansteht, gerade so als ob Eltern wenn sie den vernünftig mit einander umgingen, um ihr Kind kämpfen müssten. 

Der Richter befindet sich im Konflikt der Eltern in der selben Rolle wie das Kind der Eltern. Auch das Kind wird von den Eltern umkämpft und in einer Entscheiderposition gebracht: "Dein Vater ist schlecht", "Deine Mutter ist schlecht" lautet die heimliche oder offene Botschaft der Eltern an ihr Kind. Im Gegensatz zum Kind, das von den Eltern damit für die eigenen Bedürfnisse missbraucht wird, wird der Richter von den Eltern nicht missbraucht, denn er ist erwachsen und mündig und es ist seine allgemein anerkannte und von ihm frei gewählte Rolle Entscheider zu sein.

Dem von beiden Eltern auf den Richter ausgeübten Druck, bzw. Ziehen in verschiedene Richtungen, kann der Richter in der Regel nicht lange standhalten. Denn auch der Richter ist ein Mensch und sehnt sich nach Sicherheit. Er kann seine Sicherheit erhöhen, wenn er mit einem Elternteil eine Koalition eingeht. Dies dürfte normalerweise der Elternteil sein, mit dem die positiveren Übertragungsphänomene stattfinden, kurz gesagt, wo die Sympathie größer ist. Für das auftreten negativer Übertragungsphänomene reicht mitunter schon aus, dass der Richter ein sogenanntes Diastema hat, also einen zu großen Zahnabstand, oder einen Sehfehler oder eine andere auffallende Abweichung vom sogenannten normalen Aussehen. Da man nur sehr selten zwei einem begegnende Leute gleich viel mag, fällt es dem Richter nicht schwer, sich für die Person mit der "positiven" Ausstrahlung zu entscheiden. Das ganze passiert in der Regel nur unbewusst oder halbbewusst. Auf direktes Ansprechen wird der Richter dies wohl immer verneinen.

Bei traditionell arbeitenden Familienberatern, Jugendamtsmitarbeitern, Gutachtern oder Verfahrenspflegern kann man ähnliches wie im Familiengericht  beobachten. Das Elternpaar, das in die Beratung (Familienberatungsstelle oder Jugendamt) gekommen ist, projiziert den Berater als Entscheider (Papa- oder Mamafigur). Der traditionelle Berater fühlt sich in seinem Narzissmus geschmeichelt und nimmt dieses Rollenangebot gerne an oder forciert es sogar, er wird nun zum heimlichen Entscheider von dessen Gunst es abhängt, welcher Elternteil ausgezeichnet wird. Auch hier entwickelt sich eine Koalition aus Berater und einem Elternteil gegen den anderen Elternteil.

 

Der Richter hat nach erfolgter Koalitionsbildung nun einen Verbündeten. Ab hier ist das Verfahren faktisch schon entschieden, alle nun noch folgenden Tätigkeiten inklusive der Beauftragung eines Gutachters sind rein formaler Natur. Die Entscheidung wird zugunsten des Koalitionspartners ausfallen. Freilich hat der Richter nun auch einen Feind, nämlich den Elternteil, der nicht zum Koalitionspartner geworden ist. Dies kann der Richter aber aushalten, da er ja nun einen "Freund" hat. 

 

Richter

o

 

 

Elternteil A                                o Elternteil B

 

 

Die mit einem Elternteil gebildete Koalition entlastet den Richter. Ja mehr noch, der nun ausgegrenzte Dritte, der sich um so verzweifelter wehrt, wie er unbewusst oder bewusst die sich entwickelnde und verfestigende Koalition aus Richter und dem anderen Elternteil bemerkt, wird nun zum Sündenbock. Dies entlastet nun auch den Richter, denn er meint, nun zu wissen, warum die Eltern überhaupt vor Gericht sind, nämlich weil dieser Dritte ein unmöglicher, aggressiver mit Vernunft nicht ansprechbarer Elternteil ist, dies sieht der Richter ja nun selbst, wie sich dieser Elternteil gegenüber dem Richter feindselig verhält. Wer so unmöglich vor Gericht auftritt, der kann ja wohl kaum ein guter Elternteil sein. 

Wenn es zu einer Koalitionsbildung aus Familienrichter und einem Elternteil gekommen ist, hat dies für den Familienrichter den Vorteil, dass er nun nicht mehr allein gegen zwei (die beiden Eltern) kämpfen muss. Solche Kämpfe erlebt der Familienrichter sonst nur in Verfahren nach §1666 BGB (Kindeswohlgefährdung) wenn den zusammenlebenden Eltern das Sorgerecht entzogen werden soll. Hier steht dem Richter in der Regel eine ihm feindselige Koalition aus Mutter und Vater gegenüber.

 

 

Richter

o

 

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Elternteil - A   o        o   B - Elternteil 

 

 

 

 

 

 

 

Familienrichter als Doppelbinder

Die heutige Familiengerichtsbarkeit bietet oft ein trauriges Beispiel staatlich kommunizierter Doppelbindung (paradoxe Handlungsaufforderung). Einerseits wird ständig betont, dass es darauf ankäme, dass die Eltern miteinander kooperieren könnten und auch sollen, andererseits ist die Gestaltung des familiengerichtlichen Verfahrens darauf angelegt, die Unterschiede der Positionen der Eltern stärker zu betonen als deren Gemeinsamkeiten. Das fängt schon mit der üblich verwendeten  Bezeichnung an unter der die gerichtlichen Akten und Ladungen firmieren. Dort heißt es üblicherweise Frau X (Antragstellerin) gegen Herrn Y (Antragsteller) oder Herr A (Antragsteller) gegen Frau B (Antragsgegnerin). Gerade so als ob ein Mieter gegen seinen Vermieter oder ein Kunde gegen einen Verkäufer klagen würde, nicht aber Eltern eines gemeinsamen Kindes in einem gemeinsamen Konflikt verstrickt sind und sich daraufhin um Hilfe an das Familiengericht wenden. Warum kann man nicht einfach schreiben: Frau X (Mutter) und Herrn Y (Vater) oder Herr A (Vater) und Frau B (Mutter)? Die Gemeinsamkeit auf der Elternebene zu betonen, heißt ja nicht, bestehende Gegensätze zwischen den Eltern unter den Teppich zu kehren oder deren Lösung dem Selbstlauf zu überlassen.

 

Zum anderen lädt der §1671 BGB dazu ausdrücklich dazu ein, gemeinsame Elternschaft in Streitparteien aufzuspalten, Elternselektion und schließlich Elternausgrenzung zu betreiben. Weiterhin werden noch immer von vielen Familienrichtern selektiv arbeitende Gutachter eingesetzt, die Empfehlungen zur Elternselektion abgeben. 

 

Die paradoxe familiengerichtliche Aufforderung heißt also: Sei kooperativ und sei nicht kooperativ. In Familien mit paradoxer Kommunikation kommt es in der Folge oft dazu, dass ein Familienmitglied als Antwort auf chronische Doppelbindungen schizophren wird. 

 

Die Wirkungen von Paradoxien in menschlicher Interaktion wurden erstmals 1956 von Bateson, Jackson, Haley und Weakland unter dem Titel "Toward a Theory of Schizophrenia" beschrieben (Watzlawick, S. 194/95). Eine Doppelbindung kann verstanden werden als die Herstellung einer Illusion vorhandener Alternativen. Dazu bedarf es eines Senders, der die Illusion anbietet und eines Empfängers, der innerhalb des Kontextes, in dem Sender und Empfänger agieren, gezwungen wird, sich für einer der Alternativen zu entscheiden und damit gleichzeitig gegen die geltenden Regeln verstößt. Um dieser Falle zu entgehen, kann der Empfänger innerhalb des vorgegebenen und verpflichtenden Kontext nur in schizophrener Weise antworten. Der Schizophrene ist daher kein Mensch, der wie es individualpsychologisch unterstellt wird, krank ist (Denkstörung, Ich-Schwäche, Überschwemmung des Bewusstseins durch Primärprozesse, etc.), sondern ein Mensch, der auf eine paradoxe Handlungsaufforderung paradox antwortet.

 

Watzlawick schildert folgendes fiktives Beispiel einer Doppelbindung (S. 215):

 

Ein Angeklagter wird vom Staatsanwalt befragt:

"Haben Sie endlich aufgehört, Ihre Frau zu mißhandeln? Antworten Sie `ja´ oder `nein`!"

und ihn mit gleichzeitig mit Bestrafung wegen Mißachtung des Gerichts droht, wenn er beide Alternativen zu verneinen sucht, weil er seine Frau nie mißhandelt hat. 

 

Wer glaubt, dies wäre ein Beispiel was nur wenig mit der Wirklichkeit und schon gar nicht mit der Praxis an deutschen Familiengerichten zu tun hat, täuscht sich. Hier ist die folgend geschilderte Praxis, die auch an Oberlandesgerichten und sogar federführend beim Bundesgerichtshof geübt wird, noch immer sehr beliebt.

Ein Vater stellt in einer zwischen ihm und der Mutter strittigen wichtigen Frage der elterlichen Sorge einen Antrag beim Gericht. Der Vater meint, dies wäre durch das Gesetz abgedeckt, denn dort hat er die folgende Regelung gefunden:

 

§ 1628 BGB (Meinungsverschiedenheiten)

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

 

 

Erstaunt und am Rechtsstaat (zu Recht) zweifelnd, muss der Vater aber zur Kenntnis nehmen, dass der Richter seinen Antrag zum Anlass nimmt, ihm das Sorgerecht nach § 1671 BGB zu entziehen.

 

§ 1671 BGB (Übertragung der Alleinsorge nach bisheriger gemeinsamer elterlicher Sorge bei Getrenntleben der Eltern)

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, daß ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt.

(2) Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1. Der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, daß das Kind das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht, oder

2. zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) ...

 

 

 

Zur Begründung des Sorgerechtsentzug verwendet der Richter die Vorgabe des XII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes in seinem Beschluss vom 29.9.1999 - XII ZB3/99 (OLG Stuttgart), veröffentlicht in "FamRZ", 1999, Heft 24, S. 1646-1648

Der Bundesgerichtshof hielt es dort für gerechtfertigt, einem Vater das Sorgerecht nach §1671 BGB "mit Rücksicht auf deren mangelnde Konsens- und Kooperationsbereitschaft", so der amtliche Begründungstext, zu entziehen. Der BGH meinte dann: "... weiterer allgemeiner Ausführungen etwa über den Umfang und das Maß notwendiger Kooperationsbereitschaft der Eltern im Rahmen der Sorgerechtsregelung bedürfe" es nicht.

Unser Familienrichter schlussfolgert, gestützt durch die wie beim Papst dem Unfehlbarkeitsdogma unterliegenden Karlsruher Autoritäten logisch:

 

Die Eltern können sich in einer die elterliche Sorge betreffenden Angelegenheit von erheblicher Bedeutung nicht einigen. Das beweist der Antrag des Vaters. Wenn die Eltern sich hätten einigen können, dann hätte der Vater keine Antrag stellen brauchen. Da er aber einen Antrag gestellt hat, beweist er damit, dass eine `"mangelnde Konsens- und Kooperationsbereitschaft` der Eltern vorliegt, die es zwingend notwendig macht, einem Elternteil das Sorgrecht zu entziehen. Dies muss offenbar dem Vater entzogen werden, da die Mutter ja keinen Antrag gestellt hat und so dokumentiert, dass sie, im Gegensatz zum Vater, über die notwendige Konsens- und Kooperationsbereitschaft verfügt.

 

Der Vater befindet sich in einem Dilemma. Stellt er keinen Antrag, auf gerichtliche Regelung einer ihn interessierenden Angelegenheit von erheblicher Bedeutung, so geht es nicht nach ihm, sondern nach dem Willen der Mutter. Stellt er einen Antrag auf gerichtliche Regelung einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung, so entzieht ihm das Gericht nach Vorgabe des BGH "mit Rücksicht auf deren mangelnde Konsens- und Kooperationsbereitschaft" das gesamte Sorgerecht. Der Vater kann sich in diesem Zwangskontext nur noch für die illusorische Alternative des kleineren Übels entscheiden, er stellt keinen Antrag, er behält das gemeinsame Sorgerecht und die Mutter bestimmt allein. Das Sorgerecht des Vaters ist von hier ab ein Etikett mit ausschließlich symbolischer Bedeutung. Wert. Es ähnelt damit dem Wahlrecht der Schwarzen zur Zeit der Apartheid. Diese durften zwar wählen, aber nur in den südafrikanischen "Bantuheimtatländern" (Homelands). Die von den Schwarzen gewählten "Selbstverwaltungsorgane" haben lediglich begrenzen Zugriff auf die politische Gestaltung im "Bantuheimatland", jedoch keinen Zugriff auf die faktisch entscheidende südafrikanische Politik. Im Familienrecht kann man das mit der Beschränkung des Vaters auf das Umgangsrecht vergleichen, aber auch das ist von nun ab im Ernstfall wenig wert, denn die Mutter kann jederzeit mit dem Kind verziehen. Würde der Vater ihr das untersagen wollen, so tritt automatisch das oben geschilderte gerichtliche Reaktionsmuster ein. Seine "mangelnde Konsens- und Kooperationsbereitschaft" dient als gerichtliche Begründung ihm das Sorgerecht zu entziehen, wenn er so vermessen sein sollte beim Gericht einen Antrag zu stellen, der geeignet wäre, die Mutter am Umzug zu hindern.

Dass es nicht wenige Familienrichter gibt, die sich der Logik der Richter vom Bundesgerichtshof verweigern, macht dem Rechtsstaat alle Ehre. An der prinzipiell vorhandenen Absurdität der sich noch immer auf die Rechtssprechung des BGH berufenden Rechtspraxis ändert das aber vorerst wenig. Watzlawick schlägt als Ausweg aus der Doppelbindung vor, darüber zu metakommunizieren. Das heißt, die Illusion der angebotenen Alternativen zu erkennen, aus der Struktur herauszutreten und eine Änderung von außen einzuleiten (S. 215), wozu auch diese Internetseite mit Sicherheit beiträgt.

 

 

 

 

 

Ordnungsmittel 

(Ordnungsgeld und Ordnungshaft, bis 01.09.2009 Zwangsgeld und Zwangshaft)

 

§ 33 FGG (Zwangsgeld; unmittelbarer Zwang) - gültig gewesen bis 01.09.2009

(1) Ist jemandem durch eine Verfügung des Gerichts die Verpflichtung auferlegt, eine Handlung vorzunehmen, die ausschließlich von seinem Willen abhängt, oder eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so kann ihn das Gericht, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, zur Befolgung seiner Anordnung durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. Ist eine Person herauszugeben, kann das Gericht unabhängig von der Festsetzung eines Zwangsgeldes die Zwangshaft anordnen. Bei Festsetzung des Zwangsmittels sind dem Beteiligten zugleich die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

(2) Soll eine Sache oder eine Person herausgegeben oder eine Sache vorgelegt werden oder ist eine Anordnung ohne Gewalt nicht durchzuführen, so kann auf Grund einer besonderen Verfügung des Gerichtes unabhängig von den gemäß Absatz 1 festgesetzten Zwangsmitteln auch Gewalt gebraucht werden. Eine Gewaltanwendung gegen das Kind darf nicht zugelassen werden, wenn das Kind herausgegeben werden soll, um das Umgangsrecht auszuüben. Der Vollstreckungsbeamte ist befugt, erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen. Die Kosten fallen dem Verpflichteten zur Last. ...

(3) ...

 

 

 

Was sich im Gesetz über die Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit recht zackig anhört, erweist sich in der Rechtswirklichkeit der Familiengerichte als weitestgehend ungeliebte Absichtserklärung. Mit hoher Erwartungshaltung gestellte Anträge auf Androhung von Zwangsgeld oder Zwangshaft landen mehr oder weniger regelmäßig im Papierkorb richterlicher Zurückweisung. 

 

Beispiel 1

So am Amtsgericht Rheinberg, an dem die verfahrensführende Richterin Langner mit Datum vom 14.11.2008 einen Antrag eines Elternteiles vom 31.01.2007 auf Androhung von Zwangsgeld zur Durchsetzung einer bestehenden Umgangsregelung nach 21 Monaten richterlicher Bearbeitungszeit zurückwies (16 F 46/07). 

Vorausgegangen war dem eine mit Datum vom 10.09.2007 vom Gericht in Auftrag gegebene Erstellung eines schriftlichen Gutachtens, den die beauftragte Diplom-Psychologin Maria-Theres Ross nach sechs Monaten mit Datum vom 18.04.2008 vorlegte. Über die Kosten des Gutachtens wollen wir hier besser nicht reden. Vom 18.04.2008 dauerte es 7 Monate bis sich Richterin Langner zu dem Antrag eines Elternteiles vom 31.01.2007 auf Androhung von Zwangsgeld äußerte. Wer so arbeitet, kann sich die Arbeitszeit wohl besser gleich sparen. Man sollte den Amtsgerichtsbezirk Rheinberg vielleicht zur zwangsgeldfreien Zone erklären, das könnte zukünftig manch naive Antragstellung und langes Warten bei Richterin Langner ersparen.

 

 

Wenn vom verfahrensführenden Richter schon die bloße Androhung von Zwangsgeld oder Zwangshaft für inakzeptabel angesehen wird, dann braucht man über die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft wohl kaum noch zu sprechen.

Man kann allerdings feststellen, dass die Androhung von Zwangsgeld oder Zwangshaft oder die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft das zumeist ursächliche Problem der erbitterten Feindschaft zwischen den Eltern - und des zwischen den Fronten stehenden Kindes - in der Regel nicht ausräumt. Daher sollte in hochkonflikthaften Fällen von den Gerichten die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft (Sorgerechtspflegschaft oder Umgangspflegschaft erwogen werden. Die Teilnahme an fachlich geführten gemeinsamen Elterngesprächen sollte vom Gericht parallel dazu verbindlich angeordnet werden. Allerdings sind Anordnungen zur Teilnahme an fachlich geführten Elterngesprächen überflüssig, wenn das Gericht die Befolgung dieser Anordnung nicht durchsetzen will. Dies sind nun keine neuen Erkenntnisse, schon im Jahr 2002 konnte man dazu einen entsprechenden Aufsatz von Janet R Johnston lesen:

 

Janet R Johnston: "Modelle fachübergreifender Zusammenarbeit mit dem Familiengericht in hochkonflikthaften Scheidungsfamilien", In: "Das Jugendamt" 9/2002, S. 378-386

 

Bei manchen Familienrichtern scheint aber leider eine ausgeprägte Abneigung zu existieren, den eigenen Scheuklappenblick zu erweitern. Statt dessen pflegt man den Arbeitsansatz "Man kann ja nichts tun".

Ergänzungspflegschaft und gemeinsame Elterngespräche von hochkonflikthaften Streitparteien gehören logischerweise in die Hände kompetenter, motivierter und durchsetzungsfähiger Fachkräfte. Eine angemessene Bezahlung dieser Fachkräfte, die deutlich über dem Stundensatz von 33,50 € liegt, die ein Verfahrenspfleger für seine vergleichsweise einfache Tätigkeit erhält, sollten dabei sichergestellt sein. Zu denken ist hier an einen Stundensatz von 50 €, der gegenüber den 85 €, die Gutachter für ihre häufig nutzlose Arbeit erhalten, vergleichsweise gering ausfällt.

Die aus richterlicher Bequemlichkeit und einem falschen Kostensparen gewohnheitsmäßig erfolgende gerichtliche Beauftragung des Jugendamtes ist auf Grund der im Jugendamt für gewöhnlich anzutreffenden Unflexibilität, mangelnden Kompetenz und Motivation regelmäßig der falsche Weg, schwere Elternkonflikte zu lösen.

 

 

 

 

 

Sorgerechtsentzug nach §1666a wegen Gefährdung des Kindeswohls

(Textfassung vom 30.10.2009 - unter Familiengericht, Jugendamt und Sorgerecht)

Der Sorgerechtsentzug nach  §1666a wegen Gefährdung des Kindeswohls ist der einzige verfassungskonforme staatliche Eingriff in das verfassungsrechtlich definierte Pflichtrecht der Eltern, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen. 

 

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Artikel 6 Satz 2: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

 

 

Eigenartiger Weise ist diese simple Erkenntnis den mit Fragen der elterlichen Sorge befassten Richterinnen und Richtern am Bundesverfassungsgericht offenbar unbekannt. Das wirft die Frage nach der Qualifikation der betroffenen Richter/innen auf. Diese Frage soll hier nicht beantwortet werden, sondern wird dem Urteil der Leserinnen und Leser anheim gestellt.

Ist das Kindeswohl gefährdet, soll das Familiengericht "die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind".

 

 

§ 1666 BGB Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.

Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,

2.

Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,

3.

Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,

4.

Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,

5.

die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,

6.

die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

 

 

 

§ 1666a BGB (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vorrang öffentlicher Hilfen)

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. ...

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, daß sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

 

 

Nun hat das Familiengericht nicht nur die Pflicht, eine aktuelle Kindeswohlgefährdung abzuwenden, so gut es eben geht, sondern hat auch die Vorgabe von Artikel 6 Satz 2 Grundgesetz zu beachten.

 

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Artikel 6 Satz 2: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuförderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

 

 

Dies heißt, den Eltern muss es von Staats wegen ermöglicht werden, nach einer zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung getroffenen notwendigen gerichtlichen Einschränkung ihres elterlichen Pflichtrechtes zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder (Sorgerechtsentzug nach §1666 und 1666a BGB), wieder in die elterliche Sorge einzutreten, sobald die Kindeswohlgefährdung nicht mehr besteht.

Relativ einfach ist dies bei äußeren Umständen, so etwa die Besorgung einer für die Betreuung der Kinder geeigneten Wohnung, der Abschaffung eines Kampfhundes oder giftiger Schlangen, die Trennung von einem alkoholkranken Partner. Schwieriger zu ändern sind meist Umstände, die in der Person des Elternteils selbst liegen, so etwa wenn dieser oder diese schwer depressiv, suchtkrank, gewalttätig, suizidal oder eine sonstige erhebliche Störung ihres Sozialverhaltens aufweist. Doch positive Veränderungen sind fast immer möglich. Allerdings geschehen diese in der Regel nicht im Selbstlauf, sondern im Rahmen einer in Anspruchnahme von professioneller Hilfe, sei es eine Entgiftung, eine Suchttherapie, eine Psychotherapie oder Familien- und Paartherapie, etc. pp.

Nun ist es jedoch leider oft so, dass das Familiengericht, Gutachter, Verfahrensbeistände und auch das Jugendamt mit dem Verdikt der Erziehungsunfähigkeit zwar dafür sorgen, Eltern das Sorgerecht nach §1666 BGB zu entziehen, um eine aktuelle Kindeswohlgefährdung abzuwenden, aber den Eltern nicht mitzuteilen, wie sich diese mittel- oder langfristig wieder in die Lage versetzen können, ihre Kinder zu betreuen ohne dass eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten ist. Fragen Eltern, die an einer (Wieder)-herstellung ihrer Erziehungsfähigkeit interessiert sind, beim Familiengericht, dem Gutachter oder den zuständigen Fachkräften des Jugendamt nach, was sie tun müssen, um wieder die elterliche Sorge ausüben zu können, so schlägt ihnen oft ignorantes Schweigen oder Ablehnung entgegen. Dies geschieht wahrscheinlich aus mehreren Gründen, so etwa:

 

1. Resignation der Fachkräfte

2. Arroganz der Fachkräfte

3. Unkenntnis der Fachkräfte, was getan werden kann

 

 

Arroganz  ist ein unter Fachkräften nicht selten anzutreffendes Phänomen. Vorhandene Korrekturmöglichkeiten bleiben oft ungenutzt, weil die betreffenden Fachkräfte auf Grund ihrer unhinterfragten oder unhinterfragbaren Machtposition keine Motivation entwickeln, sich auf Augenhöhe mit den Klienten zu begegnen und sich selbst auch immer wieder in Frage stellen zu können.

Arroganz ist Strukturkennzeichen totalitärer Systeme, zu dem exklusive und geschlossene Entscheidungssysteme wie Familiengericht und Jugendamt tendenziell zu zählen sind.

Während die Arroganz der Fachkräfte auf eine gewisse Weise ehrlich präsentiert wird, frei nach dem Motto: Wir sind alles, du bist nichts.

wird die Unkenntnis der Fachkräfte, was getan werden kann, verschleiert, denn die Fachkräfte wollen weder vor sich selbst, geschweige denn vor den Klienten ihre Unkenntnis offenbaren. Während dem Klient bei Arroganz der Fachkräfte offene Ablehnung entgegenschlägt, er also Bescheid weiß, woran er ist, gerät der Klient bei Unkenntnis der Fachkräfte in eine kafkaeske Situation. Ihm wird zwar mitgeteilt, dass er aus diesem oder jenem Grund für erziehungsunfähig gehalten und ihm deshalb das Sorgerecht entzogen wird, er wird aber in Unkenntnis darüber gelassen, was er tun kann, um seine Erziehungsfähigkeit (wieder) herzustellen, um die elterliche Verantwortung wieder übernehmen zu können. Dies heißt, der Elternteil erhält keine Orientierung, wie er sich wieder ermächtigen kann. Dies wäre nicht weiter schlimm, wenn diese Orientierungsfunktion wenigstens ein professioneller Außenstehender übernehmen könnte, so etwa ein Familienberater, Familientherapeut oder Psychotherapeut. Doch auch ein außenstehender Familienberater, Familientherapeut oder Psychotherapeut tappt im Dunkeln  was denn nun dem gerichtlichen Entscheidungssystem als Kompetenzbeweis genügen würde, denn die bestimmungsberechtigten  Fachkräften (Familienrichter und Jugendamtsmitarbeiter) im familiengerichtlichen Entscheidungssystem geben ihm genau so wenig sachdienliche Informationen wie dem Elternteil und dies eben nicht aus Ignoranz oder Nihilismus, sondern schlichtweg aus uneingestandener Unkenntnis über die Möglichkeiten zur Veränderung.

Konkrete Nachfragen, was der Elternteil denn tun könne, um seine Erziehungskompetenz so weit zu stärken, dass er zu gegebener Zeit wieder in die elterliche Verantwortung treten kann, weichen die Fachkräfte aus oder schlimmer noch, sie hängen dem Elternteil das vermeintliche Ziel wie dem Hund die Wurst vor die Nase, um es kurz vor Erreichen des selben wegzuziehen und ein Stück weiter weg zu hängen, auf dass es der Elternteil nie erreichen möge - im systemischen Sinne ein klassisches Spiel ohne Ende

Der Elternteil stößt somit auf eine wattebausch- oder gallertartige jugendamtliche und familiengerichtliche Suspension, die sich selbst genügt und in der nichts zu greifen ist und jede noch so gut gemeinte Aktivität im Sande verläuft oder wie das Wasser durchs Sieb verrinnt. 

Ein beliebtes behördliches Ausweichmanöver auch die Formel "Das Kind soll erst einmal zur Ruhe kommen", bei den Pflegeeltern, im Kinderheim oder beim anderen getrennt lebenden Elternteil. Jedes Agieren des Elternteils wird dann von den Fachkräften als Unruhestiften interpretiert. Und da der Elternteil per Definition der Fachkräfte immer dann Unruhe stiftet, wenn er versucht, wieder voll berechtigter Elternteil zu sein, und sei es nur durch einen statthaften Antrag beim Familiengericht, müssen die Fachkräfte - selbstredend nur zur Sicherung des Kindeswohls - dafür sorgen, dass das Kind "erst einmal zur Ruhe kommt", in dem das Ansinnen des Elternteils zurückgewiesen wird und er darauf verwiesen wird, dass Fortschritte bestenfalls dann zu erwarten wären, "wenn das Kind zur Ruhe gekommen ist". So werden die Elternteile - da sich die Weisheit der Oberlandesgerichte zumeist in Grenzen hält - in eine amtliche Warteschleife geschickt, der sie für gewöhnlich nur durch Tod, Irrewerden oder Weisheit entkommen.

 

 

 

 

 

Das Familiengericht als autoritär-moralische Anstalt

 

"... ist es den meisten Bürgern ... nicht bewusst, dass die Justiz eine Welt für sich ist, ein geschlossenes, hierarchisch strukturiertes Biotop, das sich so gut wie jeder gesellschaftlichen Kontrolle entzieht. Verglichen mit Richtern und Staatsanwälten führen sogar Ärzte ein Leben wie in einem Glashaus, die Angehörigen anderer Berufsstände sowieso.

...

Die Frage, warum viele Richter so dünnhäutig und im austeilen viel begabter als im Einstecken sind, wird nur selten gestellt, denn wer es tut, riskiert damit ein Verfahren wegen Beleidigung bzw. übler Nachrede. Deswegen tät auch jeder Verteidiger seinem Mandanten, die Richter nicht zu provozieren, denn er verlässt sich nicht nur auf den Sachverstand der Richter, sondern auch auf deren Wohlwollen, das der Angeklagte durch schlechtes Benehmen nicht verspielen sollte."

Henryk M. Broder: "Sensibelchen in schwarzen Roben", In: "Deutsche Richterzeitung", März 2007, S. 77

 

 

Wer sich einmal der Mühe unterzogen hat, in Berlin an einer familiengerichtlichen Sitzung im Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg teilzunehmen, der fragt sich vielleicht, welcher verantwortungslose Beamte derart unbequeme und wahrscheinlich auch noch völlig überteuerte Stühle hat einkaufen und in die Sitzungssäle stellen lassen. Wer auf einem solchen Stuhl, dessen Design der Ritterzeit entlehnt ist,  länger als zwei Stunden sitzt, riskiert aufgrund der aufgezwungenen unbequemen Sitzhaltung einen Bandscheibenvorfall. Möglicherweise fällt der unfreiwillige Gast des Amtsgerichtes während der Sitzung aber auch zwei Mal vom Stuhl, weil dessen Sitzfläche rutschig wie eine Eisbahn ist. Will man von einem solchen Folterstuhl nicht herunterrutschen, muss man sich entweder anschnallen oder mit dem nackten Po auf den Stuhl setzen, was wiederum verboten ist, da es die Würde des hohen Gerichtes verletzt.

Der Richter sitzt nebst Schreibkraft - ganz im Stil des 19. Jahrhunderts - auf einem erhöhten Podest. Man praktiziert richterlichen Frontalunterricht, so wie ihn die Reformpädagogik des 20. Jahrhunderts vermeiden wollte.

Während selbst an Familiengerichten in der fernsten Provinz, so etwa in Posemuckel oder Hintertupfingen, der Richter nicht nur die Verhandlung leitet, sondern auch gleich noch den zu protokollierenden Text auf ein Tonaufzeichnungsgerät spricht, so dass der aufgesprochene Text später problemlos und zeitsparend von einer Schreibkraft auf Papier gebracht werden kann, ist es am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg üblich, dass während der gesamten Sitzungszeit eine Schreibkraft neben dem Richter sitzt, sich die meiste Zeit langweilt und nur dann und wann einen vom Richter diktierten Text in den Computer tippt. 

Berlin ist hochverschuldet und das ist auch logisch, denn auch in Zeiten knapper Kassen scheint der alte Schlendrian in den Berliner Behörden weiter zu gehen, grad so als ob man damit das Bundesverfassungsgericht zu der Einsicht zwingen wollte, dass Berlin unbedingt eine Finanzspritze vom Bund braucht.

 

 

Von der Umsetzung der Erkenntnisse der modernen Kommunikationsforschung scheint man beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg trotz des modern anmutenden Zweckbaus noch weit entfernt. Möglicherweise fühlt man sich im tiefsten Herzen doch noch dem Brauchtum des 19. Jahrhunderts verhaftet: Das es auch anders geht, zeigt die Praxis am Amtsgericht in Freising und Wuppertal.

 

"Der Besucher des 1875 bis 1881 von Alexander Wieleman in den Formen italienischer Renaissance erbauten Justizpalastes in Wien fühlt sich beim Betreten der über 20 Meter hohen Zentralhalle klein und ohnmächtig. vor ihm eröffnet man sich die mächtige Haupttreppe, über der die aus Marmor gehauene Gestalt der Justitia thront, und zwar nicht wie sonst üblich mit Augenbinde und Waage ausgestattet.. In der rechten Hand hält sie aufrecht das Schwert, und ihr kühler Blick ruht auf dem Eintretenden. ...

...

Gerade die Familiengerichte sehen sich vor die Aufgabe gestellt, in Trennungssituationen pragmatische und psychisch erträgliche Regelungen zu finden, um die Trennung zu erleichtern, die Schicksalsgemeinschaft Familie in neue Existenzformen zu begleiten und Schaden von den Kindern abzuwenden. Solche Überlegungen bewogen die Richter des Amtsgerichts Freising, als sie 1988 die Möglichkeit bekamen, ihre Vorstellungen beim Bau des neuen Gerichtsgebäudes einzubringen und gegen den anfänglichen Widerstand der für den Bau Verantwortlichen des Oberlandesgerichts die Ausstattung des für das Familiengericht vorgesehenen Sitzungssaales mit einem runden Tisch durchzusetzen. ... Der Grundgedanke war, die sich trennenden Ehegatten `an einen Tisch zu setzen`, also die gewachsene Frontalstellung schon durch die Sitzordnung etwas aufzulösen und damit die Kommunikation zu erleichtern. 

Wir erwarteten, dass die nicht nur symbolische Funktion des Sich-an-einen-Tisch-setzen-müssens die Lust zum Streiten etwas mildern und die Verhandlungsbereitschaft fördern würde. Auch ist die Sitzordnung in einer Dreiecksbeziehung geeignet, Schwellenängste abzubauen und kann Spannungen dadurch entgegenwirken, dass die Streitparteien sich nicht unablässig im Blickfeld haben müssen und sich aufmerksam dem Richter zuwenden können."

 ..."

 

Hartmut Dihm: "Der runde Tisch - die zukunftsweisende Ausstattung eines Gerichtssaales", In: "Betrifft Justiz", März 2002, S. 264

 

 

Literatur

Hartmut Dihm: "Der runde Tisch - die zukunftsweisende Ausstattung eines Gerichtssaales", In: "Betrifft Justiz", März 2002, S. 264-269

Andrea Kaminski: "Sitzung am runden Tisch. Kooperation statt Konfrontation im familiengerichtlichen Verfahren?", In: "Betrifft Justiz", September 2006, S. 379-384

 

 

 

 

 

 

Rechtsbeugung

In dem Wissen, dass es an deutschen Gerichten nicht immer mit rechten Dingen zugeht und die über die Einhaltung des Rechtes Wachenden mitunter selbst das Recht brechen, hat der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch den §339  eingeführt.

 

§ 339 (Strafgesetzbuch) Rechtsbeugung

Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Person einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

 

Dass sich Richter bisweilen schwer mit dem Gesetz tun und es womöglich auch missachten, ist spätestens seit der Auseinandersetzung des Bundesverfassungsgerichtes mit Richtern des 3. Familiensenates am Oberlandesgericht Naumburg in der Sache Kazim Görgülü in breiterer Öffentlichkeit bekannt geworden. 

 

Vergleiche hierzu:

http://www.volksstimme.de/news/anhalt/show_fullarticle.asp?AID=777395&Region=Sachsen-Anhalt&Template=FullArticle_kurz&Column=

 

 

Die Auseinandersetzungen zwischen dem Bundesverfassungsgericht mit dem Oberlandesgericht Naumburg, auf Grund einer erfolgreichen Klage eines Vaters beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entstanden, führte in der Folge schließlich immerhin dazu, dass die Staatsanwaltschaft Halle gegen drei Richter und eine Richterin des Oberlandesgerichts Naumburg ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeugung einleitete. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wird nur dann eingeleitet, wenn ein hinreichender Anfangsverdacht besteht, der hier gegeben war.

 

 

 

Ermittlungen gegen vier Naumburger Richter

Die Staatsanwaltschaft Halle hat gegen drei Richter und eine Richterin des Oberlandesgerichts Naumburg ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeugung eingeleitet. In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit geht es um den in Deutschland lebenden Türken Kazim Görgülü, der seit Jahren um ein Umgangs- und Sorgerecht für seinen Sohn kämpft, der von der Mutter zur Adoption freigegeben wurde. Das zuständige Amtsgericht entschied mehrfach zugunsten des Vaters, der 14. Zivilsenat des OLG Naumburg hob diese Beschlüsse aber mit steter Regelmäßigkeit auf - und das selbst dann noch, als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt hatte, dem Vater käme "mindestens der Umgang mit seinem Kind" zu. Im Juni bescheinigte deshalb das Bundesverfassungsgericht dem Naumburger OLG-Senat, er habe "außerhalb seiner Zuständigkeit unter Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht" den väterlichen Umgang verhindert. Daraufhin waren mehrere Strafanzeigen eingegangen. Die Staatsanwaltschaft Halle hat nun, wie ein Sprecher mitteilte, einen "Anfangsverdacht bejaht" und den beschuldigten Richtern "rechtliches Gehör gewährt".

26. November 2005

 

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,386927,00.html

 

 

Doch man muss nicht erst zum Oberlandesgericht nach Naumburg fahren, um seine Zweifel an der Praxis einiger Richter bestätigt zu sehen.

 

 

Beispiel 

Bei einem Anhörungstermin in einer Umgangssache im Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg begegnen sich der Vater und seine beiden 13- und 14-jährigen Kinder (Tochter und Sohn) auf dem Flur. Die Kinder, die seit zweieinhalb Jahren faktisch keinen Kontakt zu ihrem Vater haben, sind mit ihrer Mutter gekommen. Beide Kinder wirken ruhig. Die Anwesenheit des Vaters mit dem sie nur per Augenschein in Kontakt treten, führt dem Anschein nach zu keinerlei Reaktionen, die man als kindeswohlgefährdend bezeichnen könnte. Die verfahrensführende Richterin Baum sah das jedoch anders. Mit Beschluss vom 01.12.2006 - Geschäftsnummer: 150 F 12783/05 schließt sie den Umgang "bis zur Volljährigkeit der Kinder" aus. In der Begründung behauptet die Richterin u.a.: "Andernfalls würde eine Gefährdung des geistig-seelischen Kindeswohls drohen."

Wie die Beobachtung auf dem Flur und die Behauptung der Familienrichterin zusammenpassen sollen, das mag man sich zusammenreimen wie man will. Im Beschwerdeverfahren am Berliner Kammergericht wird man dazu in Kürze sicher Gelegenheit haben.

Im übrigen hat die Richterin sich gar nicht darum bemüht, darzulegen, wieso ein begleiteter Umgang, so wie er in §1684 (4) BGB vorgesehen ist, in dem betreffenden Fall nicht in Frage kommt. Der geäußerte entgegenstehende Wille der Kinder dürfte dafür jedenfalls nicht ausreichen.

 

Und nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EuGHMR - EMRK (Elsholz gegen Bundesrepublik Deutschland vom 13.07.2000 und Sommerfeld gegen Bundesrepublik Deutschland vom 11.10.2001, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2002, 381)) darf der Umgang vom Gericht nicht ausgeschlossen werden, wenn vorher kein Sachverständiger tätig wurde. Schon von daher dürfte der Beschluss von Richterin Baum keinen Bestand haben.

 

Richterin Baum hat sich offenbar auch gleich noch über eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinweggesetzt. 

 

Einem Vater wurde vom OLG Rostock bis zum 31.12.2007 der Umgang mit seiner Tochter untersagt (FamRZ 2004, 968). Dies geschah offenbar auch gegen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vom 19.6.2003 - Beschwerde Nr. 4615/99 Nekvedacicius/Deutschland, welche vorsieht, dass bei einem Umgangsausschluss das Gericht jährlich zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen für den Umgangsauschluss noch bestehen.

Das Bundesverfassungsgericht rügt, dass die Belange des Kindes und das Elternrecht des ausgeschlossenen Elternteils zu wenig berücksichtigt wurden. Außerdem hätte das Gericht zu prüfen, welche Konsequenzen für das gerichtliche Verfahren sich aus Haltung der die Aufklärung des Sachverhaltes verweigernden Mutter ergäben. Auch mit Hinweis auf die Möglichkeit der Einrichtung eines Begleiteten Umganges hob das Bundesverfassungsgericht den Beschluss des OLG Rostock auf.

 

Urteil der 3. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 9.6.2004 - 1 BvR 487/04

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausführlich in: FamRZ, 2004, Heft 15, S. 1166-1168

 

Das Urteil des Oberlandesgericht Rostock ausführlich in FamRZ, 2004, Heft 12, S. 968-970

 

 

Wenn sich eine Familienrichterin über allgemein zugängliche Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes hinwegsetzt, dann kann man sicherlich fragen, ob dies nicht schon eine strafbare Rechtsbeugung ist oder die Richterin schlicht versäumt hat, die einschlägigen familienrechtlichen Fachzeitschriften und wenigstens die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu lesen, was wiederum die Frage aufwerfen könnte, ob nicht verpflichtende Weiterbildungen für Richter/innen eingeführt werden sollten, denen die wichtigsten Beschlüsse der obergerichtlichen  und bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht bekannt zu sein scheinen. So oder so kann man die Frage aufwerfen, wie es mit der materiellen Haftung von Familienrichtern steht, die ganz offenkundig Entscheidungen der Bundesgerichte ignorieren. Es ist doch nicht einzusehen, dass die rechtssuchenden Bürgerinnen und Bürger die Kosten tragen sollen, die aus einen Beschwerdeverfahren gegen einen rechtswidrigen familiengerichtlichen Beschluss erwachsen. Oder gar die Steuerzahler/innen, die ihr schwer verdientes Geld sicherlich besser angelegt sehen wollen, als in an sich überflüssigen Beschwerdeverfahren beim Kammergericht Berlin.

Ähnlich wie bei Anwälten, sollte es auch bei Familienrichtern möglich sein, diese zu Schadensersatz zu verpflichteten, wenn ihre Rechtsprechung sich in offensichtlichen Gegensatz zur Rechtsprechung des zuständigen Oberlandesgerichtes, bzw. von Bundesgerichten oder gar der Rechsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte befindet - ohne, was natürlich weiterhin gegeben sein muss, mit ihrer Rechtsprechung der Fortentwicklung des Rechtes zu dienen. Ähnlich wie bei Rechtsanwälten könnten Familienrichter dann das von ihnen zu tragende Risiko einer Schadensersatzklage minimieren, wenn sie eine spezielle Haftpflichtversicherung abschließen. Der eine oder andere schlampige Familienrichter müsste dann freilich damit rechnen, dass die monatliche Versicherungsprämie die Hälfte seiner Nettovergütung verschlingt. 

 

 

 

 

 

Kosten im familiengerichtlichen Verfahren

Im allgemeinen gilt der Grundsatz: Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm. Im familienrechtlichen Verfahren trifft das so nicht ganz zu, denn eine arme Streitpartei erhält Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) und geht daher faktisch ohne finanzielle Belastungen aus dem Verfahren hinaus, ganz gleich wie dieses ausfällt. Die finanziell besser gestellte Streitpartei muss dagegen in der Regel die Kosten tragen. Das gilt insbesondere für die Kosten eines in Anspruch genommenen Rechtsanwaltes.

Dort ergeben sich beispielsweise folgende Kosten:

 

Rechnung vom 19.06.2008

Gegenstandswert 3.000 €

Verfahrensgebühr §13, Nr. 3100 VV RVG                                                           1,3          245,70 €

Terminsgebühr § 13, Nr. 3104 VV RVG                                                                1,2         226,80 €

Einigungsgebühr, gerichtliches Verfahren §13, Nr. 1003, 1000 VV RVG          1,0                189,00 €

Pauschale für Post und Telekommunikation                                                                          20,00 €

 

19 % Umsatzsteuer                                                                                                           129.49 €

 

Gesamt                                                                                                                            810,99 €

 

 

 

Wie man sieht, ein erkleckliches Sümmchen. Sogar der Staat verdient mit 19% Umsatzsteuer an dem Streit der Eltern, mit der er postwendend über die Prozesskostenhilfe Beschäftigungsprogramme für nimmersatte Rechtsanwälte finanzieren kann.

Hinzu kommen die Gerichtsgebühren, die vom Staat subventioniert werden, wahrscheinlich mit dem Geld, aus der Umsatzsteuererhebung. Das ganze dann mal zwei multipliziert, da zwei streitende Elternteile. Dann vielleicht auch noch die Kosten eines Verfahrensbeistandes und eines teuren Gutachters.

Dies alles spart die arme Prozesspartei bei Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Auf diese Weise hat eine "arme Mutter" oder ein "armer Vater" immer ein finanzielles Erfolgserlebnis, auch wenn das Verfahren nicht so ausging wie erhofft.

Die ebenfalls nicht unerheblichen Kosten für das "mitwirkende" Jugendamt, die in keiner Kostenstatistik auftauchen, werden dagegen direkt vom Steuerzahler bezahlt.

 

Üblicherweise halbiert das Familiengericht die entstehenden Kosten. Erhält eine der beiden Streitparteien Verfahrenskostenhilfe, so muss diese nichts zahlen. Statt dessen kommen die Steuerzahler/innen für die Kosten auf. Hat das Gericht beispielsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet, für das der Gutachter 8.000 € in Rechnung gestellt hat, müssen die Steuerzahler/innen die Hälfte dieser Kosten, also 4.000 € übernehmen. Gleiches gilt für die Kosten des Verfahrensbeistandes, wobei diese sich vergleichsweise in Grenzen halten.

 

 

 

 

 

Die Verfahrensbeteiligten

Verfahrensbeteiligte im familiengerichtlichen Verfahren sind diejenigen, denen ein eigenes Antragsrecht zusteht. Das sind in Sorgerechtsfragen die Eltern, bzw. ein Vormund oder Ergänzungspfleger, in Umgangsfragen zusätzlich auch die Großeltern, Geschwister oder wichtige Bezugspersonen des Kindes(§1685 BGB).

Das Jugendamt ist in der Regel nicht Verfahrensbeteiligter, sondern Mitwirkender im familiengerichtlichen Verfahren. 

Das Leben eines Familienrichters könnte so schön sein, wenn er nur nicht mit den Verfahrensbeteiligten zu tun hätte, als da wären, Mutter, Vater, gelegentlich auch das Kind, Oma, Opa, und dergleichen nervende Menschen mehr. Wenn all diese Menschen nicht wären, könnte der Richter den ganzen Tag Tennis spielen und sich um sein Wochenendgrundstück in der Lüneburger Heide oder auf der schwäbischen Alb kümmern. Doch das Leben ist hart und die Justizverwaltung mutet ihm oder ihr zu, jahrelang Akten zu lesen und die Verfahrensbeteiligen gelegentlich zu einer Verhandlung zu laden.

Dass das bei einigen Richtern Widerwillen erweckt, liegt auf der Hand. Man bemerkt den Wunsch nach Distanz zu den Verfahrensbeteiligten nicht nur an der nach wie vor recht beliebten erhöhten Sitzposition vieler Richter/innen, sondern auch an höchst unbequemen Stühlen, wie z.B. am Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, auf denen es so ungemütlich ist, dass jeder halbwegs sensible Mensch spätestens nach einer halben Stunde den Sitzungssaal verlassen will.

Man kann sich als Richter aber auch sprachlich die gewünschte Distanz zum gemeinen Volk verschaffen. Das geht beispielsweise so:

 

Beispiel 1

 

„Es soll Beweis über folgende Fragen erhoben werden:

1. Entspricht es dem Wohl des Kindes A , geboren am ... .1999, wenn es regelmäßig Umgang mit dem Antragsteller hat?

2. Sofern Ziffer 1 bejaht wird: In welchem Umfange entspricht ein Umgang von A mit dem Antragsteller dem Wohl des Kindes?

durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen.

Mit dessen Erstattung wird beauftragt:

Frau Dipl. Psych. Jenny K. Toussaint, Urftseestraße 68, 53937 Schleiden-Gemünd.

 

Amtsgericht Monschau - 6 F 90/06, Richterin Semmann - Beweisfrage laut Beschluss vom 12.07.2007

 

 

 

Ja und werden Sie vielleicht sagen, was soll denn da nicht in Ordnung sein? Richterin Semmann spricht nicht etwa von der Regelung des Umgangs zwischen den Kind und seinem Vater, sondern von dem Kind und einem Antragsteller, der im Originalbeweisbeschluss auch nicht an anderer Stelle als Vater des Kindes kenntlich gemacht wird. Ein Antragssteller, ist so etwas wie ein Bittsteller, die Hierarchie ist klar, hier der Antragsteller (Untertan) und da die Richterin (mehr oder weniger geneigte Herrscherin). Von gleicher Augenhöhe ist hier nichts zu spüren. Dass der Vater promoviert hat, die Richterin dagegen nicht, spielt offensichtlich keine Rolle.

Dass es in einer beim Familiengericht geführten Familiensache immer um Väter, Mütter und Kinder, sowie deren emotionalen und von Bindungen geprägten Beziehungen geht und nicht um die Herausgabe von Hausrat oder die Verhandlung von Kündigungsfristen, bleibt auf der Strecke, wenn man beginnt die Menschen als Antragsstellerin und Antragsteller oder auch mit den abscheulichen Begriffen Kindesmutter und Kindesvater tituliert. Nächstens erhalten die Verfahrensbeteiligten noch Nummern wie im Jobcenter und dann heißt es:

 

 

„Es soll Beweis über folgende Fragen erhoben werden:

1. Entspricht es dem Wohl des Kindes 6 F 90/06-K1, geboren am ... .1999, wenn es regelmäßig Umgang mit der 6 F 90/06-KV hat?

2. Sofern Ziffer 1 bejaht wird: In welchem Umfange entspricht ein Umgang von 6 F 90/06-K1 mit der Nummer 6 F 90/06-KV dem Wohl von 6 F 90/06-K1?

durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen.

 

 

 

Beispiel 2

 

Es soll durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Petzold geklärt werden, ob die Antragsgegner erziehungsfähig sind, was die Erziehung ihrer Tochter A angeht.

Amtsgericht Bergisch Gladbach 26 F 210/07 - Beschluss vom 03.06.2008 - Richterin Giez

 

 

Die Eltern des Kindes werden von Richterin Giez nicht als Eltern sondern als Antragsgegner bezeichnet. Ebenso gut hätte man den Eltern auch Nummern geben können, das hätte zudem den Vorteil Namen mit komplizierter Schreibweise und Aussprache, so etwa bei dem Namen Przyrembel, nicht mühselig buchstabieren zu müssen, sondern kurz und zackig rufen zu können: "Nummer 1 und 2 bitte in den Gerichtsaal kommen"

 

Respekt und Wertschätzung drückt sich wesentlich durch Sprache aus. Dies gilt auch für Richter/innen, denen es durchaus möglich, mit den Verfahrensbeteiligten auf Augenhöhe zu bleiben und dennoch seine rolle als Moderator und Entscheider souverän wahrzunehmen. In so fern ist der Richter in keiner anderen Position als etwa ein Verkäufer. Auch der Verkäufer ist eine respektable Person, der es frei steht sein Produkt einem Käufer zu verkaufen oder auch nicht, so etwa wenn dieser nicht den geforderten Preis zahlen möchte. Der Käufer möchte etwas haben, was der Verkäufer hat. Daraus eine Hierarchie abzuleiten oder gar gesetzlich zu fixieren ist in einer Demokratie schlicht unvorstellbar, warum sollte das im Verhältnis des Richters zu seinen Kunden, den Verfahrensbeteiligten  (Eltern, Kind, Oma, Opa, etc:) anders sein?

Ohne seine Kunden ist der Richter nichts. Er kann ein paar Wochen Däumchen drehen und dann kommt er auf den Personalüberhang und wird in die Senatsverwaltung für Bauwesen versetzt, wo er von nun an Bauanträge bearbeiten muss. Hier hat er dann erstmalig wirklich mit Anträgen zu tun, doch das wäre ein weiteres Kapitel, dass wir hier nicht eröffnen.

Im reformierten Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit, das am 1. September 2009 in Kraft getreten ist, wird über die Frage der Mitwirkung oder Beteiligung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren u.a. vorgetragen.

 

§7 Beteiligte (FGG)

(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.

 

(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen

1. diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird,

2. diejenigen, die aufgrund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

...

 

 

Letzteres ist freilich etwas nebulös formuliert und man muss sich noch die Mühe machen, was "der Gesetzgeber" wohl damit meint.

 

 

 

 

 

 

Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren

 

§ 162 Mitwirkung des Jugendamts

(1) Das Gericht hat in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, das Jugendamt anzuhören. Unterbleibt die Anhörung wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(2) In Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das Jugendamt zu beteiligen. Im Übrigen ist das Jugendamt auf seinen Antrag am Verfahren zu beteiligen.

(3) In Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, ist das Jugendamt von Terminen zu benachrichtigen und ihm sind alle Entscheidungen des Gerichts bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Jugendamt die Beschwerde zu.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__162.html

 

 

Das Jugendamt ist "in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen" "anzuhören". 

Verfahrensbeteiliger ist das Jugendamt in Verfahren wegen des Verdachts einer Kindeswohlgefährdung nach §§ 1666 und 1666a BGB. In den übrigen Verfahren wird das Jugendamt nur auf seinen Antrag Beteiligter.

Das Jugendamt hat zu allen Entscheidungen, "in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen" Beschwerderecht.

Das Jugendamt soll nach §50 Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen, unterstützen.

 

 

§ 50 Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten

(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:

1. Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),

2. Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),

3. Adoptionssachen (§ 188 Abs. 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit),

4. Ehewohnungssachen (§ 204 Abs. 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und

5. Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Kindschaftssachen informiert das Jugendamt das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__50.html

 

 

Nicht selten stellt sich die Frage, ob die obligatorische Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren überhaupt sinnvoll ist und ob es nicht besser wäre, das Jugendamt nur in Verfahren hinzuziehen, bei denen sich dies auch als notwendig erweist, so z.B. bei einem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung. In vielen Fällen, so z.B. bei einer beantragten Umgangsregelung, erscheint die obligatorische Beteiligung des Jugendamtes oft mehr oder weniger sinnlos und bindet unnötigerweise personelle und finanzielle Kapazitäten des Jugendamtes. Einerseits dauert es oft Monate, bis z.B. im Jugendamt der Antrag auf eine Jugendhilfeleistung abschließend bearbeitet und beschieden ist. so müssen z.B. Antragsteller auf Begleiten Umgang wochen- oder gar monatelange Wartezeiten auf sich nehmen, bis im Jugendamt endlich über ihren Antrag entschieden worden ist, andererseits, sollen und wollen die Jugendämter auf allen möglichen familiengerichtlichen Hochzeiten tanzen, selbst wenn dieses unnötig ist und in der Sache außer Spesen nicht bewirkt.

Die Mitwirkung des Jugendamtes stellt sich in der Praxis sehr häufig auch als Zeitverzögerung dar, da werden erst die Eltern angeschrieben, dann eingeladen, dann ist die zuständige Mitarbeiterin krank oder im Urlaub und so sind schnell 4-8 Wochen ins Land gegangen, ohne dass dem Gerichte seitens des Jugendamtes eine Rückmeldung gegeben worden wäre. Die meisten Richter akzeptieren diese unnötige Warteschleife und lassen das Verfahren bis zu einer Rückmeldung seitens des Jugendamtes ruhen, anstatt nach spätestens 14 Tagen zu terminieren und es dem Jugendamt zu überlassen, was dieses bis dahin erledigt und was nicht. 

Da das Jugendamt auch nicht der direkten Weisung des Gerichtes unterliegt, letzteres aber nach den Grundsatz der Amtsermittlung tätig werden soll, 

 

§ 12 FGG [Ermittlungen von Amts wegen]

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen.

 

 

folgt logisch, dass der zuständige Familienrichter auch unabhängig von einer möglichen Zuarbeit des Jugendamtes, die "zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen" muss. Aus dem verfassungsrechtlich verankerten und höchstrichterlich mehrfach bekräftigten Prinzip des Anspruchs auf rechtliches Gehör in einer angemessenen Zeit, folgt ohnehin, dass der Familienrichter sich nicht darauf verlassen darf, was ihm das nicht weisungsgebundene Jugendamt irgend wann einmal übermittelt. 

 

vergleiche hierzu auch:

Stefan Heilmann: "Die Dauer kindschaftsrechtlicher Verfahren", In: "Zentralblatt für Jugendrecht", 7/8/1998, S. 317-324

 

Dass die Beschleunigung der familiengerichtlichen Verfahren dringend notwendig ist, hat man nach langer Zeit endlich auch im Bundesjustizministerium verstanden und darauf mit einem im Jahr 2005 vorgelegten Referentenentwurf zum Gesetz über die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Inkrafttreten des Gesetzes für 2009 geplant) reagiert. Inzwischen gilt folgende Regelung:

 

§ 165 Vermittlungsverfahren

(1) Macht ein Elternteil geltend, dass der andere Elternteil die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind vereitelt oder erschwert, vermittelt das Gericht auf Antrag eines Elternteils zwischen den Eltern. Das Gericht kann die Vermittlung ablehnen, wenn bereits ein Vermittlungsverfahren oder eine anschließende außergerichtliche Beratung erfolglos geblieben ist.

(2) Das Gericht lädt die Eltern unverzüglich zu einem Vermittlungstermin. Zu diesem Termin ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Eltern an. In der Ladung weist das Gericht darauf hin, welche Rechtsfolgen ein erfolgloses Vermittlungsverfahren nach Absatz 5 haben kann. In geeigneten Fällen lädt das Gericht auch das Jugendamt zu dem Termin.

(3) In dem Termin erörtert das Gericht mit den Eltern, welche Folgen das Unterbleiben des Umgangs für das Wohl des Kindes haben kann. Es weist auf die Rechtsfolgen hin, die sich ergeben können, wenn der Umgang vereitelt oder erschwert wird, insbesondere darauf, dass Ordnungsmittel verhängt werden können oder die elterliche Sorge eingeschränkt oder entzogen werden kann. Es weist die Eltern auf die bestehenden Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hin.

(4) Das Gericht soll darauf hinwirken, dass die Eltern Einvernehmen über die Ausübung des Umgangs erzielen. Kommt ein gerichtlich gebilligter Vergleich zustande, tritt dieser an die Stelle der bisherigen Regelung. Wird ein Einvernehmen nicht erzielt, sind die Streitpunkte im Vermerk festzuhalten.

(5) Wird weder eine einvernehmliche Regelung des Umgangs noch Einvernehmen über eine nachfolgende Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung erreicht oder erscheint mindestens ein Elternteil in dem Vermittlungstermin nicht, stellt das Gericht durch nicht anfechtbaren Beschluss fest, dass das Vermittlungsverfahren erfolglos geblieben ist. In diesem Fall prüft das Gericht, ob Ordnungsmittel ergriffen, Änderungen der Umgangsregelung vorgenommen oder Maßnahmen in Bezug auf die Sorge ergriffen werden sollen. Wird ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen oder auf einen binnen eines Monats gestellten Antrag eines Elternteils eingeleitet, werden die Kosten des Vermittlungsverfahrens als Teil der Kosten des anschließenden Verfahrens behandelt.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__165.html

 

 

Das Jugendamt bestimmt die Art und Weise seiner Mitwirkung weitestgehend unabhängig vom Familiengericht. Hat im Jugendamt niemand Lust oder Zeit, sich intensiv mit einer Sache zu befassen oder hält eine intensive Befassung mit der Sache für unwichtig, so reicht es aus, wenn das Jugendamt dem Gericht mitteilt, dass es in der Sache gedenkt, sich nicht weiter äußern oder aktiv werden zu wollen. Der Mitwirkungspflicht wäre dann erst einmal genüge getan. Der verfahrensführende Richter könnte dann nur über eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder eine Strafanzeige gegen den verantwortlichen Mitarbeiter im Jugendamt versuchen, doch noch eine ihm gemäße Mitwirkung zu erzwingen.

 

 

 

 

 

Jugendamt und Familiengericht

Das Jugendamt ist sogenannter Mitwirkender im familiengerichtlichen Verfahren und gleichzeitig Teil der kommunalen Selbstverwaltung unterliegt daher keiner Weisungsbefugnis durch das Familiengericht. 

Hat das Familiengericht etwa den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und auf einen Vormund oder Pfleger übertragen und darüber hinaus beschlossen eine Fremdunterbringung des Kindes in einem Heim vorzunehmen und das Jugendamt weigert sich, die Fremdunterbringung zu bezahlen, ist der Beschluss des Gerichtes praktisch wertlos. In der Regel verstehen sich Familiengericht und Jugendamt aber als  Kooperationspartner, denn auch das Jugendamt benötigt des öfteren das Familiengericht.

Umgekehrt hat der zuständige Mitarbeiter beim Jugendamt mitunter ganz andere Vorstellungen als der verfahrensführende Richter. Da der Richter aber am rechtlich längeren Hebel sitzt, muss der Jugendamtsmitarbeiter erst einmal damit leben, dass seiner Vorstellung nicht gefolgt wurde. Dem Mitarbeiter des Jugendamtes bliebe noch die Möglichkeit gegen einen unliebsamen Beschluss des Familiengerichtes Beschwerde einzulegen, doch dies wird nur sehr selten genutzt, da dies Arbeit macht und schwierige Abstimmungsprozesse im Jugendamt erforderlich macht, vor der man verständlicherweise meist zurück scheut.

Mitunter mögen sich Jugendamtsmitarbeiter und Richter auch nicht, die Chemie stimmt ganz einfach nicht. Und wenn die nicht stimmt, kann man sich abplagen wie man will, man hat einfach keine Chance, beim anderen zu landen.  

 

Am Amtsgericht Gera scheint es gelegentlich ein recht distanziertes Verhältnis zu Empfehlungen des örtlichen Jugendamtes zu geben. So ordnet Richter Strohscher unter Bezugnahme auf den "Kindeswillen" und des Vortrages der mangelnden Bindungstoleranz des Vaters den Wechsel eines fünfjährigen Jungen vom bisher betreuendem Vater zur Mutter an. 

Der Vortrag des örtlich zuständigen Jugendamtes Gera vom 09.05.2007, 03.08.2007 und 05.02.2008 bleibt im gerichtlichen Beschluss unerwähnt: Dabei hatte die Abteilungsleiterin Soziale Dienste, bzw. die zuständige Sozialarbeiterin u.a. vorgetragen:

 

"..., sollten Teile des Sorgerechts auf den Kindesvater übertragen werden, um seine Handlungsfähigkeit zu sichern und A seinen Lebensmittelpunkt zu erhalten."

Jugendamt Gera, Bericht vom 09.05.2007

 

 

"Wie bereits in der Stellungnahme vom 09.05.2007 beschrieben, sollte nach Einschätzung des Jugendamtes der Lebensmittelpunkt von A im Haushalt des Vaters sein."

Jugendamt Gera,  Bericht vom 03.08.2007

 

 

"... ausdrücklich mitgeteilt werden muss, dass zu jedem Zeitpunkt sich das Kind beim Vater wohl und geborgen fühlte. ...

Alles in Allem ist einzuschätzen, dass der Verlauf dieser Angelegenheit nicht dem Kindeswohl entsprach und ausschliesslich durch die Mutter verursacht wurde. Die Vorstellung des Kindes bei verschiedenen Institutionen und Ärzten stellte für das Kind eine erhebliche psychische Belastung über einen längeren Zeitraum dar und muss als nicht fürsorgliches Handeln gewertet werden.

...

Das Jugendamt sieht in der Familie des Kindesvaters einen stabilen Partner für die weitere Entwicklung von A."

Jugendamt Gera,  Bericht vom 05.02.2008

 

Richter Strohscher scheinen diese beiden Vorträge aber offenbar - postalisch oder mental - nicht ganz erreicht zu haben. Er verlässt sich wohl lieber auf den von ihm als Gutachter beauftragen Diplom-Psychologen Thomas Busse, der den Vater - im Gegensatz zur zuständigen Sozialarbeiterin - lediglich bei einem einzigen Terminen am 07.09.2007 kennengelernt hat.

Richter Stohscher ändert - unter Berufung auf §1696 BGB - die bereit gerichtlich getroffene Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes zu Gunsten der Mutter, beruft sich in seinem Beschluss mithin auf angeblich bestehende "triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe". Man könnte meinen, die beiden im Verfahren mitwirkenden Jugendamtsmitarbeiterinnen im Jugendamt Gera wäre mit Blindheit geschlagen, dass sie offenbar eine völlig andere Ansicht als Richter Strohscher und der aus dem fernen Karlsruhe herbeigerufene Diplom-Psychologe Thomas Busse haben.

Man darf wohl gespannt sein, zu welcher Auffassung das Oberlandesgericht Jena zu der vom Vater geplanten Beschwerde gegen den Beschluss von Richter Strohscher kommen wird und wie lange Herr Busse von Familienrichtern in Thüringen noch als Gutachter beauftragt wird.

 

 

 

 

Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Mitwirkung des Jugendamtes im familiengerichtlichen Verfahren

Bietet das Jugendamt getrenntlebenden Eltern Beratung zu Fragen der elterlichen Sorge oder des Umgangs an, so haben die Eltern Anspruch darauf, dass die hier tätig gewordenen Fachkräfte keine Informationen an das Familiengericht weiterleiten und sich auch in keiner Weise zu den beim Familiengericht vorliegenden Anträgen der Eltern äußern. Möchte die betreffende Fachkraft dennoch Informationen an das Amtsgericht weitergeben, benötigt es eine Schweigepflichtsentbindung seitens der beiden Eltern.

 

Vergleiche hierzu:

Helga Oberloskamp: "Beratungs- und Mitwirkungsauftrag der Jugendhilfe bei Trennung und Scheidung", In: Kind-Prax, 1/2002, S. 3-9

 

 

Die einzige Ausnahme wo die Mitarbeiter des Jugendamtes von diesem Grundsatz abweichen dürfen, ist bei einer vermuteten Kindeswohlgefährdung:

 

Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz)

§ 8a

Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen.

Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) In Vereinbarungen mit den Trägern und Einrichtungen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.

(3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungs- oder Personensorgeberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(4) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

 

 

 

Geben die Fachkräfte ohne eine Schweigepflichtsentbindung Informationen, die sie in den Beratungsgesprächen gewonnen haben an das Amtsgericht weiter, dazu zählen dann logischerweise auch fachliche Einschätzungen jedweder Art, so ist dies  eine datenschutzrechtlich unerlaubte Handlung und kann darüber hinaus auch eine strafbare Handlung darstellen. 

 

Strafgesetzbuch 

§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehöriger eines anderen Heilberufs, der für die Beraufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,

2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,

3. Rechtsanwalt, ...

4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,

4a. ...

5.

5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder

6. ...

anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) ... (5)

 

 

Wird das Jugendamt vom Familiengericht über die Anhängigkeit einer Umgangs- oder Sorgerechtssache informiert, ist das Jugendamt automatisch Mitwirkender im familiengerichtlichen Verfahren. Die hier einzusetzenden Mitarbeiter/innen dürfen logischerweise nicht die selben sein, die in einer vorherigen Beratung mitgewirkt haben, es sei denn es liegt eine Einverständniserklärung beider Eltern dazu vor.

In der Praxis vieler Jugendämter wird dieser Grundsatz jedoch - so weit zu sehen - mehr oder weniger missachtet, was mithin ein nicht hinnehmbarer ungesetzlicher Zustand ist (so ein uns bekannt gewordener Fall in einem Berliner Jugendamt - 11.06.2008). Hier sind daher die betroffenen Eltern gehalten, dem Jugendamt und den ungesetzlich handelnden Mitarbeiter/innen auf die rechtsstaatlichen Sprünge zu helfen und ihnen gegebenenfalls den erforderlichen Nachhilfeunterricht in Sachen Recht und Gesetz zu geben. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die betreffenden Jugendamtsmitarbeiter ist hier das mindere Mittel, was aber leider oftmals nicht ernst genommen wird, so dass manchmal erst eine Strafanzeige hilft, ungesetzliches Handeln von Jugendamtsmitarbeiter/innen vorübergehend oder auch nachhaltig zu stoppen.

 

 

 

 

 

 

Rechtsanwälte

 

"Für die Kindesmutter wird ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass sie nach wie vor daran interessiert ist, dass beide Kinder eine vernünftige Beziehung zum Vater haben. Die Kindesmutter tut alles, um den Umgang der Kinder mit dem Kindesvater sicherzustellen. Insofern hält sich die Kindesmutter auch an die bislang getroffenen Vereinbarungen.

Die Kindesmutter bedauert außerordentlich, dass, wie bereits vorgetragen, der Kindesvater eine Wohnung in Wohnortnähe der Kindesmutter abgesagt hat und durch sein stures Verhalten mithin dazu beiträgt, dass die Kinder weiterhin erheblichen Fahrtwegen ausgesetzt sind.

...

Dem Kindesvater muss deutlich werden, dass durch sein renitentes Verhalten er in erheblicher Weise zur Konfliktverschärfung beiträgt, ..."

Rechtsanwalt Joachim Hiersemann, Diplom-Psychologe, Mediator (BAFM). Schriftsatz vom 02.02.2015 an das Berliner Kammergericht - 19 UF 177/14.

 

 

Dass der Text des multipel zertifizierten Herrn Hiersemann durch die Verwendung der redudanten Wortungeheuer "Kindesmutter" und "Kindesvater" in nicht unerheblichen Maße aufbläht wird, ist hier sicher noch das kleineste Übel.

Schlimmer scheint das Säbelrasseln, das zumindest ein Mediator (BAFM), als der sich Herr Hiersemann in seinem Schriftsatz dem Gericht zu erkennen gibt, tunlichst unterlassen sollte.

Doch Herr Hiersemann ist offenbar ein Multifunktionstalent, mal raufhauen und mal den guten Mediator spielen, grad wie es opportun erscheint.

Herr Hiersemann, hier ganz in der Rolle des kampfbereiten Rechtsanwalt, scheint hier alles Gute vergessen zu haben, was er in seiner BAFM-zertifizierten Ausbildung als Mediator eigentlich gelernt haben müsste.

http://www.bafm-mediation.de

 

Man fühlt sich bei der Wandlung des Herrn Hiersemann vom Mediator (BAFM) zum säbelrasselnden Rechtsanwalt an Brechts Gedicht erinnert.

 

O Falladah, die du hangest! (Ein Pferd klagt an)

...

Da fragte ich mich: Was für eine Kälte

Muß über die Leute gekommen sein!

Wer schlägt da so auf sie ein

Daß sie jetzt so durch und durch erkaltet?

So helft ihnen doch! Und tut das in Bälde!

Sonst passiert euch etwas, was ihr nicht für möglich haltet!

 

Text: Bertolt Brecht

 

Immer feste druff, sagt der Berliner, wenn es "zur Sache geht".

Immer feste druff, scheint Herrn Hiersemann eine Herzensangelegenheit zu sein, wenn es darum geht, den 19. Zivilsenat - zugleich Senat für Familiensachen am Berliner Kammergericht unter dem Vorsitz von Richterin Tucholski davon zu überzeugen, dem "sturen" und rentitenten" Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen.

Und ist erst einmal das geschafft, so zeigt Klenner in seinem Klassiker "Rituale der Umgangsvereitelung", ist der Beziehungsabruch zwischen entsorgtem Elternteil und seinen Kinder nur noch eine Frage der Zeit.

 

Wolfgang Klenner: "Rituale der Umgangsvereitelung"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1995, Heft 24, S. 1529-1535

 

 

Doch womöglich ist das Säbelrasseln des Herrn Hiersemann vor dem 19. Zivilsenat auch als selbstreferentielles System zu verstehen. So wie es im Sprichwort heißt:

 

Wie der Herr, so das Gescherr.

http://de.wiktionary.org/wiki/wie_der_Herr,_so%E2%80%99s_Gescherr

 

Oder anders gesagt, so wie der 19. Zivilsenat, so der Herr Hiersemann. 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsfindung

 

"Nach Radebruch ist die Rechtsfindung das Resultat des Resultats. Das Auslegungsmittel werde erst gewählt, wenn das Ergebnis schon feststeht. Da hatte er wohl recht, wenngleich dies nicht bewusst geschieht. Der Richter steht vor einem Berg von Fakten und wertenden Voreinstellungen, vor einem Mosaik aus Normenflut und Abwägungstaumel. 

...

Ob man all diese Entfesselungen immer offen legen soll in der Entscheidung, das ist eine Frage, die heute brennend interessiert. Als Zivilrichter überlegt man immer auch, wer denn hier der Böse ist. Das Ergebnis dieser Wertung wird aber wohl kaum im Urteil stehen."

Dr. Walter Seitz, Vorsitzender Richter am OLG, München: "Kopf oder Bauch. Anwaltsschriftsätze und ihr gesetzlicher Richter", In: "NJW", 2000, Heft s, S. 118-120

 

 

Umgangsrecht- und Sorgerechtsverfahren sind Angelegenheiten der sogenannten Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Daher sind die Beteiligten (Vater und Mutter) nicht als Kläger und Beklagte zu bezeichnen, was von einzelnen Familienrichtern bedauerlicherweise nicht genug beachtet wird. Psychologisch gesehen ist das ohnehin klar, da es normalerweise nicht im Interesse des Kindes sein kann, Eltern zu haben, die sich gegenseitig als Kläger und Beklagte bezeichnen. 

Manchmal hat man den Eindruck, dass der aktuelle Entwicklungsstand der Psychologie und Sozialpädagogik bei einigen Familienrichtern weitestgehend unbekannt ist. Entscheidungen scheinen dann eher nach dem Motto "Das haben wir hier schon immer so gemacht" getroffen zu werden. 

So z.B. das Amtsgericht Eschwege in seinem Beschluss vom 9.6.2000 - 5 F 649/99 in dem es für ausreichend gesehen wurde, einem Vater aller zwei Wochen für drei Stunden Umgangskontakte zu seinem Kind (ob Sohn oder Tochter wurde nicht bekannt) in der Wohnung der Mutter einzuräumen ("FamRZ", 2001, H 17, S. 1162-1163). Jeder, der sich mit den Ergebnissen der Bindungsforschung beschäftigt hat, weiß, dass Kontakte im Zweiwochenabstand kaum ausreichen dürften, um eine sichere Bindung des Kindes zum Vater aufzubauen. Hinzu kommt die für Kind und Vater belastende Situation unter Aufsicht der Mutter miteinander umzugehen.

 

Eine andere Eigentümlichkeit findet sich häufig in den veröffentlichten Beschlüssen. Da wird zur Begründung der Entscheidung auf juristische Standardwerke verwiesen, so z.B. auf "Eherecht" von Johannsen / Henrich / Jaeger; gerade so, als ob juristische Kommentatoren aus sich selbst heraus Recht schaffen könnten oder befugt wären, Recht zu sprechen. Ob damit manche Familienrichter nicht ihre Verantwortung zur eigenen Entscheidungsfindung auf andere verlagern wollen, darf vermutet werden.

 

Mitunter soll es Familienrichter geben, die einem verfahrensbeteiligten Elternteil über dessen Anwältin ausrichten lassen, er solle doch seinen Antrag auf Umgangsregelung zurückziehen, da der Antrag ohnehin keinen Erfolg haben werde (Richter P. Amtsgericht in B., 2005). Eine solche Beeinflussung dürfte unzulässig sein und einen groben Verstoß des Richters gegen seine Berufspflicht darstellen. Möglicherweise will sich der Richter auf diese Weise Arbeit von seinem Schreibtisch wegzaubern. Denn wenn der Elternteil diesem Ansinnen nicht nachkommt, was aus rechtsstaatlichen Gründen zu begrüßen ist, muss der zuständige Richter sich weiterhin mit dem Fall auseinandersetzen und abschließend auch noch einen Beschluss schreiben, der einer eventuellen Überprüfung durch das zuständige Oberlandesgericht standhält.

 

 

 

 

 

Kundenzufriedenheit. Evaluation und Kundenbefragung statt selbstgefälligem Schulterklopfen

Jahr für Jahr erfahren wir in der einen oder anderen Form von höchster Stelle aus den Justizministerien, dass es um die deutsche Rechtspflege im großen Ganzen gut bestellt sei. Diese Formulierung räumt immerhin ein, dass es doch an der einen oder anderen Stelle nicht so gut läuft. Man kann sich dennoch fragen, wie die Vortragenden zu ihrer Meinung kommen. Eine unabhängige Kundenbefragung zur Zufriedenheit der Rechtssuchenden mit der Arbeit der Justiz gibt es nur in positiven Ausnahmefällen, wie etwa eine Kundenbefragung in der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 2006:

 

Binnenmodernisierung

Die Qualitätsdiskussion in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und das Ergebnis einer Kundenbefragung.

26.04.2006 Kundenbefragung

Abschlußbericht der Kundenbefragung in der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit

http://www.vg-arnsberg.nrw.de/wir_ueber_uns/binnenmodernisierung/index.php

 

 

Im großen ganzen fragt leider niemand nach der Meinung der Kunden der Justiz. Die Rückmeldungen würden wohl auch nicht sonderlich gut ausfallen. Woher meint man dann aber sagen zu können, dass die Rechtspflege im großen Ganzen in einem zufriedenstellenden Zustand wären? Vielleicht daher, dass man selber der Meinung ist, die Rechtspflege wäre im großen Ganzen in einem zufriedenstellenden Zustand, dies wäre eine klassische Tautologie, die man gerade von Juristen nicht erwarten dürfte.

Dass die Rechtspflege in Deutschland möglicherweise eine bessere Kundenzufriedenheit als die in Honduras haben mag, kann man sich durchaus vorstellen, wenn gleich es hier keine vergleichenden Untersuchungen gibt. 

Um die Kundenzufriedenheit oder Kundenzufriedenheit tatsächlich feststellen zu können, bedarf es unabhängiger und möglichst objektiver Untersuchungen (Kundenmonitoring), die es in Deutschland zwar in vielen Wirtschaftsbereichen aber - aus naheliegenden Gründen - im Bereich der uns hier interessierenden Familiengerichtsbarkeit faktisch nicht gibt.

 

Vergleiche hierzu: 

Andrea Kaminski: "Evaluation von Richtern - ein Beispiel aus News Hampshire"; In: "Betrifft Justiz", März 2004, S. 212-214

 

 

 

 

 

 

Das Cochemer Modell

Dass es im Grundsatz auch anders gehen kann, als die Eltern mit staatlicher Beihilfe und Ausgrenzungsparagraph § 1671 BGB zum Kampf um Sieg und Niederlage zu ermuntern, bzw. einen Elternteil mit gerichtlichen Segen zu entsorgen, zeigt die Idee des sogenannten Cochemer Modell

Im Cochemer Modell wird einem engen Zusammenwirken beteiligter Professionen für die Lösung von Familienkonflikten die im Rahmen familiengerichtlicher Auseinandersetzung ausgetragen werden, eine besondere Bedeutung beigemessen. 

Auf der Internetseite des Arbeitskreis-Trennung-Scheidung (AKTS) im Landkreis Cochem-Zell heißt es dazu u.a.:

 

"Wir freuen uns, dass Sie unsere Website gefunden haben. In unserem Arbeitskreis-Trennung-Scheidung (AKTS) im Landkreis Cochem-Zell praktizieren wir eine neue Form der Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen, die am familienrechtlichen Gerichtsverfahren üblicher Weise beteiligt sind.

Das bedeutet, dass die Rechtsanwaltschaft, die Lebensberatungsstelle, das Familiengericht, Gutachter und das Jugendamt mit dem Ziel kooperieren:

den Eltern wieder die eigenständige Elternverantwortung für ihre Kinder zu ermöglichen.

.. 

Stand Mittwoch, 16 November, 2005"

www.ak-cochem.de

 

 

 

Ein solches Modell und insbesondere die in Cochem praktizierte Idee, keinen Elternteil aus der elterlichen Verantwortung auszugrenzen, wie das bedauerlicherweise noch an vielen anderen deutschen Familiengerichten unhinterfragt praktiziert wird und auch staatlicherseits durch die Entsorgungsparagrafen §1671 BGB und 1626a BGB ausdrücklich erlaubt und gefördert wird, ist ein an sich sinnvoller Gedanke. Allerdings birgt ein solches Modell bei unsachgemäßer oder unreflektierter Anwendung auch die Gefahr, bei einer zu großen Verwischung der verschiedenen Rollen der Professionen in einer Art Filz- und Klüngelwirtschaft zu enden, von der man in einigen Familiengerichtsbezirken ohnehin schon den Eindruck gewinnen kann, eine solche würde dort stillschweigend zu Ungunsten der rechts- und hilfesuchenden suchenden Klienten in der Regel praktiziert. Soll die Anwendung des Cochemer Modell nicht in Klüngelwirtschaft enden, bedarf es daher eine größtmöglichen Transparenz und Offenheit., so dass auch die Klienten wissen, woran sie mit diesem Modell sind und gegebenenfalls auch wirksam auf Missstände hinweisen können. Daran scheint es aber in vielen Familiengerichtsbezirken noch zu mangeln.

So gut wie die Idee des Cochemer Modells ist, wird es auch weiterhin viele Fälle geben, in denen klare Entscheidungen (allerdings keine Ausgrenzungen von Eltern) getroffen werden und in denen das Familiengericht, soll die Entscheidung nicht auf Sand gebaut sein, durch eine flankierende rechtliche Betreuung wie sie z.B. durch einen Umgangspfleger ausgeübt wird, abgesichert wird.

 

 

 

 

 

Selektionsorientierter familiengerichtlicher Ansatz

Ein Kennzeichen parteilich-selektionsorientierter Arbeitsweise ist oft die Inauftraggabe statusdiagnostischer Gutachten bei Umgangs- und Sorgerechtsstreitigkeiten zerstrittener Eltern. Der beauftragte Gutachter ähnelt hier einem Theaterkritiker, der sich das Stück "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" ansieht und hinterher darüber urteilt, wer "Recht" bekommt und wer nicht. 

Der statusdiagnostisch und selektionsorientierte Gutachter (Stundensatz 100,00 €), muss von den streitenden Eltern bezahlt oder was in ca. 80 Prozent der Fälle zu sein scheint, über Prozesskostenhilfe aus den Geldern der steuerzahlenden Bevölkerung finanziert werden. Die Erstellung des Gutachtens dauert von Inauftraggabe durch den Familienrichter bis zum Erörterungstermin beim Gericht oft mehrere Monate, manche Gutachter brauche ein halbes Jahr und länger, um ein schriftliches Gutachten vorzulegen. Der Lösungseffekt geht letztlich wohl fast immer gegen Null oder sogar - mathematisch ausgedrückt - in den Bereich der negativen Zahlen. Oft muss man sich beim Lesen solcher Gutachten fragen, welchen Wert sie für die Lösung von Familienkonflikten haben sollen. In der Regel sind sie auf Gewinner-Verlierer-Entscheidungen ausgerichtet und damit auf eine Aufrechterhaltung des elterlichen Konfliktes. Dem ungelösten Umgangskonflikt folgen Anträge auf alleiniges Sorgerecht, wird dem vom Gericht stattgegeben, folgt nicht selten der Abbruch der Umgangskontakte zum dann nichtsorgeberechtigten Elternteil oder langwierige, fruchtlose und das Kindeswohl schädigende Auseinandersetzungen um das Umgangsrecht..

Doch Geldmangel scheint es auch in Zeiten leerer öffentlicher Kassen zumindest im Bereich der Familiengerichtsbarkeit nicht zu geben, ansonsten müsste man sich die Frage stellen, warum Jahr für Jahr erhebliche Summen in die zumeist nutzlose Arbeit von Gutachtern investiert werden, statt in lösungsorientierte Arbeit kompetenter professioneller Fachkräfte.

 

Beispiel 1

 

Die richterliche Frage: 

 

"Welcher Elternteil ist ... für die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sowie die Erziehung und Versorgung des Kindes besser geeignet." 

Amtsgericht Bielefeld 2003

 

 

Beispiel 2

"... zu welchen Elternteil die gemeinsamen Kinder der Parteien jeweils die engeren und tieferen Beziehungen haben und welcher Elternteil jeweils zur Betreuung und Erziehung der Kinder besser geeignet ist. "  

Amtsgericht  Obernburg 27.01.2003

 

 

Beispiel 3

 

 "1. Welcher Elternteil ist unter Berücksichtigung der gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes, der eigenen Erziehungsfähigkeit und der jeweils angestrebten Perspektiven für das eigene Leben und das Leben des Kindes zur alleinigen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bzw. ggf. der elterlichen Sorge insgesamt besser geeignet.

 2. ..."

 

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Beweisbeschluss zur Erstellung eines Gutachtens an den Diplom-Psychologen Dr. Michael Wiedemann, Gutachten vom 26.08.2005

 

 

 

entsprechen mit Sicherheit nicht dem in §1697a BGB formulierten gesetzgeberischen Anspruch. 

 

§ 1697a BGB Kindeswohlprinzip

Soweit nicht anderes bestimmt ist, trifft das Gericht in Verfahren über die in diesem Titel geregelten Angelegenheiten diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1697a.html

 

 

sondern stellen statt dessen einen anmaßenden Versuch dar, zwischen beiden Eltern eine Selektion in einen besser und einen schlechter geeigneteren Elternteil vorzunehmen. Im Fall des Beweisbeschlusses des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg kann man zudem vermuten, dass die vom Gutachter gegebene Empfehlung, dass die Mutter besser zur Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes bzw. der elterlichen Sorge geeignet wäre, mit dazu beiträgt, dass der zuständige Familienrichter dem schlechter beurteilten Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB aberkennt. Wenn man einmal davon absieht, dass die wissenschaftlich verbrämten Meinungen von Gutachtern immer nur Wirklichkeitskonstruktionen und von daher nicht verifizierbar sind, so kann man sich nur wundern oder auch empören, dass in Deutschland Eltern das Sorgerecht entzogen wird, nur weil ein Familienrichter zu der Meinung kommt, der betroffene Elternteil wäre der "schlechtere" von beiden.

 

Denn in den oben angeführten gerichtlichen Beweisfragen wird  die stillschweigende Vorannahme impliziert, dass die Selektion eines besser geeigneten Elternteils, dem "Wohl des Kindes" unter "Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten", so Paragraph 1697a, am besten entsprechen würde. Zusätzlich heizt die selektiv angelegte Fragestellung des zuständigen Familienrichters den elterlichen Krieg an, da jeder Elternteil indirekt aufgefordert wird zu zeigen, dass er der "bessere" und der andere der "schlechtere" Elternteil ist. Zur Ehrenrettung dieser Familienrichter muss man allerdings kritisch anmerken, dass sie sich auf den Gesetzgeber berufen können, der mit dem §1671 BGB den Eltern die Möglichkeit geschaffen hat,  Kriegsschauplätze um das Sorgerecht zu eröffnen, bzw. die Eltern mit einer gewissen Zwangsläufigkeit in solche Kriege hineinzwingt, wie an Hand des von Watzlawick erörterten spieltheoretischen Modells des Gefangendilemmas gezeigt werden kann. 

 

"In zwischenmenschlichen Situationen Situationen von der Art des Gefangenendilemmas besitzen aber weder der eine noch der andere Partner unmittelbare Information. Beide sind daher auf ihr Vertrauen in den anderen angewiesen, auf eine Abschätzung ihrer eigenen Vertrauenswürdigkeit in den Augen des anderen und auf ihre Voraussage des Entscheidungsverfahrens des anderen, von dem sie wissen, daß es weitgehend auf dessen Voraussagen über ihr eigenes Entscheidungsverfahren beruht. Wie wir nun sehen werden, führen diese Voraussagen unweigerlich zu Paradoxien"

Watzlawick, Paul; Beavin, Janet, H.; Jackson, Don D.: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003, s. 209/210

 

Watzlawick verdeutlicht die Paradoxien erzeugende Situation des Gefangenendilemmas mittels der folgenden Matrix.

 

b1

b2

a1

5, 5

-5, 8

a2

8,-5

-3,-3

 

 

In diesem Modell gibt es zwischen zwei Parteien vier mögliche Lösungen. Besteht zwischen den Parteien Vertrauen (a1b1), ist das Ergebnis (5, 5). Beide Parteien erreichen die gleich hohe Punktzahl im positiven Bereich. Dies ist die Lösung, die gut kooperierende Paare leben. 

 

Besteht zwischen den Parteien kein Vertrauen (a1b1), gibt es drei mögliche Lösungen:

(-3,-3) bedeutet a2 und b2 haben beide verloren, die typische Situation vieler in Pattsituationen steckengebliebener Partnerschaften. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel, könnte man auch sagen.

 

(-5, 8) bedeutet a1hat verloren und b2 hat gewonnen. 

(8, -5) bedeutet a2 hat gewonnen und b1 hat verloren.

 

Die beiden letzten Varianten, in denen es einen Sieger und einen Gewinner gibt, sind diejenigen, die durch selektionsorientierte Familienrichter und Gutachter, unterstützt durch eine inhumane, eltern- und kindeswohlfeindliche gesetzliche Regelung wie dem §1671 BGB, letztlich geschaffen werden. 

 

Statt vertrauensbildende Maßnahmen anzuregen oder zu beschließen, wird also durch die oben genannten Gerichtsbeschlüsse noch Öl ins Feuer des elterlichen Konfliktes gegossen, denn die Beweisfragen geben vor, dass es einen Gewinner und einen Verlierer geben soll und muss. Der Familienrichter als Brandstifter, paradoxer und man muss wohl auch sagen menschenverachtender kann es wohl kaum sein. 

Eine Schlammschlacht und das "Waschen schmutziger Wäsche" durch die Eltern wird damit vorprogrammiert, denn jeder der beiden Elternteile möchte Sieger und nicht Verlierer sein. Die Familienrichter sollten sich bei solcherart selektionsorientierter Beauftragung nicht über die selbstinduzierten Folgen wundern und dann womöglich noch glauben, dies hätte nichts mit der eigenen Art von Arbeit zu tun.

 

Gerichtliche Beauftragungen zum Sorgerecht nach dem Gewinner-Verlierer-Prinzip des §1671 BGB sind nicht geeignet, den im Interesse des Kindes liegenden Frieden zwischen den Eltern herzustellen und nach Wegen der Konfliktlösung zu suchen. Im Gegenteil. Die Suche nach "dem besseren  Elternteil" bringt  zwangsläufig einen Gewinner (Sorgerechtsinhaber) und einen Verlierer (Nichtsorgeberechtigter) hervor. Ist erst einmal einem Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB  aberkannt worden, dürfte eine Lösung des elterlichen Konfliktes in der Regel ausgeschlossen sein, da der "Gewinner" keinen Anlass haben wird, mit dem "Verlierer" in gleicher Augenhöhe nach Lösungswegen des weiterhin ungelösten Konfliktes zu suchen. Eine gerichtliche Einteilung der Eltern in "sorgeberechtigt" und "nichtsorgeberechtigt" führt damit zwangsläufig zu einer potentiellen oder tatsächlichen Gefährdung des Kindeswohls. 

Zudem ist es in vielen Fällen eine Anmaßung des Gutachters oder des beauftragenden Familienrichters die Komplexität des Familiensystems "richtig" beurteilen oder über die Kompetenz der Eltern verlässliche Daten gewinnen zu wollen. Verlässliche Informationen über Familiensysteme und ihre Dynamik sind sicher mindestens ebenso schwer zu bestimmten wie das zukünftige Wetter. Man mache sich nur einmal die Mühe, das zukünftige Wetter, einen Monat, drei Monate oder gar ein ganzes Jahr im voraus zu prognostizieren. Jeder der behauptet dies ernsthaft zu können, würde zu recht als Scharlatan verlacht werden. Ganz anders dagegen bei den Gutachtern, von denen man sich an den Gerichten für teures Geld in irrational anmutender Weise die kühnsten Hypothesen als Wirklichkeitsbeschreibungen verkaufen lässt.

Festzustellen ist somit dass viele gerichtliche Entscheidungen auf äußerst wackligen Boden, um nicht zu sagen auf Sumpflandschaft stehen und man hätte vielleicht besser daran getan eine Münze zu werfen und es dem Zufall zu überlassen, welcher Elternteil die Krönung erhält - das wäre in jedem Fall ehrlicher, weil dann alle wüssten, dass die Münze entschieden hat.

Statt sich in unnützen und den elterlichen Krieg anheizenden Selektionsfragen zu verlieren, täte der Familienrichter gut daran, zu fragen, welche Regelung der Betreuung, Versorgung und Erziehung des Kindes durch seine getrennt lebenden Eltern am besten für das Wohl des Kindes geeignet scheint.

 

 

 

 

 

Abschaffung von §1626a und §1671 BGB

Die Abschaffung von §1626a und §1671 BGB ist das Gebot der Stunde. Soll keiner später sagen können, er habe von der Verfassungswidrigkeit dieser Paragraphen nichts gewusst.

Wenn aber diese beiden verfassungswidrigen Paragraphen abgeschafft sind, wie werden dann Streitigkeiten zwischen den Eltern und dem staatlichen Wächter reguliert? Ganz einfach mittels §1628 BGB bei elterlichen Differenzen der Eltern über Angelegenheiten der elterlichen Sorge, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind oder im Fall einer Kindeswohlgefährdung mittels §1666 BGB, §1666a BGB.

 

§ 1628 BGB Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1628.html

 

§1628 BGB wird in der derzeitigen Rechtspraxis an den Familiengerichten nur wenig angewendet. Statt dessen verwenden Hunderte von Familienrichtern unbekümmert die vollständige Entsorgung eines Elternteils mittels des verfassungswidrigen §1671 BGB. 

Die vom Gesetzgeber im BGB geöffnete Hintertür des Sorgerechtsentzuges nach §1671 BGB, bzw. des bis zur Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte "präventiv" geführten Sorgerechtsentzug nach §1626a BGB für nichtverheiratete Väter führt dazu, dass jährlich Zehntausenden von Eltern das Sorgerecht unterhalb der Grenze einer Kindeswohlgefährdung entzogen wurde - ein ganz klar verfassungswidriger Akt - mit Billigung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes von denen man doch gemeinhin meint, sie würden auf die Einhaltung des Grundgesetzes achtet.

Im Rahmen laufender Scheidungsverfahren waren es in Berlin im Jahr 2004 18,5 Prozent aller anhängigen Fälle, bei denen einem der beiden Elternteilen, meist dem Vater, das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen wurde. Im Bundesdurchschnitt waren es "nur" 11,4 Prozent und in Rheinland-Pfalz 7,6 Prozent. Im Amtsgerichtsbezirk Cochem - man mag es kaum nicht glauben - soll, seitdem dort das sogenannte Cochemer Modell etabliert wurde, so gut wie keinem Elternteil mehr das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen worden sein. Wie man daran sehen kann hat es jeder Richter in der Hand, dem de facto faktisch verfassungswidrigen §1671 BGB zu benutzen oder auch nicht.

 

Vergleiche hierzu: 

Kleine Anfrage der Abgeordneten Cerstin Richter-Kotowski (CDU) vom 06. Juli 2006

Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 15/13623, vom 24.07.2006

"Erfahrungen mit der Kindschaftsrechtsreform im Land Berlin"

 

 

 

Die Zahl der tatsächlich angeordneten Sorgerechtsentzüge in Berlin nach §1671 BGB sind  aber noch weit höher als die in der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Cerstin Richter-Kotowski (CDU) vom 06. Juli 2006 angegebenen 18,5 Prozent, denn die Sorgerechtsentzüge außerhalb regulärer Scheidungsverfahren wurden hier gar nicht mitbenannt. Man kann daher mit Sicherheit davon ausgehen, dass in Berlin trotz der Intention des 1998 reformierten Kindschaftsrechtes noch immer jedem dritten bis vierten Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen wird. Ein Schelm, der da an Winston Churchill denkt, der da gemeint haben soll: Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

 

 

Die Fähigkeit, mit Sachkenntnis entscheiden zu können, sieht Dr. Schomburg aus dem Bundesministerium für Justiz offenbar als wichtiges Entscheidungskriterium dafür an, ob einem Elternteil auf Antrag des anderen Elternteils nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen werden soll oder nicht.

 

"Der Kindeswille stellt ein wichtiges Entscheidungselement dar, wenn das Kind nach Alter und Reife, zu einer eigenen Beurteilung und Willensbildung in der Lage ist."

Schreiben vom 30.04.2007, Bundesministerium für Justiz, Referat I A 2

 

 

Man kann diese, von Herrn Schomburg aus dem Bundesjustizministerium unkritisch erwähnte Einbindung des Kindes in eine Entweder-Oder-Entscheidung im elterlichen Sorgerechtskampf. als eine Tolerierung oder sogar Einladung zum emotionalen Missbrauch eines Kindes durch seine beiden Eltern, durch Richter, Verfahrenspfleger, Rechtsanwälte oder Gutachter sehen, Das minderjährige rechtsunmündige Kind kann über die Benutzung des sogenannten Kindeswillen - der im übrigen in im Entsorgungsparagraphen §1671 in dieser Form nicht einmal auftaucht - kann vom verfahrensführenden Familienrichter und sonstigen zuarbeitenden Fachkräften für die Begründung eines Sorgerechtsentzug nach §1671 BGB als unwissender Mittäter eingebunden werden. Die Benutzung eines Kindes für die Ent-sorgung eines eigenen Elternteils nach §1671 BGB kann man daher auch Kindesmissbrauch nennen. In Afrika werden Kindersoldaten mit der Waffe in den Krieg geschickt, in Deutschland Kindersoldaten mit dem sogenannten Kindeswillen in den Rosenkrieg seiner Eltern. 

Dass die Benutzung des Kindes und des von ihm wie auch immer geäußerten sogenannten Kindeswillen durch entsorgungswütige Richterinnen und Richter auch ansonsten problematisch ist, sieht man in Deutschland allein schon daran, dass seit dem 01.09.2007 für unter 18-jährige ein Verkaufsverbot von Zigaretten gilt. Während Volljährige unabhängig von ihrer tatsächlichen persönlichen Reife frei darüber entscheiden können, ob sie Zigaretten kaufen oder nicht, wird dies 16- und 17-Jährigen nicht zugestanden. Es ist auch keine juristische Einzelfallprüfung vorgesehen, bei der Jugendliche auf dem Rechtsweg überprüfen lassen können, ob sie möglicherweise bereits "nach Alter und Reife, zu einer eigenen Beurteilung und Willensbildung in der Lage" sind. 16 und 17-Jjährige sollen nicht in der Lage sein, darüber zu urteilen, ob sie Zigaretten kaufen können, aber darüber ob einem eigenen Elternteil das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen wird - Schöne neue Welt kann man da nur sagen. 

Hier kann man letztlich man sehen, dass es in der familiengerichtlichen Praxis des Sorgerechtentzuges nach §1671 BGB und §1626a BGB nicht um das Kind und seinem berechtigten Bedürfnis nach Autonomie geht, sondern um die Bedienung von höchstrichterlich abgesegneten Ideologien (vergleiche hierzu Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.1999 - XII ZB 3/99, veröffentlich in FamRZ 24/1999, S. 1646-1648), wonach ohne das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung einem Elternteil nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen werden darf und das minderjährige Kind dazu gegebenenfalls auch noch als Zuarbeiter benutzt werden soll.

 

Dass der Gesetzgeber sein eigenes Credo, Eltern wären verantwortlich für ihre Kinder, missachtet, hängt mit einem ideologischen Überbau zusammen, den man im Fall des §1626a BGB auf die einfache sexistische Formel bringen kann: Mütter sind bessere Eltern als Väter.

Im Fall des Sorgerechtsentzuges nach §1671 BGB, der geschlechtsneutral formuliert ist, fällt dem Gesetzgeber und den ausführenden Richter nur die nihilistische Formel: Wenn Eltern nicht mehr miteinander sprechen, so kann man von außen her nichts mehr machen und muss einen von beiden Elternteilen das Sorgerecht entziehen. Die Frauenbewegung hat jahrzehntelang diese Praxis unterstützt, da es fast ausschließlich Väter waren, denen auf diese Weise das Sorgerecht entzogen wurde. Unter dem Druck der öffentlichen Diskussion hat sich dieses Verhältnis aber gewandelt, so dass auch zunehmend Müttern nach §1671 BGB das Sorgerecht entzogen wird. 

 

So z.B. im folgenden Fall:

 

"Das Gericht hat zur Frage, welche Regelung des Sorgerechts dem Kindeswohl am besten entspricht, ein kinderpsychologisches Gutachten eingeholt. Wegen der Ergebnisse wird auf das Gutachten der Sachverständigen Dipl. Psych. Dr. Sibylle Kurz-Kümmerle vom 18.2.2005 Bezug genommen.

Leben Eltern eines minderjährigen Kindes, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, daß ihm die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge allein übertragen wird. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn zu erwarten ist, daß die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht (§§ 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge ist immer dann angezeigt, wenn die Eltern nicht bereit oder nicht in der Lage sind, gemeinschaftlich verantwortungsvoll zum Wohle des Kindes zu handeln.

Ein gemeinsames Handeln setzt voraus, dass zwischen den Eltern eine Kommunikation wenigstens in den die Kindesbelange betreffenden Angelegenheiten möglich ist. an einer solchen Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft fehlt es zwischen den Parteien jedoch völlig. Die Eltern sind nicht in der Lage miteinander zu sprechen, kommunizieren vielmehr ausschließlich über Dritte. Auch der Umstand, dass sie sich nicht über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes einigen können, spricht deutlich dafür, dass eine Basis zur Ausübung der gemeinsamen Sorgerechts nicht besteht.

Unter diesen Umständen entspricht die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl.

...

Insgesamt folgt das Gericht der Empfehlung des Gutachtens, dem Antragsteller das alleinige Sorgerecht zu übertragen."

aus: Beschluss des Amtsgerichts Offenbach, Richter Lassig, 19.06.2006

 

 

 

Man fragt sich allerdings, wie es geht, dass im Amtsgerichtsbezirk Cochem, Anträge auf alleinige Sorge fast hundertprozentig zurückgewiesen werden (Cochemer Modell) während am Amtsgericht Offenbach offenbar eine gegenteilige Praxis zu herrschen scheint. Wenn das Schicksal einer Trennungsfamilie vom Wohnort und vom zuständigen Richter abhängt, dann scheint der Rechtsstaat eine bloße Fiktion zu sein.

Zum anderen ist die Argumentation von Richter Lassig hinsichtlich des zwischen den Eltern strittigen Aufenthalts des Kindes alles andere als überzeugend, denn es ist ja das Recht der Eltern verschiedene Ansichten über grundlegende ihr Kind betreffende Fragen zu haben. Dies hat auch der Gesetzgeber, der ansonsten doch eher verschlafen oder konfus wirkt, so gesehen, wenn er schreibt:

 

§ 1628 BGB Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1628.html

 

 

 

 

 

 

Atteste im familiengerichtlichen Verfahren

Generell steht es jedem Elternteil, der für sein minderjähriges Kind Sorge trägt frei, auf eigene Kosten sein Kind einem Arzt, einem Psychologen, einem Heilpraktiker, einer Handleserin, einem Astrologen oder einer sonstig sich als diagnostisch berufenden Person vorzustellen und von dieser Person ein Attest über den körperlichen oder seelischen Zustand des Kindes anfertigen zu lassen. Anders dagegen, wenn diese Person aus Mitteln der Steuerzahler, Beitragszahler o.ä. finanziert wird, so etwa bei Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten oder Mitarbeitern staatlich subventionierter Beratungsstellen. Hier müsste dargelegt werden, welches Interesse seitens der Steuerzahler oder Beitragszahler besteht, für eine solche Leistung herangezogen zu werden. In der Regel kann ein solches auf dem Solidarprinzip beruhendes Interesse nur dann unterstellt werden, wenn die Diagnostik der körperlichen oder seelischen Gesundheit des Kindes dient oder wenigstens dienen soll, so z.B. bei den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder oder Jugendliche:

 

U1 - Unmittelbar nach der Geburt

U2 - Drei bis maximal zehn Tage nach der Geburt

U3 - Vierte bis sechste Lebenswoche

U4 - Dritter bis vierter Lebensmonat

U5 - Sechster und siebter Lebensmonat

U6 - Zehnter bis zwölfter Lebensmonat

U7 - 21. bis 24. Lebensmonat

U7a - 34. bis 36. Lebensmonat

U8 - Dreieinhalb bis vier Lebensjahre

U9 - Fünf bis fünfeinhalb Lebensjahre

Die Jugendgesundheitsuntersuchung (J1) - Untersuchung von Kindern im Alter von zwölf bis 14 Jahren, die entweder der Kinder- und Jugendarzt oder der Hausarzt durchführt. 

 

 

Korrekt und im wohlverstandenen Sinne der Solidargemeinschaft ist es, wenn ein Elternteil bei stattgefundener Misshandlungen oder Gewalt gegen das Kind ein Attest einholt, um für etwaige spätere juristische Schritte Beweismaterial vorlegen zu können.

Anders dagegen bei Attesten, die von einem Elternteil eingeholt werden, um in einer laufenden familiengerichtlichen Auseinandersetzung die eigene Rechtsposition vor Gericht zu stärken. Da der zuständige Richter verpflichtet ist, nach dem Amtsermittlungsprinzip zu arbeiten, ist er von Amts wegen verpflichtet für das Verfahren relevant erscheinende diagnostische Untersuchungen zu veranlassen. Formal reicht es daher völlig aus, wenn ein Elternteil beim Gericht eine solche diagnostische Untersuchung anregt. Folgt der Richter dem nicht ist die Anregung offenbar nicht von Belang. Gegebenenfalls kann ein folgender Beschluss erfolgreich angefochten werden, wenn es der Richter versäumt hat, eine relevante Untersuchung vornehmen zu lassen.

Die Solidargemeinschaft der Beitrags- und Steuerzahler hat allerdings kein Interesse daran, den privaten Rosenkrieg von Eltern zu bezahlen. Daher verstoßen Ärzte, Psychologen und andere Mitarbeiter steuer- oder beitragsfinanzierter Einrichtungen gegen den ihnen gesetzten Auftrag, wenn sie auf Privatinitiative eines Elternteils Diagnostik betreiben und Atteste ausstellen. Wer dennoch in diesem Rahmen Atteste ausstellt, riskiert eine Beschwerde bei der Ärztekammer, eine Diensaufsichtsbeschwerde bei den Dienstvorgesetzten oder eine Strafanzeige. Im Wiederholungsfall droht sogar Berufsverbot. 

 

 

In einem hier bekannt gewordenen Fall, in dem beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, das Kind im Wechselmodell betreuen suchte die Mutter ohne Zustimmung des Vaters eine Berliner Ärztin auf, die mit dem Kind die diagnostischen Tests "Kaufmann-Assessment Battery for Children (K-ABC) und Satzergänzungstest (SET) durchführt und schließlich einen (undatierten) schriftlichen "Kinder- und Jugendpsychiatrischen Befund" erstellt und dem Gericht durch Aushändigung an die Mutter zugänglich macht und diese den "Befund" der zuständigen Familienrichterin am Amtsgericht Pankow/Weißensee unaufgefordert zukommen ließ (so geschehen durch Dr. med. ..., Praxis für Kinder & Jugendpsychiatrie und -psychotherapie .... Berlin). 

.   

Die Beschaffung eines privat bezahlten Attestes ist für die Solidargemeinschaft der Beitrags- und Steuerzahler dagegen uninteressant, Hier kann daher jeder Elternteil machen was er will, so weit er nicht gegen etwaige Rechtsvorschriften verstößt. Dennoch sollte die Verwertung von einseitig beschafften "Beweismitteln" oder Attesten durch den verfahrensführenden Richter zurückhaltend gehandhabt werden, damit sich der Richter nicht mit dem Vorwurf der Befangenheit zugunsten eines Elternteiles konfrontiert sehen muss. 

 

vergleiche hierzu: 

Walter Andritzky: "Entfremdungsstrategien im Sorgerechts- und Umgangsstreit: Zur Rolle von (kinder-)ärztlichen und -psychiatrischen `Attesten`.", In: "Das Parental Alienation Syndrome (PAS). Internationale Konferenz, Frankfurt(Main) 18.-19.Oktober 2002. Herausgegeben von Wilfried von Boch-Galhaus, Ursula Kodjoe, Walter Andritzky & Peter Koeppel. Verlag für Wissenschaft und Bildung 2003

Herbert Roth: "Die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel im Zivilprozeß", In: Erichsen; Kollosser; Welp: "Recht der Persönlichkeit", Berlin 1996, S. 2779-295

Sandvoß, Gerd: "Gefälligkeitsgutachten: Identifizierung und Abwehr"; In: "ArztRecht", 11/2004, S. 392-397

 

 

Hier stellt sich auch die Frage nach einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit der jeweiligen Attestausstellenden. Denn wenn beide Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind, ist ein Arzt oder eine Ärztin in der Regel nicht befugt, Daten und Erhebungen über das Kind ohne Zustimmung beider Eltern an andere Personen oder Behörden zu übermitteln. Eine Ausnahme ist lediglich dann gegeben, wenn von beiden Eltern eine Schweigepflichtsentbindung gegeben wurde oder wenn ein höherwertiges Interesse den Bruch der Schweigepflicht rechtfertigen würde. Dies wäre zum Beispiel bei einem nicht unbegründeten Verdacht einer Kindesmisshandlung gegeben.

 

vergleiche hierzu: 

"Die ärztliche Schweigepflicht"; In: "Berliner Ärzte", 6/2004, S. 15-17

 

 

 

Dass "Fachärztlichen Stellungnahmen" und ärztliche Atteste vor Gericht mitunter nicht viel zählen, musste eine Mutter am Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg erfahren. In einer "Fachärztlichen Stellungnahme" vom 25.02.2005 trug Dr. Stefan Buchmann, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Facharzt für Kinderheilkunde, Psychotherapie vor:

 

"O.g. Junge wurde mir im Mai 2004 vorgestellt und kinder- und jugendpsychiatrisch untersucht. Bei ihm wurde die Diagnose eines ADHS, einer emotionalen Störung des Kindesalters mit (Trennungs-)Ängsten und einer Entwicklungsstörung der motorischen Funktion gestellt. 

Teil der Behandlung ist die Empfehlung der Gabe von Methylphenidat. Daneben wurde Ergotherapie verschrieben.

Der Umgang (mit dem weit entfernt lebenden Vater - Anmerkung Peter Thiel) sollte nach Möglichkeit in Berlin stattfinden, um einerseits dem Jungen nicht so viele Reisen zuzumuten und andererseits um ihn nicht häufiger als unbedingt notwendig aus seinem gewohnten sozialen Umfeld herauszunehmen. Auch sollte eine Trennung von den Geschwisterkindern nach Möglichkeit vermieden werden, um der Entwicklung einer Geschwisterrivalität entgegen zu wirken. Des weiteren sollte der Umgang (der Kinder mit dem Vater - Anmerkung Peter Thiel) beaufsichtigt und betreut werden. 

...

Dr. Stefan Buchmann"

 

 

 

 

Die Mutter ließ dem Gericht ein Jahr später kinderärztliches Attest folgenden Inhaltes zukommen:

 

"Dr. med. Martin Karsten

Dr. med. Evelyn Rugo

Dr. med. Mathias Wagner

Kinderärzte / Allergologie

 

04.05.2006

 

Ärztliches Attest

zur Vorlage beim Gericht

Patient:

A

B.

C

Familie X ist mir seit ... bekannt.

Ich bin über die Trennungsprobleme von Familie X sehr gut informiert.

Nebst kinderärztlicher Betreuung kommt die Mutter regelmäßig zu Beratungsgesprächen zu mir.

Frau X hat einen sehr guten Kontakt zu ihren Kindern. Sie sind altersentsprechend gut entwickelt und machen einen ausgeglichenen gepflegten Eindruck.

Durch den neuen Partner, ..., hat sich die familiäre Situation beruhigt und den Kindern ist wieder eine vollständige Familie gegeben. 

Zum Stiefvater haben die Kinder ein sehr gutes Verhältnis.

Die Familie kommt auch häufig zu den Arztterminen, die sie zuverlässig wahrnehmen, auch gehen sie zu den ihnen geratenen Therapien.

Gerade in der angespannten Trennungssituation zwischen Frau X und ihrem Exmann ist die neue Familie ein wichtiger Rückhalt für die Kinder. Ich bitte Sie, dies bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.

..."

 

  

 

Dr. Buchmann forderte mit Datum vom 27.10.2005, dass Sohn A nicht zusätzlich durch eine Fremdunterbringung belastet werden sollte, doch am 23.05.2006 entzog die zuständige Familienrichterin der Mutter das Personensorgerecht, A wurde entgegen der Empfehlung von Dr. Buchmann fremd untergebracht. Da fragt man sich, ob die Meinung eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland etwas wert ist oder ob diese im familiengerichtlichen Verfahren genau so wenig interessiert, als wenn in China ein Sack Reis umfällt..

Der vom Gericht eingesetzten Gutachter Diplom-Psychologe Gerhard Hennig sah es schließlich wohl ganz anders als Dr. Buchmann und die Ärzte Dr. med. Martin Karsten, Dr. med. Evelyn Rugo und Dr. med. Mathias Wagner, die alle in der Aßmannshauser Str. 11a in 14197 Berlin praktizierten  und empfahl in seinem Gutachten dem Gericht:

 

"Die Untersuchungen des Sachverständigen haben erbracht, dass es besser dem Wohl der Kinder A und B entspricht, wenn der Kindesvater das alleinige Sorgerecht ausübt. Die beiden Jungen sollten zukünftig ihren Lebensmittelpunkt im väterlichen Haushalt haben. Der Umgang der Kindesmutter mit ihren beiden Söhnen sollte für den Zeitraum von zumindest drei bis vier Monaten einmal im Monat von pädagogischen Fachpersonal begleitet stattfinden. ..."

Diplom-Psychologe Gerhard Hennig, Gutachten vom 23.11.2006 für Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, S. 96 

 

Die zuständige Familienrichterin folgte dem Vortrag des Gutachters. Die "Fachärztliche Stellungnahme" und das ärztliche Attest hatte offenbar keine ausreichende Wirkung entfaltet, die Kinder wurden noch am Tag der gerichtlichen Anhörung gemäß richterlichen Beschluss aus dem Haushalt der Mutter genommen und befinden sich seit dem beim 500 Kilometer entfernt lebenden Vater.

Der Vater, der nach Vortrag von Dr. Stefan Buchmann nur im Rahmen eines beaufsichtigten Umgangs Kontakt mit seinen Söhnen haben sollte, wurde nun per richterlichen Beschluss als geeignet angesehen, nicht nur unbegleiteten Umgang mit den Söhnen zu haben, sondern auch gleich noch die Söhne zu betreuen. Für die Mutter wurde dagegen seitens des eingesetzten Gutachters ein Begleiteter Umgang für notwendige befunden. 

So schnell kann es manchmal gehen. Mit der falschen Fachkraft zur falschen Zeit zusammengekommen und schon geht es schief. Und frei nach Wilhelm Busch: Die Moral von der Geschicht`, glaub lieber keiner Fachkraft nicht.

 

 

 

 

 

 

 

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Manfred Spindler (2008): Hochstrittige Trennung und Scheidung: Definition, Interpretation und Intervention. ZKJ, Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe, 3, S.98-106

Christoph Strecker: Justiz von unten: Berichte, Kritik und Denkanstöße aus der Black Box. Loeper Karlsruhe; Auflage: 1 (30. Juli 2015)

Peter Thiel: "Zwischen Hilfeleistung und Zwang: Begleiteter Umgang und Umgangspflegschaft. Indikationen, Möglichkeiten, Grenzen und Unterschiede zweier Interventionsformen", In: "Das Jugendamt", 10/2003, S. 449-453

Harald Vogel: "Die Kindesherausgabe im familiengerichtlichen Verfahren"; In: "Familie, Partnerschaft, Recht"; 1996, Heft 02, S. 51-54

Harald Vogel: "Das Hinwirken auf Einvernehmen in strittigen Kindschaftssachen"; In: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 22/2010, S. 1870-74

Ulrich Vultejus: "Die Kostenstruktur der Justiz", In: "Deutsche Richterzeitung", 2003, Heft 10

Paul Watzlawick;  Janet H. Beavin; Don D. Jackson: "Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien", Verlag Hans Huber, Bern; 1969/2000/2003

Paul Watzlawick; John H. Weakland; Richard Fisch: "Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels", Verlag Hans Huber, Bern; 1974/1992/1997/2001/2003

Paul Watzlawick: "Die erfundene Wirklichkeit. Wie wir wissen, was wir zu wissen glauben. Beiträge zum Konstruktivismus", Piper Verlag, München, 1985

Frank Zillich: "Rechtsanwälte in streitigen Sorgerechtsverfahren - geldgierig, kontraproduktive Hemmschuhe? Eine Stellungnahme zu Schade/Schmidt in FamRZ 1991, 649"; In:" Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 1992, Heft 5, S. 509-510

 

 

Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - http://www.gesetze-im-internet.de/Teilliste_B.html

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - http://www.gesetze-im-internet.de/famgkg/index.html

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/index.html

 

 

Rechtsprechung

Beschluss des Oberlandesgericht Hamm - 1. Familiensenat - vom 3.2.2009 - 1 UF 206/08 (Amtsgericht Bielefeld - 34 F 881/07) - veröffentlicht in "Zeitschrift für das Gesamte Familienrecht", Heft 20, 2009, S. 1757-1758

Amtsgericht Sömmerda - Beschuss vom 22.11.2010 - 3 F 42/10: Befangenheit eines Richters wenn dieser den nichtverheirateten Vater als "Erzeuger" - bezeichnet. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - 8/2011.

 

Links

http://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Golfkrieg

 

 

 

 


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